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Ziel der Arbeit war es ein Cochlea-Implantat zur mehrkanaligen chronischen Elektrostimulation des Nervus cochlearis der kongenital gehörlosen weißen Katze zu entwickeln, um damit einen Beitrag zur Grundlagenforschung der zentralen Hörbahnreifung und der hierbei wichtigen kritischen Entwicklungsperioden zu leisten. Dazu wird das letztendlich mit fünf getrennt ansteuerbaren Elektrodenflächen versehene Implantat in einer Operation in die Scala tympani der meist 12 - 15 Wochen alten, gehörlosen Katzen eingesetzt und diese im Anschluß daran für etwa sechs bis acht Monate chronischen neurophysiologischen Experimenten unterzogen. Die hier geleistete Arbeit wurde nötig, da die am Markt erhältlichen, kommerziellen Humanelektroden aufgrund der für Tierversuche mangelnden mechanischen Belastbarkeit ungeeignet sind. Eine für die University of Melbourne aus der NUCLEUS®-22-Elektrode weiterentwickelte Feline-Version (Shepherd, 1993; Xu et al. 1997) der australischen Firma NUCLEUS Ltd. ist kommerziell nicht verfügbar. Im Rahmen der in den folgenden Kapiteln dargelegten theoretischen Überlegungen und Entwicklungsstufen wurde letztendlich in einem Kompromiß zwischen idealem Design und der technischen Realisierbarkeit ein (5 1)- Implantat mit den geforderten elektrischen und mechanischen Eigenschaften entwickelt (siehe Abb. 1). Dieses besteht aus einer Elektrodenspitze in Form einer Goldkugel und vier separaten, durch Silikonringe voneinander getrennten Golddrahtringen. Die Kontaktierung dieser Elektrodenflächen erfolgt rein mechanisch mittels teflonisolierter 7-fach Edelstahllitzen, die bis zur erforderlichen Steckverbindung zum Signalprozessor in einem Medical-Grade-Silikonschlauch geführt werden. Die Zuleitung der indifferenten Elektrode, die in ihrem Aufbau der Implantatspitze gleicht und aus einer etwas größeren Goldkugel besteht, wird ab etwa 3/5 der Länge in einem parallel gelegenen Schlauch geführt. Dadurch kommt sie nach erfolgter Implantation im Nackenbereich der Katze zu liegen. Beide Schläuche verlaufen subcutan bis in die Schulterblattregion und werden hier durch eine transcutane Öffnung zu dem in einer Art Pullover am Rücken getragenen Signalprozessor geführt. Alle Entwicklungsstufen wurden jeweils elektrisch und mechanisch in vitro getestet und zum Teil anschließend implantiert. Dabei kam es bei den ersten implantierten Versionen aufgrund mangelnder mechanischer Dauerbelastbarkeit immer wieder zu Beeinträchtigungen der chronischen neurophysiologischen Experimente. Diese Probleme sind mit der Version "5 1-Edelstahl an Gold geknotet" behoben worden, und der bis jetzt mit dieser Technik einzige Ausfall einer Elektrodenfläche beruhte auf einem Litzenbruch der betreffenden Edelstahlzuleitung. Eine Erweiterung auf sechs Elektrodenflächen im intracochleären Bereich ist möglich, weitergehende Entwicklungswünsche bedürften dann jedoch der Verwendung neuer Materialien und Techniken.
Die Wahrnehmung unterschiedlicher Tonhöhen ist entscheidend für die Funktion von Cochleaimplantaten bei gehörlosen Patienten. Eine Möglichkeit der Frequenzcodierung bei diesen Implantaten besteht in der elektrischen Reizung verschiedener Positionen in der Cochlea. In Hinblick auf die Implantation angeboren gehörloser Kinder stellt sich die Frage, ob auch ein naiver Cortex cochleotop gegliedert ist. Besteht die Notwendigkeit, die neuronalen Netze erst durch akustische Stimuli zu trainieren, oder ist die Ausbildung einer corticalen Tonotopie auch ohne akustische Reize möglich? Dies wurde modellhaft an kongenital gehörlosen weißen Katzen untersucht, die keinerlei Hörerfahrung besaßen. Diesen Katzen wurde unter Narkose ein humaner Reizelektrodensatz (Nucleus 22) durch das runde Fenster in die Scala tympani eingesetzt. Der Hörnerv wurde durch biphasische elektrische Impulse (200 Mikrosek. pro Phase) stimuliert. Die Reizorte in der Cochlea entsprachen bei normal hörenden Katzen apikal ungefähr 8 kHz (Implantatringe 1 und 2) und basal ungefähr 20 kHz (Ringe 7 und 8). Auf dem primären auditorischen Cortex (AI) wurden an verschiedenen Stellen mit Hilfe von Silber-Mehrfachelektroden Oberflächenpotentiale abgeleitet. Mit Hilfe selbstentwickelter Computerprogramme wurden Intensitätsfunktionen auf Basis der corticalen evozierten Potentiale mittlerer Latenz erstellt und an Sättigungsfunktionen angepaßt. Maxima und Dynamikbereiche wurden in Abhängigkeit von Cochleareizort und Cortexposition bestimmt. Ebenso wurden die Latenzen der Antworten gemessen und Schwellenfunktionen errechnet. Gehörlose weiße Katzen zeigten in akuten Versuchen bei elektrischer Reizung des Hörnervs corticale evozierte Potentiale, die in Aussehen und Latenz mit akustisch evozierten Potentialen normal hörender Katzen vergleichbar waren. Auf dem primären auditorischen Cortex fanden sich jeweils zu den Cochleareizorten korrespondierende Areale, die sich durch niedrige Schwellen, große Dynamik und große Maximalamplituden auszeichneten. Die größte Reaktion bei Elektrodenkombination 1/2 lag konstant 0.5-1.5 mm weiter caudal als bei Kombination 7/8. Die bei den gehörlosen Katzen gefundenen Beziehungen zwischen empfindlichen Cortexarealen und cochleärem Reizort sind mit denen normal hörender, akustisch stimulierter Katzen vergleichbar (z.B. Harrison et al., 1993; Rajan et al., 1993). Obwohl die untersuchten Katzen keinerlei Hörerfahrung besaßen, war bei elektrischer Reizung des Hörnervs eine deutliche corticale Tonotopie festzustellen, die sich sowohl in den Schwellenverläufen der Oberflächenpotentiale als auch im Dynamikbereich der angepaßten Intensitätsfunktionen zeigte. Eine cochleotope Organisation des primären auditorischen Cortex ist also auch ohne Hörerfahrung möglich.