Universitätspublikationen
Refine
Year of publication
- 2009 (49) (remove)
Document Type
- Review (49) (remove)
Has Fulltext
- yes (49)
Is part of the Bibliography
- no (49)
Keywords
- Europa (5)
- Frankreich (3)
- Mediävistik (2)
- Mittelalter (2)
- 1080-1137 (1)
- 1100-1530 (1)
- 1200-1648 (1)
- 1480-1500 (1)
- 1870-2000 (1)
- 400-1200 (1)
Institute
Gregor von Tours erzählt im siebten und im neunten Buch seiner Historiarum Libri Decem die bekannte Geschichte der gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Sichar und Chramnesind. In seiner Dissertation verfolgt Carsten Bernoth zwei Ziele. Zum einen will er die Wirkungsgeschichte dieses Textes seit dem 19. Jahrhundert in Deutschland und in Frankreich darstellen. Einbezogen wird zu Recht auch das Werk des Belgiers Jean Joseph Thonissen (1817–1891). Insoweit bietet das Buch Wissenschaftsgeschichte, ohne hinsichtlich des Sichar-Textes den Anspruch auf ein Neuverständnis zu erheben. Dies bringt auch der Untertitel zum Ausdruck. Zum anderen will Bernoth "durch eine Neubewertung des Textes neue Erkenntnisse über die Fehde in frühmittelalterlicher Zeit aber auch über das Verständnis der Fehde im Allgemeinen" erlangen (23 f.). Das steht nicht im Untertitel und stellt sich nach der Art der Durchführung auf nur 27 Seiten eher als Exkurs dar. ...
Dieser Sammelband ist ein weiteres Beispiel für die anhaltende Verdrängung rechtlicher Perspektiven im kriminalitätshistorischen Forschungsfeld. Geschichtstheoretische Konjunktur haben nun die Begriffe "Diskurs", "Debatte" und "Verwissenschaftlichung". Fragen von Tatbestandsmäßigkeit, Rechtswidrigkeit, ja überhaupt juristische Norm-Begriffe spielen im Gegensatz zu sozialen Normen und Normalitäten keine Rolle mehr. Den beiden Herausgeberinnen ist jener Trend, dessen Teil sie sind, durchaus bewusst. Die "Abgrenzung von der älteren, überwiegend positivistischen Strafrechtsgeschichte" wird von ihnen kompetent, sachlich und ohne Polemik eingangs notiert (9), da es keine Schlacht zu schlagen gab und gibt. Aber auch Kooperationsmöglichkeiten scheinen aktuell zu dünn gesät, um sie wahrzunehmen. Die Juristen haben das Feld anderen Disziplinen überlassen und sind in der Forschung schwächer denn je vertreten; in diesem Band repräsentiert sie nur Lars Hendrik Riemer, der infolge seines Doppelabschlusses freilich auch von den Historikern für sich reklamiert werden könnte. ...
Das rundum gelungene Buch der Münsteraner Historikerin Barbara Stollberg-Rilinger überzeugt auch deswegen, weil es ein sympathisch zu nennendes Verhältnis von Anspruch und Wirklichkeit aufweist. In der Einleitung, wo gerne programmatische Versprechungen erfolgen, die Autoren später im Buch nur bedingt wissenschaftlich einlösen, entfaltet Stollberg-Rilinger ihre Forschungsidee. Es heißt dort bescheiden, das Buch wolle eine "neue Perspektive" für eine "alternative Verfassungsgeschichte" öffnen, aber solle diese noch nicht selbst sein (18). Zumeist stimmen solche Sätze nicht, weil der Anspruch in der folgenden praktischen Umsetzung unterschritten wird; hier hat man eher den umgekehrten Verdacht. Denn Stollberg-Rilinger realisiert ihre theoretischen Leitlinien so umsichtig, konsequent und auch umfassend, dass bezüglich der Vormoderne damit mehr als nur Bausteine einer alternativen Verfassungsgeschichte vorliegen. ...
Der Kulturwissenschaftler Andreas RECKWITZ beschäftigt sich in seinem Buch mit dem Titel "Subjekt" dergestalt mit einer Reihe von strukturalistischen bzw. poststrukturalistischen Autor/innen, dass er ihre Werke als Beiträge zu einer Analyse des Subjekts in der Moderne interpretiert. In dem vorliegenden Aufsatz werden nun nicht nur diese Interpretationen in groben Zügen wiedergegeben, sondern es wird auch der Versuch unternommen, ihre die Empirie aufschließende "Kraft" zu "prüfen". In dem Bezug auf einen Ausschnitt aus dem Alltag der Schule, einer Unterrichtsstunde im Fach Deutsch, zeigt sich, wie diese unterschiedlichen "subjekttheoretischen Analysestrategien" zu jeweils anderen, interessanten und aufschlussreichen Interpretationen führen können. Darüber hinaus wird aber auch deutlich, dass auf die Vorstellung von Subjektivität – und damit auch von Bildung und Mündigkeit – nicht verzichtet werden kann. Ohne diese Vorstellung wäre die pädagogische Praxis zynisch – und ihr Verständnis unmöglich.
"Mit dem Erscheinen des vorliegenden Registerbandes ist das 'Historische Wörterbuch der Philosophie' abgeschlossen", so Gottfried Gabriel in der Vorbemerkung. Freilich ist ein wirklich "abgeschlossenes" Lexikon nur schwer vorstellbar. Es ist eine in Stichworte gedrängte Verkürzung eines bestimmten Segments der Welt. Die Auswahl der Stichworte zeigt implizit, was eine Redaktion, aber auch eine ganze Autorengeneration "in ihrer Zeit" für wichtig hielt. Zwischen den Stichworten gibt es Leerräume, die in immer feinerer Differenzierung gefüllt werden könnten. Neue Begriffe tauchen ständig auf. Der philosophische Diskurs fließt. Nachtragsbände müssten sich anschließen, das Ganze würde im Internet als "lebendiges Lexikon" mit fortwährenden Ergänzungen sozusagen als "philosophia perennis" im Sinne von Joachim Ritter fortbestehen. Käme es zu einer zweiten Auflage, dann würde man die Feldarbeit von tausendfünfhundert Autoren nochmals aufnehmen und mit Sicherheit ergäben sich viele Verschiebungen und Ergänzungen. Mit anderen Worten: Kaum hat der Stein den Gipfel erreicht, stürzt er wieder abwärts. Lust und Verzweiflung der Lexikographen. ...
Zu berichten ist über ein bedeutendes, in langjährigen Studien des Heidelberger Kirchenhistorikers entstandenes Buch. Seine Entstehungsorte waren unter anderen die Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel sowie die Johannes a Lasco Bibliothek in Emden. Über den Namensgeber der letzteren, Johannes a Lasco (1499–1650), einen "polnischen Baron, Humanisten und Reformator", hat Christoph Strohm einen eigenen Tagungsband herausgebracht (Tübingen 2000). Bedeutend ist "Calvinismus und Recht" aus mehreren Gründen. Es geht dem Zusammenhang von Bekenntnis und Jurisprudenz im 16. und 17. Jahrhundert nach und fragt speziell nach den Verbindungsfäden zwischen französischem und deutschem Humanismus mit dem Calvinismus sowie nach den Entstehungsgründen des Faches Öffentliches Recht ab etwa 1600. Hatte die Ablösung vom mos italicus, die Hinwendung zur modernen Systembildung und zum Naturrecht, die Betonung historischer Textstufen im römischen Recht und die Publikation mittelalterlicher papstkritischer Traktate etwas mit dem reformierten, lutherischen oder katholischen Bekenntnis zu tun? Wie gingen die Juristen mit den theologischen Hauptstücken des Bekenntnisses um, mit Taufe, Ehe und Abendmahl, wie standen sie zum Widerstandsrecht und zu den Befugnissen der Obrigkeit, die rechte Lehre zu garantieren? Ganz entscheidend kam es darauf an, ob Zwang in Glaubensdingen erlaubt sei. ...
Friedrich Gaus (1881–1955) war Leiter der Rechtsabteilung des deutschen Auswärtigen Amtes von 1922 bis 1943, ein juristischer Fachmann des Völkerrechts par excellence. Als promovierter Assessor war er 1907 in das Amt eingetreten, wo er vom Legationsrat zum Ministerialdirektor aufstieg. Bei allen wichtigen Verträgen Deutschlands war er dabei, von Brest-Litowsk bis Versailles, vom Schieds- und Vergleichsvertrag mit der Schweiz zum Vertrag von Rapallo, vor allem aber bei dem Vertrag von Locarno und bei Deutschlands Eintritt in den Völkerbund. Gaus galt als das juristische Gehirn der auswärtigen Politik. Er begleitete Stresemann bis zu dessen Tod 1929 und war bei seiner Diplomatie stets "der im Mittelpunkt stehende juristische Experte". ...
Und noch ein Buch zu Carl Schmitt! Diesmal ein Reisebericht eines Schriftstellers, der als junger Mann einmal Kontakt zu Schmitt gesucht hatte, nun aber dreißig Jahre später mit der Regionalbahn von Hagen ins Sauerland fährt, um dort den 1985 verstorbenen Wortund Ideenzauberer, das Chamäleon, das "Ungeheuer", den intellektuellen Spieler noch einmal zu imaginieren. Linder fährt also über Finnentrop in das schon sagenhaft gewordene Plettenberg, liest sich gründlich in Schmitts Œuvre ein, spricht mit allen Personen, die den kleinen Professor noch gekannt haben, vor allem seinem treuen Eckermann Ernst Hüsmert, fotografiert das Sauerland bei dem Dorf Pasel, sammelt Fotos und Faksimiles und umkreist Schmitt auf eine originelle Weise, die weit entfernt ist vom Üblichen. Linder schreibt weder ein rechtswissenschaftliches Buch noch eine chronologisch geordnete historische Biographie, sondern einen poetischen Streifzug mit einer gehörigen Portion Sympathie, aber keineswegs unkritisch. Quellenzitate aus Briefen, Tagebüchern und dem Œuvre Schmitts werden mit erfundenen, aber passenden Zitaten überblendet. ...