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Zur Vorbereitung des hundertjährigen Firmenjubiläums gegründet, hat das Historische Archiv Krupp 2005 nun selbst schon eine hundertjährige Geschichte hinter sich. Und so hat es auch eine Festschrift erhalten. Es ist keine gravitätische Erbauungsschrift geworden, sondern ein handlicher Band, reich bebildert, der anschaulich und gut lesbar vielerlei Aspekte dieser hundertjährigen Archivgeschichte mit Themen der Firmengeschichte von Krupp und der allgemeinen Geschichte verknüpft. Zugleich, eingeflochten in die Darstellung, gibt Ralf Stremmel, der das Krupp-Archiv seit 2003 leitet, einen Einblick in die Arbeit dieses Wirtschaftsarchivs. Wie kommen Akten ins Archiv? Was machen Archivare und Benutzer mit den Akten? Was leistet das Archiv rur das Unternehmen? ...
Rezension zu: Little, Charles T.; Sauerländer, Willibald (Hrsg.): Set in stone. The face in medieval sculpture ; [in conjuction with the Exhibition "Set in Stone: The Face in Medieval Sculpture", held at the Metropolitan Museum of Art, New York, from September 26, 2006 - February 18, 2007], New Haven, Conn. [u.a.]: Yale University Press 2006 ISBN-10: 1-58839-192-2, XVI, 222 S., 50 USD
Dass in Bremen an einer Uferböschung des Flüßchens Ochtum ein alter – mit Stacheldraht bespannter – Schleppkahn als Konzentrationslager gedient hat, erfährt, wer den "Benz-Distel" aufschlägt. Drei Bände des großen Werkes über die Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager liegen nun vor. Auf ursprünglich sieben, mittlerweile neun Bücher, die in halbjährlichem Abstand bis zum Frühjahr 2009 im Verlag C.H. Beck erscheinen werden, ist die Gesamtgeschichte der Lager angelegt, die Wolfgang Benz und Barbara Distel initiiert haben. Das mit dem Geschwister-Scholl-Preis ausgezeichnete Herausgeberteam der "Dachauer Hefte" treibt bereits seit Jahrzehnten die Forschung zu den nationalsozialistischen Konzentrationslagern voran. Im Zentrum des schon wegen seines schieren Umfangs eindrucksvollen Projekts steht die Topografie der Lager, genauer: der Umstand, dass die Nationalsozialisten Deutschland und das gesamte besetzte Europa flächendeckend mit einem Netz von Haftstätten überzogen haben. "Der Ort des Terrors" heißt denn auch die mit Mitteln der Kulturstiftung des Bundes und des Auswärtigen Amtes geförderte Gesamtdarstellung der Lager. ...
Die Geschichte des Alters ist jung, jünger als die Geschichte der Jugend. Die historische Betrachtung einer Lebensphase hat Konjunkturen, die den gesellschaftlichen und demographischen Entwicklungen folgen. Stand die Geschichte der Jugend lange unter dem Vorzeichen einer als hochpolitisch begriffenen Generation vor und nach 1968, so wurden die gleichen geburtenstarken Jahrgänge in letzter Zeit eher als die erste konsumfreundlich alternde Kohorte ("best agers") von Werbefachleuten in den Blick genommen. Vor allem die demographische Entwicklung westeuropäischer Gesellschaften steht nun Pate für die Konjunktur der sozialgeschichtlichen Forschung zum Alter. Zwei methodische Ansätze können unterschieden werden. Ein Breitbandansatz sammelt Bilder, Märchen und Fabeln, betrachtet Theaterstücke und Bauernschwänke, vertieft sich in wichtige geistesgeschichtliche Dokumente und betrachtet die ökonomische Situation älterer Menschen. So entstehen oft reich bebilderte Werke wie etwa die Geschichte des Alters von Peter Borscheid oder die Kulturgeschichte des Alters von Pat Thane. Nach der Lektüre hat man einen guten Eindruck von der Aufladung der Altersbilder durch biblische Mahnungen, den immer wiederkehrenden Stereotypen von Weisheit und Verfall und den Auseinandersetzungen zwischen den Generationen. ...
Ein Unsichtbarer posiert für das Erinnerungsfoto eines Ereignisses, das nicht stattgefunden hat: In der Ritterrüstung steckt Gustav Krupp von Bohlen und Halbach, Ehemann der Krupp -Erbin Bertha und Aufsichtsratsvorsitzender des größten deutschen Industrieunternehmens im Kaiserreich, des Stahlkonzerns und Waffenproduzenten Krupp. Er war einer der Teilnehmer an einem Historienspiel, das den Fortschritt, natürlich besonders denjenigen der Waffentechnik, dazu den Kaiser und Deutschland glorifizieren sollte. Die Handlung des Stückes war trivial, doch die Ausstattung mit Kostümen und Requisiten opulent. Die 314 Mitwirkenden waren leitende Angestellte des Unternehmens, ihre Frauen und Kinder. Sie hatte monatelang für das Spektakel geprobt, das im Rahmen der Feierlichkeiten zum 100-jährigen Jubiläum der Firmengründung der Fried. Krupp AG und des Geburtsjahres von Alfred Krupp im Sommer 1912 aufgeführt werden sollte. Zum Abschluss des Besuches von Kaiser Wilhelm II., der am 8. und 9. August Essen und das KruppWerk besuchte, sollte die einzige geplante Aufführung nur für das Staatsoberhaupt und sein Gefolge stattfinden. Doch sie fiel aus, denn am Vormittag des 8. August hatte sich im benachbarten Bochum eines der schwersten Grubenunglücke des Ruhrgebietes ereignet, dem 112 Bergleute zum Opfer gefallen waren. ...
Ein juristisches Zeitalter wird besichtigt. Ein Franzose beschreibt und analysiert die Geschichte des bedeutsamen deutschen juristischen 19. Jahrhunderts, das im Allgemeinen vorrangig als ein Jahrhundert der Rechtswissenschaft wahrgenommen wird. Jouanjans Beschreibung ist umfassender angelegt, geschieht mit großer Sorgfalt, kenntnisreich und mit kritischer Sympathie, "comme on lit des romans policiers". Das ist aus der Sicht deutscher puristischer Wissenschaftsbetrachtung ein ungewöhnliches Vorgehen und macht auf eine Untersuchung der Geschichte der deutschen juristischen Denk- und Gedankenwelt des vorletzten Jahrhunderts neugierig. In Analogie zum "roman policier" betrachtet Jouanjan die Geschichte des Denkens im Verhältnis von Opfern und Tätern, in Lebensläufen und Schicksalen, Fallen und Befreiungen, guten und schlechten Detektiven, im Streit der Theorien, Rechtfertigungen und Metatheorien, im Waffenarsenal der Ideen und Begrifflichkeiten. Mit diesem detektivischen Interesse beobachtet er die juristische Gedanken- und Vorstellungswelt, d. h. Normpyramiden, Person, Gesetz, Rechtsorganismus, – in fast poetischer Metapher gesagt – den "ciel étoilé des concepts" im Spiegel von Geschichte und Philosophie, kurz: "l’institution imaginaire du droit" mitsamt der Mythologisierung des "juristischen Logos". So ist dieses Buch auch gegen den Hochmut der Positivisten und einer reinen Praxis gerichtet, die sich glaubt selbst genügen zu können. Diesen "Geschichten" im deutschen juristischen Denken des 19. Jh. gilt das Interesse des Verfassers. Folgerichtig werden Privatrecht und öffentliches Recht gleichermaßen behandelt, indem die Wegstrecke von der Historischen Rechtsschule Savignys bis zu Georg Jellinek – beide könnten auch den Untertitel abgeben – abgeschritten wird. Jouanjans besonderes Interesse gehört – noch vor Savigny – jedoch Georg Jellinek. Über ihn hat er erst kürzlich eine umfassende Studie veröffentlicht. ...
Das Knäuel; auch: "der Knäuel". Ein schönes, sehr altes, deutsches Wort. Bezeichnet einen wenig konturierten und unstrukturierten Haufen, meistens einen in kugeliger Form aufgedrehten Faden. Vor dem inneren Auge aller Katzenfreunde erscheint das herumgeschubste Wollknäuel. Plural? "Die Knäuel" (neutrum und maskulin). So habe ich das gelernt.
In einem Aufsatz lese ich: "Stützungsknäule". "Knäule"? Ein Druckfehler? An herausgehobener Stelle eher unwahrscheinlich. Habe ich es mit einem willfährigen Gefolgsmann der dümmlich erneuerten deutschen Rechtschreibung zu tun? Der Text spricht nicht für diesen Verdacht. Vielleicht irre ich? Also: Wörterbücher! Der Wahrig (von 1986) schweigt. Der Duden referiert lakonisch: Plural: "Knäule". Kaum zu glauben. Allerdings ist dieser Duden reichlich veraltet. 13. Auflage 1948. Etwa zu der Zeit dürfte ich das Wort bewusst gelernt haben – jedoch, wie es scheint, falsch. Ein neuerer Duden ist nicht zur Hand. Aber man setzt seine Hoffnungen ohnehin besser gleich auf die Meister. Was sagt der Grimm? "der plural ist knäuel" Na bitte! Es folgt leider: "landschaftlich auch knäule". Also meinetwegen – "Knäule", falls es denn die Landschaft des Autors so will. Das Wort dürfte ohnehin dem Untergang geweiht sein. Richtige Deutsche sagen vermutlich dort, wo sie Knäuel sagen müssten, schon längst "cluster". ...