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Poetik von Traum und Tod
(1998)
Wem das "mot juste" sich versagt, der flüchtet in Ironie. Demzufolge könnte das Thema der folgenden Überlegungen lauten: Der Teppich des Lebens oder "die Quellen der Inspiration". Damit wäre das biographische Mißverständnis programmiert – wenn wir etwas zu wissen glauben, so dies, daß Dichter aus vielerlei Quellen schöpfen und die trüben meist die ergiebigsten sind. Das jedenfalls ist eine Interpreten-Sicht. Die andere nährt die Hoffnung, niemandem zu nahe zu treten, falls man die Art und Weise, in der Morwitz und seine Nachfolger solche Quellen gesucht und benannt haben, versuchsweise als trivial beiseiteschiebt. Nichttrivial wäre ihr zufolge das Unterfangen, Quellen im Konzeptuellen zu suchen.
Körner vertritt mit selten gewordener Entschiedenheit den Primat des Ästhetischen, man kann auch sagen: er vertritt die Autonomie der Kunst. Aber dieser Ausdruck ist missverständlich. Er bedeutet nicht, dass Künstler tun und lassen können, was sie wollen, oder dass im Bereich der Kunst ›alles möglich ist‹. Wäre im Bereich der Kunst alles möglich, dann sollte es auch möglich gewesen sein, die mehr oder minder plausiblen Ansprüche von Feierabendlesern, Zensoren, Polizeispitzeln, Westredakteuren, Parteikontrolleuren und Stasi-Überwachern wenn schon nicht zu befriedigen, so doch wenigstens so weit in die eigene Arbeit einzubeziehen, dass einer wohlwollenden Aufnahme, sei es im Osten, sei es im Westen, nichts im Wege gestanden wäre. Dass dem nicht so war, hat im gegebenen Fall einen einzigen Grund. Das Konzept, dem Körner sich verschreibt, fordert die totale Überschreibung der Selbstbeschreibung des Gemeinwesens, des ›gemeinen Wesens‹, das zugleich das ›böse‹ ist, wie es süffisant zu Beginn des Fragments vom Mensch mit einem Nietzsche-Zitat heißt.
Holocaustum
(2008)
In Soziale Systeme (1987) rät Luhmann, ›Rationalität‹ – den Begriff und die Sache – nicht allzu willig preiszugeben, wie es überall dort geschehen sei, wo an ihre Stelle ›Selbstreferenz‹ gesetzt wurde: "Selbstreferenz ist Bedingung für Steigerungen, für Steigerung der Einschränkbarkeit, für Aufbau von Ordnung durch Reduktion von Komplexität". Zeitweise war diese Einsicht in der Form von natürlicher Selbstliebe, in der Form von sich selbst begründender Vernunft oder dann in der Form des Willens zur Macht, also in anthropologischen Verpackungen, an die Stelle des Rationalitätsprinzips getreten. Dies kann heute als eine spezifisch europäische Geste gesehen werden, die den parallellaufenden Zerfall der Rationalitätssemantik zu kompensieren versucht.