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Chromosomale Aberrationen des humanen MLL Gens (Mixed Lineage Leukemia) sind mit der Entstehung von akuten Leukämien assoziiert. 5-10% aller akuten myeloischen und lymphatischen Leukämien beruhen auf einer Translokation des MLL Gens mit einem von mehr als 50 bekannten Partnergenen. Die reziproke Translokation t(4;11), die zur Entstehung der zwei Fusionsgene MLL/AF4 und AF4/MLL führt, stellt die häufigste genetische Veränderung des MLL Gens dar und prägt sich in Form einer akuten lymphatischen Leukämie aus. Besonders häufig sind von dieser Erkrankung Kleinkinder und Patienten mit einer Sekundärleukämie betroffen. Aufgrund einer ungewöhnlich hohen Resistenz der leukämischen Blasten gegenüber gängigen Therapie-Protokollen ist diese Erkrankung mit einer schlechten Prognose verbunden. Die beiden erzeugten Fusionsgene der t(4;11) werden als Fusionsproteine MLL/AF4 (der11) und AF4/MLL (der4) exprimiert. Transduktionsexperimente verschiedener MLL Translokationen zeigten, dass in vielen Fällen das jeweilige der11 Fusionsprotein (MLL_N/Translokationspartner) starkes onkogenes Potential besitzt und daher vermutlich ursächlich für die Transformation der betroffenen Zellen ist. Im Fall der Translokation t(4;11) hingegen, konnte für das der11 Fusionsprotein MLL/AF4 nur sehr schwaches onkogenes Potential nachgewiesen werden, während das der4 AF4/MLL Fusionsprotein sich als potentes Onkoprotein herausstellte. Untersuchungen zur Aufklärung des pathologischen Mechanismus des AF4/MLL Fusionsproteins zeigten, dass es, analog zum MLL Wildtyp Protein, einer Prozessierung durch die Taspase 1 unterliegt. Desweiteren ist bekannt, dass die gebildeten Proteinfragmente, der4_N und der4_C (MLL_C), über intramolekulare Interaktionsdomänen des MLL Proteins, in der Lage sind miteinander zu komplexieren. In der unprozessierten Form wird das Fusionsprotein über einen Bereich des AF4 Proteins unter Einsatz der E3-Ligasen SIAH 1/2 dem proteasomalen Abbau zugeführt. Nach der Proteolyse und Komplexbildung findet weiterhin eine Erkennung durch die SIAH Proteine statt, jedoch erfolgt keine Degradation mehr. Auf diese Weise kommt es zur Akkumulation des Komplexes, was letztendlich zur Transformation der betroffenen Zellen führt. Eine Möglichkeit dem onkogenen Charakter des AF4/MLL Fusionsproteins entgegen zu wirken, besteht in der Inhibition der Interaktion der zwei Proteinfragmente der4_N und der4_C (=MLL_C). Für eine mögliche Inhibition stellt die Kenntnis der minimalen Kontaktdomäne des MLL Proteins (und damit gleichermaßen des AF4/MLL Proteins) eine Grundvoraussetzung dar. Die grundlegende Aufgabe der vorliegenden Arbeit bestand daher in der Bestimmung des minimalen intramolekularen Interaktionsinterface. Zu diesem Zweck wurden Interaktionsanalysen verschiedener C-terminaler und N-terminaler MLL Proteinfragmente unter Verwendung des bakteriellen Zwei-Hybrid-Systems sowie eines zellbasierten Protein-Translokation-Biosensor-Systems durchgeführt. Dabei ist es gelungen, die Größe der minimalen Interaktionsdomänen von den bis heute publizierten >150 Aminosäuren auf 58 Aminosäuren im N-terminalen Proteinfragment (FYRN_A3) bzw. 56 Aminosäuren im C-terminalen MLL Fragment (FYRC_B3) einzugrenzen. Eine weitere Verkleinerung führte zu einem Stabilitätsverlust der Interaktion. Eine ungewöhnliche Akkumulation einiger C-terminaler MLL Fragmente, die während der Interaktionsstudien beobachtet wurde, führte zu der Hypothese, dass die generierten Fragmente mit dem zellulären Wildtyp MLL interagieren und möglicherweise als Inhibitor der intramolekularen Interaktion agieren können. Zusätzlich wurde bei diesen Transfektionen eine abnorm hohe Anzahl abgestorbener Zellen festgestellt. Dies wäre damit zu erklären, dass das zelluläre MLL, durch Interaktion mit dem kleinen MLL Fragment, nicht mehr in der Lage ist, seinen natürlichen Funktionen nachzukommen. Der Nachweis der Interaktion des minimierten C-terminalen MLL Proteinfragments FYRC_B3 mit den full length Proteinen MLL sowie AF4/MLL konnte über Co-Immunopräzipitationsversuche erbracht werden. Durchflusscytometrische Analysen transfizierter und Propidiumiodid gefärbter HeLa Zellen sowie t(4;11)-positiver SEM Zellen zeigten eindeutig letale Effekte einiger FYRC-Fragmente auf. Anhand dieser Daten kann postuliert werden, dass die Fragmente FYRB_B3 und FYRC_B1 durch Interaktion mit MLL_N bzw. der4_N die Interaktion der nativen Proteinfragmente MLL_N/der4_N mit MLL_C verhindern und dies in der Folge zum Absterben der Zellen führt. Die Tatsache, dass diese Fragmente einen solch deutlichen Effekt auf die sehr therapieresistenten SEM Zellen haben, zeigt, dass die Inhibierung der intramolekularen Proteininteraktion einen vielversprechenden therapeutischen Ansatz für Leukämien mit einer Translokation t(4;11) darstellt.
Das NANOG2-Gen ist ein Genduplikat des nur in embryonalen Stammzellen exprimierten Stammzellfaktors NANOG1, der eine Schlüsselrolle bei der Pluripotenz und der Selbsterneuerung der Stammzellen und möglicherweise der Krebsstammzellen hat. Zur Analyse, ob NANOG2 die beschriebenen Funktionen von NANOG1 in Gewebestammzellen und Krebsstammzellen übernimmt und ursächlich für die Leukämieentstehung verantwortlich ist, wurden embryonale Zellen und primäre Leukämiezellen auf NANOG2-Expression durch RT-PCR-Experimente, Western Blot Analysen und ChIP Assays untersucht. Dabei konnte eine Methode zur Unterscheidung der NANOG1 und NANOG2-Transkripte etabliert, neue Genstrukturen dieser Gene charakterisiert und NANOG2-Transkripte in hämatopoetischen Stammzellen und in allen primären Leukämiezellen detektiert werden. Außerdem konnte mit Hilfe von Genexpressionsanalysen eine äquivalente Funktion von NANOG2 zu NANOG1 festgestellt werden.
Etablierung eines universellen Testsystems zur funktionellen Analyse neuer MLL-Fusionspartner
(2010)
Leukämische Erkrankungen entstehen häufig aufgrund genetischer Aberrationen. Dabei handelt es sich in den meisten Fällen um reziproke chromosomale Transloka-tionen, die an der Entstehung chimärer Fusionsgene mit intaktem Leserahmen betei-ligt sind und letztendlich zur Expression neuartiger Fusionsproteine führen. Das auf Chromosom 11 Bande q23 lokalisierte MLL-Gen (Mixed Lineage Leukemia) spielt bei einigen dieser chromosomalen Aberrationen eine wichtige Rolle. Es entstehen Fusi-onsproteine, die phänotypisch sowohl mit akuten myeloischen Leukämien (AML) als auch mit akuten lymphatischen Leukämien (ALL) assoziiert sind. Diese hämatopoie-tischen Erkrankungen werden aufgrund ihrer ungünstigen Prognose und schlechter Heilungschance als Hochrisiko-Leukämien klassifiziert. Neben Translokationen des MLL-Gens sind für die Leukämogenese noch weitere genetische Aberrationen von Bedeutung. Ebenso spielen, allerdings in geringerem Maße, Deletionen, Inversionen sowie Insertionen eine Rolle. Allen chromosomalen Translokationen sowie den übrigen chromosomalen Veränderungen geht mindestens ein DNA-Doppelstrangbruch voraus. Dieser findet sowohl beim MLL als auch beim Partnergen in sogenannten Bruchpunktsregionen statt. Inzwischen sind 104 verschiedene Veränderungen des MLL-Gens bekannt, von de-nen 64 auf molekularer Ebene charakterisiert wurden. Allein über 20 Partnergene wurden in den letzten fünf Jahren im Diagnostikzentrum DCAL (Diagnostic Center of Acute Leukemia) des Universitätsklinikums Frankfurt identifiziert. Allerdings sind bis heute noch keine universellen Ansätze zur Etablierung eines Tiermodells zur Unter-suchung neuer Partnergene bekannt. Somit ist es von großem Interesse möglichst schnell und zuverlässig dieses Ziel zu erreichen, um weitere Informationen über das onkogene Potential der beteiligten MLL-Partner zu erhalten. Als neue Kandidaten wurden im Rahmen dieser Arbeit DCPS, MAML2 sowie NRIP3 untersucht, die auf die Positivkontrolle ENL und auf die Negativkontrolle LASP1 bezogen wurden. Zunächst wurde ein universelles retrovirales Vektorsystem entwickelt, welches den MLL-N-Terminus (Exon 1 - Exon 9) trägt. Das zu untersuchende Partnergen kann durch Einklonieren der entsprechenden DNA-Sequenz in diesen Vektor eingefügt werden. Um ein authentisches Fusionsprodukt mit durchgehendem Leserahmen zu erhalten, sind die beiden Gene durch eine intronische Sequenz voneinander separiert. Die korrekte Fusion konnte auf Transkriptebene via RT-PCR nachgewiesen werden. In Vorversuchen wurden die Konstrukte MLL•DCPS, MLL•ENL (Positivkontrolle), MLL•LASP1 (Negativkontrolle), MLL•MAML2 sowie MLL•NRIP3 in murine hämato-poietische Progenitorzellen (Ba/F3 und 32D) transduziert. Die erfolgreiche Infektion konnte sowohl fluoreszenzmikroskopisch als auch auf Transkriptebene nachgewie-sen werden. Des Weiteren zeigten die Konstrukte unterschiedliche Einflüsse auf die Hox-Genexpression der Hox-Gene a5, a7, a9, a10, b3 und b4. Zur Untersuchung wachstumstransformierender und proliferierender Eigenschaften der Fusionsproteine folgten nach Abschluss der Vorversuche erste Transduktionsex-perimente mit murinen Lin-/Sca1+-hämatopoietischen Zellen. Mittels eines Methylcel-lulose-Assays sollten die transformierenden Eigenschaften der MLL-Fusionen über-prüft werden. Lediglich die Positivkontrolle wies wachstumstransformierende Eigen-schaften auf. Somit legen die bisherigen Ergebnisse die Vermutung nahe, dass noch weitere Faktoren für die Leukämogenese relevant sein müssen. Um Aussagen über das Verhalten der zu untersuchenden MLL-Fusionen in vivo tref-fen zu können, wurden retroviral infizierte, Lin-/Sca1+-aufgereinigte hämatopoietische Stammzellen in Empfängermäuse transplantiert. Bis zum jetzigen Zeitpunkt konnten bei den Mäusen noch keinerlei Symptome einer leukämischen Erkrankung diagnosti-ziert werden. Es ist abzuwarten, ob die transplantierten Mäuse in den nächsten Wo-chen leukämische Verhaltensauffälligkeiten aufweisen. Im Rahmen dieser Arbeit konnte erfolgreich ein Testsystem etabliert werden, das es ermöglicht, neue Partnergene in kürzester Zeit funktionell zu analysieren. So können in Zukunft hoffentlich neue Erkenntnisse zur Leukämogenese gewonnen werden, die eventuell neue Therapieansätze ermöglichen.
Reziproke chromosomale Translokationen sind häufig mit Leukämien assoziiert und gelten in den meisten Fällen als Erkrankungsursache. Das MLL-Gen auf der Chromosomenbande q23 des Chromosoms 11 ist an einer Vielzahl chromosomaler Translokationen beteiligt, und die dadurch erzeugten reziproken MLL-Fusionsgene sind ausschließlich mit Hochrisikoleukämien assoziiert. Die häufigste Aberration ist eine reziproke Translokation zwischen den beiden Genen MLL und AF4 (4q21), die t(4;11)-Translokation, die in ca. 80% aller Akuten Lymphatischen Leukämien bei Kleinkindern, aber auch bei älteren Patienten mit einer Sekundärleukämie, auftritt. Die leukämischen Blasten dieser Patienten sind meist gegen konventionelle Therapien resistent, so dass t(4;11) Leukämien mit einer ungewöhnlich schlechten Prognose verbunden sind. Welches der beiden Fusionsproteine, MLL-AF4 oder AF4-MLL, die bei der t(4;11)-Translokation entstehen für die Entstehung der Leukämie verantwortlich ist, wird noch kontrovers diskutiert. Bisherige Publikationen zeigen die Onkogenität beider Fusionsproteine, und ihr Potential, Leukämien im Mausmodell hervorzurufen. Frühere Studien dieser Arbeitsgruppe zeigen die onkogene Wirkung des AF4-MLL Fusionsproteins, dessen Expression zur Wachstumstransformation von murinen Zellen und einer Akuten Lymphatischen Leukämie in der Maus führt. Die onkogene Wirkung von AF4-MLL entsteht, sobald das Fusionsprotein nach seiner Prozessierung durch die Endopeptidase Taspase1 heterodimerisiert und dadurch vor SIAH-vermitteltem proteasomalen Abbau geschützt wird. So kann sich das heterodimerisierte Protein - anders als das AF4-Wildtyp Protein - in den Zellen anhäufen und zu unkontrolliertem Wachstum führen. Um die Heterodimerisierung des AF4-MLL Fusionsproteins kompetitiv zu inhibieren, wurden im Rahmen dieser Arbeit kleine Fragmente aus der C-terminalen Interaktionsdomäne FYRC von MLL exprimiert. Dazu wurde die Interaktion kleiner Peptide aus der FYRC-Domäne mit dem N-terminalen Fragment des AF4-MLL Proteins mithilfe eines Biosensorsystems und Co-Immunopräzipitationen getestet. Anschließend wurden die kleinsten Peptide, die noch an das N-terminale Fragment binden können (B1 und B3), ausgewählt, und zusammen mit AF4-MLL co-exprimiert. Mithilfe von Western Blot-Analysen von gereinigtem AF4-MLL·N konnte gezeigt werden, dass die Expression dieser Peptide dazu führt, dass das C-terminale Fragment nicht mehr an das N-terminale Fragment binden kann. Durch diese Inhibition der Heterodimerisierung kann der AF4-MLL Multiproteinkomplex nicht vollständig aufgebaut werden, da auch die C-terminalen Komplexpartner WDR5 und RBBP5 nur noch eingeschränkt binden können. Zusätzlich wurde die Stabilität der prozessierten Fragmente AF4-MLL·N und MLL·C im Falle einer Inhibition der Dimerisierung untersucht. Offensichtlich sind beide Fragmente nur stabil, wenn sie miteinander heterodimerisiert sind. Eine Blockierung der Interaktion durch kompetitive Peptide führt dazu, dass sowohl AF4-MLL·N als auch MLL·C proteasomal degradiert werden. Da auch das MLL-Wildtyp Protein über die Interaktionsdomänen FYRN und FYRC heterodimerisiert, wurde zusätzlich der Effekt der Expression der Peptide auf die Viabilität von MLL-exprimierenden Zellen untersucht. Dazu wurden die Peptide B1 und B3 in sechs unterschiedlichen Zelllinen, von denen zwei die t(4;11)-Translokation tragen, exprimiert. Anschließend wurde nach einer PI-Färbung der Anteil apoptotischer Zellen mithilfe eines Durchflusszytometers ermittelt. Die vorliegenden Daten deuten darauf hin, dass keines der beiden Peptide einen starken Einfluss auf Zelllinien hat, die das Wildtyp-MLL Gen besitzen. Die Apoptose der vier untersuchten Zelllinien war kaum erhöht, wenn diese Peptide exprimiert wurden. Interessanterweise scheint das Peptid B1 dagegen einen Apoptosefördernden Effekt auf diejenigen Zellen zu haben, die das AF4-MLL Protein exprimieren. Basierend auf den vorliegenden Daten kann die Aussage getroffen werden, dass es prinzipiell möglich ist, das AF4-MLL Fusionsprotein spezifisch anzugreifen. Eine Blockierung der Heterodimerisierung blockiert die Ausbildung des onkogenen AF4-MLL Multiproteinkomplexes. Dies führt zudem dazu, dass die beiden Taspase1-prozessierten Fragmente AF4-MLL·N und MLL·C proteasomal degradiert werden. Die Inhibition der Heterodimerisierung von AF4-MLL ist mit einer leicht erhöhten Apoptoserate in t(4;11)-positiven Zellen verbunden. Diese Beobachtung könnte in Zukunft von Bedeutung sein, wenn über neue Therapieansätze bei t(4;11) Leukämien nachgedacht werden sollte.
Die Hodgkin/Reed-Sternberg Zellen des klassischen Hodgkin Lymphoms stammen von Keimzentrums-B-Zellen ab. Dennoch prägen sie fast keine B-Zell-spezifischen Gene aus, stattdessen ko-exprimieren sie Marker anderer hämatopoetischer Linien. Die Ursache für den Verlust des B-Zell-Phänotyps ist weitestgehend unbekannt, da die Transkriptionsfaktoren E2A und PAX5, die in reifen B-Zellen zur Aufrechterhaltung der Expression B-Zell-spezifischer Gene essentiell sind, von primären HRS Zellen ausgeprägt werden. Allerdings wird PAX5 im Vergleich zu normalen B-Zellen deutlich schwächer exprimiert. E2A wird durch direkte Interaktion mit dem inhibitor of DNA binding, ID2, negativ reguliert. ID2 besitzt eine bHLH-Struktur und dimerisiert mit Transkriptionsfaktoren. Da ihm jedoch die DNA-bindende Domäne fehlt, wird die Bindung der Heterodimere an die DNA verhindert und die Transkriptionsfaktoren somit inaktiviert. In hämatopoetischen Zellen scheint die ID2-Expression die B-Zell-Entwicklung und auch die Expression B-Zell-spezifischer Gene zu unterdrücken und stattdessen die Ausprägung von Genen anderer Linien zu unterstützen. In reifen B-Zellen wird ID2 während der Plasmazellentwicklung bei gleichzeitigem Verlust der Expression B-Zell-spezifischer Gene stark exprimiert. In der vorliegenden Arbeit konnte gezeigt werden, dass ID2, das in normalen B-Zellen nicht detektiert werden konnte, dagegen in allen HL-Fällen nicht nur auf RNA-Ebene, sondern auch auf Proteinebene stark exprimiert wird. Ko-Immunopräzipitation des E2A mit ID2 aus HL-Zelllinien zeigte die Interaktion und somit vermutlich auch die transkriptionelle Inaktivierung des E2A durch ID2, wodurch es zum Verlust der Expression B-Zell-spezifischer Gene kommt. Darüber hinaus wird PAX5 zusammen mit EBF durch E2A induziert. So führt die ID2-vermittelte E2A-Inaktivierung im HL vermutlich dazu, dass ID2 via EBF auch die Regulation von PAX5 beeinflusst. PAX5 spielt bei der Differenzierung eine duale Rolle, denn es aktiviert nicht nur B-Zell-spezifische Gene, sondern es unterdrückt auch die Gene anderer Linien. Demnach könnte ID2 auch an der Expression der nicht-B-Zell-spezifischen Gene im HL beteiligt sein. Darüber hinaus ist ID2 im HL durch die E2A-Inaktivierung via EBF auch möglicherweise an der schwächeren Expression des PAX5 im Vergleich zu normalen B-Zellen beteiligt. Obwohl das ID2-Protein in den HL-Zelllinien durch RNA-Interferenz erfolgreich reduziert werden konnte, zeigte sich allerdings weder eine Änderung der Proteinexpression der B-Zell-spezifischen Gene CD19 und CD79A noch der Gene anderer hämatopoetischer Linien GATA-3 und M-CSF-R. Unabhängig von seiner möglichen Beteiligung an der Dedifferenzierung der HRS Zellen im HL, spielt ID2 vermutlich auch eine weitere Rolle in der Pathogenese des HL. Verschiedene Interaktionen weisen darauf hin, dass ID2 auch an der Regulation des Zellzyklus beteiligt ist. Zum einen konnte in dieser Arbeit die Interaktion des ID2 mit dem HLH-Protein HEF1 zumindest in einer der HL-Zelllinien gezeigt werden. HEF1 ist ein Aktivator der Aurora Kinase 1, welche nach Aktivierung Gene phosphoryliert, die den Ablauf der Mitose begünstigen. Zum anderen konnte der negative Zellzyklusregulator p21Cip1 in HL-Zelllinien durch RNAi-vermittelte Reduktion des ID2-Proteins als ID2-Target-Gen identifiziert werden. Auch wenn die Interaktion mit RB, dem zur Familie der Pocket-Proteine gehörenden Schlüsselregulator des Zellzyklusverlaufs, in HL-Zelllinien nicht nachgewiesen werden konnte, zeigen die Ergebnisse dieser Arbeit, dass die aberrante ID2-Expression offenbar an der Veränderung des Zellzyklus im HL beteiligt ist. Sie lassen jedoch noch keinen endgültigen Schluss zu. Wie in dieser Arbeit gezeigt wurde, wird ID2 ebenfalls im analplastisch großzelligen T-Zell-Lymphom aberrant exprimiert. Auch eine Interaktion mit E2A, das auch in der T-Zell-Entwicklung eine Rolle spielt, konnte gezeigt werden. Nicht zuletzt scheint demnach ID2 auch in der Dedifferenzierung des ALCL ein wichtiger Faktor zu sein. ID2 wird im HL aberrant exprimiert und es konnte die Interaktion mit E2A in den HL-Zelllinien nachgewiesen werden, wodurch die transkriptionelle Aktivität des E2A vermutlich inhibiert wird. Auch wenn in Folge der RNAi-vermittelten Herunterregulation von ID2 in den HL-Linien weder eine Re-Expression B-Zell-spezifischer Gene noch eine Beeinflussung der Expression Marker andere hämatopoetischer Linien gefunden werden konnte, spielt ID2 vermutlich dennoch eine wichtige Rolle in der Dedifferenzierung der HRS Zellen im HL. Unabhängig davon konnte der negative Zellzyklusregulator p21Cip1 als ID2-Target-Gen identifiziert und eine Interaktion mit HEF1 gezeigt werden. Demnach ist ID2 möglicherweise nicht nur an der Dedifferenzierung, sondern auch an der Dysregulation des Zellzyklus im HL beteiligt und somit ein wichtiger Faktor in der Pathogenese des HL.
Antiproliferative und proapoptotische Mechanismen des Morphins - Konsequenzen für die Krebstherapie
(2008)
Im Rahmen dieser Arbeit sollte geprüft werden, ob Morphin in der Prostatakarzinomtherapie eingesetzt werden kann. Prostatakrebs ist bei Menschen eine der vier häufigsten aber kaum therapierbare Krebserkrankung. Nach dem Wiederauftreten des Karzinoms weist diese eine extrem hohe Mortalitätsrate auf. Morphin hemmt in MCF7-Zellen, die wie Prostatakarzinome zu den Adenokarzinomen gehören, das Tumorwachstum bei klinisch relevanten Plasmakonzentrationen und weist einen scheinbar μ-Opioid-Rezeptor unabhängigen antiproliferativen Effekt auf. In Kombination mit Naloxon kann dieser Effekt noch gesteigert werden. Somit könnte in Patienten das Tumorwachstum gehemmt werden, ohne die klassischen Nebenwirkungen hervorzurufen. Für den antiproliferativen Effekt ist die Stabilisierung von p53 notwendig. Prostatakarzinome schienen für eine Therapie mit Morphin prädestiniert, da p53 nur sehr selten in diesen Karzinomen mutiert ist. Für die Experimente wurde die LNCAP Prostatakarzinomzelllinie eingesetzt. Da Morphin weder das Tumorwachstum, noch die Zellproliferation in LNCAP-Zellen hemmte, scheint Morphin für die Behandlung von Prostatakarzinomen nicht geeignet zu sein. Durch Untersuchung der Angiogenese in LNCAP Tumoren konnte gezeigt werden, dass eine geringere Vaskularisierung keine verminderte Tumormasse zur Folge hat. Für eine erfolgreiche Krebstherapie scheint es im Gegenteil wichtig zu sein, eine normale Vaskularisierung in Tumoren wiederherzustellen. Die unterschiedlichen Morphinsensitivitäten der beiden Adenokarzinomzelllinien führte zu der Hypothese, dass der μ-Opioid-Rezeptor - zumindest partiell - doch an der Vermittlung des antiproliferativen Effekts des Morphins beteiligt sein könnte. Morphin induziert verschiedene Effekte in MCF7-Zellen, während LNCAP-Zellen kaum auf Morphin reagierten. Es sollte daher untersucht werden, warum MCF7-Zellen sensitiver auf Morphin ansprechen. Durch Überlebenstests mit MCF7-Zellen konnte gezeigt werden, dass eine Behandlung der Zellen mit Morphin in Kombination mit exogenem Glutathion das Überleben der MCF7-Zellen im Vergleich zu morphinbehandelten Zellen signifikant steigern konnte. Dies war ein Hinweis, dass Morphin erstens die Bildung von ROS induziert und dies zweitens in einem Ausmaß geschieht, dass die Überlebensrate der MCF7-Zellen konzentrationsabhängig gehemmt wurde. In weiteren Experimenten zeigte sich, dass die Inkubation der MCF7-Zellen mit Morphin weder die endogene Glutathionkonzentration noch die Expressionsraten der detoxifizierenden Enzyme SOD1 und P5 moduliert. Morphin induziert bei Konzentrationen von 100 μM und 1000 μM in MCF7-Zellen eine signifikant gesteigerte Superoxidanionenbildung. Wie bei den MCF7 Überlebenstests konnte exogen gegebenes Glutathion die durch 100 μM Morphin induzierte Superoxidanionenbildung unterdrücken. Die verstärkte Bildung der Superoxidanionen ist auf Morphin beschränkt, da sie nicht durch die Gabe von Fentanyl, Levomethadon oder Oxycodon induziert werden konnte. Die Bildung der Superoxidanionen könnte Morphin durch die Modulation einer plasmamembranständigen NADH Oxidase hervorrufen. Weiterhin wurden die Folgen einer chronischen Morphingabe im Rückenmark untersucht. Es wird vermutet, dass Morphin im Rahmen einer chronischen Behandlung Apoptose in GABAergen Neuronen auslöst. Für die neuronenspezifische Apoptose nach chronischer Morphingabe konnten durch FACS-Analysen ebenfalls Hinweise gefunden werden. Mittels vergleichender Proteomanalyse konnte festgestellt werden, dass VDAC1 im Rückenmärkgewebe von Tieren, die eine beginnende Morphintoleranz aufweisen, verstärkt exprimiert wurde. Neue Untersuchungen zeigen, dass VDAC1 in der Plasmamembran als Redoxenzym fungieren kann. Dort ist es mit einer NADH Oxidase in den PMOR Komplex eingebunden, der eine wichtige Rolle in der Regeneration von NAD+ aus NADH spielt und so Überleben und Zellwachstum ermöglicht. Eine Störung des PMOR Komplexes hat die Bildung von Radikalen zur Folge. In dieser Arbeit wird die Hypothese aufgestellt, dass Morphin durch Modulation der plasmamembranstädnigen NADH Oxidase in MCF7-Zellen die Bildung von Superoxidanionen induziert. Als Konsequenz könnte VDAC1 verstärkt phosphoryliert werden, um die NAD+/NADH Homöostase aufrecht zu erhalten. Im Laufe der chronischen Morphingabe wird postuliert, dass sich derart viele Superoxidanionen akkumulieren, dass schwerwiegende Schäden an den Makromolekülen vorliegen und die Zelle daher in die Apoptose geht.
Taspase1 stellt die bisher einzige Typ2-Asparaginase mit proteolytischer Aktivität dar. Das wichtigste Substrat der Taspase1 ist das MLL-Protein, einem Homolog des Trithorax- Proteins aus Drosophila melanogaster, das auch dort eine wichtige Rolle bei Differenzierungsprozessen spielt. Bei Patienten mit einer t(4;11)-Translokation ist Taspase1 maßgeblich an der Ausbildung einer t(4;11)-assoziierten Leukämie beteiligt. Die Inhibierung der proteolytischen Aktivität der Taspase1 könnte daher einen Ansatzpunkt für eine neuartige Krebstherapie darstellen. Aufgrund der ungewöhnlichen Eigenschaften von Taspase1 ist es bisher nicht gelungen einen selektiven Inhibitor für das katalytische Zentrum der Taspase1 zu identifizieren. Unter nativen Bedingungen (ca. 50 mM NaCl) befindet sich Taspase1 bereits in einem nahezu vollständig inhibierten Zustand, da im katalytischen Zentrum der Taspase1 ein Chloridion komplexiert ist. Dieses Chloridion wird einzig und allein nach Interaktion mit dem natürlichen Substrat MLL aus dem katalytischen Zentrum verdrängt, was zu einer kurzfristigen Aktivierung der Taspase1 führt. Nach Ablauf der hydrolytischen Spaltung des Substrates nimmt das Chloridion wieder seine Position im katalytischen Zentrum ein. Unter diesen Bedingungen ist aus sterischen Gründen die Bindung eines potentiellen Inhibitors im katalytischen Zentrum nicht möglich. Durch Herstellung von Mutanten der Taspase1 und deren Substrats konnte der Mechanismus der katalytischen Spaltung durch Taspase1 aufgeklärt werden. Dabei erwiesen sich drei Aminoäuren als essentiell für die Hydrolyse. Interessanterweise ist die Anwesenheit des Substrates, insbesondere des Aspartates an Position Sieben der cleavage sites CS1 bzw. CS2 notwendig um den katalytischen Prozess zu starten. Das negativ geladene Aspartat, verdrängt zunächst das Chloridion von seiner Position und aktiviert dadurch das katalytische Zentrum (Rotation von Threonin 234). Erst dadurch wird Threonin 234 zu einer katalytisch aktiven Aminosäure und kann einen nukleophilen Angriff auf die Peptidbindung zwischen Aspartat und Glycin des Substrates durchführen. Die Hydrolyse wird dabei durch die OH-Gruppe des Serins 252 durch Wechselwirkung mit dem Carboxylsauerstoff unterstützt. Durch Mutation beider Aspartate an Position sieben im artifiziellen Substrat 2CL zu Glycin oder Lysin führte zu einem vollständigen Verlust der hydrolytischen Spaltung an CS1 und zu einem starken Rückgang der hydrolytischen Spaltung an CS2. Die Mutationen T234D und S252D der Taspase1 führten beide zum vollständigen Verlust der katalytischen Spaltung, sowohl in cis, als auch in trans. Unter Verwendung des Taspase1-Aktivitätsassays konnte der transkriptionelle Regulator MLL4 als potentielles Substrat der Taspase1 identifiziert werden.
LINE-1-Retrotransposons sind für die Entstehung von über 35 % des menschlichen Genoms verantwortlich. Während ihre Aktivität entscheidend zur Evolution von Säugetieren allgemein und des Menschen im Speziellen beigetragen hat, kann die L1-Expression und die L1-vermittelte Retrotransposition schädigende Auswirkungen für die Wirtszelle haben (Goodier und Kazazian, 2008). Die Liste der dokumentierten, durch L1-Aktivität hervorgerufenen Erkrankungen umfasst gegenwärtig ca. 65 Fälle von genetischen bzw. Tumorerkrankungen und wird immer länger. Um die Anzahl schädigender L1-Retrotranspositionsereignisse zu minimieren, hat der menschliche Organismus Strategien entwickelt, um die L1-Retrotransposition zu kontrollieren. Eine dieser Strategien ist die Inhibition der L1-Aktivität durch Mitglieder der APOBEC-Proteinfamilie, wobei deren jeweilige Mechanismen der L1-Inhibition gegenwärtig noch nicht aufgeklärt sind. Es war daher das Ziel dieser Arbeit, Einblicke in die Mechanismen der Hemmung der L1-Retrotransposition durch Mitglieder der Familie der humanen APOBEC3-Proteine zu bekommen, wobei eine Fokussierung auf den durch APOBEC3C vermittelten Mechanismus vorgenommen wurde. Aufbauend auf kürzlich publizierte Daten zur Hemmung der L1-Retrotransposition durch die APOBEC3-Proteine A3A, A3B, A3C und A3F (Bogerd et al., 2006; Chen et al., 2006; Muckenfuss et al., 2006) wurde eine Arbeitshypothese entwickelt, welche die L1-Inhibition durch APOBEC3-vermittelte Deaminierung von Cytosinen der L1-cDNA unter der Beteiligung von Faktoren des „Base Excision Repair“-Weges erklärt. Diese Arbeitshypothese steht im Einklang mit der Abwesenheit nachweisbarer G-zu-A-Hypermutationen von L1-Kopien wie sie für die APOBEC3-spezifische Deaminaseaktivität charakteristisch sind, sowie mit der Existenz 5’-verkürzter genomischer L1-Kopien. Die Ergebnisse aus in silico-Analysen der 5’-Enden von 38 L1-Neuinsertionen aus Zellkulturexperimenten, die in Anwesenheit von endogen exprimiertem A3B, A3C und A3H retrotransponiert waren, sowie von 885 genomischen, endogenen L1-Kopien waren in Übereinstimmung mit unserer Arbeitshypothese, da in beiden Fällen Guanin als erste fehlende L1-Nukleobase am L1-5’-Ende statistisch signifikant überrepräsentiert vorliegt. Während für die Inhibition von L1 durch A3A dessen Deaminaseaktivität notwendig ist, wurde gezeigt, dass A3C die L1-Retrotransposition über einen deaminaseunabhängigen Mechanismus hemmt. Die L1-Inhibition durch A3C erforderte sowohl eine funktionelle Dimerisierungsdomäne als auch eine intakte RNA-Bindedomäne. Die Identifizierung von A3C und L1-ORF1p in derselben Saccharosegradientenfraktion sowie die Kolokalisation beider Proteine im Zytoplasma von HeLa- bzw. 143B-Zellen sprechen für eine Interaktion von A3C mit L1-ORF1p bzw. L1-RNPs. Da eine direkte Interaktion von A3C und L1-ORF1p mittels Immunopräzipitation nicht nachgewiesen werden konnte, spricht dies dafür, dass die Interaktion nicht auf einen direkten Kontakt zwischen A3C und L1-ORF1p beruht. Eine direkte Interaktion zwischen A3A und L1-ORF1p konnte ebenfalls nicht nachgewiesen werden. Vielmehr spricht die Abhängigkeit der A3C-vermittelten Hemmung von der intakten RNA-Bindedomäne, experimentelle Daten, welche eine Interaktion mit L1-RNPs vorschlagen, sowie die Kolokalisation von A3C und L1-ORF1p im Zytoplasma für eine Sequestrierung der L1-RNPs, die Behinderung des nukleären Imports der L1-RNPs oder aber eine Blockierung der TPRT-Initiation als mögliche Mechanismen der A3C-vermittelten Hemmung der L1-Retrotransposition.
Die Mehrheit (60%) aller AML-Erkrankungen beruhen auf chromosomalen Aberrationen, genauer genommen Translokationen, bei der zwei chromosomale Bruchstücke zu einem Chimärgen refusionieren. Die daraus resultierenden Fusionsproteine sind charakteristisch für die verschiedenen Formen der AML-Erkrankungen. In 97% aller Fälle der APL-Erkrankungen, einer Unterform der AML, tritt die t(15;17) und in weniger als 2% die t(11;17) auf. Die t(15;17) führt zu dem rekombinanten Fusionsprotein PML/RARK und die t(11;17) zu PLZF/RARK (X-RARK). Der APL-assoziierte leukämische Phänotyp X-RARKpositiver Zellen zeichnet sich durch die Blockierung terminaler Differenzierung früher hämatopoetischer Vorläuferzellen und dem gesteigerten Selbsterneuerungspotenzial leukämischer Stammzellen (LSCs) aus. Demzufolge können PML/RARK und PLZF/RARK auf der Ebene des frühen Vorläufers sowie der HSCs die leukämische Pathogenese initiieren. Bei der Erforschung der molekularen Grundlagen für die X-RARK-vermittelte Steigerung der aberranten Selbsterneuerung LSCs hat sich ergeben, dass die aberrante Aktivierung des Wnt-Signalweges eine zentrale Rolle einnimmt. Die Schlüsselmoleküle der aberranten Aktivierung des Wnt-Signalweges und damit der gesteigerten Selbsterneuerung sind 2-Catenin und Plakoglobin, die wiederum durch AML-assoziierte Fusionsproteine wie PML/RARK, PLZF/RARK und AML1/ETO transkriptionell hochreguliert werden. Das ansteigende Proteinniveau von 2-Catenin und Plakoglobin, welches entscheidend zur Initiation der Leukämieerkrankung beiträgt, führt zur nukleären Akkumulation von 2-Catenin und zur Aktivierung der CF/LEF-Familienmitglieder kontrollierten Genexpression. Aus diesem Grund stellen 2-Catenin und Plakoglobin einen wichtigen Ansatzpunkt für neue Therapieansätze in der Behandlung der AML dar. Die aberrante Aktivierung und pharmakologische Inhibition des Wnt-Signalweges, insbesondere von 2-Catenin, hat in zahlreichen humanen Krebserkrankungen, wie Brust-, Prostata-, Adenom- und Kolonkarzinomen, zu therapeutischen Erfolgen geführt. Grundlage der erfolgreichen pharmakologischen Inhibition des aberranten Wnt-Signalweges ist die Verwendung von Inhibitoren aus der Gruppe der nichtsteroidalen Entzündungshemmer (NSAIDs). Sulindac und seine Metabolite, Sulfon, das keine COX-inhibitorische Wirkung aufweist, und Sulfid, einem spezifischen COX-1/-2- Inhibitor, sind Vertreter der Gruppe der NSAIDs und haben in klinischen Studien erfolgreich die Größe und Anzahl der Kolorektaltumore von FAP-Patienten reduziert. Es deutet alles daraufhin, dass die vermittelten Effekte von Sulindac und seinen Metaboliten in den bisher untersuchten Zellsystemen in einem zur COX-Inhibition unabhängigen Kontext stehen. Zusammenfassung: 135 Im Rahmen dieser Arbeit wurde das Ziel verfolgt herauszufinden, ob die Verwendung von NSAIDs einen neuen Therapieansatz in der gezielten pharmakologischen Bekämpfung der leukämischen Stammzelle („ stem cell targeting“) zur Behandlung der AML darstellen können. Sulindac (S), Sulindac Sulfid (SSi) und Sulindac Sulfon (SSo) sind in der Lage unabhängig von der PML/RARK-Expression die Viabilität leukämischer monozytärer U937-Zellen zu reduzieren und dosisabhängig in X-RARKpositiven U937-Zellen die Apoptose zu induzieren. Zusätzlich konnte gezeigt werden, dass in einem Konzentrationsbereich von 75-100 μM PML/RARK-positive U937-Zellen geringfügig stärker auf die Apoptoseinduktion reagieren als die Kontrollzellen. Des Weitern senkt SSi in PML/RARK-positiven NB4-Zellen am effektivsten das Proteinniveau von PML/RARK, 2-Catenin und Plakoglobin. Dem gegenüber weist sich SSo in KG-1-Zellen als potenteres Agenz aus, das Proteinniveau von PML/RARK, 2-Catenin und Plakoglobin effektiv zu senken. Zusätzlich deuten die Ergebnisse der Westernblotanalyse aus den KG-1- Experimenten daraufhin, dass der induzierte Proteinabbau nicht auf einen PML/RARKvermittelten Effekt zurückzuführen ist. Hinzu kommt, dass gezeigt werden konnte, dass SSi im Vergleich zu SSo in klinisch relevanten Konzentrationsbereichen weit aus effektiver die Viabilität PML/RARK-positiver NB4-Zellen reduziert und Apoptose induziert. Im Rahmen der seriellen Replattierungsexperimente konnte gezeigt werden, dass SSi in der Lage ist, mit dem leukämogenen Potenzial PML/RARK- und PLZF/RARK-exprimierender Stamm- und Progenitorzellen zu interferieren bzw. dieses zu revertieren. Darüber hinaus beherrscht und hebt SSi die 2-Catenin- und Plakoglobin-vermittelten Effekte auf das Stammzellpotenzial HSCs auf. Im Zuge der experimentellen Analyse des Einflusses von SSi auf die Wnt-Signalwegaktivierung hat sich gezeigt, dass SSi in der Lage ist, die PML/RARK- und S33A-vermittelte aberrante Wnt-Signalwegaktivierung zu reduzieren. Hinzu kommt, dass SSi die Siah1-Promotoraktivität stimuliert, die wiederum zur Expression von Siah-1 führt und einen phosphorylierungsunabhängigen 2-Catenin- und PML/RARK-Abbau induziert. Ferner hebt SSi den X-RARK-vermittelten Differenzierungsblock auf und inhibiert spezifisch die Proliferation PML/RARK- und PLZF/RARK-positiver HSCs. In humanen APL-Zellsystemen ist SSi alleine nicht imstande in vergleichbarem ATRA-Ausmass granulozytäre Differenzierung zu induzieren, aber den ATRA-vermittelten Effekt in der humanen APL-Patienten abgeleiteten NB4-Zelllinie zu verstärken. Infolge der Zellzyklusanalyse konnte gezeigt werden, dass SSi zu einer PML/RARK-spezifischen Apoptoseinduktion, ermittelt durch den Anstieg der subG0/G1-Phase, führt, welche in der PML/RARK-negativen Zelllinie ausbleibt. Darüber hinaus verhindert die Präsenz von PML/RARK ein SSi induziertes Ausscheren der Zellen in die G0/G1-Phase. Zusätzlich haben in vivo Experimente (CFU-S12) ergeben, dass SSi die Kurzzeitstammzellkapazität X-RARK-positiver HSCs senkt. SSi induziert außerdem im humanen Stammzellmodel der KG-1-Zellen die RARK-spezifische Reduktion der stammzellähnlichen CD34+/CD38-/ALDH+-KG1-Subpopulation, wobei die Reduktion dieser Subpopulation nicht auf zytotoxischen Effekten beruht. Des Weiteren ist SSi in der Lage die ALDH+-NB4-Subpopulation zu senken, wohingegen die Abwesenheit von PML/RARK in U937-Zellen eine Stimulation der ALDH+-Population zulässt. Zusammenfassend bleibt zusagen, dass SSi ein vielversprechender Kandidat für den Einsatz in der „Stammzelltargeting-Therapie“ zur Behandlung akuter Leukämien darstellt. Nicht nur die effiziente Inhibition des aberranten Wnt-Signalweges, der maßgeblich am X-RARK-vermittelten leukämischen Phänotyp beteiligt ist, sondern auch die gezielte Reduktion der X-RARK-assoziierten Stammzellpopulation könnte SSi möglicherweise favorisieren, unterstützend zu anderen Chemotherapeutika, in der Erhaltungstherapie eingesetzt zu werden. SSi-assoziierte renale und gastrointestinale Nebeneffekte sowie der beobachtete Wachstumskompensationsmechanismus sollten zum gegenwärtigen Zeitpunkt pharmakologisch beherrschbar sein.
Nukleäre Rezeptoren regulieren eine Vielzahl von Genen durch Bindung an bestimmte DNA-Sequenzen im Promotor dieser Gene. Sie fungieren als Transkriptionsfaktoren, die nach Bindung ihres Ligandendie Transkription aktivieren oder supprimieren. In ihrer Funktion werden sie weiterhin durch verschiedene Signale moduliert, beispielsweise durch posttranslationale Veränderungen. Aufgrund der Möglichkeit, durch Liganden, in der Regel kleine lipophile Moleküle, die Aktivität nukleärer Rezeptoren und in der Folge die Transkription definierter Gene zu beeinflussen, sind nukleäre Rezeptoren gute Zielstrukturen für Arzneistoffe und stehen im Zentrum intensiver Forschungsbemühungen. ROR alpha und RevErb alpha sind nukleäre Rezeptoren aus der Gruppe der sogenannten Orphan-Rezeptoren. Die Angehörigen dieser Gruppe wurden als Waisen bezeichnet, da ihr Ligand zum Zeitpunkt ihrer Charakterisierung unbekannt war. 2007 gelang es zwei Gruppen unabhängig voneinander Häm als den Liganden des RevErb alpha zu identifizieren, für ROR alpha werden verschiedene potentielle Liganden diskutiert, wobei bisher keiner allgemein anerkannt wurde. ROR alpha und RevErb alpha steuern die Expression ihrer Zielgene über ein gemeinsames Response-Element, wobei ROR alpha die Expression dieser Gene aktiviert und RevErb alpha sie inhibiert. Gemeinsam nehmen sie eine zentrale Rolle in der Aufrechterhaltung zirkadianer Rhythmen und an der Integration dieser in metabolische Prozesse ein. ROR alpha ist weiterhin beteiligt an der Reifung der Cerebellums sowie an der Steuerung der Immunabwehr. Ziel der vorliegenden Arbeit war es, die Regulation der beiden Rezeptoren auf molekularer Ebene aufzuklären. Hierfür wurden Untersuchungen auf Ebene der Transkription ebenso wie auf posttranslationaler Ebene durchgeführt. Es zeigte sich, dass ROR alpha - hnRNA in vitro extrem stabile Sekundärstrukturen ausbildet und somit bei der reversen Transkription den Transkriptionsstart selbst initiieren kann. Im Zuge der durchgeführten Untersuchungen konnte nicht nachgewiesen werden, welche Auswirkung diese Sekundärstrukturen in vivo zeigen. Studien anderer Gruppen hatten aber gezeigt, dass die Ausbildung von RNA-Doppelsträngen an vielen Stellen in die Regulationen von Genen eingreift, sei es durch Veränderungen des Spleißmusters, RNA-Editierung oder durch Herabregulierung der Transkriptmenge. Des Weiteren konnte gezeigt werden, dass sowohl RevErb alpha als auch ROR alpha einer intensiven Regulation durch posttranslationale Veränderungen unterliegen, im Speziellen durch Phosphorylierung. Vorangegangene Studien hatten Hinweisegeliefert, dass ROR alpha durch ERK-2 phosphoryliert werden kann. In meinen Studien war ich in der Lage nachzuweisen, dass auch RevErb alpha Ziel dieser Kinase ist. Im Gegensatz zu ROR alpha wird RevErb alpha jedoch gleichzeitig an mehreren Stellen phosphoryliert, wobei die physiologische Funktion dieser Phosphorylierungen Gegenstand weiterer Untersuchungen ist. Die Aktivität von ROR alpha am Response-Element wird durch eine Erhöhung des intrazellulären cAMP-Spiegels stark stimuliert. Im Zuge meiner Untersuchungen konnte eine Beteiligung sowohl des cAMP-Response-Elementbindenden Proteins CREBals auch des PPAR gamma - Coaktivators 1a an der Vermittlung dieser Aktivitätssteigerung ausgeschlossen werden. Es zeigte sich jedoch, dass der Effekt durch eine Hemmung der Proteinkinase A dosisabhängig aufgehoben werden konnte. In weiteren Untersuchen konnte ich eine direkte Phosphorylierung von ROR alpha, nicht aber von RevErb alpha durch PKA nachweisen und die Phosphorylierungsstelle als Serin 99 des ROR alpha 4 identifizieren. Da eine Mutation der in der C-terminalen Verlängerung der DNA-bindenden Domäne des Rezeptors gelegenen Aminosäure jedoch nicht in der Lage war, die Aktivitätssteigerung zu verhindern, sind auch noch weitere Faktoren, vermutlich zelluläre Coaktivatoren an deren Vermittlung beteiligt. Bereits in früheren Untersuchungen war beschrieben worden, dass die Aktivität von ROR alpha durch eine Erhöhung des intrazellulären Calciumspiegels stark stimuliert wird. Weiterhin fanden sich Hinweise, dass die Calcium/-Calmodulin-abhängige Kinase IV an der Vermittlung dieser Stimulation beteiligt ist, jedoch ohne direkte Phosphorylierung von ROR alpha durch CaMKIV. Es konnte allerdings nicht aufgeklärt werden, über welchen Mechanismus die Signaltransduktion stattdessen erfolgt. In meinen Untersuchungen konnte ich zeigen, dass eine Inhibition durch Proteinkinase A aktivierter Signalwege auch die Aktivierung von ROR alpha durch CaMKIV dosisabhängig hemmte. Zusammengenommen lieferten meine Untersuchungen weitere Hinweise auf eine wichtige Rolle von ROR alpha in der Regulation metabolischer Prozesse wie des Glycogen- und Lipidstoffwechsels. Außerdem deuten meine Ergebnisse auf eine Verknüpfung der Signalwege von CaMKIV und Proteinkinase A hin und etablieren ROR alpha als gemeinsame Zielstruktur