Linguistik
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Sprachwahl und Sprachwahrnehmung sind im Deutschen unabdingbar geprägt durch das Wissen von einer Standardsprache. Dieses Wissen basiert für die meisten Sprecher auf der Erfahrung, dass in der Schule manche sprachliche Formen als korrekt, andere als falsch bewertet werden, außerdem auf der Tatsache, dass es Fixierungen der Regeln des Standards in Lexika und Grammatiken gibt. Wissen und Anerkennung dieses Standards sind unabhängig davon, dass keine dieser Kodifikationen unumstritten ist, dass viele Sprecher die Regeln nicht genau kennen und dass als Vorbilder anerkannte Personen (Nachrichtensprecher, Journalisten bestimmter Zeitschriften, Lehrer, Literaten u.a.) keineswegs einheitliche Regeln verfolgen. Der Standard ist fest assoziiert mit der Erfahrung einer legitimen Regelhaftigkeit, also mit Ordnung. Verwendung von Nonstandard wird mit Bezug auf diese Ordnung und von ihr unterschieden wahrgenommen. Diese relationale Sicht der Dinge ist sowohl subjektiv als auch intersubjektiv.
Woher kommt das neuerwachte Interesse an Sprachrichtigkeit? Woher kommt die ausgeprägte sprachliche Unsicherheit, die auch bei vielen hochgebildeten Menschen den Wunsch entstehen lässt, von Sprachpflegern über ihr Ureigenstes, nämlich ihre Muttersprache, belehrt zu werden? Obwohl Antworten auf diese Fragen letztlich spekulativ bleiben, wage ich doch die These, dass eine Ursache hierfür die Rechtschreibreform ist, die von einem Großteil der Bevölkerung nach wie vor nicht angenommen wird, die insgesamt weder zur Vereinfachung noch zu einer höheren Einheitlichkeit geführt hat; die aber andererseits ein öffentliches Nachdenken und Diskutieren über Sprachrichtigkeit in Gang setzte. – Jedenfalls ist die Verunsicherung ein Faktum, das von Linguisten nicht ignoriert werden sollte.
Ausgangspunkt: Die Kritik am "Zwei-Welten-Modell": Die grundlegende linguistische Unterscheidung zwischen "Sprache" und "Sprechen" ist im Rahmen der neueren Debatten um Sprachmedialität wieder verstärkt thematisiert und kritisiert worden. Lässt sich dieses schulbildende, in der Linguistik geradezu eherne Begriffspaar überhaupt noch sinnvollerweise aufrechterhalten? Oder muss es mindestens umdefiniert, vielleicht sogar gänzlich verworfen werden? Hat sich insbesondere die auf Chomsky zurückgehende Unterscheidung von Sprachkompetenz und -performanz nicht von selbst ad absurdum geführt, nachdem der linguistische Kognitivismus chomskyscher Provenienz Sprache als lebendiges Phänomen, als Medium menschlicher Kommunikation, vollständig aus dem Blick verloren hat? Führt nicht schon die scheinbar harmlose linguistische Differenzierung zwischen einer Sprachregel und ihrer Anwendung zu einer irreführenden und unangemessenen Verdinglichung von Sprache? ...
Diskurspragmatische Faktoren für Topikalität und Verbstellung in der ahd. Tatianübersetzung (9. Jh.)
(2005)
The paper presents work in progress on the interaction between information structure and word order in Old High German based on data from the Tatian translation (9th century). The examination of the position of the finite verb in correspondence with the pragmatic status of discourse referents reveals an overall tendency for verb-initial order in thetic/all-focus sentences, whereas in categorical / topic-comment sentences verb-second placement with an initial topic constituent is preferred. This conclusion provides support for the hypothesis stated in Donhauser & Hinterhölzl (2003) that the finite verb form in Early Germanic serves to distinguish the information-structural domains of Topic and Focus. Finally, the investigation sheds light on the process of language change that led to the overall spread of verb-second in main clauses of modern German.
In diesem Aufsatz geht es um die Datenbank ‚Mehrsprachigkeit’ und das System EXMARaLDA, die am SFB 538 ‚Mehrsprachigkeit’ der Universität Hamburg entwickelt werden. Da deren konzeptuelle und technische Details bereits an anderer Stelle ausführlich dargestellt worden sind (z.B. Schmidt 2004), soll der Schwerpunkt hier einerseits auf solchen Aspekten liegen, die – gemäß dem Thema des Workshops – mit allgemeineren Fragen zum Umgang mit computerverwertbaren, heterogenen linguistischen Datenbeständen zu tun haben. Andererseits soll versucht werden, aus den praktischen Erfahrungen der nunmehr vierjährigen Projektarbeit einige Erkenntnisse abzuleiten, die über den konkreten Projektzusammenhang hinaus für die weitere Arbeit auf diesem Gebiet interessant sein könnten.
Das Zustandspassiv : grammatische Einordnung – Bildungsbeschränkungen – Interpretationsspielraum
(2005)
Tagging kausaler Relationen
(2005)
In dieser Diplomarbeit geht es um kausale Beziehungen zwischen Ereignissen und Erklärungsbeziehungen zwischen Ereignissen, bei denen kausale Relationen eine wichtige Rolle spielen. Nachdem zeitliche Relationen einerseits ihrer einfacheren Formalisierbarkeit und andererseits ihrer gut sichtbaren Rolle in der Grammatik (Tempus und Aspekt, zeitliche Konjunktionen) wegen in jüngerer Zeit stärker im Mittelpunkt des Interesses standen, soll hier argumentiert werden, dass kausale Beziehungen und die Erklärungen, die sie ermöglichen, eine wichtigere Rolle im Kohärenzgefüge des Textes spielen. Im Gegensatz zu “tiefen” Verfahren, die auf einer detaillierten semantischen Repr¨asentation des Textes aufsetzen und infolgedessen für unrestringierten Text m. E. nicht geeignet sind, wird hier untersucht, wie man dieses Ziel erreichen kann, ohne sich auf eine aufwändig konstruierte Wissensbasis verlassen zu müssen.
Ziel des Teilprojekts ist die thematische Erschließung der Korpora, um sowohl themenspezifische virtuelle Subkorpora zusammenstellen zu können als auch aufgrund der Analyse sachgebietsbezogener Häufigkeitsverteilungen z.B. Lesarten disambiguieren zu können. Ausgangspunkt ist die Erstellung einer Taxonomie von Sachgebietsthemen. Dies erfolgt in einem semiautomatischen Verfahren, welches die Anwendung von Textmining (Dokumentclustering) und die manuelle Zuordnung von Clustern in eine externen Ontologie beinhaltet. Es wird argumentiert, dass die so gewonnene Taxonomie sowohl intuitiver als auch objektiver ist als bestehende, rein manuelle Ansätze. Sie eignet sich zudem gleichermaßen für manuelle als auch für maschinelle Klassifikation. Für letzteres wird der Naive Bayes'sche Textklassifikator motiviert und für ein klassifiziertes Korpus von knapp zwei Milliarden Wörtern evaluiert.