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Adaptive Radiation und Zoogeographie anisakider Nematoden verschiedener Klimazonen und Ozeane
(2013)
Anisakide Nematoden sind Parasiten aquatischer Organismen und weltweit in marinen Habitaten verbreitet. Ihre Übertragungswege sind tief im marinen Nahrungsnetz verwurzelt und schließen ein breites Spektrum pelagisch/benthischer Invertebraten (z.B. Cephalopoda, Gastropoda, Crustacea, Polychaeta) und Vertebraten (z.B. Teleostei, Elasmobranchia, Cetacea, Pinnipedia, Aves) als Zwischen- bzw. Endwirte ein. Aufgrund der hohen Befallszahlen u.a. in der Muskulatur und Viszera kommerziell intensiv genutzter Fischarten (z.B. Clupea harengus, Gadus morhua, Salmo salar) sowie ihrer Rolle als Auslöser der menschlichen Anisakiasis nehmen die Vertreter der Gattung Anisakis unter den anisakiden Nematoden eine Sonderstellung ein. Anhand der verbesserten Diagnostik und der Etablierung sowie Weiterentwicklung molekularbiologischer Methoden ist es in den letzten zwei Dekaden gelungen, die bestehende Taxonomie und Systematik der Gattung Anisakis zu erweitern bzw. zu revidieren. Aktuelle molekulare Analysen weisen auf die Existenz von insgesamt neun distinkten Arten hin, welche eine hohe genetische Heterogenität und Wirtsspezifität aufweisen, äußerlich jedoch nahezu identisch sind (sog. kryptische Arten). Trotz kontinuierlicher Forschung auf dem Gebiet ist das Wissen über die Biologie von Anisakis immer noch unzureichend.
Die vorliegende Dissertation ist in kumulativer Form verfasst und umfasst drei (ISI-) Einzelpublikationen. Die Zielsetzung der durchgeführten Studien bestand unter anderem darin, unter Verwendung molekularbiologischer und computergestützter Analyseverfahren, Fragestellungen zur Zoogeographie, (Co-)Phylogenie, Artdiagnostik, Lebenszyklus-Ökologie sowie des bioindikatorischen Potentials dieser Gattung zu bearbeiten und bestehende Wissenslücken zu schließen.
Die Verbreitung von Anisakis, welche bisher ausschließlich anhand von biogeographischen Einzelnachweisen abgeschätzt wurde, konnte durch den angewandten Modellierungsansatz erstmalig interpoliert und in Kartenform vergleichend dargestellt werden. Dabei wurde gezeigt, dass die Verbreitung von Anisakis spp. in den Ozeanen und Klimazonen nicht gleichmäßig ist. Die Analysen deuten auf die Existenz spezies-spezifischer horizontaler und vertikaler Verbreitungsmuster hin, welche neben abiotischen Faktoren durch die Verbreitung und Abundanz der jeweiligen Zwischen- und Endwirte sowie deren Tiefenverteilung und Nahrungspräferenzen geprägt sind.
Durch die umfangreiche Zusammenstellung und anschließende Kategorisierung der (mit molekularen Methoden) geführten Zwischenwirtsnachweise konnten indirekte Rückschlüsse über die vertikale Verbreitung von Anisakis spp. entlang der Tiefenhabitate gezogen werden.
Während Anisakis auf Gattungsebene in der gesamten Wassersäule entlang verschiedener Tiefenhabitate abundant ist, wurde für die stenoxene Art Anisakis paggiae ein meso-/bathypelagisch orientierter Lebenszyklus postuliert. Durch den Einbezug eines breiten Spektrums (paratenischer) Zwischen- und Transportwirte aus unterschiedlichen trophischen Ebenen werden Transmissionslücken im Lebenszyklus der Gattung weitestgehend minimiert und der Transmissionserfolg auf den Endwirt, und damit die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Reproduktion, erhöht. Ausgeprägte Wirtspräferenzen sowie phylogenetische Analysen des ribosomalen ITS-Markers stützen eine Theorie zur co-evolutiven Anpassung der Parasiten an ihre Endwirte. Anisakis eignet sich daher unter Einschränkungen als Bioindikator für die vertikale und horizontale Verbreitung und Abundanz der Endwirte und lässt Rückschlüsse auf trophische Interaktionen im Nahrungsnetz zu. Durch die weitere Beprobung von Zwischenwirten aus verschiedenen trophischen Ebenen in zukünftigen Studien, kann eine genauere Bewertung potentiell abweichender Lebenszyklus-Strategien gewährleistet werden. Insbesondere ist die Datenlage zur Prävalenz und Abundanz anisakider Nematoden in Cephalopoda und Crustacea noch unzureichend. Die Probennahme sollte dabei unter besonderer Berücksichtigung bislang wenig oder unbeprobter geographischer Regionen, Tiefenhabitate und Wirtsarten durchgeführt werden.
Terrestrische Säugetiere werden von unterschiedlichen Parasiten als Wirte genutzt. Dabei kann ihre Parasitenfauna je nach Art, Lebensweise, Verbreitung, Gesundheitszustand und Reproduktionsstatus des Wirts abweichen. Ein weiterer bestimmender Faktor, ist der Einfluss des Menschen in Form von Regulierungsmaßnahmen und Schaffung urbaner Lebensräume. Domestizierte Haustiere bzw. Nutztiere weisen daher in der Regel andere Parasiten auf als ihre wildlebenden Artgenossen. Gleichzeitig können sich sowohl Wildtiere als auch domestizierte Tiere und Menschen gegenseitig Parasitenarten teilen und wechselseitig aufeinander übertragen. Daraus resultierende Krankheiten werden als Zoonosen bezeichnet.
Insbesondere Fledermäuse (Unterordnung Microchiroptera) zeigen weltweit eine enorme Parasitendiversität, die noch weitgehend unerforscht ist. Ebenfalls Forschungsbedarf besteht für die Sandfloh-Gattung Tunga in Süd- und Mittelamerika in Hinblick auf ihr Wirtsspektrum, welches auch Menschen einschließt. Die Art Tunga penetrans und zahlreiche weitere Parasitenarten, parasitieren gleichzeitig auch bei Hunden. Daher stellen diese Wirte eine direkte Gesundheitsgefahr für Menschen in ihrer unmittelbaren Umgebung dar.
Die vorliegende Dissertation ist in kumulativer Form zusammengefasst und beinhaltet drei Einzelpublikationen sowie einen Reviewartikel.
Ziel war es, die Parasitendiversität von Hunden aus urbanen tropischen Gebieten und die Parasitendiversität des Großen Ameisenbären (Myrmecophaga tridactyla) mit Hilfe morphologischer und molekularbiologischer Methoden zu analysieren. Die jeweiligen Parasitenfaunen wurden in Hinblick auf die soziale bzw. solitäre Lebensweise der beiden Wirtsarten verglichen und ihr zoonotisches Potenzial bewertet.
Ein weiteres Ziel war die Zusammenfassung der Ektoparasitennachweise süd- und mittelamerikanischer Microchiroptera und für die europäischen Arten der Fledermaus-Gattung Myotis (hier Endo- und Ektoparasiten) auf Basis der verfügbaren Literatur. Des Weiteren sollten eigene Parasitennachweise aus Bolivien bzw. Deutschland erfolgen. Für die Nachweise aus Deutschland wurden M. myotis untersucht, deren Artzugehörigkeit vorher bestimmt wurde. Zusätzlich wurden diese Individuen auf humanpathogene Lyssaviren untersucht.
Die Nachweise erfolgten über molekularbiologische und morphologische Methoden.
Stechmücken (Dipteren: Culicidae) sind weltweit mit über 3500 Arten und mit Ausnahme der arktischen Regionen ubiquitär vertreten. Die medizinische Relevanz dieser Tiergruppe, begründet durch die hämatophage Lebensweise der Weibchen, erschloss sich bereits Ende des 19. Jh. und hat bis heute Bestand. Jedes Jahr sterben rund 600.000 Menschen an den Folgen der Malaria und fast 100 Mio. Menschen infizieren sich mit dem Denguefieber. Zwar beziehen sich diese Zahlen fast ausschließlich auf die Entwicklungsländer, aber im Zuge des Klimawandels und des immer stärkeren Welthandels kommt es auch in Europa und den USA immer wieder zu Ausbrüchen vorher nicht relevanter Krankheiten. So hat sich das West-Nil- Virus seit 1999 in Nordamerika rasant verbreitet. Im Jahr 2013 gab es dort rund 2500 Fälle, von denen 119 zum Tod führten. In Europa traten hingegen Krankheiten wie das Chikungunyafieber (Italien 2007) oder das Denguefieber (Frankreich 2010/2013) auf. Die Gründe für diese Ausbrüche sind vor allem in der Einschleppung neuer Vektorspezies und Krankheitserreger sowie in den veränderten Wirtspräferenzen einheimischer Stechmückenarten zu suchen. Das Wissen um das Vektorpotential der in Deutschland heimischen Stechmücken konnte vor allem durch die seit 2009 initiierten Monitoring-Programme stetig erweitert werden. Auch die Veränderung der heimischen Fauna durch invasive Arten wie Ochlerotatus japonicus japonicus oder Aedes albopictus wird intensiv erforscht. Dennoch ist hinsichtlich der Biologie, Ökologie sowie Genetik vieler Arten noch immer wenig bekannt.
Die vorliegende Dissertation, welche auf Basis von vier (ISI-) Einzelpublikationen kumulativ angefertigt wurde, beschäftigte sich mit der Analyse der genetischen Variabilität sowie der Zoogeographie der untersuchten Arten und der Etablierung einer schnellen und kostengünstigen Methode zur Artdiagnostik. Besonderes Augenmerk wurde bei den Analysen auf die beiden heimischen Arten Culex pipiens und Culex torrentium sowie die invasive Art Ochlerotatus japonicus japonicus gelegt. Ziel war es, die noch bestehenden Wissenslücken zu füllen, um zukünftige Monitoring-Programme besser koordinieren sowie Analysen zur Vektorkompetenz und Genetik dieser Arten gezielter durchführen zu können.
Es konnte gezeigt werden, dass Cx. pipiens und Cx. torrentium deutliche Unterschiede in ihren Populationsstrukturen aufwiesen welche auf verschiedene evolutive Prozesse hindeuten. Die geringere genetische Variabilität in Cx. pipiens lässt auf positive Selektion durch z.B. Insektizidresistenz im Zuge durchgeführter Bekämpfungsmaßnahmen oder die Infektion mit Wolbachien schließen. Die analysierte Populationsstruktur von Cx. torrentium spricht hingegen für eine geringe Ausbreitung, wodurch der genetische Austausch reduziert wurde und so die untersuchten Populationen genetisch stärker voneinander abwichen. Des Weiteren ließen die Analysen des Cytochrom c Oxidase Untereinheit 1-Fragmentes (cox1) Rückschlüsse auf die Zoogeographie dieser Arten in Deutschland zu - wobei beide Arten über das Untersuchungsgebiet verteilt waren, Cx. torrentium jedoch in den neuen Bundesländern weniger häufig nachgewiesen wurde als in den alten und eine geringere gefangene Individuenzahl aufwies. Basierend auf der ökologischen Nischenmodellierung konnten potentiell neue Verbreitungsgebiete für die Art Ochlerotatus japonicus japonicus identifiziert werden. Als klimatisch besonders günstig zeigten sich dabei Südhessen, das Saarland sowie nördliche Teile Nordrhein-Westfalens. Mit Hilfe der etablierten Methode der direct-PCR wird in Zukunft eine schnellere und kostengünstigere Identifizierung von Stechmücken erfolgen können, welche aufgrund bestimmungsrelevanter Merkmale nicht mehr morphologisch zu identifizieren sind.
Um das Wissen über die Stechmücken in Deutschland fortlaufend zu intensivieren, ist sowohl das Weiterführen der Monitoring-Programme als auch die molekularbiologische Aufarbeitung der Proben nötig. Durch die Anwendung neuer Techniken und weiterer molekularer Marker wird es möglich sein, weitere Krankheitserreger sowie genetische Besonderheiten der heimischen Stechmückenfauna nachzuweisen. Aber auch die Überwachung invasiver Stechmückenarten durch die Modellierung potentieller Verbreitungsgebiete und die Anwendung molekularbiologischer Analysemethoden zum Detektieren der Arten und möglicher Krankheitserreger wird ein wichtiger Bestandteil der weiteren Forschung sein.
Heutzutage unterliegen insbesondere aquatische Ökosysteme durch den permanenten Anstieg nicht-heimischer Arten einem folgenreichen Wandel. Dabei stellt der Biodiversitätsverlust nur den Endpunkt einer biologischen Invasion dar. Dazwischen wirken sich Faktoren wie Konkurrenz-, Prädationsdruck oder die Übertragung von Krankheitserregern wie z.B. Parasiten auf den Rückgang der Arten aus. Als integraler Bestandteil eines jeden Ökosystems spielen Parasiten bei Invasionsprozessen eine entscheidende Rolle und können durch ihren Einfluss auf heimische und nicht-heimischen Arten Invasionen begünstigen. Fische übernehmen aufgrund ihrer vielseitigen Bedeutung im Nahrungsnetz eine Schlüsselfunktion als Wirte diverser Parasitenarten und sind deshalb ausgezeichnete Untersuchungsobjekte, um durch nicht-heimische Arten verursachte Veränderungen in Nahrungsnetzstrukturen oder Parasitenfaunen aquatischer Ökosysteme aufzudecken.
Vor diesem Hintergrund wurde die vorliegende kumulative Dissertation angefertigt, welche auf drei (ISI-) Einzelpublikationen basiert. Die Arbeit beschäftigte sich unter Verwendung morphologischer und molekularbiologischer Methoden schwerpunktmäßig mit der Parasitendiversität und Nahrungsökologie zweier eingeschleppter Fischarten in stark anthropogen beeinflussten deutschen Fließgewässern. Dabei handelte es sich um die hauptsächlich durch das Ballastwasser von Schiffen verbreitete invasive Schwarzmundgrundel Neogobius melanostomus aus den Flüssen Rhein und Main sowie den von Hobby-Aquarianern in den durch Industrieabwässer thermisch belasteten Gillbach ausgesetzten Zebrabuntbarsch Amatitlania nigrofasciata. Unter Berücksichtigung nahrungsökologischer und räumlich-zeitlicher Aspekte sollten die parasitologischen Risiken und Konsequenzen, welche durch das Einschleppen nicht-heimischer Fischarten auftreten, aufgezeigt werden, um übergeordnet die Folgenabschätzung auf dem Gebiet der Invasionsbiologie zu verbessern. Das Nahrungsspektrum beider Fischarten wies sowohl räumliche (zwischen den Flüssen und Standorten), als auch zeitliche (monatlich) Variationen auf, was die Anpassungsfähigkeit bzw. die optimale Nutzung zur Verfügung stehender Ressourcen von invasiven Arten verdeutlicht. Ebenso wurden Unterschiede in der Parasitierung nachgewiesen, was die Notwendigkeit räumlicher und zeitlicher Analysen zur Erfassung der vollständigen Parasitenfauna einer invasiven Art, inklusive aller Variationen der Befallszahlen, unterstreicht. Beide Fischarten bilden zudem Zwischenwirte für heimische, als auch nicht-heimische Parasitenarten, wobei die direkte Einschleppung von nicht-heimischen Parasiten aus dem ursprünglichen Verbreitungsgebiet der Fische auszuschießen ist und somit die Enemy-Release-Hypothese (Verlust ursprünglicher Gegenspieler wie Prädatoren oder Parasiten) unterstützt. Dies könnte zusammen mit der opportunistischen Ernährungsweise ein Grund für die starke Ausbreitung sowie die anhaltend hohen Individuenzahlen dieser Arten im jeweils betrachteten Verbreitungsgebiet (Rhein, Main sowie Gillbach) sein.
Besonders hervorzuheben ist der Nachweis der nicht-heimischen Nematoden Anguillicoloides crassus und Camallanus cotti. Durch die Aufdeckung einer besonderen Form von Hyperparasitismus konnten erstmalig hohe Befallszahlen von A. crassus in N. melanostomus dokumentiert werden. Die hoch abundante Grundelart gilt somit potentiell als entscheidender Überträger des invasiven Parasiten auf den Europäischen Aal. Der durch seine hohe Virulenz in der Aquaristik bekannte C. cotti gelangte durch das Aussetzen von Zierfischen in den Gillbach und trat mit hohen Befallszahlen in A. nigrofasciata auf und wird bereits auf die heimische Fischfauna übertragen (z.B. auf den Gründling Gobio gobio und den Döbel Squalius cephalus). Ebenso ist der starke Befall der heimischen Parasiten Pomphorhynchus sp. (Acanthocephala) und Raphidascaris acus (Nematoda) bei N. melanostomus sowie A. anguillae (Acanthocephala) bei A. nigrofasciata zu nennen. Durch die zusätzliche Wirtfunktion der Neozoen und die hohen Befallsintensitäten ist mit einem verstärkten Spillback-Effekt (Rückinfizierung) auf heimische Fischarten zu rechnen.
Die stetig steigende Anzahl biologischer Invasionen führt zu immer weitreichenderen Veränderungen heimischer Ökosysteme. Für den Erhalt der Biodiversität sowie einhergehender Ökosystemfunktionen rückt auch die Forschung über Neobiota immer mehr in den Mittelpunkt. In diesem Zusammenhang gewinnen auch Pathogene wie Parasiten immer mehr an Bedeutung, welche durch gebietsfremde Arten eingeschleppt werden und die bestehende Biodiversität gefährden können. Die Ergebnisse der durchgeführten Studien haben gezeigt, dass die Verknüpfung von parasitologischen und nahrungsökologischen Untersuchungen Einblicke in die hoch dynamischen Prozesse der Invasionsbiologie geben können, was ein Vorantreiben der Forschung und Folgenabschätzungen auf diesem Gebiet ermöglicht.
Modellierung der klimatischen Habitateignung verschiedener krankheitsübertragender Vektorarten
(2018)
Der Klimawandel hat einen starken Einfluss auf die Verbreitungsgebiete von Arten. Infolgedessen kann sich das Verbreitungsgebiet von Arten verschieben, einschränken oder ausweiten. Bei thermophilen Arten wird vermutet, dass sie von den klimatischen Änderungen profitieren und sie sich wahrscheinlich ausbreiten werden. Eine solche Ausbreitung, wozu auch die Einwanderung von gebietsfremden Arten zählt, hätte nicht nur zahlreiche Konsequenzen für diese Ökosysteme, sondern könnte sich auch zu einem ernsten Gesundheitsrisiko entwickeln, wenn es sich bei den einwandernden Neobiota um Vektorarten handelt.
Stechmücken und Sandmücken, als blutsaugende Insekten, zählen zu den bekanntesten Vektorarten. Sie sind in der Lage, eine Vielzahl von Infektionskrankheiten wie das Denguefieber oder das Gelbfieber, aber auch protozoische Parasiten wie "Leishmania"-Arten zu übertragen. Als thermophile Arten sind viele dieser Vektoren aktuell in ihrer Verbreitung weitgehend auf tropische und subtropische Gebiete beschränkt. Eine Einwanderung in gemäßigtere Gebiete kann zu einer Einschleppung der durch sie übertragenden Erreger führen und damit zum Ausbruch von Infektionskrankheiten. Aufgrund der medizinischen Relevanz dieser Arten ist es essentiell, die räumliche Verbreitung, sowie die abiotischen Ansprüche der Vektorarten zu kennen, um deren mögliche Ausbreitung nachzuvollziehen.
Vor diesem Hintergrund beschäftigte sich die vorliegende kumulative Dissertation mit den klimawandelinduzierten Änderungen der Habitateignung verschiedener medizinisch relevanter Vektorarten. Dabei wurden die zwei invasiven Stechmückenarten "Aedes albopictus" (I-III) und "Aedes japonicus" (III), sowie zehn in Europa bereits vorkommende Sandmückenarten der Gattung "Phlebotomus" (IV), untersucht. Die Arbeit basiert auf vier (ISI-) Publikationen. Unter Verwendung ökologischer Nischenmodellierung wurden geeignete Gebiete unter aktuellen und zukünftigen Klimabedingungen bestimmt. Um dabei sowohl räumliche als auch zeitliche Aspekte zu berücksichtigen, wurden mehrere räumliche Skalen (Deutschland und Europa), sowie Zeitperioden (2030, 2050 und 2070) betrachtet. Des Weiteren wurden verschiedene Ansätze (einzelne Algorithmen und Ensemble-Modelle) zur Modellierung der Habitateignung verwendet.
Die Ergebnisse dieser Dissertation zeigen eine zukünftige klimawandelbedingte Ausweitung der geeigneten Gebiete für viele der betrachteten Vektorarten. So konnte gezeigt werden, dass die Habitateignung für "Aedes albopictus" in Deutschland (I) und in Europa (III) zukünftig deutlich zunimmt. Auch für die Sandmückenarten "Phlebotomus alexandri", "Phlebotomus neglectus", "Phlebotomus papatasi", "Phlebotomus perfiliewi" und "Phlebotomus tobbi" konnte eine deutliche Zunahme der klimatisch geeigneten Gebieten projiziert werden (IV).
Lediglich Arten, wie die Asiatische Buschmücke "Aedes japonicus" (III) und auch kältetolerantere Sandmücken, wie "Phlebotomus ariasi" und "Phlebotomus mascittii" (IV) scheinen weniger von diesen klimatischen Veränderungen zu profitieren und könnten in Zukunft sogar aktuell geeignete Gebiete verlieren (klimawandelinduzierte Arealverkleinerung). Bei "Aedes japonicus" konnte dies auf eine engeren Nische mit einem Optimum bei vergleichsweise niedrigen Temperaturen zurückgeführt werden (III).
Am Beispiel von "Aedes albopictus" wurden ferner Umweltfaktoren identifiziert, die die Verbreitung der Art limitieren (II). Als wärmeliebende Art spielen bei "Aedes albopictus" in Mitteleuropa insbesondere die niedrigen Temperaturen eine Rolle, während in Zukunft die Sommertrockenheit in Südeuropa zunehmend eine Rolle spielen könnte.
Nischenmodellierung stellt trotz ihrer vereinfachenden Annahmen und Unsicherheiten, eine hilfreiche Methode zur Untersuchung klimawandelinduzierter Arealverschiebungen dar. Mit Hilfe der Modellierungsergebnisse konnten Gebiete mit einem hohen Etablierungsrisiko für die Vektorarten identifiziert werden, welche daher im Fokus künftiger Überwachungsprogramme stehen sollten. In Zukunft könnten mehr Vektorarten geeignete Bedingungen in Mitteleuropa finden, wodurch die Vektordiversität zunehmen wird. Dadurch könnte auch das Risiko für einen Ausbruch der durch die Vektoren übertragenen Krankheiten steigen.
Auch wenn das Vorhandensein eines kompetenten Vektors eine unerlässliche Voraussetzung für den Ausbruch einer Infektionskrankheit darstellt, gibt es noch weitere Faktoren, wie das Vorhandensein des Erregers. In Bezug auf die Risikoabschätzung vektorassoziierter Krankheiten sollten neben der Verbreitung des Vektors und des Erregers auch die abiotischen Bedingungen für die Entwicklung des Erregers berücksichtigt werden. Neben neu eingewanderten Arten sollten zudem auch die heimischen Arten in Bezug auf ihre Vektorkompetenz untersucht werden, da diese ebenfalls als potentielle Vektoren dienen und somit das Gesundheitsrisiko weiter erhöhen könnten.
Auf den Einsatz von Tieren im Rahmen der (Umwelt-)Risikobewertung von Stoffen kann nach wie vor nicht verzichtet werden. Dabei führen die Überprüfungen einer zunehmenden Anzahl neu entwickelter Stoffe, aber auch die gestiegenen Anforderungen der Gesetzgebungen zu einem hohen Verbrauch von Versuchstieren. Diese Untersuchungen sind wichtig, da viele der in Gebrauch befindlichen und in allen Bereichen genutzten Chemikalien potentiell endokrin wirksam sind, auf unterschiedlichen Wegen in die Umwelt gelangen und sich potentiell negativ auf die Gesundheit von Mensch und Tier auswirken können.
Bei den bisher verwendeten Methoden werden vor allem juvenile oder adulte Tiere, aber auch Tiere zur Untersuchung des kompletten Lebenszyklus über eine oder mehrere Generationen für die Beurteilung von Substanzen eingesetzt. Dabei ist bekannt, dass die Entstehung reproduktiver Störungen in der Embryonalphase der jeweiligen Individuen auftritt. Um den Tierverbrauch zu reduzieren, werden teilweise In-vitro-Testsysteme angewendet. Es zeigt sich aber, dass diese Tests lediglich einen bestimmten Zelltyp in einem bestimmten Entwicklungsstadium abbilden können, was die Aussagekraft über die tatsächliche Wirkung auf ein komplexes Gewebe und dessen Entwicklung, erst Recht für den kompletten Organismus, stark einschränkt. Die Aussagekraft dieser Methoden ist daher in bestimmten eingeschränkten Grenzen zu sehen. In der vorliegenden Arbeit wird eine alternative Ersatzmethode vorgestellt mit dem Ziel einer stärkeren Aussagekraft bei toxikologisch und ökotoxikologisch relevanten Endpunkten. Im Fokus stehen hierbei die Effekte von androgenen und estrogenen Substanzen auf die Geschlechtsentwicklung von Hühnerembryonen (Gallus gallus domesticus) auf Ebene der Expression der mRNA, vereint mit Effekten auf Ebene der Organhistologie und – morphologie, verglichen mit den Normalzuständen unbehandelter Individuen. Die neu entwickelte Methode zur Beurteilung solcher Substanzen kann im Rahmen der human- und umwelttoxikologischen Risikobewertung von Stoffen eingesetzt werden und ist ein geeignetes Werkzeug, um die notwendigen Untersuchungen mit der gefordert hohen Beurteilungsqualität durchzuführen. Gleichzeitig kann mit dieser Tierversuchsersatzmethode bei hoher Aussagekraft auch der Verbrauch an weiter und höher entwickelten Versuchstieren verringert werden, was auch einem gesellschaftlich-ethischen Bedürfnis gerecht wird.
Die vorliegende kumulative, publikationsbasierte Disserationsschrift zum Thema „Diversität und Zoogeographie metazoischer Fischparasiten aus dem Südpolarmeer“ gibt einen zusammenfassenden Überblick über die von mir verfasseten ausgewählten drei (ISI-)Publiaktionen. Diese sind im Anhang (Kapitel 6) in chronologischer Reihenfolge aufgeführt. Die Verweise zu den Publikationen sind im Text mit den römischen Ziffern I-III (s.u.) gekennzeichnet. Die für die Promotion relevanten Publikationen wurden wie folgt publiziert:
I Münster J, Kochmann J, Klimpel S, Klapper R, Kuhn T (2016) Parasite fauna of Antarctic Macrourus whitsoni (Gadiformes: Macrouridae) in comparison with closely related macrourids. Parasites & Vectors 9:403
II Münster J, Kochmann J, Grigat J, Klimpel S, Kuhn T (2017) Parasite fauna of the Antarctic dragonfish Parachaenichthys charcoti (Perciformes: Bathydraconidae) and closely related Bathydraconidae from the Antarctic Peninsula, Southern Ocean. Parasites & Vectors 10:235
III Kuhn T, Zizka VMA, Münster J, Klapper R, Mattiucci S, Kochmann J, Klimpel S (2018) Lighten up the dark: metazoan parasites as indicators for the ecology of Antarctic crocodile icefish (Channichthyidae) from the north-west Antarctic Peninsula. PeerJ 6, e4638
Diese drei Publikationen sind im Ergebnisteil (Kapitel 2) separat zusammengefasst und folgend im gemeinsamen Kontext diskutiert (Kapitel 3).
Viele Gruppen der Lebewesen, insbesondere Insekten breiten sich durch steigende Temperaturen zunehmend in Gebieten aus, in denen sie ursprünglich nicht vorkommen(Novikov und Vaulin 2014; Bebber 2015). Hierbei ist die steigende Temperatur in
verschiedenen Gebieten der Hauptfaktor für Expansionen dieser Arten in Richtung des nördlichen Polarkreises. Einige dieser Arten sind sehr tolerant für verschiedene Variablen und können damit ihr Verbreitungsgebiet deutlich nach Norden hin ausdehnen. Aufgrund steigender Temperaturen werden jedoch andere Arten in ihrem Verbreitungsgebiet eingeschränkt oder ihre Verbreitung verschiebt sich in nördliche Richtung (Ogden und Lindsay 2016; Lawler et al. 2009). Auch für die Verbreitung von Krankheiten spielen Temperaturen, Ausbreitungen oder Verbreitungsverschiebungen eine wichtige Rolle (Mordecai et al. 2019).
So können, durch die Etablierung der passenden Vektoren, bisher nur in wärmeren Gebieten auftretende Krankheiten zukünftig auch in unseren Breitengraden eingeschleppt und
verbreitet werden. Bremsen, invasive Stechmücken aber auch einheimische Mücken tragen alle ein Potential,verschiedenste Krankheitserreger zu verbreiten, auch wenn die Eignung als
Vektor für jede Art unterschiedlich groß ausfällt und manche Arten daher kaum beobachtet und untersucht werden. Mit dem Augenmerk auf sich ändernde Verbreitungsgebiete hinsichtlich zukünftigen klimatischen Veränderungen und sich wandelnden anthropogenen Einflüssen sollten jedoch auch Arten mit bisher geringem Vektorpotential mit in Beobachtungsprogramme aufgenommen werden.
Wir untersuchten in Projekt I auf kontinentaler Skala die Verbreitung von sechs verschiedenen Bremsenarten und konnten sowohl Rückschlüsse auf eine mangelhafte Beobachtung der
Arten ziehen als auch Artpräferenzen hinsichtlich der Landschaftsnutzung, Auswirkungen des Klimas auf die Verbreitung der Art und bisher unbekannte Toleranzen hinsichtlich tiefen Temperaturen und äußerst verkürzten Wärmeperioden aufdecken. Eine Größenordnung niedriger wurde in Projekt II, basierend auf aktuellen und Vergangenen Klimadaten, die zukünftige und aktuelle Verbreitung einer invasiven, sich zukünftig ausbreitenden Stechmückenart innerhalb Deutschlands modelliert. Durch bisherig im Untersuchungsgebiet nur begrenztes Auftreten konnten noch keine Rückschlüsse auf die unterschiedlichen Präferenzen für das Habitat gezogen werden, es können jedoch für zukünftige Berechnungen Habitatpräferenzen aus anderen Gebieten hinzugezogen werden um die Art und ihre fortschreitende Ausbreitung genauer zu beobachten. Auf der kleinsten untersuchten Ebene konnten in Projekt III innerhalb eines Mikrohabitates verschiedenste Rückschlüsse auf limitierende oder förderliche abiotische Faktoren, die teilweise bisherig nicht oder nur geringfügig beobachtet wurden, gezogen werden. Ebenfalls konnten Auswirkungen der umgebenden Landschaft auf die Abundanzen der Tiere beobachtet werden. Mithilfe von verschiedenen Modellen und in Abhängigkeit von Klimakarten, Landbedeckungsdaten und Landnutzung sowie Eigenschaften und Toleranzen der untersuchten Arten lassen sich in verschiedenen Größenordnungen geeignete Habitate von einheimischen sowie invasiven Arten identifizieren und zukünftige Verbreitungen effizient vorhersagen.
Insgesamt können, basierend auf all diesen Daten, dadurch für alle untersuchten Faktoren Modelle auf andere Gebiete übertragen werden um somit potentielle Verbreitungen dort
vorherzusagen. Auf unseren Daten basierend können so zum Beispiel Modellierungen für die potentielle Ausbreitung der untersuchten Tabaniden innerhalb anderer Kontinente berechnet werden und Monitoringprogramme können die Ergebnisse unserer Studie als Startpunkt aufgreifen, um durch Beprobung an modellierten Standorten die Korrektheit unserer Modelle zu überprüfen und sowohl Landschaftstypen als auch Artzusammensetzung aufzunehmen um das Modell zu bestätigen oder zu verbessern. Die Modellierung der invasiven Art Aedes albopictus bietet die Möglichkeit, diese Art in Zukunft innerhalb der möglichen Ausbreitungskorridore genauer zu beobachten um ihre fortschreitende Verbreitung zu
verifizieren oder eventuelle Änderungen des klimatischen Verlaufes mit einzubinden und das Modell anzupassen. Die Untersuchung des Mikrohabitats von Culex pipiens pipiens und Culex torrentium bietet, auch hinsichtlich anderer Arten in diesem Habitat, eine potente Methode, Vorhersagen für Artvorkommen innerhalb anderer Unterirdischen Objekte zu berechnen. Hier können, bei ausreichend großer Datenlage, eine Vielzahl von Faktoren in die Auswertung mit einfließen.
Die durchgeführten Studien bestätigen die Notwendigkeit für verbesserte Monitoringkonzepte für alle vektorkompetenten Tiergruppen hinsichtlich der sich ändernden klimatischen Bedingungen, des globalen Handels und die sich wandelnde Nutzung der Landschaften durch den Menschen und darin begründete Veränderungen der Artenzusammensetzung eines Habitates, zeigen Möglichkeiten, diese Konzepte mit bisher
ungenutzten Daten aufzubauen und zu verbessern und können gleichzeitig zu deren Verbesserung herangezogen werden.
Weltweit werden etwa 17% aller Infektionskrankheiten von Vektoren auf den Menschen übertragen. Dabei dienen meist blutsaugende Arthropoden wie Stechmücken, Zecken oder Sandfliegen als Überträger von Bakterien, Viren oder einzelligen Parasiten. Zur letzteren Gruppe gehört auch der protozoische Erreger der Chagas-Krankheit Trypanosoma cruzi. Er wird von hämatophagen Triatominae, einer Unterfamilie der Raubwanzen (Hemiptera: Reduviidae) während der Blutmahlzeit an einem infizierten Säugerwirt aufgenommen, durchläuft komplexe Entwicklungsschritte im intestinalen Trakt der triatominen Insekten und wird anschließend über den Fäzes und Urin der Wanzen abgegeben. Die Infektion des nächsten Wirts erfolgt dann durch das versehentliche Einreiben der Erreger in die Stichwunde oder auf Schleimhäute. Auch eine Infektion über die orale Aufnahme von kontaminierter Nahrung, Mutter-Kind-Infektionen und die Übertragung durch Blutkonserven und Organtransplantate sind möglich. Die Chagas‑Krankheit, oder auch Amerikanische Trypanosomiasis, ist insbesondere in Mittel- und Südamerika verbreitet und betrifft nach Schätzungen der WHO 6 bis 7 Millionen Menschen. Infolge von globaler Immigration und erhöhtem Reiseverkehr treten jedoch in den letzten Jahrzehnten auch vermehrt Fälle in Europa, den USA, Kanada und den westlichen Pazifikstaaten auf. Da dort bislang geeignete Vektoren fehlen, kommt es außerhalb des lateinamerikanischen Kontinents nicht zu vektorübertragenen Infektionen. Dies könnte sich jedoch im Zuge des Klimawandels und einer voranschreitenden Globalisierung ändern, sollte der Ausbreitung der Chagas-Krankheit eine Ausbreitung ihrer triatominen Vektoren folgen.
Inwieweit Triatominae unter heutigen Bedingungen klimatisch geeignete Habitate außerhalb des amerikanischen Kontinents finden, wurde innerhalb des ersten Projekts der vorliegenden Dissertation untersucht. Dazu wurde mit Hilfe der ökologischen Nischenmodellierung und Vorkommensdaten verschiedener vektorkompetenter Raubwanzenarten sowie klimatischer Umweltvariablen die klimatische Eignung verschiedenster Lebensräume modelliert und global projiziert. Es zeigte sich, dass insbesondere tropische und subtropische Gebiete Afrikas sowie Ost- und Südostasiens zwischen 21° nördlicher Breite und 24° südlicher Breite für viele triatomine Vektorarten geeignete Bedingungen aufweisen. Auffällig ist dabei insbesondere die Art Triatoma rubrofasciata, welche nachweislich bereits in Südchina, Vietnam und weiteren Ländern Afrikas und Asiens gefunden wurde. Die Modellierung
offenbarte, dass weitere ausgedehnte Teile der Küstenregionen Afrikas und Südostasiens als für T. rubrofasciata klimatisch geeignet angesehen werden müssen. Eine weitere Ausbreitung dieser Art ist demnach äußerst wahrscheinlich und stellt bislang das größte Risiko autochthon übertragener Chagas-Infektionen außerhalb des amerikanischen Kontinents dar. Es konnten außerdem zwei triatomine Arten identifiziert werden, namentlich T. infestans und T. sordida, welche in gemäßigten Klimazonen geeignete Habitate finden. Zu diesen gehören beispielsweise Neuseeland und Teile Australiens, aber auch südeuropäische Länder wie Spanien, Italien, Griechenland und Portugal. Da mit einer Ausweitung der klimatisch geeigneten Gebiete infolge des sich verändernden Klimas zu rechnen ist, wäre ein Monitoring der Vektoren, wie es bereits in Südchina etabliert ist, aber insbesondere die Einführung der Meldepflicht für Amerikanische Trypanosomiasis in diesen Regionen sinnvoll. Die Ergebnisse der Studie zeigen deutlich, dass die bisher vernachlässigte Tropenkrankheit Chagas nicht allein ein Problem des lateinamerikanischen Kontinents ist, sondern deren Erforschung vielmehr weltweit Beachtung finden sollte.
So konzentrierten sich die folgenden Forschungsprojekte der Promotion verstärkt auf die Mechanismen, welche die Entwicklung und Transmission des Parasiten und die Interaktion mit seinen Vektoren betreffen. Von besonderem Interesse waren dabei die ökologischen Prozesse, welche bei der Kolonisation des Darmtrakts der Vektoren durch T. cruzi ablaufen und essentiell für die Proliferation und damit die Übertragung des Parasiten sind. Eine entscheidende Rolle spielen dabei die mit dem Vektor assoziierten Mikroorganismen und ihre funktionellen Fähigkeiten – zusammengefasst als Mikrobiom bezeichnet. Dieses erfüllt wichtige physiologische Funktionen des Insekts und kann beispielsweise das Immunsystem und die Detoxifikation beeinflussen. Um die Veränderungen der organismischen Zusammensetzung und der funktionellen Kapazitäten, welche die Infektion mit dem Pathogen im Darmtrakt der Vektoren auslösen, zu untersuchen, wurde ein metagenomischer Shotgun Sequenzierungsansatz gewählt. Die daraus resultierenden Datensätze wurden anschließend bioinformatisch ausgewertet und auf ihre mikrobielle Zusammensetzung und metabolischen Fähigkeiten hin untersucht. Es zeigte sich zunächst, dass das Bakterium Rhodococcus rhodnii, welches lange als alleiniger echter Symbiont des untersuchten Vektors Rhodnius prolixus galt, in seiner Funktionalität nicht einzigartig im Mikrobiom des Insekts ist. ...
Im Rahmen dieser Dissertation wurden unterschiedliche Aspekte der Verbreitung der Vertreter des Pseudoterranova decipiens Komplexes betrachtet und Fragestellungen zur Ökologie und Humanpathogenität der Parasiten bearbeitet. Sie basiert auf drei (ISI-) Fachartikeln, in denen die Nutzung von Fischparasitengemeinschaften als ökologische Indikatoren für entlegene Ökosysteme des Südpolarmeeres (I), die Modellierung geeigneter Verbreitungsgebiete für Arten mit geringen Vorkommensdaten am Beispiel des P. decipiens Komplexes (II) und das Vorkommen potentiell humanpathogener P. bulbosa in unterschiedlichen Mikrohabitaten in Atlantischem Kabeljau (III) thematisiert wurde.
Die Parasitengemeinschaften der in Studie I untersuchten, nahverwandten Antarktisdorsche (Nototheniinae) Nototheniops larseni (n=40), N. nudifrons (n=40) und Lepidonotothen squamifrons (n=49) unterschieden sich hauptsächlich hinsichtlich seltener Parasitenarten. Pseudoterranova decipiens E zählte zu den häufigsten Parasiten der drei betrachteten Wirtsarten. Die Analyse der Wirtsspektren der auf Artebene bestimmten Parasiten zeigte eine geringe Spezifität antarktischer Fischparasiten im Larven- (z.B. Pseudoterranova decipiens E) und Adultstadium (z.B. Elytrophalloides oatesi). Für eine Nutzung als Bioindikatoren ergibt sich die Empfehlung, nicht auf einzelne Parasitenarten, sondern die Zusammensetzung von Parasitenfaunen zurückzugreifen und Parameter wie Abundanz oder Intensität zu berücksichtigen. Vergleiche mit Literaturdaten legten nahe, dass ein Studiendesign, das den periodischen Vergleich der Parasitierungsmuster von Nototheniinae ermöglichen soll, Standorteffekte berücksichtigen sollte. Da es sich bei der Probennahme demersaler Fische um ein aufwändiges und einschneidendes Verfahren handelt, sollten alternative Samplingmethoden vorangetrieben und eine Datenbasis dafür geschaffen werden.
Um die Belastung von Speisefischen mit potentiell humanpathogenen Parasiten in bestimmten Fanggebieten abzuschätzen, kann anhand von Vorkommens- und Umweltdaten mittels statistischer Modelle die Habitateignung für den Parasiten bestimmt werden. Eine Voraussetzung für eine verlässliche Modellierung bilden die Wahl eines geeigneten Algorithmus und die Qualität der Eingangsdaten. Für die Modellierung geeigneter Verbreitungsgebiete für die sechs Arten des P. decipiens Komplexes wurde im Rahmen von Studie II erstmalig ein biotischer Deskriptor herangezogen. Dem Ansatz lag die Annahme zugrunde, dass das Vorkommen geeigneter Endwirte der entscheidende, limitierende Faktor für die Verbreitung eines Parasiten ist, da nur so der Lebenszyklus geschlossen werden kann. Als Hypothesentest dienten Vergleiche der ökologischen Nischen von Parasiten und ihren spezifischen Endwirten im Nischenraum. Anhand der Endwirtdistanz wurde eine Verbesserung der Modellierungsergebnisse mit MaxEnt, gegenüber der ausschließlich auf abiotischen Prädiktoren basierenden Modellierung, für alle Pseudoterranova Arten, insbesondere jene mit einer geringen Anzahl Fundpunkte, erzielt. Grundsätzlich ist der Ansatz auf marine Parasitenarten, deren spezifische Endwirte verlässliche Vorkommensdaten aufweisen, übertragbar. Die Methode stellt jedoch keinen Ersatz für die Erhebung von Vorkommensdaten dar, weshalb die genetische Bestimmung schwer zu identifizierender Taxa sowie die Angabe von Metadaten in jeder parasitologischen Studie obligatorisch sein sollten.
Die Verteilung potentiell humanpathogener Parasitenstadien in für den menschlichen Verzehr vorgesehenen Fischen kann ein entscheidender Faktor für die Übertragung sein. Im Rahmen von Studie III wurde mit dem Referenztranskriptom von P. bulbosa das erste Transkriptom für eine Art den P. decipiens Komplexes erstellt. Anhand einer differentiellen Genexpressionsanalyse wurde untersucht, was die Verteilung der Parasiten auf unterschiedliche Mikrohabitate beeinflusst haben könnte. Dabei wurden siebzig differentiell exprimierte Gene identifiziert, die in aus Leber (32 Gene) und Viscera (38 Gene) von Atlantischem Kabeljau (Gadus morhua) isolierten Proben von P. bulbosa hochreguliert waren. Eine Erklärung für diesen subtilen Unterschied könnte ein Dauerstadium der P. bulbosa Larven zum Zeitpunkt der Probennahmen sein. Ob sich bestimmte Mikrohabitate innerhalb des Wirtes begünstigend auf den Parasiten auswirken, muss mit Hilfe experimenteller Studien gezeigt werden. Erste in Studie III erhobene Daten zum allergenen Potential von P. bulbosa sollten in serologischen Studien getestet werden. Als Grundlage für die Bewertung des pathogenen Potentials von P. bulbosa, sowie der weiteren Arten des P. decipiens Komplexes, sollten in experimentellen Studien NGS-Daten erhoben werden.
Im Rahmen dieser Dissertation wurde in drei methodisch unterschiedlichen Studien ein Bedarf besserer Referenzdaten aufgezeigt. Bestreben diese Datenlücken zu schließen, um das Potential der Methoden besser ausschöpfen zu können, müssen zukünftig noch weiter verstärkt werden.