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Über Scheinriesen: Was TARGET-Salden tatsächlich bedeuten : eine finanzökonomische Überprüfung
(2018)
Der TARGET-Saldo der Bundesbank beläuft sich gegenwärtig auf knapp 1 Billion Euro. Kritikern zufolge birgt dieser Umstand hohe Lasten und Risiken für den deutschen Steuerzahler und zeigt, dass Deutschland zu einem „Selbstbedienungsladen“ im Eurosystem geworden sei. Vor diesem Hintergrund erörtert das Papier im Detail, wie TARGET-Salden überhaupt entstehen und was sie finanzökonomisch bedeuten. Die wirtschaftspolitische Analyse kommt zu dem Schluss, dass - anders als von den Kritikern behauptet- unter den Bedingungen einer Währungsunion im Normalbetrieb - TARGET-Salden lediglich Verrechnungssalden ohne weitere Implikationen sind, die aber nützliche Informationen über ökonomisch tieferliegende, regionale Verschiebungen geben können. Unter dem Extremszenario eines Zerfalls der Währungsunion können TARGET-Salden zwar als offene Positionen interpretiert werden, deren spätere Erfüllung würde aber ähnlich dem Brexit von komplizierten politischen Verhandlungen abhängen, sodass über die Werthaltigkeit allenfalls spekuliert werden kann. Sollte man das Extremszenario für bedeutend halten, und politisches Handeln fordern, erscheinen zwei Lösungen sinnvoll. Beide Vorschläge führen zu einer institutionellen Stärkung der Eurozone: i) die Einführung einer Tilgungspraxis, wie sie im US-amerikanischen Fedwire-System angewandt wird. Dabei handelt es sich um eine rein fiktive Tilgung in Form einer Umbuchung auf einem gemeinsamen (Offenmarkt-)Konto bei der EZB; ii) die Bündelung aller monetären Aktivitäten bei der EZB, sodass eine regionale Abgrenzung von Zahlungsvorgängen entfällt (und damit die TARGET-Salden verschwinden), weil alle Banken in direkter Beziehung zu ein und derselben Zentralbank stehen und der Zahlungsverkehr direkt zwischen den beteiligten Banken stattfindet.
In 2011 wurde der Preis für Wirtschaftswissenschaften der schwedischen Reichsbank im Gedenken an Alfred Nobel an die US-Ökonomen Thomas J. Sargent von der New York University und Chistopher A. Sims von Princeton University verliehen. Gerade deutsche Zeitungskommentare kritisierten die Forscher vielfach für die Verwendung „unrealistischer“ Annahmen wie Nutzenmaximierung und rationale Erwartungen. Diese Kritik verkennt den maßgeblichen Beitrag von Sargent und Sims zur Entwicklung der modernen Makroökonomik. Ihre empirischen Methoden sind heute Standardwerkzeuge der akademischen Forschung und werden auch von Ökonomen in Zentralbanken, Finanzministerien und internationalen Organisationen eingesetzt. Sie haben grundlegende neue Erkenntnisse ermöglicht, zum Beispiel über die Wirkungsweise der Geld- und Fiskalpolitik.
Gegen den Landeshaushalt 2022 des Freistaats Thüringen bestehen nach Einschätzung von Helmut Siekmann erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken. In einem Gutachten kommt Siekmann zu dem Schluss, dass sich die festgestellten globalen Minderausgaben im Vergleich zum gesamten Haushaltsvolumen nicht rechtfertigen lassen. Der verfassungsrechtlich gebotene Haushaltsausgleich sei nur dadurch erzielt worden, dass die eigentlich gebotenen Einzelkürzungen nicht vom Parlament entschieden, sondern der Exekutive überlassen worden seien. Durch Globale Minderausgaben soll der Ausgleich von Einnahmen und Ausgaben erreicht werden, ohne dafür erforderliche und politisch oft schwer durchsetzbare Kürzungen bei Einzeltiteln vornehmen zu müssen.
In Thüringen fehlen der Minderheitskoalition aus Linke, SPD und Grünen im Parlament vier Stimmen für eine eigene Mehrheit. Sie muss damit bei allen Entscheidungen eine Unterstützung der oppositionellen CDU aushandeln. Siekmann weist in seinem Gutachten darauf hin, dass die Veranschlagung von globalen Minderausgaben gleich welcher Art in keinem Fall die Exekutive ermächtigt, bestehende Verpflichtungen nicht zu erfüllen.
Zur Reform der Einlagensicherung: Elemente einer anreizkompatiblen Europäischen Rückversicherung
(2020)
Bankeinlagen bis 100.000 Euro sind de jure überall im Euroraum gleichermaßen vor Verlusten geschützt. De facto hängt der Wert dieser gesetzlichen Haftungszusage unter anderem von der Ausstattung des nationalen Sicherungsfonds und der relativen Größe des Bankensektors in einer Volkswirtschaft ab. Um die Homogenität des Einlagenschutzes zu gewährleisten und die Bankenunion zu vollenden, bedarf es einer einheitlichen europäischen Einlagensicherung. Die bestehende implizite Risikoteilung im Euroraum ist ordnungspolitisch nicht wünschenswert. Ferner kann eine explizite und glaubwürdige Zweitsicherung Fehlanreize zur Übernahme exzessiver Risiken verhindern, bevor es zum Schadensfall kommt. Daher plädiert dieser Beitrag für ein zweistufiges, streng subsidiär organisiertes Rückversicherungsmodell: Nationale Erstversicherungen würden einen festgeschriebenen Teil, die europäische Rückversicherung nachrangig den Rest der Deckungssumme besichern. Die Rückversicherung gewährt diese Liquiditätshilfen in Form von Kassenkrediten. Weil die Haftung auf nationaler Ebene verbleibt, werden Risiken geteilt aber nicht vergemeinschaftet. Marktgerechte Prämien müssen nicht nur das individuelle Risikogewicht einer Bank sondern auch länderspezifische Risikofaktoren berücksichtigen. Zuletzt braucht der Rückversicherer umfangreiche Aufsichtsrechte, um die Zahlungsfähigkeit der Erstversicherer mit Hinblick auf die nationalen Haftungspflichten jederzeit sicherzustellen.