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Thema der vorliegenden Dissertation sind Einflussfaktoren und individuelle Unterschiede im akademische Selbstkonzept von Grundschülern. Das erste Kapitel thematisiert die Bestimmung des Selbstkonzepts, gibt einen Überblick über die theoretischen Wurzeln und beleuchtet unterschiedliche Selbstkonzeptmodelle. Das zweite Kapitel geht auf die Selbstkonzeptentwicklung ein und hebt dabei insbesondere das Internal/External-Frame-of-Reference Modell (I/E-Modell; Marsh, 1986) hervor, welches das Zusammenwirken von externalen (sozialen) und internalen (dimensionalen) Vergleichsprozessen bei der Selbsteinschätzung beschreibt. Auf Basis des I/E-Models werden in Studie 1 das akademische Selbstkonzept und die Schulleistung von Schülern der 1. bis 3. Klassenstufe miteinander in Beziehung gesetzt. Im Zentrum steht dabei die Frage, ab welcher Klassenstufe dimensionale Kontrasteffekte auftreten und welchen Einfluss die Lese-, Rechtschreib- und Mathematikleistung auf die korrespondierenden und nicht korrespondierenden Selbstkonzeptfaktoren haben. Es zeigen sich signifikant negative Pfade von der mathematischen Leistung auf das verbale Selbstkonzept und negative Pfade von der Leseleistung auf das mathematische Selbstkonzept ab der 3. Klasse. Ein Kontrasteffekt innerhalb der verbalen Domäne (Lesen und Schreiben) kann hingegen bei keiner der untersuchten Klassenstufen aufgezeigt werden.
Die zweite und dritte empirische Studie fokussieren mögliche Gruppenunterschiede im akademischen Selbstkonzept anhand bestimmter Schülermerkmale. In Studie 2 wird dabei geprüft, ob sich zwischen Jungen und Mädchen mit und ohne Migrationshintergrund Unterschiede im verbalen und mathematischen Selbstkonzept finden lassen. Kinder mit Migrationshintergrund zeigen trotz schlechterer schulischer Leistungen im Lesen und in Mathematik in diesen Bereichen ein höheres Selbstkonzept als Kinder ohne Migrationshintergrund.
Auch findet sich bereits in der ersten Klasse unter Jungen ein optimistischeres mathematisches und unter Mädchen ein optimistischeres verbales Selbstkonzept. Dies spiegelt sich auch in den tatsächlichen Leistungen der Kinder sowie den Lehrereinschätzungen wider. In Studie 3 wird geprüft, ob Kinder mit ADHS-Symptomen ein positiv illusorisches akademisches Selbstkonzept (Positive Illusory Bias, Hoza et al., 2002) haben. Es zeigt sich, dass zwar Kinder mit ADHS-Symptomen im Vergleich zu Kindern ohne ADHS-Symptome ihre Leistungen deutlich stärker überschätzen, allerdings nur, wenn keine Kontrolle des Schulleistungsniveaus erfolgt. Zudem schätzen sich Kinder mit ADHS-Symptomen in dem Leistungsbereich am besten ein, in dem sie auch am besten abschneiden. Der Positive Illusory Bias scheint also nicht spezifisch für die ADHS zu sein.
Die vorgelegte Arbeit setzt sich aus drei Veröffentlichungsstücken zusammen. Im ersten Teil zeigten Michalczyk und Hasselhorn (2010) einen Überblick über die Vielfalt der Modellvorstellungen des Arbeitsgedächtnisses. Dabei wurde insbesondere das Baddeley Modell (1986) hervorgehoben. Dieses steht für eine ganze Klasse komponentenbasierter, meist dem experimentellen oder dem Ansatz interindividueller Differenzen zugehöriger, Modellvorstellungen und ist zudem maßgeblich im pädagogischentwicklungspsychologischen Kontext für Theorie und Praxis von Bedeutung. Die Ergebnisse der ersten empirischen Vertiefung der hier vorgelegten Arbeit bestätigten die Gültigkeit der Dreikomponentenstruktur (Baddeley, 1986) und deren weitestgehende Altersinvarianz hinsichtlich der funktionalen Interdependenz der Komponenten phonologische Schleife, visuell-räumlicher Notizblock und zentrale Exekutive im Laufe der kindlichen Entwicklung. Lediglich bei Kindern jünger als 7 Jahre war der Zusammenhang der phonologischen Schleife und der zentralen Exekutive weniger stark ausgeprägt als bei älteren Kindern. In der zweiten empirischen Untersuchung wurden Subkapazitäten des Arbeitsgedächtnisses und die phonologische Bewusstheit zur Entwicklung früher numerischer Kompetenzen (Krajewski, 2008; Krajewski & Schneider 2009a,b) in Beziehung gesetzt. Es zeigte sich, dass die phonologische Bewusstheit auf die phonologische Schleife, den episodischen Puffer und phonologische, zentral-exekutive Prozesse zurückgreift. Zudem beeinflusste die phonologische Bewusstheit frühe numerische Basisfertigkeiten (QNC Level I), nicht aber (höhere) Mengen-Zahlen Kompetenzen (QNC Level II), was die „isolated number words“-Hypothese (Krajewski & Schneider, 2009a) bestätigte. Diese Zusammenhangsmuster, bei denen die phonologische Bewusstheit eine mediierende Rolle zwischen Arbeitsgedächtnissubkapazitäten und frühen numerischen Kompetenzen einnimmt, galten gleichermaßen für Kinder mit und ohne sprachlichem Migrationshintergrund.
In den vorgelegten drei Studien wurden Lebenserzählungen zum einen über die Adoleszenzentwicklung und zum anderen im Adult Attachment Interview textanalytisch, über semantisch-syntaktische Kodes, untersucht. Die ersten beiden Studien untersuchen die Variablen globale Kohärenz, bzw. narrative Verantwortungsübernahme in Lebenserzählungen von 102 Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen (8, 12, 16 und 20 Jahre). Hypothesen sind, dass beide Variablen in der Adoleszenz aufgrund der Identitätsentwicklung ansteigen. Die Haupthypothesen zeigen sich als bestätigt. In der dritten Studie wird die narrative Verantwortungsübernahme anhand einer Sekundäranalyse von Adult Attachment Interviews von 28 Frauen untersucht. Die Hypothese lautet, dass sichere Bindungsrepräsentationen mehr narrative Verantwortungsübernahme zeigen als unsichere Bindungsrepräsentationen und dass unsichere Bindungsrepräsentationen mehr narrative Abstufungen von Verantwortung zeigen als sichere Bindungsrepräsentationen. Während die erste Hypothese keine signifikanten Ergebnisse zeigt, stellt sich die zweite Hypothese als bestätigt dar. Die Ergebnisse werden in den ersten beiden Studien in Bezug auf die Identitätsentwicklung und in der dritten Studie im Zusammenhang mit einer Grammatik von unsicherer Bindung diskutiert. Enth. 3 Sonderabdr. aus verschiedenen Zeitschr: Developmental Psychology 2008, Vol. 44, No. 3, 707–721 The Development of Global Coherence in Life Narratives Across Adolescence: Temporal, Causal, and Thematic Aspects de Silveira, Cybèle and Habermas, Tilmann(2011) 'Narrative Means to Manage Responsibility in Life Narratives Across Adolescence', The Journal of Genetic Psychology, 172: 1, 1 — 20 de Silveira, Cybèle and Habermas, Tilmann(2010) 'Narrative Grading of Responsibility of Secure and Insecure Attachment Representations in the Adult Attachment Interview'
Behaviorale und neuronale Effekte eines Emotionserkennungstrainings bei Autismus-Spektrum-Störungen
(2010)
Das Hauptziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Wirksamkeit eines computerbasierten Emotionserkennungstrainings bei Personen mit Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) zu überprüfen. Dies geschieht durch den Vergleich einer mit dem Frankfurter Training des Erkennens von fazialem Affekt (FEFA) trainierten und einer nicht trainierten Personengruppe mit ASS. Das FEFA ist das einzige deutschsprachige Emotionserkennungstraining, das mit dem Ziel entwickelt wurde, die Erkennung von Basisemotionen in Gesichtsausdrücken bei autistischen Menschen zu verbessern. Da ASS mit deutlichen, nicht ursächlich behandelbaren Beeinträchtigungen in der sozialen Interaktion und Kommunikation einhergehen, bieten übende Verfahren eine Möglichkeit, soziale Fertigkeiten aufzubauen und die Symptomatik abzumildern. Das Erkennen emotionaler Zustände anderer Personen stellt eine relevante Basisfähigkeit für angemessenes sozial-kommunikatives Verhalten dar. Autistischen Personen gelingt die Emotionserkennung oft nicht und es gibt Hinweise, dass sie emotionale Gesichtsausdrücke neuronal anders verarbeiten als nicht autistische Menschen. Daher werden in dieser Studie neben Testverfahren zur Emotionserkennung funktionelle Bildgebungsverfahren (fMRT) eingesetzt, um neuronale Aktivierungsmuster mitzuerfassen. Die Studie gliedert sich in zwei Teile. Im ersten Teil wird ein Querschnittsvergleich durchgeführt, bei dem die Emotionserkennungsfertigkeiten durchschnittlich begabter Personen mit ASS (n=40) sowie deren neuronale Aktivierungsmuster bei der Wahrnehmung emotionaler, fazialer Reize mit denen einer, nach Alter und nonverbaler Intelligenz parallelisierten, unauffälligen Kontrollgruppe (n=26) verglichen werden. Diese Vergleiche zeigen, dass der ASS-Gruppe in den verwendeten Emotionserkennungstests deutlich weniger korrekte Zuordnungen gelingen als der unauffälligen Kontrollgruppe. Darüber hinaus weist die ASS-Gruppe auch in einem Gesichtererkennungstest und einem Wortschatztest gegenüber den unauffälligen Kontrollen Beeinträchtigungen auf. In fMRT-Aufgaben zur impliziten Emotionserkennung ist bei den unauffälligen Kontrollen eine Mehraktivierung in neuronalen Arealen, die mit sozial-emotionaler Reizverarbeitung in Zusammenhang stehen, feststellbar, und zwar im fusiformen Gyrus, der Amygdala und auch im dorsalen lateralen präfrontalen Kortex. Bei Aufgaben zur expliziten Emotionserkennung und der Wahrnehmung neutraler Gesichter bestehen keine Unterschiede in den neuronalen Aktivierungen zwischen den Gruppen in den interessierenden Regionen (Regions of Interest). Der zweite Teil der Studie umfasst die Trainingsevaluation. Hierzu wird das FEFA-Training mit 15 autistischen Personen in acht Einzelstunden innerhalb eines Zeitraums von fünf bis sechs Wochen durchgeführt. Die parallelisierte ASS-Kontrollgruppe besteht ebenfalls aus 15 Personen, die keine Intervention erhalten. Die vor dem Training (bzw. der Wartezeit) erfassten Emotionserkennungsfähigkeiten und neuronalen Aktivierungsmuster werden mit den unmittelbar nach dem Training (bzw. der Wartezeit) erhobenen verglichen. Zudem werden zu einem dritten Messzeitpunkt, etwa vier Wochen nach Beendigung des Trainings, die Testleistungen der beiden ASS-Gruppen einander erneut gegenüber gestellt. Die Ergebnisse zeigen, dass die trainierte ASS-Gruppe in allen verwendeten Tests zur Erkennung von Basisemotionen deutliche, stabile Verbesserungen erreicht, die mit einer Mehraktivierung im fusiformen Gyrus und der Amygdala bei Aufgaben zur impliziten Emotionserkennung einhergehen. Keine Verbesserungen werden bei der Erkennung komplexer emotionaler und mentaler Zustände sowie in der, von den Eltern eingeschätzten, affektiven Reaktivität im Alltag erzielt. In einem visuellen Gedächtnistest und einem Konzentrationstest, die zur Kontrolle der Spezifität des Trainings zu allen Messzeitpunkten angewendet werden, sind keine Verbesserungen in der trainierten ASS-Gruppe feststellbar. Somit kann davon ausgegangen werden, dass keine emotionsunspezifischen Fertigkeiten trainiert wurden. Das FEFA-Training wird von den Teilnehmern hinsichtlich des Ablaufs und des subjektiv erlebten Behandlungserfolges als überwiegend positiv bewertet. Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass die Anwendung des FEFA-Trainings über einen relativ kurzen Zeitraum bei autistischen Personen mit normativer Intelligenz die Emotionserkennungsleistung verbessert, allerdings sind darüber hinaus weitere Interventionen erforderlich, um einen Transfer in den Alltag zu ermöglichen.
Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund in Deutschland schneiden in nationalen und internationalen Schulleistungsstudien deutlich schlechter ab als Schülerinnen und Schüler ohne Migrationshintergrund. Auch hinsichtlich der Lesekompetenz im Deutschen sind die Ergebnisse eines großen Teils der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund immer wieder bedenklich schlecht. Um die Frage, welche Förderung gegen Defizite in der Deutsch-Lesekompetenz bei dieser Schülergruppe eingesetzt werden sollte, hat sich in Deutschland eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit breiter öffentlicher Wirkung entwickelt. Die drei Beiträge der vorliegenden Dissertation liefern aus unterschiedlicher Perspektive einen Beitrag zur Erforschung der Lesekompetenz von Personen mit unterschiedlicher Sprachbiographie.
Beitrag I (Rauch & Hartig, 2010) zeigte, dass es möglich ist, mit den Mitteln der mehrdimensionalen Item Response Theorie den diagnostischen Nutzen eines Deutsch-Lesekompetenztests zu erhöhen. Für Schülerinnen und Schüler, die zu Hause nicht das Deutsche zur Kommunikation nutzen, zeigte sich, dass sie insbesondere bei Basisfähigkeiten, die zur Bewältigung höherer Lesekompetenzprozesse notwendig sind, gegenüber ihren deutschsprachigen Mitschülerinnen und Mitschülern benachteiligt sind. Beitrag II (Rauch, Jurecka & Hesse, 2010) belegte, dass Türkisch-Deutsch bilinguale Schülerinnen und Schüler über niedrigere Deutsch-Lesekompetenzen verfügen als ihre monolingual Deutsch aufgewachsenen Mitschülerinnen und Mitschüler. In der Englisch-Lesekompetenz wurde kein Gruppenunterschied nachgewiesen. Es fand sich darüber hinaus ein signifikant positiver Effekt der Türkisch-Lesekompetenz auf die Englisch-Lesekompetenz, aber nicht auf die Deutsch-Lesekompetenz. Beitrag III (Rauch, Jude & Naumann, in Druck) zeigte, dass Türkisch-Deutsch bilinguale Schülerinnen und Schüler, die in beiden Sprachen Texte selbständig lesen und verstehen können, besser im Englisch-Lesekompetenztest abschneiden als monolingual aufgewachsene Schülerinnen und Schüler. Türkisch-Deutsch bilinguale Schülerinnen und Schüler, die über niedrigere Lesekompetenzen im Türkischen und Deutschen verfügen, schnitten im Englisch-Lesekompetenztest schlechter ab als beide anderen Vergleichsgruppen. Zudem zeigte Beitrag III, dass Sprachbewusstheit den Zusammenhang zwischen Biliteralität und drittsprachlicher Lesekompetenz teilweise mediiert.
Aus den Ergebnissen kann gefolgert werden, dass es für die Förderung der Deutsch-Lesekompetenz von Schülerinnen und Schülern, die zu Hause nicht das Deutsche zur Kommunikation nutzen, sinnvoll ist, insbesondere auf die Förderung der Bildung von adäquaten Makrostrukturen und die Vermittlung von Lesestrategien abzuheben. Die unterschiedlichen Befunde zur Interdependenz von Kompetenzen im Türkischen einerseits und im Deutschen und Englischen andererseits wurden auf die Art des schulischen Unterrichts in Deutsch und Englisch zurückgeführt. Während Schülerinnen und Schüler mit Herkunftssprache Türkisch im Englischunterricht, der das Englische im formalen Sprachunterricht vermittelt, in der Lage sind, Bezüge zu ihrer Herkunftssprache herzustellen, ist dies im Deutschunterricht, der das Deutsche selbst weitgehend voraussetzt, nicht möglich. Ein Teil des wiederholt in der Literatur berichteten Befundes, dass bilinguale Schülerinnen und Schüler, die in ihren beiden Sprachen lesen können, in drittsprachlichen Lesekompetenztests besser abschneiden als monolinguale Schülerinnen und Schüler, scheint auf erhöhte Sprachbewusstheit zurückzuführen zu sein. Dieses besondere Potential bilingualer Schülerinnen und Schüler könnte durch Herkunftssprachlichen Leseunterricht und einen auf Sprachbewusstheit ausgerichteten Unterricht weiter ausgeschöpft werden.
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den Arbeitsgedächtnisleistungen zweier sprachlicher Sondergruppen und der Möglichkeit über die Leistung des Arbeitsgedächtnisses validere Prognosen des weiteren sprachlichen bzw. schriftsprachlichen Entwicklungsverlaufs zu erreichen, als dies über eine ausschließliche Erhebung der Sprachleistung möglich ist. Die Basis dieser Untersuchungen bilden zwei Längsschnittstudien. Die Daten der sprachlichen Sondergruppe der Late Talker (kognitive Aspekte) wurden in Heidelberg an der Universität und dem Frühinterventionszentrum (FRIZ) zwischen dem zweiten und dem neunten Lebensjahr der Kinder (N=93 mit n1=59 Late Talkers und n2=34 Kontrollkindern) in bestimmten Abständen erhoben. Neben den sprachlichen und kognitiven Leistungstests wurde zum letzten Messzeitpunkt zusätzlich die Arbeitsgedächtnisleistung erfasst. Dabei sollte untersucht werden, ob die Leistungen im Arbeitsgedächtnis valide unterscheiden können zwischen Kindern mit persistierenden Sprachentwicklungsproblemen und Kindern, die das Defizit im weiteren Entwicklungsverlauf aufholen (Late Bloomer). Die Ergebnisse zeigen, dass mithilfe der Leistungen in der Phonologischen Schleife eine sehr gute Trennung der Late Bloomer von den Kindern, die weiter eine Sprachproblematik aufweisen, vorgenommen werden kann. Ein Hinzuziehen der zentral-exekutiven Leistungen bringt hingegen keine Verbesserung in der Vorhersagegenauigkeit.
Der zweiten Untersuchung liegen zum einen die Daten der Normierung der Arbeitsgedächtnistestbatterie für Kinder von fünf bis zwölf Jahren (AGTB 5-12 {Hasselhorn et al., 2012}) zugrunde (N=1.669 davon 243 Kinder mit Migrationshintergrund), anhand derer überprüft wurde, ob Kinder mit Migrationshintergrund in irgendeiner Weise durch die Nutzung der Testbatterie benachteiligt werden, sei es 1. Durch die ungeprüfte Übernahme des Arbeitsgedächtnismodells (nach dem Vorbild von Baddeley (1986)), dass für Muttersprachler bereits bestätigt werden konnte, 2. Durch Benachteiligungen in bestimmten Untertests und 3. Durch die Testbatterie im Allgemeinen, die Art der Testung und die Wahl bestimmter Items. Zur Überprüfung, inwieweit Prädiktoren, die bei Muttersprachlern valide Prognosen der späteren schriftsprachlichen Leistungen erlauben, auch bei Kindern mit Migrationshintergrund genutzt werden können, wird ein weiterer längsschnittlicher Datensatz herangezogen. Von den 127 Kindern der Längsschnittstudie des Projekts ANNA „Gedächtnis und Schulfähigkeit“ (Individual Development and Adaptive Education of Children at Risk am Deutschen Institut für internationale pädagogische Forschung - DIPF) weisen 60 Kinder einen Migrationshintergrund auf. Auf Basis beider Datensätze konnte nachgewiesen werden, dass das Modell des Arbeitsgedächtnisses auch bei Kindern mit Migrationshintergrund Anwendung findet und die Benachteiligungen bei der Testung besonders gering ausfallen, je früher die Kinder untersucht werden. Es zeigt sich aber auch, dass die AGTB 5-12 an manchen Stellen überarbeitet werden sollte, um mögliche Benachteiligungen noch weiter zu verringern. Außerdem konnte gezeigt werden, dass sich auch bei Kindern mit Migrationshintergrund valide Prognosen späterer schriftsprachlicher Leistungen anhand ihrer Arbeitsgedächtnisleistungen treffen lassen und hier hauptsächlich auf Basis der phonologischen Gesamtleistungen (alle Untertests).
Werte sind zentraler Bestandteil der persönlichen wie sozialen Identität und spielen eine wichtige Rolle für das menschliche Erleben und Verhalten. Bisher wurden Werte aber immer nur als normative Richtlinien oder motivationale Grundlagen verstanden, an denen sich Personen bewusst orientieren oder auf die sie sich zu bewegen. Erste Forschungsergebnisse konnten nachweisen, dass Personen unabhängig davon auch von Unwerten geleitet werden, an denen sie sich bewusst nicht orientieren oder von denen sie sich wegbewegen (Van Quaquebeke, Kerschreiter, Buxton, & van Dick, 2010). Vor diesem Hintergrund stellen die zentralen Ziele dieser Dissertation die theoretische Herleitung der Trennung von Werten und Unwerten und der praktische Nachweis des Einflusses beider Werteorientierungen auf das menschliche Erleben und Verhalten dar. In dem ersten Manuskript, das dieser Dissertation zugrunde liegt, erfolgte die konzeptionelle Herleitung und Trennung von Werten und Unwerten. Durch das Aufzeigen des theoretischen Ursprungs beider Werteorientierungen konnten explizite Hypothesen zu ihrer Trennung und unabhängigen Wirkung, vor allem in organisationalen- und Führungs-Kontexten, hergeleitet und aufgestellt werden. In dem zweiten Manuskript konnte in zwei Feldstudien (N1 = 131 und N2 = 136) aufgezeigt werden, dass sich Werte und Unwerte empirisch tatsächlich voneinander unterscheiden lassen und unterschiedliche Einflüsse auf die Wahrnehmung ihrer Mitarbeiter und die Ausmaße an Identifikation und Respekt haben. In dem dritten Manuskript konnte in einer Feldstudie (N1 = 95) und einer Szenariostudie (N2 = 137) nachgewiesen werden, dass ideale Werte, die durch Führungskräfte verkörpert werden, darüber hinaus die Wahrnehmung ihrer Mitarbeiter und die Ausmaße an Identifikation und Anerkennung positiv beeinflussen. Das gilt besonders für interne Führungskräfte, die die Mitarbeiter schon länger führen und als Teil der Arbeitsgruppe angesehen werden. Insgesamt weist diese Dissertation auf die Bedeutung einer differenzierten Darstellung und Betrachtung von Werteorientierungen und Wertesystemen hin und liefert mit der Einführung von Unwerten in die (organisationale) Forschung einen wichtigen Beitrag zur Erforschung ihres Einflusses auf das Erleben und Verhalten von Führungskräften und Mitarbeitern.
Zu den wichtigsten Zielgrößen der Unternehmen gehört die Kundenzufriedenheit. Diese wird von Unternehmensseite mit Hilfe von technischen Hilfsmitteln gemessen und analysiert, um sie kontinuierlich steigern zu können. Dabei spielt vor allem eine große Rolle, welche internen oder externen Faktoren mit der Kundenzufriedenheit in Zusammenhang stehen und diese beeinflussen. Der Einfluss der Mitarbeiterzufriedenheit auf die Kundenzufriedenheit wurde vor allem in den letzten Jahren verschiedentlich diskutiert. In der Automobilindustrie kann von einer positiven Wirkung der Händlerzufriedenheit auf die Zufriedenheit der Kunden ausgegangen werden. Dabei werden nicht alle Zufriedenheiten des Händlers mit den Leistungen des Herstellers einen gleich großen Einfluss ausüben. In der vorliegenden Studie wurde untersucht, welche Händlerzufriedenheitsdimensionen auf die Service- und auf die Kaufzufriedenheit des Kunden wirken. Diese Fragestellung wurde anhand eines, in einem deutschsprachigen Land erhobenen, Datensatzes von einem deutschen Premium-Automobilhersteller analysiert. Es wurden sämtliche Händlerzufriedenheiten mit dem Hersteller als auch alle Zufriedenheiten mit den Kundenprozessen abgefragt und nach einer Dimensionalitätsprüfung mittels der Analysemethode Hierarchisch Lineare Modelle getestet. Wie erwartet bestätigte sich die Hypothese, dass die Händlerzufriedenheit einen positiven Einfluss auf die Kundenzufriedenheit mit dem Service hat. Bei den Testungen des Zusammenhangs mit der Kundenkaufzufriedenheit ergaben sich jedoch keine signifikanten Ergebnisse. Auffällig ist bei den Ergebnissen auch, das nur die Händlerzufriedenheiten eine Wirkung aufweisen, bei denen eine Beziehungskomponente mit dem Hersteller im Vordergrund steht und es weniger um die standardisierten Leistungen des Herstellers in Bezug auf die Produkte geht. Die Relevanz dieser personalen Elemente und die Differenzierung zwischen dem Service- und dem Kaufprozess werden diskutiert.
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Entwicklung und Validierung eines Messinstrumentes zur Erfassung von psychopathischen Persönlichkeitseigenschaften, dem Fragebogen Psychopathischer Persönlichkeitseigenschaften (FPP), mit der Entwicklung eines Messinstrumentes, das antisoziales Verhalten und Kriminalität getrennt erfasst, der Checkliste für antisoziale Verhaltensweisen und Kriminalität (CAV/K) und mit der differenzierten Untersuchung der Vorhersage von Kriminalität durch psychopathische Eigenschaften.
Psychopathie ist eines der wichtigsten Konstrukte in der Vorhersage von kriminellem und antisozialem Verhalten (Hemphill, Hare & Wong, 1998). Die Konzeption der psychopathischen Persönlichkeit stellt affektive und interpersonelle Eigenschaften in den Vordergrund und definiert Kriminalität als Konsequenz statt Kernsymptom der Psychopathie (Skeem & Cooke, 2010a). Bisherige Ergebnisse zur prädiktiven Validität von psychopathischen Eigenschaften hinsichtlich krimineller Rückfälligkeit weisen allerdings darauf hin, dass affektive und interpersonelle Facetten der Psychopathie keinen Erklärungswert über eine kriminelle Vorgeschichte hinaus haben (Eher, Schilling, Mönichweger, Haubner-MacLean & Rettenberger, 2012; Walters, Knight, Grann & Dahle, 2008; Walters, Wilson & Glover, 2011). Des Weiteren wird im Rahmen der adaptiven Psychopathie postuliert, dass psychopathische Eigenschaften auch hoch ausgeprägt sein können, ohne dass sich die Personen kriminell verhalten (Hall & Benning, 2006). Ergebnisse aus einer Metananalyse eines etablierten Fragebogens zur Psychopathie, dem Psychopathic Personality Inventory (PPI; Lilienfeld & Andrews, 1996) ergaben, dass der erste von zwei Faktoren nicht mit Indizes antisozialer Verhaltensweisen korrelieren. Diese Ergebnisse sprechen dafür, dass der Zusammenhang zwischen Psychopathie und Kriminalität genauer untersucht werden muss, da ein Fehlen dieser Assoziation das Konstrukt Psychopathie obsolet erscheinen lässt.
Voraussetzung für die valide Untersuchung dieses Zusammenhangs ist die Verfügbarkeit von psychometrisch hochwertigen und validen Instrumenten zur Erfassung der Variablen. Die Erfassung von psychopathischen Eigenschaften im Selbstbericht ist ökonomisch und Beurteilungen fallen valide aus (Ray et al., 2013). Der Fragebogen PPI (Lilienfeld & Andrews, 1996) ist bereits gut etabliert, weist jedoch einige methodische Schwächen auf, wie z. B. eine Vielzahl von Items sowie eine schwer replizierbare Faktorenstruktur.
Deshalb wurde im ersten Schritt der Fragebogen Psychopathischer Persönlichkeitseigenschaften (FPP, Etzler & Rohrmann, 2017a, 2017b) entwickelt, der die Kritikpunkte des PPI überwindet und psychopathische Persönlichkeitseigenschaften mit hoher psychometrischer Gute misst. Der FPP erfasst sechs Facetten der Psychopathie, die theoretisch hergeleitet wurden: Fehlende Empathie, Furchtlosigkeit, Narzisstischer Egozentrismus, Impulsivität, Soziale Manipulation und Macht. Diese Facetten unterscheiden sich bis auf Furchtlosigkeit von den Skalen des PPI. Die Items sind kurz und inhaftierungsadäquat formuliert und weisen eine mittlere Situationsspezifität auf. Die Itemselektion basierte auf einer Stichprobe von n = 173 Straftätern und n = 132 Zivilpersonen, was repräsentativ für den Anwendungsbereich des FPP ist. Ergebnisse weisen auf gute psychometrische Eigenschaften, wie Itemkennwerte und Reliabilität (ω = .85) hin, auf überwiegend gleiche Messeigenschaften in Zivil- und Haftstichprobe sowie auf eine Konvergenz mit dem PPI (r = .677∗∗) in erwarteter Höhe. Erwartungskonforme Zusammenhänge mit weiteren Konstrukten, Korrelationen mit antisozialem Verhalten, Disziplinarmaßnahmen in Haft und Inhaftierung selbst unterstützen die Kriteriumsvalidität des FPP.
Die Vorhersage von Kriminalität setzt des Weiteren eine präzise Definition ebendieser Variable voraus. Allerdings wurde Kriminalität bis dato in den publizierten Studien uneinheitlich definiert und operationalisiert. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde Kriminalität als soziologisches Konstrukt definiert, das maßgeblich von der Gesetzgebung des Landes und weiteren Faktoren abhängt, die außerhalb einer Person liegen (Eysenck, 1977). Demgegenüber wurde antisoziales Verhalten psychologisch definiert, als Verhalten, das anderen Personen schadet aber dem Akteur selbst von Vorteil ist. Da für die Erfassung von antisozialem Verhalten und Kriminalität bis dato noch kein Messinstrument vorliegt, wurde die Checkliste für Antisoziale Verhaltensweisen und Kriminalität (CAV/K, Etzler & Rohrmann, 2017a) entwickelt, die beide Variablen getrennt voneinander aber dennoch simultan erfasst.
Nach Bereitstellung der Definitionen und Messinstrumente wurde untersucht, wie Kriminalität durch psychopathische Eigenschaften vorhergesagt werden kann (Etzler, Rettenberger & Rohrmann, eingereicht). Im Rahmen der adaptiven Psychopathie wurde angenommen, dass Moderatorvariablen den Zusammenhang zwischen Psychopathie und Kriminalität beeinflussen, wobei verbale Intelligenz hierbei eine zentrale Rolle spielt (Wall, Sellbom & Goodwin, 2013). Antisoziales Verhalten und Kriminalität (als offizielle Verurteilung) wurden getrennt voneinander definiert. Es zeigte sich im Rahmen eines moderierten Mediationsmodells, dass psychopathische Eigenschaften antisoziales Verhalten mit hoher Präzision vorhersagen konnten, insbesondere war die Wahrscheinlichkeit, dafür verurteilt zu werden und damit offiziell kriminell zu sein höher für Personen mit niedriger verbaler Intelligenz als für Personen mit höherer Intelligenz, da für verbale Intelligenz ein protektiver Effekt hinsichtlich Kriminalität gefunden wurde.
Die vorliegende Studie verfolgt einen integrativen Ansatz, indem Eigenschaften untersucht werden, die bei Straftätern und Zivilpersonen gleichermaßen vorliegen. Der FPP kann in der Forschung als ökonomisches Instrument eingesetzt werden sowie als Screeninginstrument in der Praxis, z. B. für die Planung des Vollzugsverlaufs in Haft. Anhand der Ergebnisse des FPP können antisoziale Verhaltensweisen in vielen Kontexten (z. B. Mobbing in Unternehmen, deviantes Verhalten in Haft) vorhergesagt werden und unter Hinzunahme weiterer Moderatoren, wie etwa verbale Intelligenz, kann eine präzisere Vorhersage von Kriminalität anhand psychopathischer Eigenschaften erfolgen.
Die vorliegende kumulative Dissertation befasst sich mit der Erfassung der Behandlungsintegrität bestehend aus psychotherapeutischer Adhärenz, Kompetenz sowie der Behandlungsdifferenzierung im Rahmen der Psychotherapieforschung. Die Überprüfung, ob Behandlungen bzw. Interventionen so wie intendiert durchgeführt wurden, ist für die Sicherstellung valider Schlussfolgerungen aus einer klinischen Studie von hoher Relevanz.
Die erste Studie untersucht, ob die Erfassung der Behandlungsintegrität ökonomischer gestaltbar ist. Es zeigte sich, dass Beurteilungen der Adhärenz und Kompetenz basierend auf Sitzungssegmenten im Vergleich zu ganzen Sitzungen keine Unterschiede aufweisen hinsichtlich Reliabilität, Validität und Prädiktion des Behandlungserfolgs.
In der zweiten Studie wird die Entwicklung und Validierung einer Adhärenz- und Kompetenzskala vorgestellt. Diese Studie weist zudem auf die Verwendung im Rahmen der Aus- und Weiterbildung von Therapeuten hin.
Die dritte Studie zeigt, dass in Psychotherapiestudien die im Vergleich stehenden Behandlungsbedingungen gut voneinander unterscheidbar sein müssen. Für die Beschreibung der Behandlungsdifferenzierung und -spezifität wurde der Behandlungs-Spezifitäts-Index entwickelt, dessen Eignung bestätigt werden konnte.
Die vierte Studie überprüft, ob sich erfolgreiche von nicht erfolgreichen Therapien hinsichtlich der psychotherapeutischen Kompetenz, Adhärenz und psychotherapeutischen Beziehung unterscheiden. Es zeigte sich, dass Adhärenz eine Voraussetzung für kompetentes Vorgehen darstellt. Kompetenz beeinflusst die psychotherapeutische Beziehung maßgebend, die mitentscheidend für den (Miss-)Erfolg einer Behandlung zu sein scheint.
Insgesamt tragen die Ergebnisse zu einer differenzierteren, spezifischeren und ökonomischeren Erfassung der Behandlungsintegrität innerhalb der Psychotherapieforschung bei. Gleichzeitig erweitern sie den Fokus auf neue Ansätze für zukünftige Forschungen.