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Regulation des matrizellulären Proteins SMOC-1 durch Zytokine und Stickoxid in Rattenmesangiumzellen
(2009)
Zytokine stimulieren in Mesangiumzellen die Produktion und die Freisetzung großer Mengen entzündlicher Mediatoren. In dieser Arbeit wurden mit Hilfe der RAP-PCR („RNA arbitrarily primed polymerase chain reaction“), einer auf mRNA basierenden „Differential display“-Methode, die Effekte von Interleukin-1β (IL-1β) auf das Genexpressionsmuster in glomerulären Rattenmesangiumzellen untersucht. Dabei wurde das matrizelluläre Glykoprotein „Secreted modular calcium-binding protein-1“ (SMOC-1) identifiziert, welches in Mesangiumzellen durch IL-1β herunterreguliert wird. SMOC-1 wird von verschiedenen Zelltypen exprimiert und sezerniert, doch seine biologische Funktion konnte bisher nicht aufgedeckt werden. Weitere Experimente bestätigten, dass die mRNA- und Proteinexpression von SMOC-1 durch proinflammatorische Zytokine, wie IL-1β und Tumornekrosefaktor-α (TNF-α) herunterreguliert wird. Dieser Effekt wird zu einem großen Teil durch die endogene Freisetzung von Stickoxid (NO) aufgrund der Aktivität der induzierbaren NO-Synthase (iNOS) und der nachfolgenden Aktivierung der löslichen Guanylatzyklase (sGC) vermittelt. Außerdem tragen auch reaktive Sauerstoffver-bindungen (ROS), deren Bildung durch die Zytokine verstärkt wird, zur Herunter-regulierung der SMOC-1-Expression bei. Durch In-situ-Hybridisierungsexperimente konnte ferner gezeigt werden, dass die Hemmung der NO-Synthese durch den spezifischen iNOS-Inhibitor L-NIL in einem Rattenmodell der anti-Thy1.1-Glomerulonephritis die SMOC-1-Expression deutlich erhöhte. Dies belegt somit auch in vivo die biologische Relevanz von NO in der Modulierung der SMOC-1-Expression. Die funktionelle Rolle von SMOC-1 in Mesangiumzellen wurde durch die Hemmung der SMOC-1-Expression mit Hilfe einer spezifischen siRNA untersucht. Dabei zeigte sich, dass die Hemmung von SMOC-1 eine deutliche Inhibierung der mRNA-Expression von „Transforming growth factor β1“ (TGF-β1) sowie dessen Gesamtproteinspiegel zur Folge hat. Auch die Aktivität von TGF-β1 wurde reduziert, wie anhand der verringerten Spiegel an aktivem TGF-β1-Protein und der verringerten mRNA-Expression bekannter TGF-β-regulierter Gene, wie „Connective tissue growth factor“ (CTGF), „Plasminogen activator inhibitor-1“ (PAI-1) und Biglykan gezeigt wurde. Diese Ergebnisse deuten auf eine Rolle von SMOC-1 bei der Modulierung des TGF-β1-Signalwegs hin. Zusammenfassend betrachtet scheint NO die SMOC-1-Expression in der akuten glomerulären Entzündung zu vermindern und dadurch die TGF-β-getriebenen profibrotischen Signalprozesse zu limitieren. Der zweite Aspekt dieser Arbeit befasst sich mit der Rolle von Peroxisomen-Proliferator-aktivierten Rezeptoren (PPAR) in der IL-1β-vermittelten Expression der induzierbaren NO-Synthase. PPARα-Aktivatoren steigern in Mesangiumzellen die IL-1β-induzierte Aktivität der iNOS, während die Hemmung von PPARα durch spezifische Inhibitoren oder siRNA die iNOS-Expression/-Aktivität deutlich reduziert. Die Ergebnisse von Promotor-studien zeigten die essentielle Rolle einer möglichen PPAR-Bindestelle im iNOS-Promotor. IL-1β scheint die Bildung eines endogenen PPAR-Liganden zu induzieren, wodurch die Bindung von PPAR-Proteinkomplexen an das regulatorische DNA-Element im iNOS-Promotor verstärkt und dessen Aktivität gesteigert wird. Daneben scheinen jedoch auch Nebeneffekte der PPAR-Aktivatoren, wie die Freisetzung von ROS, zur synergistischen Wirkung auf die IL-1β-induzierte iNOS-Expression beizutragen. Die Wirkung von dualen PPARα/γ-Aktivatoren auf entzündliche Prozesse wird seit längerem diskutiert, daher wurden die biologischen Effekte von neu synthetisierten möglichen dualen PPARα/γ-Aktivatoren auf Entzündungsparameter, wie z. B. die iNOS-Expression, in Mesangiumzellen untersucht. Alle untersuchten Aktivatoren steigerten in der Form von Esterverbindungen die IL-1β-induzierte Expression der iNOS sowie der sekretorischen Phospholipase A2 (sPLA2), während die entsprechenden freien Säuren wenig Effekte zeigten. Diese proinflammatorische Wirkung scheint jedoch weniger auf einer Aktivierung des PPAR-Rezeptors zu beruhen als auf der Freisetzung von ROS, die durch die Aktivatoren teilweise deutlich erhöht wurde. Weitere Experimente zur Charakterisierung der PPAR-spezifischen Wirkung der Aktivatoren sowie zur optimalen Wirkkonzentration sind nötig, bevor der Effekt dieser Aktivatoren auf die inflammatorische Genexpression genau bewertet werden kann.
PPARs gehören wie die Steroidhormon-Rezeptoren (z. B.Glucocorticoid-, Estrogen- oder Testosteron-Rezeptoren) zur Superfamilie der nukleären Rezeptoren. Es existieren drei PPAR-Subtypen, die als PPARalpha, PPARbeta/delta und PPARgamma bezeichnet werden und von drei verschiedenen Genen kodiert werden. Fibrate sind PPARalpha-Agonisten, welche die Plasma-Triglyceridspiegel reduzieren und gleichzeitig eine moderate Steigerung des HDL-Cholesterols bewirken. Thiazolidindione (Glitazone) sind PPARgamma-Agonisten, die bei Typ-2-Diabetes-mellitus indiziert sind und als Insulinsensitizer wirken. Duale PPARalpha/gamma-Agonisten stellen eine neue Klasse von Arzneistoffen dar, die zukünftig zur Behandlung von Typ-2-Diabetikern mit gestörtem Lipidprofil eingesetzt werden könnten. Im Rahmen der vorliegenden Dissertation wurde eine Leitstrukturoptimierung des selektiven PPARalpha-Agonisten Pirinixinsäure (WY 14643) durchgeführt. Die pharmakologische In-vitro-Charakterisierung der Substanzen erfolgte mit Hilfe subtypspezifischer Reportergen-Assays. Zusätzlich wurde gezeigt130, dass Chinolinderivate der Pirinixinsäure 5-LOX-inhibierende Eigenschaften in polymorphnukleären Leukozyten zeigen. Zunächst wurde eine geeignete Synthesestrategie zur Darstellung von Pirinixinsäurederivaten etabliert, was zur Charakterisierung und Identifizierung einer Serie von potenten dualen PPARalpha/gamma-Agonisten und 5-LOX-Inhibitoren führte. Die Synthesestrategie zur Darstellung von sowohl im Arylamino-Bereich (W) als auch in alpha- Position (R) modifizierten Derivaten der Pirinixinsäure bestand in einer vierstufigen Reaktionsfolge (I–IV; siehe Abb.). ... Die PPAR-Modulatoren (Carbonsäuren) 4, 8, 14, 32–38, 41 und 42 wurden in-vitropharmakologisch unter Anwendung subtypselektiver Reportergen-Assays (hPPARalpha, beta, gamma) charakterisiert. Die 5-LOX-Modulatoren (Carbonsäureester) 3, 7, 8, 13, 14, 24–29, 31–42 und 50 wurden in-vitro-pharmakologisch unter Anwendung des 5-LOX-Standardassays in intakten PMNL (polymorphnukleäre neutrophile Leukozyten) evaluiert. Die vorliegende Untersuchung deckte auf, dass der Ersatz des 2,3-Dimethylanilin-Strukturelements der Pirinixinsäure durch 6-Aminochinolin zu einem Gesamtverlust des PPARalpha/gamma-Agonismus führt. Durch Strukturmodifikationen im Arylamino-Bereich der Leitstruktur WY 14643 mit für 5-LOX-Non-Redoxinhibitoren typischen Pharmakophorresten, Tetrahydropyran-4-yl (Substanzen 13–14) und Methoxychinolin-2-yl (Substanz 43), konnte eine signifikante Steigerung des 5-LOX-inhibitorischen Potenzials erzielt werden [IC50 7 mikro M (13) bzw. 4 mikro M (43)]. Die alpha-alkylsubstituierten Carbonsäurederivate 33–38 zeigten sowohl am hPPARalpha als auch am hPPARgamma eine mit der aliphatischen Kettenlänge steigende Potenz. Am hPPARalpha erwiesen sich das alpha-Hexyl-Derivat 35 und das alpha-Butyl-Derivat 34 mit EC50-Werten von 1,9 mikro M (35) bzw. 11,5 mikro M (34) entsprechend einer Steigerung der Aktivität gegenüber WY 14643 um den Faktor 20 (35) bzw. den Faktor 4 (34) als besonders potent. Im Falle des hPPARgamma zeigten ebenso das alpha-butylsubstituierte Derivat 34 und der alpha-hexylsubstituierte Ligand 35 die höchste Aktivität mit EC50-Werten von 8,7 mikro M (34) bzw. 5,8 mikro M (35) und einer Steigerung der Aktivität gegenüber WY 14643 von Faktor 6 (35) bzw. Faktor 9 (34). Die Einführung von alpha-Alkylsubstituenten in das Grundgerüst der Pirinixinsäure führt möglicherweise zum Besetzen der linken proximalen Bindungstasche und somit zu einer im Vergleich zur Leitstruktur WY14643 stärkeren Bindung in die Ligandenbindungstasche des Rezeptors. Die Besetzung dieser proximalen Bindungstasche entscheidet jedoch nicht über die PPAR-Selektivität, da diese sowohl von hPPARalpha- als auch von hPPARgamma-Agonisten belegt wird. PPARalpha/gamma-Selektivität kann zum einen durch das Besetzen der linken bzw. rechten distalen Bindungstasche erzielt werden, zum anderen durch die Auswahl verschiedener acider Kopfgruppen. Aufgrund unterschiedlicher Aminosäuresequenzen der Bindungstaschen der einzelnen PPAR-Subtypen ergibt sich für die Kopfgruppen der PPAR-Modulatoren im hPPARalpha und hPPARgamma eine durch den sterischen Einfluss von Carboxyl- bzw. TZD-Kopfgruppen verursachtes unterschiedliches Wasserstoffbrückennetzwerk. Im Vergleich mit Pirinixinsäure konnte nur durch die Einführung der größeren Alkylketten (n-Butyloder n-Hexyl) ein stark erhöhter dualer PPARalpha/gamma-Agonismus erreicht werden. Die Substitution des sekundären Amins der Chinolin-6-ylverbindungen durch einen Ether-Sauerstoff in den Substanzen 41 und 42 sowie die Einführung eines Linkers, genauer einer Methylengruppe, zwischen dem Chinolin-6-ylrest und dem Scaffold (Derivate 29 und 36), führt zu einer verminderten Aktivität sowohl an hPPARalpha als auch an hPPARgamma. Eine mögliche Erklärung hierfür könnte sein, dass an entsprechender Position der Liganden-Bindungstasche eine Wasserstoffbrücken-Akzeptor-Position vorhanden ist, welche zur Erhöhung der Affinität beiträgt. Offensichtlich wird, durch die Ausbildung einer Wasserstoffbrücke zwischen der NH-Funktion und einem Wasserstoffbrücken-Akzeptor innerhalb der LBP im Falle von WY 14643 ein hoher Bindungsbeitrag erreicht. Daten bezüglich der Inhibierung der 5-Lipoxygenase demonstrieren, dass 6-Aminochinolinderivate potente 5-LOX-Inhibitoren sind. Die Einführung eines 3,5-Bis-(2,2,2-trifluor-ethoxy)-phenylrestes in 6-Position des alpha-hexylsubstituierten Scaffolds führt zu Ligand 38. Dieser ist ein potenter dualer PPARalpha/gamma-Agonist mit einem EC50-Wert von 11 mikro M an hPPARalpha bzw. 7,7 mikro M an hPPARgamma und ein stark wirksamer 5-LOX-Inhibitor mit einem IC50-Wert von 1 mikro M im 5-LOX-PMNL-Standardassay. Die Substanz 38 wurde in präklinischen Studien eingesetzt. Vier Stunden nach oraler Administration bei Mäusen (n = 6) wurde einen Plasmaspiegel von 40 mikro M erreicht. Im Hinblick auf eine Steigerung der PPAR-agonistischen Aktivität und der Reduktion der hepatotoxischen Eigenschaften der Leitstruktur Pirinixinsäure wurde eine Leitstrukturoptimierung durch Einführung der größeren Alkylketten in alpha-Position zur pharmakophoren Carboxyl-Funktion durchgeführt. Für die inhibierende Wirkung auf die 5-LOX scheint das Chinolin-Strukturelement verantwortlich zu sein, während die Potenz der Inhibition durch das Substitutionsmuster moduliert wird.
Untersuchungen zur ZNS-Bioverfügbarkeit wirksamkeitsbestimmender Inhaltsstoffe von Johanniskraut
(2007)
In der vorliegenden Arbeit wurde die ZNS-Bioverfügbarkeit der Quercetin-Flavone und der Naphthodianthrone aus Hypericum perforatum untersucht. Hierzu wurde jew. eine HPLC-gestütze Methode zur Quantifizierung der genannten Stoffe in ZNS und Plasma erstellt und in enger Anlehnung an internationale Richtlinien (ICH- u. FDAGuidelines) validiert. Mit Hilfe dieser Methoden wurden im Anschluss Rattenfütterungsstudien durchgeführt und ausgewertet. Im Falle der Quercetin-Flavone konnte eindeutig gezeigt werden, dass diese Stoffgruppe ZNS-bioverfügbar ist und bei wiederholter Gabe (1 x tgl.) über den beobachteten Zeitraum von 8 Tagen im ZNS kumuliert. Ferner ist es gelungen, erste ZNS-Spiegelkurven der Quercetin-Flavone nach Einmal- und Mehrfach-Gabe aufzuzeichnen. Im Gegensatz hierzu weisen die Naphthodianthrone, unter Berücksichtigung der analytischen Grenzen, keine ZNS-Bioverfügbarkeit auf. Betrachtet man diese Ergebnisse im Kontext der bisher erschienenen Publikationen zu Johanniskraut, lässt sich sagen, dass durch die vorliegende Arbeit die Rolle der Flavonoide eindeutig an Bedeutung gewinnt und die der Naphthodianthrone eindeutig an Bedeutung verliert. Schaut man auf die bisher untersuchten Inhaltsstoffe von Johanniskraut, wird deutlich, dass den Phloroglucinolen die wohl herausragendste Bedeutung zukommt, was nicht zuletzt durch Keller et al.[137] und Müller et al. [27,59,67] gezeigt werden konnte. Für die klinische Wirksamkeit des Hypericum-Extraktes sind jedoch auch die Flavonoide essentiell, was durch Tierstudien gezeigt und durch diese Arbeit unterstüzt werden konnte[114]. Der Mechanismus, durch den die Flavonoide zur antidepressiven Wirksamkeit beitragen, liegt, im Gegensatz zu dem der Phloroglucinole, jedoch noch im Dunklen. Durch die Präsenz von Quercetin bzw. dessen Metaboliten im ZNS auf der einen und den Ergebnissen von Tierstudien zur antidepressiven Wirksamkeit isolierter Flavonoide mit Hilfe des Porsolt-Tests auf der anderen Seite[33] lässt sich jedoch spekulieren, dass die Flavonoide einen direkten antidepressiven Effekt ausüben und nicht nur indirekt durch Verbesserung, beispielsweise der ZNS-Bioverfügbarkeit der Phloroglucinole o. ä., zu den antidepressiven Eigenschaften des Extraktes beitragen. Durch ihr Unvermögen, die Blut-Hirn-Schranke in nennenswerten Konzentrationen zu überschreiten, treten die Naphthodianthrone, die in der Vergangenheit als für die Wirksamkeit wichtigsten Inhaltsstoffe angesehen wurden, eindeutig in den Hintergrund. Als Beitrag dieser Stoffgruppe zur antidepressiven Wirksamkeit ist demnach erstens ein wie auch immer gearteter indirekter Effekt durch Verbesserung der ZNS-Bioverfügbarkeit der ZNS-gängigen Substanzen, zweitens ein wegen der bestenfalls möglichen, niedrigen Konzentrationen schwacher antidepressiver Effekt im ZNS, drittens ein antidepressiver Effekt durch aktive Metaboliten oder viertens ein antidepressiver Effekt, der sich in der Peripherie beispielsweise durch Beeinflussung der HPA-Achse abspielt, denkbar. Für ersteres existieren bis dato keinerlei Anhaltspunkte, für den zweiten Punkt existieren weder Beweis noch Gegenbeweis noch Spekulationen in der Literatur, dasselbe gilt für den dritten Punkt, der vierte Punkt wird hingegen kontrovers diskutiert[44,97,143]. In Publikationen wurde hierzu festgestellt, dass unter dem Einfluss von Hypericin sich die Blutspiegel an Cortisol und ACTH, die bei Depressiven erhöht bzw. gestört sind, wieder normalisieren. Der Einwand der Kritiker dieses Wirkmodells scheint hierbei aber plausibel, da es sich bei dem mit Hilfe von Hypericin beeinflussbaren, beobachteten Phänomen der Erhöhten Cortisol- und ACTH-Plasmaspiegel auch nur um ein Symptom einer Depression und nicht um einen für die Depression ursächlichen Vorgang handeln kann. Nicht jeder, bei dem erhöhte Cortisol- und veränderte ACTH-Spiegel vorliegen ist zwangsläufig depressiv. Das exakte Zusammenspiel der einzelnen Extrakt-Komponenten, von denen die bisher in den Focus der Untersuchungen geratenen Stoffe nur etwa 10 bis 15% ausmachen, bleibt jedoch auch weiterhin zum größten Teil im Unklaren, wenngleich gerade dieses Zusammenspiel die besonderen Eigenschaften des Extraktes und dessen Wirkung ausmachen. Unverzichtbare Bestandteile sind hierbei Phloroglucinole und Flavonoide, die in angemessenen Konzentrationen im Extrakt repräsentiert sein müssen, um ein klinisch hochwertiges Produkt zu gewährleisten. Inwieweit ein repräsentativer Gehalt an Hypericinen im Extrakt vorhanden sein sollte, ist nicht zuletzt auf Grund der Ergebnisse dieser Arbeit mit einem Fragezeichen zu versehen, wenngleich die Datenlage zur Zeit keinesfalls ausreicht, die Hypericine gänzlich aus dem Extrakt zu verbannen. In wie weit die An- oder Abreicherung einzelner Komponenten zu einer Verbesserung der klinischen Wirksamkeit führt, muss jedoch stets in zusätzlichen Studien eruiert werden. Insgesamt steht aber mit dem Johanniskraut-Extrakt für die erfolgreiche Therapie von milden bis mittelschweren Depressionen ein wichtiges, fast unverzichtbares Werkzeug zur Verfügung, das sich insbesondere durch sein verglichen mit synthetischen Antidepressiva, überaus günstiges Profil an unerwünschten Arzneimittel-Wirkungen auszeichnet. Trotz in jüngster Zeit propagierter Bedenken hinsichtlich der Unbedenklichkeit der Anwendung von Johanniskraut Extraktpräparaten besonders in Kombination mit anderen Arzneistoffen, was jedoch einer genaueren Betrachtung nur schwer standhält[144], stellt der Johanniskraut-Extrakt zur Behandlung milder bis mittelschwerer Depressionen ein unverzichtbares Werkzeug dar.
Heute gewinnen pflanzliche Arzneimittel im Zeichen einer verstärkten Hinwendung zu natürlichen, relativ nebenwirkungsarmen Medikamenten zunehmend an Bedeutung, so auch die über Jahrtausende hinweg traditionell angewandte Ginsengwurzel (Panax ginseng) und der Indische Weihrauch (Boswellia serrata). Neben der Struktur- und Extraktanalytik konzentriert sich die Forschung in zunehmenden Maße darauf, die zahlreichen pharmakologisch untersuchten und klinisch beobachteten Wirkungen dieser beiden Arzneipflanzen einzelnen Inhaltsstoffen zuzuordnen. Bei der Ginsengwurzel gestaltet sich dies jedoch besonders schwierig. Dies ist begründet durch die große Anzahl strukturell ähnlicher Ginsenoside sowie durch deren unterschiedlicher Metabolismus. Zwar ist aus In-vitro-Experimenten bekannt, daß die Degradation über die stufenweise Deglukosylierung stattfindet, allerdings ist bislang nicht geklärt, ob intakte Ginsenoside überhaupt resorbiert werden und welche der vielen in vitro ermittelten Degradationsprodukte tatsächlich den systemischen Kreislauf erreichen. Anders als bei Ginseng, kann die therapeutische Wirkung des Indischen Weihrauches wohl definierten Inhaltsstoffen, AKBA und KBA, zugeschrieben werden. Dennoch mangelt es hier an verlässlichen pharmakokinetischen Daten, da bislang keine validierte bioanalytische Methode zur Verfügung stand. Im Rahmen der Bioanalytik von Ginsenosiden und Boswellliasäuren kamen in der vorliegenden Arbeit die Nano-ESI-MS(n)-Technik sowie die HPLC-Analytik zur Anwendung. Bereits bei der Strukturanalyse von Ginsenosiden erwies sich die Kombination der Nano-ESI-Technik mit MS(n)-Experimenten in einer Quadrupol-Ionenfalle als besonders vorteilhaft. Im Vergleich zu konventionellem ESI bietet Nano-ESI nicht nur den Vorzug, mit kleinsten Substanzmengen lange Messungen durchführen zu können, sondern auch den Vorteil einer effektiveren, weniger diskreminierenden Ionisation. Sowohl die hohe Sensitivität der Nano-Elektrosprayionisierung bei der Analyse von glykosidischen Verbindungen als auch die umfangreichen Strukturinformationen infolge mehrerer aufeinanderfolgender stoßinduzierter Fragmentierungen machen diese Technik zu einer attraktiven und effizienten Methode zur Analyse von Ginsenosiden. In MS(n)-Experimenten äußert sich das charakteristische Fragmentierungsverhalten der Ginsenoside in der sequentiellen Abspaltung der Zuckereinheiten in sukkzessiven Fragmentierungsschritten. Mit dieser Methode konnten die Zuckerketten an verschiedenen Positionen des Protopanaxadiol- bzw. Protopanaxatriolaglykons der Ginsenoside identifiziert, die glykosidischen Verknüpfungen innerhalb der einzelnen Zuckereinheiten durch spezifische Ringfragmente bestimmt und die genaue(n) Verknüpfungsposition(en) enzymatisch eingeführter Galaktose(n) lokalisiert werden. Bisher wurden allerdings Nano-ESI-MS/MS bzw. MS(n)-Untersuchungen primär an wässrigen oder organischen Lösungen von isolierten / aufgereinigten Stoffen oder Stoffgemischen durchgeführt. In dieser Arbeit wurde erstmals diese Technik in der Bioanalytik zur Identifizierung von Ginsenosiden und deren Degradationsprodukte in Humanplasma und -urin angewandt. Obwohl die optimale Analytkonzentration für die Nano-Elektrosprayionisierung im allgemeinen bei 10-5M liegt, ist es gelungen, die Ginsenoside anhand ihrer spezifischen Fragmentionen im MS/MS Modus bis zu einer Konzentration von 2 ng/mL (10-8M) in biologischen Matrices nachzuweisen. Auch wenn die Molekülionenpeaks bei diesen geringen Konzentrationen im Rauschen untergehen, können die Ginsenoside durch selektive Isolierung der gewünschten Vorläuferionen und deren anschließende Fragmentierung in der Quadrupol-Ionenfalle auf der Basis der Detektion spezifischer Fragmente identifiziert werden. Da bei der Fragmentierung der gleichen Vorläuferionenmasse in Leerplasma bzw. Urin keine charakteristischen Fragmentionen gebildet werden, handelt es sich somit um einen spezifischen Nachweis der Ginsenoside in biologischen Matrices. Vor dem Hintergrund dieser vielversprechenden Vorversuche wurde eine Pilotstudie zum qualitativen Screening von Ginsenosiden und deren Metaboliten in Humanplasma und –urin durchgeführt. Es konnte gezeigt werden, daß Protopanaxatriol-Ginsenoside sowohl im Magen hydrolysiert als auch intestinal degradiert werden. Schon in den ersten Stunden nach der einmaligen oralen Einnahme von Ginsana G115 Kapseln wurden die Hydrolyseprodukte G-Rh1 und hydratisiertes G-Rh1 in Humanplasma detektiert. Die schnelle Resorption dieser beiden Verbindungen aus dem oberen Gastrointestinaltrakt deutet auf die Hydrolyse des Ginsenosides Rg1 im Magen hin. Das spätere Auftreten eines weiteren monoglukosylierten Protopanaxatriols, des Degradationsproduktes G-F1, liefert den ersten In-Vivo-Hinweis auf einen intestinalen Metabolismus von Protopanaxatriol-Ginsenoside. Im Gegensatz zu den Protopanaxatriolginsenosiden passieren die Protopanaxadiol-Ginsenoside den Magen unverändert, wie aus der Abwesenheit jeglicher Protopanaxadiol-Degradationsprodukte im Plasma und Urin in den ersten Stunden nach der Applikation geschlossen werden kann. Erst im unteren Gastrointestinaltrakt werden Protopanaxadiol-Ginsenoside durch intestinale Bakterien zu „Compound-K“ abgebaut und anschließend resorbiert. Der Nachweis von Ginsenosid Rb1 im Plasma, sowie weiterer Ginsenoside im Urin eines Probanden zeigt, daß auch Ginsenoside in ihrer intakten Form resorbiert werden können. Dennoch sind weitere Studien hierzu notwendig, um zu klären, ob die Resorption intakter Ginsenoside die Regel oder eher eine Ausnahme darstellt. Mit der Identifizierung des Hydrolyseproduktes G-Rh1, der Degradationsprodukte G-F1 sowie „Compound-K“ in Humanplasma und -urin konnte schließlich die Frage geklärt werden, welche der zahlreichen in vitro bestimmten Degradationsprodukte tatsächlich den systemischen Kreislauf erreichen. Damit ist die Basis für eine spätere Quantifizierung dieser Verbindungen nach ihrer Isolierung bzw. Herstellung und Charakterisierung als Referenzsubstanzen geschaffen. Außerdem können diese neuen Erkenntnisse helfen, pharmakologische Ergebnisse aus In-vitro-Versuchen mit In-vivo-Daten besser zu korrelieren, da sie erste Hinweise geben, welche der in vitro getesteten Substanzen für die in vivo beobachteten Effekte verantwortlich sein könnten. Bisher wurde Nano-ESI-MS(n) in der Bioanalytik pflanzlicher Arzneistoffe nicht eingesetzt. In dieser Arbeit wurde diese Technik erstmals zum Screening von Ginsenosiden und deren Degradationsprodukte in Humanplasma und –urin benutzt. Darüber hinaus konnte gezeigt werden, daß Nano-ESI-MS(n) auch eine empfindliche und sensitive Methode zur Identifizierung und zum Nachweis anderer medizinisch relevanter glykosidischer Verbindungen in biologischen Matrices darstellt, woraus sich neue Perspektiven für den Einsatz dieser Technik in der Metabolitenforschung sowie in der Bioanalytik pflanzlicher Xenobiotika ergeben. In den letzten Jahren rückte auch der Indische Weihrauch immer mehr in den Mittelpunkt des wissenschaftlichen sowie therapeutischen Interesses. Aufgrund der selektiven Hemmung der 5-Lipoxygenase gewinnen AKBA und KBA, als neue entzündungshemmende Verbindungen, zunehmend an Bedeutung. Während die quantitative Analytik der Boswelliasäuren in Extrakten und in verschiedenen Fertigarzneimitteln erhebliche Fortschritte erzielen konnte, fehlten auf dem Gebiet der Bioanalytik bislang validierte analytische Methoden zur Durchführung pharmakokinetischer Studien. Vor diesem Hintergrund wurde eine HPLC-Methode zur Bestimmung von KBA in Humanplasma entwickelt und validiert. Die Methode ist durch eine einfache Probenvorbereitung gekennzeichnet, die sich auf eine Festphasenextraktion der KBA aus der komplex zusammengesetzten biologischen Matrix beschränkt. Im Anschluß an die chromatographische Trennung auf einer RP-C18 Säule erfolgt die Quantifizierung der KBA mittels UV-Detektion bei 250 nm. Um eine adäquate Bestimmung der KBA in Humanplasma zu gewährleisten, wurde eine umfassende Validierung durchgeführt. Alle ermittelten Validierungsparameter, wie Spezifität, Linearität, Präzision, Richtigkeit, Reproduzierbarkeit, untere Quantifizierungsgrenze und Stabilität lagen innerhalb der vorgegebenen Grenzen. Damit erfüllt die entwickelte HPLC-Methode die allgemein gültigen Anforderungen an die Validierung bioanalytischer Methoden. Mit der Erstellung einer Plasmakonzentrations-Zeit-Kurve im Rahmen einer ersten Pilotstudie konnte diese Methode zudem ihre praktische Anwendbarkeit unter Beweis stellen. Somit steht für zukünftige pharmakokinetische Studien eine validierte HPLC-Analytik zur Bestimmung von KBA, einer der Hauptwirkstoffe des Indischen Weihrauches, zur Verfügung, die sich durch hohe Spezifität, Reproduzierbarkeit und Präzision auszeichnet. Verlässliche Daten zur Pharmakokinetik am Menschen sind heute von besonderer Bedeutung, da sie helfen, die Dosierung zu optimieren, die biopharmazeutischen Eigenschaften von Präparaten zu verbessern und die Sicherheit bei der Anwendung zu erhöhen. Insbesondere im Hinblick auf bereits festgestellte Interaktionen von pflanzlichen Arzneimitteln mit Medikamenten reicht es nicht mehr aus, wenn sich pflanzliche Arzneimittel, wie beispielsweise Ginseng und Indischer Weihrauch, nur auf ihre langjährigen tradierten Anwendungserfahrungen berufen. So wird auch bei Phytopharmaka in verstärktem Maße eine wissenschaftliche Absicherung durch bioanalytische Forschung erwartet. Mit der Identifizierung der Ginsenoside und deren Degradationsprodukte im Menschen, der erstmaligen Anwendung von Nano-ESI-MS(n) in der Metabolitenforschung und der Entwicklung einer validierten bioanalytischen Methode zur Bestimmung der 11-Keto-Beta-Boswelliasäure in Humanplasma wurde diesen Erfordernissen Rechnung getragen.
Pflanzliche Arzneimittel erfreuen sich nach wie vor einer großen Beliebtheit. Da sie sich in enger Konkurrenz zu den auf Wirksamkeit und Unbedenklichkeit untersuchten chemisch definierten Arzneistoffen befinden, reicht es heute häufig nicht mehr aus, wenn Phytopharmaka sich nur auf ihre tradierte und dokumentierte Verwendung berufen. „Rationale“ Phytopharmaka müssen dieselben Anforderungen erfüllen, wie synthetische Arzneimittel. Das führt dazu, dass sich die Forschung neben der Aufklärung der chemischen Strukturen und Zusammensetzung der Pflanzenzubereitung, darüber hinaus auch der in-vitro und in-vivo Wirkung von Phytopharmaka widmet. Bei einigen dieser Untersuchungen konnte nicht nur die Wirkung des untersuchten Phytopharmakons aufgeklärt, sondern ebenso neue Indikationsgebiete eröffnet werden. So führte die Aufklärung des Wirkmechanismus des traditionell in der indischen Volksmedizin als Antirheumamittel angewandten Boswellia serrata-Extraktes dazu, dass Weihrauchzubereitungen heute in klinischen Studien auf Ihre Wirksamkeit bei der Behandlung des peritumoralen Hirnödems geprüft werden. In vorausgegangenen Tierstudien und klinischen Pilotstudien mit Glioblastom-Patienten konnte nämlich eine Reduktion des Hirnödems unter Weihrauchtherapie beobachtet werden. Die antiinflammatorischen, zytostatischen wie auch antiödematösen Effekte werden den im Weihrauch enthalten Boswelliasäuren zugeschrieben. Vor allem die ketylierten Boswelliasäuren KBA und AKBA zeigen in in-vitro Untersuchungen eine sehr hohe Wirksamkeit und gelten deshalb auch als Leitsubstanzen in der Monographie Boswellia serrata des DAC. Während einige Daten zur Bioverfügbarkeit von KBA bereits vorliegen, reichen die bisher zur Verfügung stehenden analytischen Methoden nicht aus, um die wesentlich geringere AKBA-Konzentration im Plasma zu bestimmen. Des Weiteren fehlte bisher der Nachweis, ob die Keto-Boswelliasäuren die Blut-Hirnschranke in der Tat überwinden können, um im ZNS zu wirken. Für die parallele Bestimmung von KBA und AKBA aus Plasma und Hirnmatrix wurde deshalb in dieser Arbeit eine sensitive analytische Methode entwickelt und gemäß internationalen Richtlinien validiert. Diese Methode ist charakterisiert durch eine sehr einfache Probenaufarbeitung mittels sorbensgestützter Flüssig-Flüssig-Extraktion auf Kieselgurbasis, gefolgt von einer chromatographischen Trennung auf einer RP-18-Säule und einer massenspektrometrischen Detektion anhand der Übergänge m/z 471,2 --> 95,1 für KBA und m/z 513,4 --> 91,1 für AKBA im positiven MRM-Modus. Die Quantifizierung erfolgte über die pentazyklische Triterpensäure „Asiatische Säure“, die als interner Standard eingesetzt wurde. Bei der anschließenden Validierung konnte die Spezifität der Methode nachgewiesen, sowie die international anerkannten Grenzen für die Linearität, die Nachweisgrenze sowie die inter- und intraday Präzision und Richtigkeit eingehalten werden. Die Stabilität der Plasma- und Hirnproben konnte bei T=-20°C für fünf Monate, bei Raumtemperatur für 24 Stunden und nach mehreren Einfrier-Auftauzyklen belegt werden. Es konnte gezeigt werden, dass die entwickelte analytische Methode zur Aufnahme von Plasma-Spiegel-Kurven von KBA und AKBA nach oraler Administration von Weihrauchzubereitungen eingesetzt werden kann. Gegenüber den bereits beschriebenen HPLC-UV- und GC-MS-Methoden besitzt die neu entwickelte Methode den Vorteil, dass mit der Nachweisgrenze von 5 ng/ml für KBA und AKBA, auch die Plasmakonzentrationen von AKBA erstmals valide erfasst werden konnten. Da sie darüber hinaus eine einfache Probenaufarbeitung mit einer kurzen Analysenzeit von 6 Minuten verbindet, ist sie für die Durchführung von Pharmakokinetikstudien gut geeignet. Wie wichtig derartige pharmakokinetische Studien für die Etablierung von Weihrauch als rationales Phytopharmakon sind, erbrachte der Vergleich der Bioverfügbarkeit von H15™-Ayurmedica mit einem Referenzpräparat. Hierbei wurde deutlich, dass für die Resorption von KBA und AKBA neben der Extraktzusammensetzung auch die Arzneiform eine entscheidende Rolle spielt. Für die Zukunft stellt daher die Erhöhung der Bioverfügbarkeit von KBA und AKBA z.B. durch eine verbesserte technologische Formulierung einer der wichtigsten Meilensteine im Sinne einer verbesserten Therapie mit Weihrauchextrakt dar. Im Hinblick auf die potentielle Indikation von Boswellia serrata Extrakt für die Therapie des tumor-assoziierten Hirnödems wurde darüber hinaus untersucht, ob die beiden Keto-Boswelliasäuren die Blut-Hirn-Schranke überwinden und in das Hirn gelangen können. Dazu wurden die Konzentrationen von KBA und AKBA im Hirn nach einem Fütterungsversuch an neun gesunden Ratten bestimmt. Es konnten Spiegel von 99 ng/g für KBA und 95 ng/g für AKBA drei Stunden nach Gabe von 240 mg/kg Körpergewicht H15™-Ayurmedica detektiert werden. Bei gliominplantierten Ratten konnte mit der 3-mal täglichen Gabe dieses Präparates in dieser Dosierung eine Reduktion des Ödemvolumens, eine Zunahme von apoptotischen Zellen und eine Verlängerung der Überlebenszeit beobachtet werden. Interessant ist deshalb auch die Frage, wie es sich mit den Konzentrationen der Keto-Boswelliasäuren in Tumorgeweben verhält. Zur Klärung dieses Aspektes könnte die im Rahmen dieser Arbeit entwickelte LC-MS/MS-Methode beitragen. Häufig können die Chemotherapeutika in den Tumorzellen nicht die Spiegel des gesunden Gewebes erreichen. Dies kann in vielen Fällen in Verbindung mit der Effluxpumpe P-Glycoprotein (Pgp) gebracht werden. Dieses membranständige Transportprotein hindert Arzneistoffe daran in das Cytoplasma zu gelangen. Inwieweit eine Pgp vermittelte Resistenz bei den Glioblastomen eine Rolle spielt, ist derzeit noch nicht vollständig geklärt. Pgp ist darüber hinaus in seiner physiologischen Funktion an der schnellen Ausscheidung von Fremdstoffen und am Schutz spezieller Kompartimente, wie dem Gehirn, beteiligt. Eine Interaktion von Arzneistoffen mit Pgp kann deshalb auch die Pharmakokinetik dieser Substanzen empfindlich beeinflussen. Unter diesen Gesichtspunkten wurden in dieser Arbeit auch die pharmakologisch wichtigen Inhaltsstoffe des Weihrauchextraktes auf eine mögliche Modulation der Pgp-Funktion untersucht. Dieser Test erfolgte mittels zellbasierten Calcein-AM-Assays in Schweinehirnendothel-Zellen (PBCEC-Zellen) und in einer Pgp-expremierenden humanen Leukämiezelllinie (VLB-Zellen). In beiden Zellsystemen erwies sich Weihrauchextrakt (84Mikrogramm/ml H15™-Ayurmedica) als ein Modulator der Transportfunktion von Pgp. Bei der Untersuchung der einzelnen Boswelliasäuren, stellte sich heraus, dass die im Extrakt am häufigsten vorkommenden Beta-Boswelliasäuren und Acetyl-Beta-Boswelliasäuren für diesen Effekt nicht verantwortlich sind. Auch die Alpha-Boswelliasäure und Acetyl-Alpha-Boswelliasäure beeinflussen ebenfalls die Transportaktivität nicht. Eine Interaktion mit dem Transportprotein konnte dagegen bei den Keto-Boswelliasäuren KBA (10 MikroM) und AKBA (3 MikroM) in den Schweinehirnendothelzellen beobachtet werden. In der Leukämiezelllinie konnte bei beiden Keto-Boswelliasäuren ebenfalls einen Einfluss auf die Transportaktivität des Pgp festgestellt werden, der allerdings nur bei AKBA (3 MikroM) signifikant war. Um zu verifizieren, ob die 11-Ketogruppe für die modulierende Wirkung der Boswelliasäuren verantwortlich ist, wurde Glycyrrhetinsäure, eine pentazyklische Triterpensäure, die wie KBA und AKBA eine Ketofunktion an Position 11 besitzt, getestet. Da im Calcein-AMAssay bei dieser Substanz ein mit AKBA vergleichbarer Effekt auftrat, scheint für eine Wechselwirkung des P-Glycoproteins mit Boswelliasäuren die 11-Ketogruppe essentiell zu sein. In dieser Arbeit wurde ein erster Hinweis auf eine Wechselwirkung zwischen Keto-Boswelliasäuren und Pgp erbracht. Inwiefern diese in-vitro-Daten auch auf in-vivo klinische Relevanz besitzen, muss noch in weiteren Studien mit Weihrauch geklärt werden. Gerade für die Behandlung des peritumoralen Hirnödems von Glioblastom-Patienten wäre es wichtig, den Mechanismus der Wechselwirkung von KBA und AKBA mit P-Glycoprotein näher zu untersuchen. Da Weihrauchextrakt häufig in der Co-Medikation verwendet wird, sollte auch im Hinblick auf die Arzneimittelsicherheit geprüft werden, ob es zu Arzneimittelinteraktionen auf Pgp-Ebene mit Weihrauchextrakt kommen kann.