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Hudelandschaften stellen im nordwestdeutschen Tiefland Lebensräume besonders hoher biologischer Diversität dar. Während einer über lange Zeiträume andauernden extensiven Bewirtschaftung durch den Menschen entstand ein vielfältiges Mosaik unterschiedlicher Vegetationseinheiten. Die von geobotanischer Seite gut untersuchten Pflanzengesellschaften und Vegetationskomplexe bieten sich als Objekte biozönologischer Forschung an. Von besonderer wissenschaftlicher Bedeutung ist das Studium von Reliktarten-Gemeinschaften alter Wälder. Unter den Carabiden, Chilopoden und Limaciden können Reliktarten benannt werden. Freilandexperimente zum Ausbreitungsverhalten und populationsgenetische Untersuchungen an Cerabiden wurden durchgeführt, um Unterschiede zwischen einer Reliktart und einer weit verbreiteten Art untersuchen zu können. Strukturreiche, ehemalige Hudewälder besitzen im Vergleich zu den strukturarmen Wirtschaftshochwäldern unterschiedliche Artengemeinschaften an Chilopoden, Diplopoden und Carabiden. Die Hudelandschaften weisen eine Reihe von Teil-Lebensräumen auf, die heute landesweit hochgradig gefährdet sind. Hierzu gehören z.B. die Tot- und Altholzbestände, die durch besonders typische Zersetzer-Gemeinschaften unter den Arthropoden charakterisiert sind; auch diese sind Gegenstand unserer biozönologischen Untersuchungen. Ein Schwerpunkt unserer Forschung liegt in der Charakterisierung einzelner Zoo- Taxozönosen (Coleoptera, Lepidoptera, Diptera, Orthoptera) auf der Basis des pflanzensoziologischen Rasters. Im Bereich der Ornithofauna haben wir uns bisher intensiver mit den Meisen-Gemeinschaften ausgewählter Hudegebiete befaßt und die verschiedenen Bindungsgrade an spezifische Ressourcen der Standorte analysiert. Im Rahmen dieser Arbeit wird gezeigt, daß die Erforschung von Biozönosen unter Landschaftsbezug und unter Berücksichtigung von Pflanzengesellschaften und Vegetationskomplexen wichtige Ergebnisse liefert. Im Falle der Hudelandschaften kommt auch kulturgeschichtlichen Zusammenhängen eine große Bedeutung für das Verständnis des Aufbaues solcher Ökosysteme zu.
An 12 Bächen mit 50 Probestellen im Osnabrücker Hügelland wurde mit der "kicksampling"- Methode und Emergenzzelten die Gattung Electrogena untersucht, Es konnte unter den 1596 Individuen nur eine Art, E. ujhelyii (Sowa 1981), festgestellt werden. Diese Eintagsfliege präferiert im Untersuchungsgebiet das Hypokrenal und Epirhithral. Eine negative, hochsignifikante Korrelation zwischen der Häufigkeit und der Fließgeschwindigkeit wurde ermittelt. Für andere Parameter (Temperatur, pH, Leitfähigkeit, Gesamt- und Carbonathärte) konnte kein signifikanter Zusammenhang festgestellt werden. Die Emergenzperiode dauert bei E. ujhelyii mehrere Monate. Die Fekundität liegt mit 565 bis 1550 und einem Mittelwert von 954 EiernIWeibchen für eine Eintagsfliege niedrig. Weitere Details zur Biologie der Art werden mitgeteilt. Naturschutzrelevante Aspekte dieser Art werden diskutiert.
Dominanzbestände röhrichtbildender Helophyten wurden am Dollart, Dümmer und in der Großen Aue hinsichtlich ihrer Coleopterenfauna (Carabidae, Cantharidae, Malachiidae, Cucujidae, Coccinellidae, Chrysomelidae) untersucht. Die 18 FangsteIlen gehören zu 4 pflanzensoziologischen Assoziationen (Scirpo-Phragmitetum, Glycerietum maximae, Phalaridetum arundinaceae, Schoenoplecti triquetri-Bolboschoenetum maritimi). Überwinternde Käferimagines wurden durch den Schnitt von 1 m2 großen Röhrichtflächen im Februar 1997 erfaßt. Während der Vegetationsperiode 1997 erfolgte die Bearbeitung der Probeflächen mittels der Quadratmethode, welche flächenbezogene Aussagen zur Individuendichte ermöglicht. Zusätzliche Individuen (und Arten) konnten durch Handfänge ermittelt werden. Es wurden 137 Arten nachgewiesen. Durch den Vergleich der Fangergebnisse mit Literaturangaben zu den Habitatbindungen wurde eine soziologische Tabelle erarbeitet. Mit Ausnahme des Phalaridetum können für jede Assoziation Charakterarten unter den Käfern abgegrenzt werden. Des weiteren lassen sich Charakterarten hochwüchsiger Röhrichte bestimmen. Die Dispersion häufiger Arten innerhalb der Probeflächen wird analysiert. Die Bedeutung der Phragmites-Röhrichte für den Schutz spezifischer Laufkäfer wird diskutiert. Die Renaturierung der Großen Aue ist hinsichtlich des Schutzes röhrichtbewohnender Käfer als Erfolg zu werten, da im Gebiet bereits wenige Jahre nach Abschluß der Arbeiten viele Charakterarten nachzuweisen waren, wobei die hohe Diversität der Gattung Donacia besonders bemerkenswert ist.
1989 wurde mit Barber-Fallen und Handaufsammlungen die Carabidenfauna einer bäuerlichen Kulturlandschaft mit Bächen, Hecken, kleinen Wäldern, Äckern, Wiesen und Weiden untersucht. Insgesamt konnten 102 Arten nachgewiesen werden. Oie Habitatbindung und Verbreitung einiger Arten werden diskutiert. Vorschläge zum Erhalt der artenreichen Carabidenfauna werden gegeben.
Von 1984 bis 1990 wurde die Carabidenfauna von 14 Fangstellen an der mittleren und unteren Ems (Niedersachsen) mit Handfängen untersucht. Insgesamt konnten unter Weidengebüschen, an offenen Ufern, an Sumpfstellen und im Ästuarbereich 127 Arten nachgewiesen werden. Einige der festgestellten Arten sind offenbar stenotop, z. B. Elaphrus aureus, der Weidengebüsche der oberen und mittleren Ems bewohnt, und Bembidion maritimum, der im Tidenbereich der Flußmündung lebt.
Dyschirius lucidus (Putzeys 1846) wurde an 3 UfersteIlen der Ems und Weser erstmalig für Niedersachsen nachgewiesen. Diese Funde stellen die nördlichsten Nachweise für diese Art dar. Da in den letzten Jahren Erstnachweise auch für Westfalen und Thüringen erfolgten, ist D. lucidus wahrscheinlich ein rezenter Ein"1'anderer im mittleren und nördlichen Mitteleuropa. Die Habitatbindung dieser Art wird beschrieben. Unterscheidungsmerkmale zu den nahe verwandten Arten D. nitidus und D. politus werden hervorgehoben.
1980 wurde die Carabidenfauna der Schwingdecken bäuerlicher Torfstiche, Regenerationsflächen und verheideten Torfe mit Formalinfallen im Naturschutzgebiet .Oppenweher Moor" untersucht. Die Ergebnisse und Aktivitätskurven von 5 Arten werden mitgeteilt. Die Ökologie einiger Arten wird diskutiert. In Norddeutschland selten gewordene Carabiden oligotropher und mesotropher Biotope kommen im Oppenweher Moor noch vor. Einige sind sogar häufig, wie Carabus nitens und Carabus clathratus.
1981 wurde die Carabidenfauna von 12 pflanzensoziologisch charakterisierten FangsteIlen (Moorheiden mit Sphagnum papillosum und anderen Arten, trockene Austrocknungsstadien des Hochmoores ohne Sphagnum, Schwingdecken bäuerlicher Torfstiche, ein Betuletum pubescentis sowie ein Vaccinium-Betula-Wald) mit BARBER-Fallen im Hahnenmoor, 50 km nordwestlich von Osnabück, untersucht. 3 Konkordanz-Analysen nach RENKONEN werden durchgeführt. Mit Hilfe der Diskordanz werden die Relativlagen der Carabidengesellschaften im dreidimensionalen Raum nach der Methode von KOTH ermittelt. Bis auf eine Ausnahme genügt dazu eine Lageunschärfe der Relativlagen von 5%. Mit den Raumachsen dieser Modelle fallen wahrscheinlich Umweltgradienten zusammen. Erkannt werden konnten 3 Gradienten, die artverteilende Bedeutung haben können: Trophiegrad, Bodenfeuchte und Sonnenexposition der Bodenoberfläche. In einem Modell konnten 7 Ergebnisse aus 6 Untersuchungsgebieten und 5 Untersuchungszeiträumen widerspruchsfrei im dreidimensionalen Raum angeordnet werden. Für oligo- bis minerotrophe Moore typische Arten wie Agonum ericeti und Agonum munsteri kommen noch vor. Diese Arten sind durch Nährstoffanreicherung, Beschattung durch Birken und andere Faktoren stark bedroht. Indikatoren für minero- bis mesotrophe Moorbereiche werden bereits gefunden: Agonum fuligonosum und Pterostichus minor. Die Austrocknungsstadien des Hochmoores werden von Bembidion humerale, Anisodactylus nemorivagus und anderen für solche Flächen typische Arten bewohnt. Ein Moorbrand hatte auf die Carabidengesellschaft keinen nachhaltigen Einfluß: die Arten überlebten den Brand (z. B. Dyschirius globosus) oder wanderten danach wieder ein. Es wird auf die Bedeutung dieses Hochmoorrestes als Refugium für seltene Tiere und Pflanzen hingewiesen.
Unter 9 Exoskelett-Merkmalen zeigen das Ende des Aedeagus und die Skulptur der Elytren eine starke Differenzierung zwischen Populationen beider Formen, die aus weit von einer Kontaktzone entfernten Regionen stammen (untersuchte Populationen: purpuraseens aus den Pyrenäen und der Normandie, violaceus aus Nord- und Nordost-Deutschland, Polen und Rumänien). In Südwest-Niedersaehsen wurden Populationen beider Formen als auch Populationen festgestellt, die sich durch intermediäre Werte des Aedeagus und der Elytrenskulptur auszeichnen. Das Auftreten solcher Populationen zeigt eine Hybridzone in dem Untersuchungsgebiet an. Für eine weitergehende Beschreibung der Hybridzone (z. B. ihre geographische Ausdehnung) in Südwest-Niedersachsen und anderer Kontaktzonen müssen die beiden trennenden Merkmale in weiteren Populationen analysiert werden. Nichtsdestoweniger zeigen die isolierten und teilweise von purpuraseens umgebenen vio/aceus-Populationen (Eifel, Schwarzwald), daß beide Taxa eine Mosaik-Hybridzone in Mitteleuropa ausbilden. Die postglaziale Populationsgeschichte beider Formen und ihrer Hybridzone wird diskutiert.