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C-Typ Lektin-ähnliche Rezeptoren (CTLRs) auf Lymphozyten des Immunsystems modulieren deren Effektorfunktionen wie Zytotoxizität oder Zytokinsekretion. Die Gene dieser Immunrezeptoren befinden sich in einer definierten genomischen Region, dem Natürlichen Killer Genkomplex (NKC), welcher im Menschen auf Chromosom 12 und in der Maus auf Chromosom 6 lokalisiert ist. Namensgebend für diesen Gencluster ist die erste Beschreibung von CTLRs auf Natürlichen Killerzellen (NK-Zellen), den Effektorlymphozyten des angeborenen Immunsystems. Einige NKC-kodierte CTLR, insbesondere Vertreter der C-Typ Lektin Familie 2 (CLEC2)-Rezeptorfamilie, werden jedoch auch in nicht-lymphozytären Zellen (z.B. humanes KACL in Keratinozyten, Maus Clr-f in Darmepithelzellen) vorgefunden und in Zusammenhang mit einer gewebsspezifischen Immunüberwachung gebracht. Bemerkenswerterweise sind die Lymphozytenassoziierten Rezeptoren dieser CLEC2-Proteine ebenso CTLRs, welche zudem eng benachbart zu den CLEC2-Proteinen im NKC kodiert sind, sodass es sich um genetisch gekoppelte Rezeptor-Liganden-Paare mit immunologischer Funktion handelt.
Zu Beginn der vorliegenden Arbeit richtete sich das Interesse auf ein bislang uncharakterisiertes Mitglied der CLEC2-Proteinfamilie (CLEC2L), das jedoch außerhalb des NKC und in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem weiteren und ebenso uncharakterisierten CTLR (KLRG2) kodiert ist. Im Unterschied zu anderen Mitgliedern der CLEC2-Familie ist CLEC2L (wie auch KLRG2) in Säugetieren hochkonserviert. Im Rahmen dieser Arbeit wurde der Frage nachgegangen, ob CLEC2L wie andere Mitglieder der CLEC2-Proteinfamilie eine gewebsspezifische Expression aufweist, mit einem genetisch gekoppelten CTLR, d. h. mit KLRG2, interagiert und funktionell in Verbindung mit dem Immunsystem gebracht werden kann. Ziel dieser Arbeit war es somit, eine detaillierte Expressions- und Funktionsstudie zu CLEC2L durchzuführen.
Mittels quantitativer Echtzeit-PCR und in situ Hybridisierung konnte CLEC2L-RNA im humanen und Maus-Gehirn nachgewiesen werden. Da die Mengen dort das Expressionsniveau in anderen Organen bei Weitem überstiegen, wurde das CLEC2L-kodierte Protein als BACL (engl. Brain-Associated C-type Lectin) neu benannt. Ektop exprimiertes BACL bildet ähnlich wie viele andere CLEC2-Mitglieder ein disulfid-verknüpftes Homodimer auf der Zellmembran von Säugetierzellen. Um die endogene Proteinexpression dieses gehirnassoziierten „Waisen"-Rezeptors zu charakterisieren, wurde die BACL-Ektodomäne rekombinant produziert und als Immunogen zur Herstellung BACLspezifischer Antikörper eingesetzt. Mit diesen Antikörpern und einer Kombination immunologischer Techniken wie Immunhistochemie, Immunfluoreszenz und Immunpräzipitation konnte die Präsenz von BACL auf humanen und Maus-Neuronen des Gehirns mit einer besonders ausgeprägten Expression in Purkinje-Zellen zum ersten Mal gezeigt werden. Neben dem Gehirn wurden andere Bereiche des Nervensystems, darunter Spinalganglien und Retina, auf die Expression des BACL-Proteins untersucht. Hierbei konnte mittels Immunfluoreszenz und hochauflösender konfokaler Mikroskopie gezeigt werden, dass BACL mit Neuronenmembranen assoziiert ist. Die durchflusszytometrische Analyse von in vitro kultivierten Neurosphären untermauerte die Expression von endogenem BACL als membranständiges Oberflächenprotein.
Diverse Ansätze zur Identifizierung von Interaktionspartnern von BACL erbrachten letztlich keine eindeutigen Ergebnisse. KLRG2 wurde ursprünglich aufgrund seiner benachbarten genomischen Lokalisation als möglicher Rezeptor von BACL favorisiert, jedoch konnten weder Reporterassays noch durchflusszytometriebasierte Bindungsanalysen eine Interaktion dieser beiden Proteine aufzeigen. Auch die aus den massenspektrometrischen Analysen von humanen und Maus BACL-Immunpräzipitaten erhaltenen Kandidatenproteine konnten letztendlich nicht als Interaktionspartner von BACL eindeutig verifiziert werden.
Eine mögliche immunologische Bedeutung von BACL in vivo wurde im Rahmen von Tumorimplantationsexperimenten mit BACL-exprimierenden Tumorzellen untersucht. Hierbei wurde das Tumorwachstum von BACL- mit Kontroll-Transfektanten in C57BL/6 Mäusen verglichen. Der beobachtete Effekt des verlangsamten Tumorwachstums nach BACL-Überexpression war jedoch nicht auf BACL-Erkennung durch Lymphozyten zurückzuführen, wie anhand von immundefizienten Rag1-k.o. und NOD-SCID-gammak.o. Mäusen gezeigt werden konnte.
Insgesamt liefert diese Arbeit die Erstbeschreibung des bislang uncharakterisierten CTLRs BACL. Das Protein teilt strukturelle Merkmale mit Mitgliedern der CLEC2-Familie, unterscheidet sich jedoch deutlich durch (i) seine hohe Konservierung in Säugetieren, (ii) seine Kodierung außerhalb des NKC und (iii) seine pan-neuronale Expression. Die Erkenntnis, dass BACL in Maus- und in humanen Neuronen exprimiert wird, wirft die Frage nach seiner funktionellen Relevanz auf. Als Membranprotein könnte es eine wichtige Rolle in der neuronalen Kommunikation und bei zellulären Kontakten spielen. Die Frage nach der Funktion von BACL wird in zukünftigen Forschungsarbeiten zu klären sein.
Die Etablierung eines HIV-1 Tiermodells ist ein großes Ziel auf dem Weg zur Entwicklung antiretroviraler Medikamente und Impfstoffe gegen HIV-1. Speziesspezifische Restriktionsfaktoren und fehlende Kofaktoren verhindern jedoch die Replikation von HIV-1 in Tieren. Restriktionsfaktoren sind Bestandteil der intrinsischen Immunität und entwickelten sich im Laufe der Evolution als Abwehrmechanismus gegen diverse Pathogene. Dazu gehören die Proteine der APOBEC3-Familie, TRIM5􀀁 und Tetherin, welche die Virusreplikation von HIV-1 an verschiedenen Punkten seines Lebenszyklus inhibieren. Koevolutionär entwickelten Retroviren Antagonisten, um die restriktive Funktion ihrer Wirtsproteine zu umgehen. Um ein replikationskompetentes, simiantropes HIV zu generieren, wurden im Rahmen dieser Arbeit die Sequenzen vifHIV-1 und vpuHIV-1 gegen vifagm.tan aus SIVagm.tan und vpugsn/den aus den Immundefizienzviren SIVgsn und SIVden substituiert, um die Restriktion gegen A3G und Tetherin in Zellen der Afrikanischen Grünen Meerkatze zu umgehen. Die TRIM5 vermittelte Restriktion wurde über eine Mutation in der Cyclophilin A Bindedomäne des Kapsids verhindert. Die Analyse der Vifagm.tan Funktion bestätigte den geänderten Tropismus des chimären HIV-1 bezüglich der APOBEC3G vermittelten Restriktion. Denn nach Austausch des vifHIV-1 Gens war das Virus nicht mehr in der Lage, die Aktivität des humanen APOBEC3G zu unterbinden und initiierte stattdessen die Degradation des Analogons aus der Afrikanischen Grünen Meerkatze. Weiterhin konnte die erfolgreiche Klonierung des vpugsn/den Gens in HIV-1 die Aktivität der SHIV-Konstrukte gegen Tetherin der Afrikanischen Grünen Meerkatze und der Rhesusaffen ändern, wohingegen humanes Tetherin nicht mehr abgebaut werden konnte. Trotz der erfolgreichen Aktivität der konstruierten SHIVs gegen die zellulären Restriktionsfaktoren der Afrikanischen Grünen Meerkatze, replizierten die generierten chimären Viren in einer AGM Zelllinie, nicht aber in periphären mononuklearen Blutzellen der Afrikanischen Grünen Meerkatze. Ein Indiz, das für weitere strukturelle Anpassungen der Viren gegenüber ihren Wirten spricht, die zur Bildung der Spezies-Barriere beitragen und Zoonosen erschweren. Im zweiten Teil der Dissertation wurden die Aktivitäten der Proteine der APOBEC3-Familie und VifHIV-1 auf ihre Regulation durch Phosphorylierung untersucht. Proteinphosphorylierungen gehören zu den wichtigsten posttranslationalen Proteinmodifikationen, um diverse Funktionen wie die Enzymaktivität, Proteininteraktionen und die zelluläre Lokalisation zu steuern. Dabei konnte die durch Yang et al. postulierte Phosphorylierung von VifHIV-1 nicht bestätigt werden. Analysen der mutmaßlichen VifHIV-1 Phosphomutanten enthüllten, dass die Funktion von VifHIV-1, die Infektiosität von HIV-1 zu gewährleisten, durch Substitution der mutmaßlichen Phosphoaminosäuren nicht beeinträchtigt wird und ebenso sämtliche Phosphomutanten die Degradation von A3G initiierten, wenn auch in unterschiedlichem Maße. Weiterhin wurde im Rahmen dieser Arbeit gezeigt, dass A3C entweder in einem phosphorylierten Protein-Komplex vorliegt oder ein phosphoryliertes Protein bindet. Zudem konnte ermittelt werden, dass APOBEC3A als einziges Protein der APOBEC3-Familie nach TPA- und cAMP-Stimulation phosphoryliert wird. In vitro Kinase Studien konnten zeigen, dass die Phosphorylierung unter anderem durch ERK2 erfolgt. Es konnte jedoch kein Zusammenhang zwischen der Phosphorylierung von A3A und dessen zellulärer Lokalisation, Aktivität gegen HIV-1 als auch gegen die Retrotranspositionselemente IAP und LINE-1 hergestellt werden. Dies lässt den Schluss zu, dass die Phosphorylierung die untersuchten Aktivitäten von APOBEC3A nicht beeinflusst oder APOBEC3A eine bisher unbekannte durch Phosphorylierung regulierte Funktion besitzt.
Die mitochondriale Atmungskette und insbesondere die Cytochrom c Oxidase als deren terminales Enzym sind essentiell für den Energiestoffwechsel eukaryotischer Zellen. Die Assemblierung der mitochondrialen Cytochrom c Oxidase mit ihren bis zu 13 Untereinheiten ist noch nicht bis ins Detail aufgeklärt, aber es handelt sich um einen geordneten, stark regulierten Prozess, und Defekte der Assemblierung sind häufig Ursache für neurodegenerative und myopathische Erkrankungen. In Eukaryoten sind bisher mehr als 30 Proteine identifiziert worden, die an der Biogenese der Cytochrom c Oxidase beteiligt sind, darunter Surf1. Beim Menschen führt der Verlust von Surf1 zu einer letalen neurodegenerativen, als Leigh-Syndrom bezeichneten Krankheit, wobei die genaue Rolle von Surf1 bei der Assemblierung der Cytochrom c Oxidase unklar ist. Das Bodenbakteriums Paracoccus denitrificans kann als Modellorganismus für die mitochondriale Atmungskette dienen, da seine aeroben Atmungskettenkomplexe eine deutliche Homologie zu denen der Mitochondrien auf weisen. P. dentrificans besitzt zwei homologe Gene für Surf1, die in Operons mit terminalen Oxidasen assoziiert sind: surf1c ist im cta-Operon lokalisiert, das für Untereinheiten der aa3-Cytochrom c Oxidase kodiert, und surf1q im qox-Operon, das die Gene für die ba3-Ubichinoloxidase enthält. Vorrangiges Ziel dieser Arbeit war es, diese beiden Gene und ihre Translationsprodukte zu charakterisieren und auf ihre Funktion hin zu untersuchen. Chromosomale Einzel- und Doppeldeletionen beider surf1-Gene führten zu einem spezifischen Aktivitätsverlust der jeweiligen Oxidase in Membranen, wobei surf1c und surf1q unabhängig von einander für ihre korrespondierenden Oxidasen zuständig sind und keine überlappenden Funktionen besitzen. Dies war der erste experimentelle Hinweis, dass ein Surf1-Protein auch bei der Assemblierung einer Chinoloxidase eine Rolle spielt. Untersuchungen an aufgereinigter aa3-Cytochrom c Oxidase ergaben, dass der Hämgehalt im Fall der surf1c-Deletion stark vermindert ist. Diese Ergebnisse bestätigten frühere Vermutungen, dass Surf1 eine Rolle beim Häm-Einbau in UEI spielt. Diese Arbeit untersuchte zum ersten Mal aufgereinigtes Surf1-Protein und lieferte mit der Charakterisierung weitere Hinweise auf seine Rolle beim Häm a-Einbau in terminale Oxidasen. So konnte gezeigt werden, dass sowohl Surf1c und als auch Surf1q Häm a in vivo binden. Mit Hilfe spektroskopischer Methoden und der isothermen Titrationskalorimetrie konnte die Bindung von Häm a an apo-Surf1c und Apo-Surf1q quantifiziert werden. Beide Proteine binden Häm a mit submikromolaren Affinitäten in einer 1:1 Stöchiometrie. Ligandenbindungspektren wiesen weiterhin darauf hin, dass das Eisenatom des Häm a in Surf1 nur über fünf Liganden koordiniert ist. Über gerichtete Mutagenese konnte der konservierte Histidinrest His193 für Surf1c und His202 für Surf1q als möglicher fünfter Ligand des Eisenatoms identifiziert werden. Untersuchungen zur Wechselwirkung mit anderen Proteinen zeigten eine direkte Interaktion zwischen der Häm a Synthase und den beiden Surf1-Proteinen in vivo und in vitro, die zuvor noch für kein anderes Surf1-Homolog beschrieben war. Zusätzlich konnte ein Transfer von Häm von der Häm a Synthase auf Surf1c bzw. Surf1q in vitro erreicht werden. Für Surf1c ließ sich außerdem eine Interaktion mit Untereinheit I der Cytochrom c Oxidase nachweisen. Obwohl die Funktion von Surf1 im Rahmen der Biogenese der Cytochrom c Oxidase noch nicht abschließend geklärt werden konnte, liefern die Ergebnisse dieser Arbeit nichtsdestotrotz klare Hinweise auf eine direkte Beteiligung von Surf1 beim Einbau der Häm a-Kofaktoren, und ein neues Modell für die Funktion von Surf1 konnte erstellt werden.
Die Atmungskette in der inneren Membran der Mitochondrien besteht aus fünf großen Enzymkomplexen. Die NADH-Dehydrogenase (I), Succinat-Dehydrogenase (II, indirekt), Cytochrom c-Reduktase (III) und Cytochrom c-Oxidase (IV) nutzen die Energie aus Elektronentransfers zum Aufbau eines Protonengradienten über die innere Mitochondrienmembran. Dieser wird anschließend von der FOF1-ATP-Synthase (V) als Energiequelle zur Phospho-rylierung von ADP verwendet. Für lange Zeit bestand eine Kontroverse, wie diese Proteine in der Membran organisiert sind. Nach dem „random collision“-Modell diffundieren sie frei als Einzelmoleküle und treffen sich nur zufällig, während sie nach dem „solid state“-Modell größere funktionelle Einheiten bilden. In den letzten Jahren gab es vermehrt Hinweise darauf, dass das letztere Modell das zutreffendere ist, da tatsächlich sogenannte Superkomplexe der Atmungskette in aktiver Form isoliert werden konnten. Schließlich konnte 2007 die erste drei-dimensionale Rekonstruktion eines Superkomplexes, bestehend aus Komplex I, dimerem Komplex III und Komplex IV publiziert werden. Aufgrund der Einschränkungen der verwendeten Negativkontrasttechnik hatte dieses Modell allerdings nur eine niedrige Auflösung und repräsentierte durch die Dehydrierung keinen nativen Zustand. Dadurch ließen sich die Strukturen der einzelnen Komplexe nur ungenau einpassen. Um diese Probleme zu umgehen, sollte eine Struktur unter Kryo-Bedingungen rekonstruiert werden. Um die für Kryo-EM benötigte größere Ausbeute und höhere Konzentration zu erzielen, wurde ein neues Reinigungsprotokoll für die Superkomplexe etabliert. Die wesentlichen Punkte darin sind der Austausch des für die Solubilisierung verwendeten Digitonins durch Amphipol A8-35 mittels ?-Cyclodextrin und eine anschließende Dichtegradienten-Ultrazentrifugation. Im BN-PAGE zeigten die auf diese Art gereinigten Superkomplexe das gleiche Banden- und Aktivitätsmuster wie Proben in Digitonin. Auch bei einer Einzelpartikelanalyse nach Negativ-kontrastfärbung konnten keine Unterschiede festgestellt werden und die Partikel zeigten ähnliche Orientierungen wie in der vorherigen Studie. Einige neue Ansichten ließen sich jedoch nicht zuordnen und stellten eventuell eine Verunreinigung mit größeren Superkomplexen dar. Da auch bei der Reinigung mit Amphipol die Proteinkonzentration letztlich nicht wesentlich erhöht werden konnte und sich die Superkomplexe nicht wie für Kryo-EM erforderlich in einen löchrigen Kohlefilm einlagerten, wurden die Proteine auf einem durchgehenden Kohlefilm in einer dünnen Pufferschicht vitrifiziert. Die dabei zu beobachtenden bevorzugten Orientierungen, sollten auch die Unterscheidung von verschiedenen Populationen von Superkomplexen erleichtern. Eine erste 3D-Rekonstruktion wurde mit Hilfe der „random conical tilt“-Methode errechnet. Dieses Modell wurde durch „projection matching“ bis zu einer Auflösung von 19 Å verfeinert, womit die Auflösung fast doppelt so hoch ist, wie bei der Rekonstruktion aus Negativ-kontrastfärbung (36 Å). Die Struktur repräsentiert einen natürlichen Zustand des Proteins und zeigt Details wie einzelne Domänen, Spalten zwischen Domänen und eine starke Krümmung des Membranarms von Komplex I, die zuvor nicht erkenn-bar waren. Die Amphipole bilden einen Gürtel um den Transmembranbereich. Die Röntgenstrukturen von Komplex I, III2 und IV konnten mit großer Präzision in die Dichtekarte eingepasst werden. Die wenigen kleinen Unterschiede zwischen Röntgenstrukturen und EM-Dichtekarte sind auf leichte Konformations-änderungen zurückzuführen. Die Kryo-EM-Rekonstruktion ist erheblich größer als die Rekonstruktion aus Negativfärbung, wodurch die enthaltenen Komplexe nur noch wenige punktuelle Kontakte haben. In den Zwischenräumen könnte eine spezielle Lipidumgebung die kleinen Elektronenüberträger Ubichinon und Cytochrom c in den Superkomplex integrieren. Ihre Bindestellen sind jeweils zueinander orientiert und die geringen Abstände, die zum ersten Mal bestimmt werden konnten, stützen die Hypothese eines gerichteten Substrattransfers über kurze Entfernungen. Von den möglichen Übertragungswegen scheint der kürzere mit weniger Transferreaktionen bevorzugt zu werden. Während der Entwicklung des neuen Reinigungsprotokolls für die Superkomplexe konnte zusätzlich eine neue Methode zur Rekonstitution von Membranproteinen entwickelt werden. Die solubilisierten Proteine werden dabei in Dichtegradienten mit steigenden Konzentrationen von ansolubilisierten Liposomen und Cyclodextrin zentrifugiert, wodurch ihnen langsam das Detergens entzogen und durch Lipid ersetzt wird. Proteoliposomen werden gleichzeitig von überschüssigem Lipid und Cyclodextrin-Detergens-Komplexen getrennt.
Charakterisierung der alternativen NADH-Ubichinon-Oxidoreduktase (NDH2) aus Yarrowia lipolytica
(2004)
Neben dem protonenpumpenden Komplex I (NDH-1) der Atmungskette besitzt die obligat aerobe Hefe Yarrowia lipolytica eine alternative NADH:Ubichinon Oxidoreduktase (NDH-2). Diese Enzyme, die in den Atmungsketten von Pflanzen, Pilzen und Bakterien vorkommen, bestehen aus nur einer Untereinheit, führen jedoch dieselbe Reaktion aus wie Komplex I, nämlich die Elektronenübertragung von NADH auf Ubichinon, wobei allerdings keine Protonen über die Membran transloziert werden. Nur peripher mit der Membran assoziiert, können alternative Dehydrogenasen entweder zur cytosolischen Seite (extern) oder zur Matrixseite (intern) orientiert sein. Y. lipolytica besitzt im Gegensatz zu anderen Ascomyceten nur eine einzige extern orientierte alternative Dehydrogenase mit einer vorhergesagten Masse von ca. 60 kD und einem nicht kovalent gebundenem Molekül FAD als Cofaktor. Durch Fusion des Leserasters mit der Präsequenz der 75 kD Untereinheit von Komplex I war die interne Expression des Enzyms (NDH2i) gelungen, die das Überleben von Komplex I Deletionsmutanten ermöglichte. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde die alternative Dehydrogenase von Y. lipolytica innerhalb ihrer natürlichen Membranumgebung charakterisiert. Das Enzym reagierte mit verschiedenen Chinonanaloga, wobei mit dem hydrophilen Q1 eine höhere katalytische Rate erzielt wurde als mit DBQ, das dem natürlich vorkommenden Q9 am ähnlichsten ist. Da hydrophobe Substrate fast ausschließlich in der Lipidphase der Membranen gelöst vorliegen, musste bei der Bestimmung von kinetischen Parametern (ebenso wie bei Komplex I) auf eine gleichbleibend große Membranphase im Messvolumen geachtet werden. Mit dem standardmäßig benutzten Substrat DBQ reagierte YLNDH2 nach einem Ping-Pong Reaktionsmechanismus. Dieser beschreibt eine abwechselnde Bindung der beiden Substrate, wobei das Enzym die Elektronen von NADH aufnimmt (E-FADH2) und an Ubichinon weitergibt (E-FAD); es existiert kein ternärer Enzym-Substrat Komplex. Gestützt durch Kristallstrukturen des analogen Enzyms QR1 mit NADPH bzw. mit Durochinon, liegt die Vermutung nahe, dass beide Substrate in ähnlicher Weise und sehr wahrscheinlich in der gleichen Bindungstasche binden. Ein Ping-Pong Reaktionsmechanismus wurde bereits für die NADH:DCPIP Oxidoreduktase Aktivität von zwei weiteren alternativen Enzymen postuliert, jedoch noch nie für ein physiologisches Substrat. Als bislang wirksamster Inhibitor für alternative Dehydrogenasen wurde 1-hydroxy-2-dodecyl-4(1H)chinolon (HDQ) entdeckt. HDQ hemmte NDH2 in Membranen aus Y. lipolytica mit einer I50 von 200 nM, was der 500fachen Hemmwirkung des gängig verwendeten Flavon auf das isolierte Enzym NDI1 von S. cerevisiae entspricht. Allerdings hemmte HDQ auch Komplex I mit einer I50 von 2 µM, ähnlich wie es bei Platanetin in Pflanzenmitochondrien der Fall war [Roberts et al., 1996]. Mit dem Ziel, ein polyklonales Antiserum gegen die native YLNDH2 zu generieren, wurde das Enzym in E. coli heterolog exprimiert. Die Expression führte zur Bildung von Einschlusskörpern, aus denen das rekombinante Enzym unter denaturierenden Bedingungen gereinigt und zur Immunisierung eines Kaninchens verwendet werden konnte. Das Antiserum kreuzreagierte mit der nativen und der internen Version von YLNDH2 und zeigte nur wenige unspezifische Bindungen. Es wurde gezeigt, dass Y. lipolytica Stämme ohne NDH2 und Komplex I mit NDH2i als einziger Dehydrogenase erzeugt werden konnten. In N. crassa war der Versuch, NDE2 und Komplex I gleichzeitig zu deletieren, gescheitert, was zu der Schlussfolgerung führte, dass sich die beiden Enzyme in diesem Organismus möglicherweise kompensieren könnten. Dies war in Y. lipolytica ausgeschlossen worden, da wahrscheinlich kein (oder nur unzureichender) Austausch zwischen matrixständigem und cytosolischem NADH stattfindet. Die zielgerichtete Mutagenese hochkonservierter Bereiche im offenen Leserahmen von YLNDH2 lieferte das eindeutige Ergebnis, dass die zweite der beiden beta-alpha-beta-Bindungsdomänen NADH binden muß, da sich der KM Wert für NADH bei Mutation des essentiellen sauren Restes E320 dratisch erhöhte. Alle Mutationen, die die Dinukleotid Bindungsdomäne I betrafen, die danach folgerichtig den Cofaktor FAD binden muß, führten zu einem vollständigen Verlust von NDH2. Dieselbe Zuordnung der Bindungsstellen war bereits von Björklöf et al. [2000] vorgeschlagen worden. Eine Chinonbindungstelle konnte durch Mutagenese der beiden apolar/aromatischen Bereiche der Sequenz nicht identifiziert werden. Die Modifikation des C-Terminus von NDH2i führte zu nicht mehr messbarer Aktivität und stark verringerter Expression des Enzyms in mitochondrialen Membranen (siehe Anhang 7.5.1.1). Es kann daher vermutet werden, dass der C-Terminus für die korrekte Faltung eine wichtige Rolle spielt, möglicherweise sogar bei der Membranassoziation, wie bei Rasmusson [1999] vorgeschlagen wurde. Interessant war in diesem Zusammenhang, dass die C-terminal modifizierte NDH2i trotzdem das Überleben von Komplex I Deletionsmutanten bzw. das Wachstum auf DQA ermöglichte. In Membranen, die einen unterschiedlichen Gehalt an NDH2, jedoch die gleiche Gesamtmenge an Protein enthielten, wurde eine unerwartete lineare Abhängigkeit zwischen KM und Vmax Werten beobachtet. Dieses Phänomen wurde mit dem Modell der externen Diffusionslimitierung beschrieben, die in ähnlicher Weise auch bei immobilisierten Enzymen auftritt. Danach wird die Geschwindigkeit der enzymatischen Reaktion von YLNDH2 sowohl durch die kinetisch kontrollierte Rate, als auch durch die Transportrate des Ubichinons bestimmt, das aus der Membran heraus in die wässrige Umgebung des katalytischen Zentrums gelangen muss. Aus diesem Grund ist nicht nur die Maximalgeschwindigkeit, sondern auch die Michaelis Menten Konstante KM abhängig vom Gehalt des Enzyms in Membranen. Dies führte bei niedrig exprimierten mutanten Enzymen zur gleichzeitigen Abnahme von KM und Vmax. Eine externe Diffusionskontrolle der enzymatischen Reaktion wurde auch für Komplex I, dessen Reaktionszentrum im peripheren Arm vermutet werden kann, aber nicht für Komplex III aus S. cerevisiae, dessen Chinonbindungsstellen sich definitiv in hydrophober Umgebung befinden, beobachtet.
Das onkogene Fusionsprotein AML1/ETO entsteht durch die chromosomale Translokation t(8;21), die in etwa 12 % aller primären akuten myeloischen Leukämien (AML) auftritt. Die DNA-Bindedomäne des hämatopoetischen Transkriptionsfaktors AML1 wird hierbei mit fast dem gesamten ETO-Protein fusioniert, das als transkriptioneller Repressor wirkt. In den transformierten Zellen kommt es somit zur Blockierung der myeloischen Differenzierung und zur verstärkten Proliferation. Entscheidend für das leukämische Potential von AML1/ETO ist die Fähigkeit zur Oligomerisierung, die durch die Nervy-Homologie-Region-2 (NHR2)-Domäne im ETO-Anteil vermittelt wird.
Durch lentivirale Transduktion konnte bereits gezeigt werden, dass Proteine, welche die NHR2-Domäne enthalten, die Oligomerisierung von AML1/ETO inhibieren und damit den leukämischen Phänotyp AML1/ETO-exprimierender myeloischer Zellen aufheben. In der vorliegenden Arbeit sollten nun alternative Wege zur Einbringung der therapeutischen Proteine in t(8;21)-positive AML-Zellen untersucht werden. Dafür wurde sowohl die Möglichkeit der Proteintransduktion als auch die Verwendung nicht-integrierender viraler Vektoren analysiert.
Im ersten Projekt wurden durch Fusion mit der HIV-1 TAT-Domäne zellpermeable NHR2-Proteine generiert. Zunächst wurde ein Protokoll zur Expression und Reinigung der rekombinanten Proteine etabliert. Durch eine ausführliche biochemische Charakterisierung konnte gezeigt werden, dass die aus Bakterien aufgereinigten NHR2-Proteine funktionell und sehr rein waren. Sie wiesen den erwarteten hohen alpha-helikalen Anteil auf und behielten ihre Fähigkeit zur Bildung von Tetrameren in vitro bei. Die TAT-NHR2-Fusionsproteine sind in der Lage, in humane Zellen einzudringen und konnten erfolgreich in den Lysaten nachgewiesen werden. Mikroskopische Studien zeigten, dass der Großteil der internalisierten Proteine in Endosomen-ähnlichen Vesikeln lokalisiert war. Die Zugabe des Endosomeninhibitors Chloroquin oder eines endosomolytischen, zellpermeablen Peptides ermöglichte eine erhöhte intrazelluläre Stabilität der zellpenetrierenden Proteine. Co-Immunpräzipitations-Experimente konnten bestätigen, dass die aufgenommenen NHR2-Proteine spezifisch an das ETO-Protein in transfizierten, adhärenten Zellen binden können. Die Proteintransduktion in die myeloische, AML1/ETO-wachstumsabhängige Zelllinie Kasumi-1 ist unter serumfreien Bedingungen ebenfalls möglich. Die konsekutive Behandlung der AML-Zellen mit den TAT-NHR2-Fusionsproteinen führte zu einer Reduktion der Expression des Stammzellmarkers c-kit (CD117) in 26 % der behandelten Zellen. Die Anwendung zellpermeabler NHR2-Proteine ist demnach prinzipiell möglich, bedarf aber weiterer Optimierung, um die notwendige hohe Bioverfügbarkeit zu erreichen.
In einem zweiten Projekt wurden Adeno-assoziierte virale (AAV) Vektoren verwendet, um die NHR2-Proteine in den hämatopoetischen Zellen zu exprimieren. Mit Hilfe mehrerer Methoden konnte gezeigt werden, dass sich mit den generierten Vektoren, die auf dem AAV-Serotyp 2 basierten, erfolgreich eine transiente Genexpression induzieren ließ. Der CMV-Promoter vermittelte jedoch nur eine schwache Expression in den hämatopoetischen Zellen. Unter Verwendung des stärkeren SFFV-Promoters konnte die Expressionsstärke deutlich gesteigert werden. Die von den optimierten AAV-Vektoren vermittelte Expression der NHR2-Proteine führte in den beiden AML1/ETO-positiven Zelllinien Kasumi-1 und SKNO-1 zu den erwarteten, spezifischen Effekten. So wurde das Wachstum verlangsamt und gleichzeitig die Apoptoserate erhöht. AML1/ETO-unabhängige Zellen wurden dagegen von den AAV-NHR2-Vektoren nicht beeinflusst. Obwohl die Proteinexpression in SKNO-1 Zellen stärker war, zeigten die Kasumi-1 Zellen deutlichere Effekte. Die NHR2-Proteine bewirkten in den transduzierten t(8;21)-positiven Zellen außerdem eine Reduktion der Expression der Stammzellmarker CD34 bzw. c-kit. Dies deutet auf eine partielle Differenzierung der beiden AML1/ETO-abhängigen Zelllinien hin. Damit ließen sich durch AAV-vermittelte Transduktion in den AML-Zellen dieselbe Wirkung in Hinblick auf Wachstum, Differenzierbarkeit und Apoptoserate erzielen wie dies mit den lentiviralen Vektoren zuvor beschrieben wurde. In einem abschließenden Vergleich wurde aber deutlich, dass nicht-integrierende Vektorsysteme generell eine schwächere NHR2-Proteinexpression induzieren und demzufolge auch schwächere Effekte als integrierende Vektoren in den AML1/ETO-positiven Zellen auslösen.
Tumorerkrankungen, insbesondere solche im metastasierenden Stadium, erfordern effiziente Therapien. Krebstherapien wie Bestrahlung oder Chemotherapie wirken über die Induktion von Apoptose. Resistenz gegen diese Behandlungsansätze geht einher mit der Blockierung relevanter apoptotischer Signalwege. Dennoch haben Tumorzellen nicht grundsätzlich die Fähigkeit verloren, apoptotischen Zelltod zu sterben, d. h. mit einem geeigneten Stimulus kann in jeder Tumorzelle Apoptose induziert werden. In dieser Arbeit wurden Proteine entwickelt, die Enzyme apoptotischer Signalkaskaden selektiv in Tumorzellen einschleusen. Um Spezifität für transformierte Zellen zu erlangen, wurden diese Proteine mit Zellbindungsdomänen gekoppelt, die an tumorassoziierte Antigene binden. Als Zielstrukturen auf der Oberfläche von Krebszellen dienten die Rezeptoren der ErbB Familie „epidermal growth factor receptor“ (EGFR) und ErbB2. Überexpression dieser Rezeptoren wird auf einer Vielzahl von Tumoren epithelialen Ursprungs beobachtet und ist ursächlich beteiligt an der malignen Transformation. Als Apoptoseinduktoren wurden die Serinprotease Granzym B (GrB) sowie das Protein „apoptosis inducing factor“ (AIF) eingesetzt. GrB induziert Apoptose durch direkte Aktivierung von Caspasen und Spaltung zentraler Caspasen-Substrate. Damit greift die Protease am unteren Effektorende apoptotischer Signalwege ein und umgeht so die meisten Resistenzmechanismen transformierter Zellen. Um GrB in Tumorzellen einzuschleusen, wurde die Protease mit dem ErbB2 spezifischen Antikörperfragment scFv(FRP5) gekoppelt. Zunächst wurde eine biotinylierte Variante der Protease (bGrB) über die hochaffine Streptavidin/ Biotin Interaktion mit einem Fusionsprotein komplexiert, das aus dem scFv(FRP5) und Streptavidin besteht (SA-5). Komplexe aus enzymatisch aktivem bGrB und SA-5 wiesen selektive cytotoxische Aktivität gegenüber ErbB2 exprimierenden Zellen auf, die allerdings von der Präsenz des endosomolytischen Reagenz Chloroquin abhing. Dies zeigt die Notwendigkeit einer Translokation vom endosomalen Kompartiment, um internalisiertem GrB Zugang zu seinen cytosolischen Substraten zu ermöglichen. Aufbauend auf diesen Ergebnissen, die grundsätzlich nachweisen, daß das Einbringen von GrB in Tumorzellen ausreichend ist, um in diesen Zellen Apoptose zu induzieren, wurden Fusionsproteine abgeleitet, in denen GrB direkt mit Zellbindungsdomänen fusioniert ist. Neben dem scFv(FRP5) wurde auch der EGFR-Ligand TGFalpha eingesetzt. Fusionsproteine bestehend aus reifem GrB und scFv(FRP5) (GrB-5) bzw. TGFalpha (GrB-T) wurden in der Hefe Pichia pastoris exprimiert und mit hohen Ausbeuten gereinigt. GrB-5 und GrB-T zeigten enzymatische Aktivität und wiesen Affinität zu ErbB2 bzw. EGFR auf. In Gegenwart von Chloroquin zeigten GrB-5 und GrB-T selektive cytotoxische Aktivität gegenüber Zellen, die den jeweiligen Zielrezeptor exprimieren. Die IC50 Werte der Proteine lagen im pico- bis nanomolaren Bereich und sind damit vergleichbar mit denen rekombinanter Immun- bzw. Wachstumsfaktortoxine, die Exotoxin A (ETA) aus Pseudomonas aeruginosa als Effektor nutzen. Induktion von Apoptose erfolgte durch GrB-5 und GrB-T allerdings deutlich schneller (3 h) als durch ETA Fusionsproteine (72 h), da GrB im Gegensatz zu ETA direkt in apoptotische Signalkaskaden eingreift. Um die weitere Charakterisierung von GrB-5 und GrB-T zu erleichtern, wurden in der vorliegenden Arbeit Möglichkeiten für eine Optimierung der Expression dieser Fusionsproteine in Hefe untersucht. Dazu wurde eine Strategie entwickelt, die auf der Beobachtung beruht, daß die Löslichkeit und Stabilität von Proteinen durch Fusion mit solchen Domänen erhöht werden kann, die selbst eine hohe Löslichkeit und Stabilität besitzen. Ein Protein mit diesen Eigenschaften ist das Maltose Bindungsprotein (MBP) aus E. coli. In dieser Arbeit wurde MBP bei der Expression rekombinanter Proteine in P. pastoris eingesetzt, um die Ausbeute löslicher Proteine zu steigern. Es wurde eine Strategie entwickelt, die es erlaubt, MBP posttranslational in vivo vom Fusionspartner zu trennen. Hierzu wurde eine Erkennungssequenz der Protease Furin (furS) zwischen MBP und Fusionspartner eingefügt. Zunächst wurde untersucht, ob GrB als MBP Fusionsprotein in enzymatisch aktiver Form exprimiert werden kann, was eine Grundvoraussetzung für die Expression tumorspezifischer GrB Fusionsproteine in diesem System darstellt. Die Ausbeute von GrB konnte durch diese Strategie erheblich gesteigert werden. Daneben war eine vollständige Prozessierung der Fusionsproteine innerhalb der Furin-Erkennungssequenz nachweisbar. Als MBP Fusionsprotein exprimiertes GrB wies allerdings keine enzymatische Aktivität auf. Weitere Untersuchungen zeigten, daß das terminale Serin der furS-Sequenz, das nach Spaltung durch Furin am N-Terminus von GrB zurückbleibt, die enzymatische Aktivität der Serinprotease inhibiert. Im Rahmen dieser Arbeit wurde daher nicht weiter versucht, die Ausbeute an tumorspezifischen GrB Fusionsproteinen durch Fusion mit löslichen Proteindomänen zu erhöhen. Für Proteine, die ein N-terminales Serin tolerieren, stellt das hier entwickelte System allerdings eine neuartige Strategie dar, um die Ausbeute in P. pastoris um ein Vielfaches zu steigern. Dies wurde anhand von rekombinantem ErbB2 als Modellprotein bestätigt. Als alternativer Effektor in tumorspezifischen Fusionsproteinen wurde AIF als caspasenunabhängig agierendes proapoptotisches Signalmolekül eingesetzt. In apoptotischen Zellen bewirkt die Freisetzung von AIF aus dem mitochondrialen Intermembranraum die nachfolgende Translokation des Proteins in den Zellkern, woraufhin DNA-Fragmentierung induziert wird. Zum Einschleusen von AIF in Tumorzellen wurde das Flavoprotein mit dem scFv(FRP5) fusioniert (5-AIF). Um eine cytosolische Translokation von AIF zu erreichen, wurde ein Konstrukt abgeleitet, das zusätzlich die Translokationsdomäne von Exotoxin A enthält (5-E-AIF). Diese Domäne ist beim Wildtyp-Toxin notwendig für dessen retrograden Transport vom Endosom über den Golgi Apparat und das ER in das Cytosol. Innerhalb der Translokationsdomäne findet zudem eine Prozessierung durch die endosomale Protease Furin statt. AIF Fusionsproteine wurden in E. coli exprimiert, gereinigt und renaturiert. Die Proteine wiesen Affinität für ErbB2 auf und interagierten mit DNA, eine Eigenschaft, die essentiell für die proapoptotische Aktivität von AIF ist. 5-E-AIF zeigte gegenüber ErbB2 exprimierenden Zellen cytotoxische Aktivität, die vergleichbar mit der des Immuntoxins scFv(FRP5)-ETA war. Diese Aktivität war allerdings nur in Gegenwart von Chloroquin gegeben. Das Protein 5-AIF, in dem die Translokationsdomäne fehlt, zeigte auch in Kombination mit Chloroquin keine Cytotoxizität. Eine mögliche Folgerung hieraus ist, daß die N-terminale Antikörperdomäne der Fusionsproteine die proapoptotische Aktivität der AIF Domäne blockiert. 5-E-A wird sehr wahrscheinlich durch die endosomale Protease Furin „aktiviert“, die den scFv(FRP5) durch proteolytische Spaltung innerhalb der ETA-Domäne entfernt haben könnte. Für die eigentliche Translokation reicht der ETA-Anteil allerdings nicht aus, wahrscheinlich, weil in dem hier abgeleiteten Konstrukt ein für die Funktionsweise des Wildtyp-Toxins essentielles ER Retentionssignal fehlte. Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, daß durch Einsatz apoptotischer Signalmoleküle in tumorzellspezifischen Fusionsproteinen hohe und selektive cytotoxische Aktivitäten erzielt werden können. Eine weitere Entwicklung dieser Proteine als mögliche Tumortherapeutika erscheint daher sinnvoll.
In dieser Arbeit wurde das Proteom synaptischer Vesikel mit Hilfe vier verschiedener elektrophoretischer Techniken in Kombination mit Massenspektrometrie eingehend charakterisiert. Die bisherigen Proteomansätze resultierten in der Identifizierung einer deutlich geringeren Anzahl von Proteinen. Bis auf wenige Ausnahmen wurden alle in der Literatur beschriebenen Proteine detektiert. Dies zeigt, daß die Verwendung der eingesetzten Techniken die umfassende Charakterisierung der Proteinbestandteile der Vesikel zuläßt. Ferner kann aus den Analysen geschlossen werden, daß zum jetzigen Zeitpunkt die technischen Grenzen für die Charakterisierung nicht weiter subfraktionierter synaptischer Vesikel erreicht sind. Die Anwendung der drei Techniken legt nahe, daß jede Technik ihre Vor- und Nachteile für die Identifizierung bestimmer Proteinklassen besitzt. Dies wurde bisher noch nicht in dieser Form gezeigt und liefert wertvolle Informationen für weitere Proteomanalysen. Zu den in der Summe 238 identifizierten Proteinen gehören neun Proteine, für die weder Lokalisations- noch Funktionsdaten vorliegen. Die zwei ausgewählten Proteine Svap30 und SV35 zeigen eine gliale bzw. neuronale Verteilung. SV35 befindet sich in Subpopulationen von Neuronen, die nach immunhistochemischer Untersuchung als GABAerg und glutamaterg zu werten sind. Welche Funktion dieses Protein in diesen Neuronen ausübt, bleibt zu klären. Analysen mittels RNA-Intereferenz in PC12-Zellen und Untersuchungen zur Änderung der catecholaminergen Transmitterausschüttung könnten erste Indizien liefern. Zudem könnte über Transfektion des Proteins in Oozyten die Identität des putativ transportierten Substrates bestimmt werden. All diese Arbeiten werden in Zukunft zu einer eingehenden Charakterisierung des Proteins beitragen.
Natrium/Protonen-Austauscher sind integrale Proteine biologischer Membranen und aufgrund ihrer funktionalen Abhängigkeit von einem elektrochemischen Gradienten der Klasse der Sekundärtransporter zugeordnet. Sie spielen eine essentielle Rolle sowohl in der Adaption von Bakterien an eine saline, alkalische Umgebung, als auch in der Regulation des intrazellulären pH- und Natriumhaushalts in Eukaryonten. Aufgrund der medizinischen Relevanz, unter anderem im Rahmen in der Behandlung des Herzinfarkts, besteht großes Interesse an der Struktur und den biochemischen Charakteristika des im Menschen ubiquitär vorkommenden Natrium/Protonen-Austauschers NHE1. Die heterologe und funktional aktive Produktion eukaryontischer Membranproteine stellt jedoch immer noch eine enorme Herausforderung dar, bei der sich das auf dem Semliki Forest Virus basierende Expressionssystem als gut geeignet erwiesen hat. Da die Überexpression von NHE1 mittels verschiedener eukaryontischer Expressionssysteme bisher kein kristallisationsfähiges Material liefern konnte, sollte in dieser Arbeit die heterologe Gewinnung von NHE1 mit dem Semliki Forest Virus Expressionssystem ermöglicht werden. Das Semliki Forest Virus Expressionssystem wurde auf Basis eines Vektorkonstrukts mit GFP zur späteren Übertragung der Parameter auf die Produktion von NHE1 etabliert. Konstrukte von NHE1 mit N- und C-terminalem Affinitäts-Tag wurden erfolgreich kloniert und zur Infektion von BHK-21 Zellkulturen eingesetzt. Dabei konnte beobachtet werden, dass der N-Terminus abgespalten wird und wahrscheinlich als Signalpeptid zum Einbau in die Membran dient. Das Protein wurde im Endoplasmatischen Retikulum lokalisiert, wo die Glykosylierung zum Transport in die Plasmamembran unterbleibt, was auf eine Interferenz mit der Virusinfektion zurückgeführt wurde. Eine Infektion der Zellen mit dem Semliki Forest Virus hat neben einem bereits bekannten massiven Anstieg des intrazellulären Natriumgehalts eine starke Alkalinisierung des Zytoplasma zur Folge. Ähnliches ist bisher über die Infektion von Zellen mit dem Poliovirus bekannt und stellt dort ein Schlüsselelement in der Sicherstellung der viralen Replikation dar, was auch für das Semliki Forest Virus zu gelten scheint. Die Expression von NHE1 konnte im 8 Liter-Maßstab optimiert und sowohl die Präparation als auch die Solubilisierung mit verschiedenen Detergenzien erfolgreich eingeführt werden. NHE1 erfährt jedoch bereits in vivo einen erheblichen proteolytischen Abbau, der sich während der Membranpräparation und Aufreinigung fortsetzt und zu einer Fragmentierung führt, die trotz des Einsatzes unterschiedlicher Kultivierungszeiten, Detergenzien, Additive oder Proteaseinhibitoren in vivo als auch in vitro nicht in einem Maße reduziert werden konnte, welches zur Gewinnung von kristallisationsfähigem Material erforderlich gewesen wäre. Es muss empfohlen werden einen in vivo Ansatz zu etablieren, um die proteolytische Degradation zu unterdrücken. Da die Virusreplikation nicht erforderlich ist, wäre Bafilomycin als Inhibitor der V-Typ ATPase geeignet, um die intrazelluläre Alkalinisierung und somit wahrscheinlich den Abbau von NHE1 zu verhindern. Ebenso erscheint der Einsatz von MG-132 zur spezifischen Inhibierung des Proteasoms Erfolg versprechend, was aber wegen hoher Kosten praktisch kaum in Frage kommt. Da man trotz individuell gelagerter Unterschiede zwischen den einzelnen Natrium/Protonen-Austauschern von einem ähnlichen Prinzip in Regulation und Transport ausgeht, wurden Strukturuntersuchungen mit Hilfe der Kryo-Elektronenmikroskopie am bakteriellen Natrium/Protonen-Antiporter NhaA aus Escherichia coli durchgeführt, um die strukturelle Basis der pH-Wahrnehmung und die Translokation von Natrium in das Periplasma besser zu verstehen. Die vorliegende Röntgen- und EM-Struktur repräsentieren den inaktiven Zustand, weshalb der eigentliche Ablauf des Transportvorgangs bisher biochemisch herzuleiten war, da bislang keine Kristalle im aktiven Zustand gezüchtet werden konnten. Durch die in situ Inkubation von 2D-Kristallen konnten aktive Zustände des Proteins direkt auf dem EM-Netz induziert und kryo-elektronenmikroskopisch festgehalten werden. Einzelne Datensätzen wiesen Reflexe bis zu 5 Å auf. Aus den angefertigten Projektionsdichte- und Differenzkarten ergaben sich pH- und Natrium-abhängige Konformationsänderungen. Die Röntgenstruktur wurde mit Hilfe des Molekularen Ersatzes in die EM-Struktur eingepasst und diente der Zuordnung und Interpretation der beobachteten Zustände als Basis. Die pH-abhängige Konformationsänderung wurde einem mit der funktional wichtigen Helix 9 assoziierten Bereich zugeordnet, welcher durch die Röntgenstruktur nicht definiert ist und wahrscheinlich die fehlenden Aminosäuren des regulatorisch relevanten N-Terminus enthält. Die beobachtete Konformationsänderung stellt das Entstehen einer besser geordneten Struktur dar und geht mit der pH-regulierten Aktivierung von NhaA zwischen pH 6 und 7 einher, weshalb dieser Bereich des Proteins zumindest als Bestandteil des sogenannten pH-Sensors betrachtet werden kann. Nach der vollständigen Aktivierung durch den pH-Wert, welche der folgenden Natrium-abhängigen Konformationsänderung vorauslaufen muss, konnte beobachtet werden, dass die Präsenz von Natrium im Rahmen der Ionentranslokation eine Bewegung des periplasmatischen Teils von Helix 4 induziert. Es wäre interessant, eine tiefergehende und genauere Charakterisierung der beobachteten Konformationsänderungen durch die Erstellung einer dreidimensionalen EM-Dichtekarte zu ermöglichen. Des Weiteren hat die eingehendere Untersuchung des röntgenkristallographischen Monomers nach der Einpassung in das physiologisch vorliegende Dimer der EM-Struktur sowohl eine für Membranproteine neuartige „Joint β-Sheet“ Dimerisierungsdomäne im Periplasma, als auch eine Verzahnung von Helix 7 und 9 an der Monomer-Monomer-Grenze aufgezeigt. Diesen Charakteristika kommt wahrscheinlich eine tragende Rolle in der Dimerisierung von NhaA zu, was durch weitere Untersuchungen im Rahmen einer Mutagenesestudie unter Einbeziehung der periplasmatischen β-Haarnadelstrukturen überprüft werden sollte.
Sauerstoff wird in vielen prokaryotischen und eukaryotischen Atmungsketten von der Cytochrom c Oxidase zu Wasser reduziert. Dieses Enzym besteht in Paracoccus denitrificans aus vier Untereinheiten, von denen aber nur die ersten zwei für die Funktion essentiell sind. Elektronen werden von einem membrangebundenen Cytochrom c552 zunächst auf das CuA-Zentrum der Untereinheit II der Oxidase übertragen und gelangen von dort zum low-spin Häm a der Untereinheit I. Am binukleären Zentrum, das aus dem high-spin Häm a3 und dem CuB-Atom besteht, erfolgt schließlich die Reduktion von molekularem Sauerstoff zu Wasser. Hauptziel dieser Arbeit war es, die Bindungsstelle für Cytochrom c durch das gezielte Einführen oder Entfernen negativer Ladungen auf der Oxidase-Oberfläche zu bestimmen. Die Charakterisierung dieser Mutanten erfolgte hauptsächlich durch spektroskopische Analyse der kinetischen Parameter unter Umsatzbedingungen. Zusätzlich wurde der Teilschritt der Susbtratbindung durch die Aufnahme von Assoziationskinetiken untersucht. Als Substrat diente das reduzierte mitochondriale Cytochrom c oder ein lösliches Fragment des Paracoccus-Cytochrom c552. Die eingeführten Mutationen beeinflußten in unterschiedlicher Weise die Bindung der beiden verwendeten Substrate. Hierbei ist der negativ geladene Bereich der Oberfläche von Untereinheit II der Oxidase, der zur Bindung des Paracoccus-eigenen Substrats beiträgt, größer als der für die Wechselwirkung mit dem mitochondrialen Cytochrom c. Erstmals kann somit ein Modell für die Bindung des nativen Substrats an die Paracoccus-Oxidase aufgestellt werden. Die aa3-Oxidase aus Paracoccus zeigte keine Elektronentransfereaktion mit dem Cytochrom c552 aus Thermus thermophilus, da dessen Oberfläche nicht die hierfür erforderlichen Ladungen trägt. Durch Erhöhung der Hydrophobizität auf der Untereinheit II der Paracoccus-Oxidase wurde deren Oberfläche so verändert, dass sie nunmehr auch durch dieses „hydrophobe“ Cytochrom c reduziert werden konnte. Der Aminosäurerest W121 auf der Oberfläche der Untereinheit II wurde in der Vergangenheit als ein möglicher Elektroneneintrittsort in die Cytochrom c Oxidase beschrieben. Die in der vorliegenden Arbeit an dieser Position hergestellten Mutanten zeigten zwar drastische Einbußen in den maximalen Wechselzahlen, aber eine weitgehend unveränderte Affinität zum Cytochrom c. Die exakte Positionierung der Seitengruppe des Tryptophans spielt hierbei gegenüber der Aromatizität die entscheidende Rolle. An benachbarten Positionen eingeführte Mutationen ergaben keine Hinweise auf alternative Elektroneneintrittsorte. Durch ortsspezifische Mutagenese auf dem löslichen Cytochrom c552-Fragment wurden die Lysine auf der Oberfläche entfernt, um zu klären, ob die Wechselwirkung zwischen Cytochrom c und Oxidase auf Ladungspaaren beruht oder über das Gesamtpotential der Bindungsstellen bestimmt wird. Die Lysin-Mutanten zeigten alle im gleichen Maße eine reduzierte Affinität zur Oxidase. Die vorliegenden Ergebnisse lassen den Schluß zu, dass die Wechselwirkung zwischen Oxidase und Cytochrom c552 über das Gesamt-Oberflächenpotential vermittelt wird. Steady-state-Kinetiken unter Verwendung von Pferdeherz-Cytochrom c oder Paracoccus Cytochrom c552 weichen von den klassichen Michaelis-Menten-Verhalten ab, da zwei separate Phasen für die Kinetik beobachtet werden. Dieses Phänomen bisher wurde mit der Anwesenheit einer zweiten Bindungsstelle oder einer redoxgekoppelten Konformationsänderung der Oxidase erklärt. Durch Untersuchungen von Oxidase-Präparationen mit unterschiedlicher Untereinheiten-Zusammensetzung oder gebundenem Antikörper konnte gezeigt werden, dass die Biphasizität der Oxidase-Kinetik ! nicht auf der Anwesenheit der Untereinheiten III und IV beruht, ! durch die spezifische Bindung von Antikörpern zu niedrigeren Ionenstärken verschoben wird bei gleichzeitiger Verringerung der Affinität zum Substrat, ! eine intrinsische Eigenschaft aller untersuchten Mutanten ist. Im Rahmen dieser Untersuchungen konnten keine Hinweise auf eine zweite Cytochrom c Bindungsstelle gefunden werden. Ein weiteres Ziel dieser Arbeit war die Expression, Reinigung und Charakterisierung des homologe, membrangebundenen Cytochrom c552 aus P. denitrificans. Das Protein wurde mit einem Histidin-Tag versehen und heterolog in E. coli in guter Ausbeute exprimiert und gereinigt. Seine Charakterisierung über steady-state-Messungen ergab ein deutlich verschobenes pH-Optimum mit höherer Affinität zur Oxidase im Vergleich zu seinen verkürzten löslichen Fragmenten.