Linguistik
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Flashmob, App, E-Bike, Gendermainstreaming, bloggen, skypen, gefaked/gefakt, geliked/gelikt, Coffee-to-go, Latte macchiato, Gnocchi, Yallah, Shisha oder Sushi – die beherrschenden Fremdwörter aus Wissenschaft und Alltag der Gegenwartssprache im 21. Jahrhundert sind englischen Ursprungs, im letzten Jahrzehnt auch zunehmend aus anderen modernen europäischen und außereuropäischen Sprachen entlehnt. Die Entlehnungsbedingungen dieser Wörter unterscheiden sich damit grundsätzlich von den Gegebenheiten, die für die Integrationsentwicklungen bei Gräzismen und Latinismen sowie für Gallizismen bestimmend waren. Während die Fremdwörter aus den drei bis ins 20. Jahrhundert hinein wesentlichen Gebersprachen über Jahrhunderte hinweg in mehreren Phasen schrittweise Eingang in die deutsche Sprache fanden und dabei durch einen kontinuierlichen, wenn auch nicht immer widerspruchsfreien Prozess orthografischer Normierung begleitet wurden, erfolgte die Übernahme einer Vielzahl von Anglizismen und anderer Neologismen erheblich schneller im Rahmen umfassender Internationalisierung und Globalisierung von Sprache und Gesellschaft. Die entlehnten Wörter bezeichnen zum allergrößten Teil neue Phänomene, Wortbedeutungen oder Sachverhalte, sie sind Indizien für fundamentale gesellschaftliche Veränderungen, die einen grundlegenden Sprach- und schließlich auch Schreibwandel zur Folge haben. Im Gegensatz zum Umfeld früherer Entlehnungen bieten normierende Texte wie Grammatiken oder Wörterbücher daher zunächst noch keine orthografische Orientierung. Stattdessen gewinnt das Internet, bestimmt von professionellen wie auch informellen Schreibern, sowohl als Bezugsquelle von Informationen als auch als Orientierungsrahmen für die Schreibung neuer Wörter eine immer stärkere Bedeutung. Anglizismen spielen dabei eine Sonderrolle: Sie werden sowohl von englischen als auch von deutschen Quelltexten aus rezipiert und zum Teil in ihrem gebersprachlichen graphemischen Status übernommen, zum Teil modifiziert.
The article presents the first German-Czech handbook and textbook about forestry (written by Wenzel Elias Lenhardt). The text is of particular interest due to the language situation and the practical use of both German and Czech in the Bohemian Crown Lands during the 18th century. The paper also discusses several aspects of the handbook and textbook - including the author and the addressee from a pragmalinguistic perspective - and summarizes the results of an analysis of its textual characteristics, writing style, syntax and lexis.
Der folgende Beitrag beschäftigt sich mit Sprechern des Hunsrückischen in Brasilien und deren Gebrauch des Schriftdeutschen im 20. Jahrhundert. Basis der Analyse ist ein Korpus von Privatbriefen, die während der ersten Diktatur geschrieben wurden. Der Fokus der Analyse ist die Frage nach einer uniformen Schriftnorm für diese Sprechergruppe, deren Muttersprache fast ausschließlich mündlich verwendet wurde. Es wird argumentiert, dass der Estado Novo nicht die einzige Ursache für den Dachsprachenwechsel vom Deutschen zum Portugiesischen war, jedoch entscheidend dazu beigetragen hat, dass die Etablierung einer brasilianischen Schriftnorm des Deutschen endgültig verhindert wurde.
Der Schauinsland – die Mobiliar - das Turm : das referentielle Genus bei Eigennamen und seine Genese
(2014)
Das Genus von Eigennamen verhält sich grundlegend anders als das von Appellativen. Im Zuge der Proprialisierung legen Eigennamen ihr appellativisch ererbtes Genus ab und entwickeln nach und nach ein eigenes, referentiell zugewiesenes Genus, das fest mit einer bestimmten Objektklasse verbunden ist (sieh die Kaiser Wilhelm als Schiff, das Kaiser Wilhelm als Hotel). Damit leisten die onymischen Genera einen echten Beitrag zur Klassifikation und bilden einen Fall von Degrammatikalisierung. Dieser Artikel untersucht die Entstehung und Festigung onymischer Genera am Beispiel von Namen für Flüsse, Berge, Restaurants und Hotels, Versicherungen, Banken, Fluggesellschaften, Autos, Motorräder und Konzerne und stellt das Prinzip eines onymischen Ikonismus auf.
German underwent a typological change from a syllable language in Old High German towards a word language today (Szczepaniak 2007). Proper names followed this development until the last century (cf. Christel, Gertrud, Klaus, Wolfgang). Some of the most popular German first names from 2010, however, such as Mia, Lea, Leon, Noah, show completely different structures compared to common nouns. In sharp contrast to common nouns, first names dispose of CV-structures, full vowels in unstressed syllables and different accent positions. Thus, there must have been a deep-rooted onomastic change. The most frequent baby names of 1945 were still in harmony with the usual word structures. This article shows that the decrease of transgenerational transmission of first names led to a departure fom native phonological structures. The following factors are analyzed: the number of syllables; accent position; and the number of consonant clusters, hiatuses, schwa and unstressed full vowels. It will be demonstrated that the phonological distance between first names (particularly female names) and common nouns has increased over time and that there is an increasing tendency for names to contain syllable language structures. Thus, a typological difference developed between these two nominal classes. The reason behind this change can be found in the individualizing function of proper names and social individualization over time.
Auch Bücher aus dem Bereich der Sprachwissenschaft können faszinieren. Bei Uwe Hinrichs' "MultiKultiDeutsch" (2013) handelt es sich um ein solches Buch, das sowohl Experten, die sich aus beruflichen Gründen mit der deutschen Sprache beschäftigen als auch Leser, die sich aus bloßem Interesse dieser Lektüre widmen, von der ersten Seite an zum Weiterlesen einlädt.
Für den Wandel und die Variation der Präposition wegen interessieren sich Lea Heese und Fabiola Kaiser in ihrem Beitrag "Die menschliche Zunge ist faul. Assoziationen zu der Verwendungsweise der Präposition wegen mit dem Genitiv und dem Dativ". Wegen schwankt im Standard-deutschen zwischen Genitiv- und Dativrektion. Obwohl sie seit langem existiert, wird die Dativvariante von SprecherInnen oftmals als Zeichen für Sprachverfall gedeutet. Heese und Kaiser erhoben mithilfe einer Onlineumfrage Daten zum Gebrauch der Präposition in informellen und formellen Registern sowie Assoziationen zu den beiden Varianten. Wie bereits das Titelzitat des Beitrags zeigt, wird der Dativ unter anderem als Zeichen für Nachlässigkeit interpretiert.
Lena Schnee analysiert in ihrem Beitrag "Eingenordet - Morphologische Assimilation mittelniederdeutscher Lehnwörter im Altnordischen" die Liste mittelniederdeutscher Entlehnungen im Altnordischen Etymologischen Wörterbuch und zeigt, wie die mittelniederdeutschen Wörter, die in der Hansezeit in die skandinavischen Sprachen entlehnt wurden, an das Altnordische angepasst wurden. Dabei wendet sie ein Transderivationsmodell an, um die morphologische Assimilation nicht nur von ganzen Lexemen, sondern auch von Affixen und Wortstämmen nachzuvollziehen. Schnees Untersuchung ergibt, dass bei der Entlehnung in das Altnordische hauptsächlich die Affixe adaptiert wurden. Die mittelniederdeutschen Affixe wurden überwiegend durch native oder entlehnte altnordische ersetzt, was darauf hinweist, dass die Morphemgrenzen und Wortbildungselemente bei der Entlehnung als solche erkannt wurden. Als Erklärung hierfür führt Schnee die typologische Ähnlichkeit der beiden Sprachen an.
Die hier abgedruckten Beiträge sind in einem Lehrprojekt zum Thema "Wie verändern wir Sprache?" entstanden. Das im Rahmen des Universitätskollegs 2.0 aus Mitteln des BMBF geförderte Projekt fand vom Sommersemester 2017 bis zum Wintersemester 2017/18 an der Universität Hamburg statt. Insgesamt 17 Studierende beschäftigten sich über ein Jahr hinweg mit aktuellen und historischen Sprachwandelphänomenen und führten eigene empirische Forschungsprojekte durch, die sie auf der studentischen Tagung am 1.-3. Februar 2018 präsentierten. Die Beiträge beschäftigen sich aus diachroner sowie synchroner Perspektive mit Sprachvariation und -wandel.