CompaRe | Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft
Refine
Year of publication
Document Type
- Article (9)
- Part of a Book (6)
- Review (5)
- Part of Periodical (2)
Language
- German (20)
- Portuguese (1)
- Spanish (1)
Has Fulltext
- yes (22)
Keywords
- Hölderlin, Friedrich (22) (remove)
Institute
- Extern (1)
Der Versuch, die Erfahrungen Ernesto Guevaras nach dem Zerfall der Studentenbewegung von 1968 durch mythologische Verfremdungseffekte und andere literarische Strategien als utopisches "VorBild" libertären Aufbruchs in poetisierter Form präsent zu halten, wird von Weiss zwar […] andeutungsweise unternommen, sogleich aber wieder durchgestrichen.
[…]
Mit seinem Geschichtsdrama hat Volker Braun […] ein Lob der revolutionären Torheit geschrieben, in dem Ernesto Che Guevara mit seinem irrationalen, blinden Enthusiasmus die Rolle eines kommunistischen Don Quijote, eines "guerillero errante" zwischen Ideal und Wirklichkeit zufällt.
[…]
Enzensbergers Ballade [deutet] die bolivianische Expedition Che Guevaras als psychologisch motivierte Flucht in die Eindeutigkeit vertrauter Freund-Feind-Schemata.
'Übergang' ist eine Metapher für die Beschreibung ideengeschichtlicher Prozesse. Sicher ist ihr Bedeutungsfeld weiter. Kurt Röttgers (2007) nennt neben der anthropologischen Konstante: dem Übergang als Erfahrung von Tod und Geburt, den Übergang als Metamorphose, den Übergang als Transzendieren sowie dessen Negation: nämlich das Transzendieren als ein unstatthaftes, gar mit Tabu belegtes Übergehen von einer Sphäre in die andere. Hinüberzugehen kann, so Röttgers weiter, auch bedeuten, über eine Schwelle zu gehen, fortzuschreiten zu Neuem und in diesem Akt des Fortschreitens das Werden und die Geschichte, ja die Geschichtlichkeit selbst, auch in ihrer radikalen Verneinung alles Vorangegangenen, zu bejahen. Gerade im Zusammenhang mit letzteren Bedeutungszuschreibungen hat die Metapher des Übergangs im geschichtsphilosophischen beziehungsweise bewusstseinsphilosophischen Konzept des Deutschen Idealismus ihre Nobilitierung erfahren. Bewusstseinsphilosophisch ist dieses Konzept insofern, als es von den seit Descartes zentralen Prämissen der Orientierung an sich selbst sowie der Bildung von Allgemeinbegriffen ausschließlich auf der Grundlage von Erfahrung und damit auf der Grundlage von etwas zunächst in der Vorstellung Gegebenem ausgeht (vgl. Zeuch 2001). Die Frage, der ich im Folgenden nachgehe, ist, ob diesem Konzept, das seinen Kairos um 1800 hat, ein besonderes Potential zukommt, das der Ideengeschichte gegen ihre Kritiker auch in der Gegenwart eine 'raison d'etre' verleiht, wenn es um den Rekonstruktionsversuch komplexer gesellschaftlicher, politischer, philosophischer Zusammenhänge und Kontinuitäten über mehrere Epochen oder Zeitabschnitte hinweg geht.
"Schillers praktische Idee der Tragödie." - Sein eigenes Leiden an den Existenzbedingungen des Menschen, der zwischen dem "Zustand" der Gebundenheit an die Widersprüchlichkeiten des Daseins, und der "Person" der befreienden Tätigkeit des Geistes, hin- und herschwebt, hat Hölderlin in Schiller meisterhaft widergespiegelt gesehen. Es ist aber Schillers Fähigkeit des Austragens dieser gespannten Existenzbedingung sowohl in seinen Werken als auch in seinem Leben, die Hölderlin am meisten bewundert hat.
Wenige Phasen in der Kulturgeschichte Deutschlands sind so sehr durch die Präsenz eines prophetischen Diskurses gekennzeichnet gewesen wie das erste Drittel des 20. Jahrhunderts. In der Zeit vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs und in den Jahren der Weimarer Republik, die einmal die "Krisenjahre der Klassischen Moderne" genannt wurden, taucht eine Vielzahl von selbsternannten Geistersehern, Wunderwirkern und Heilsbringern auf, die auf allen Gebieten des gesellschaftlichen Zusammenlebens Abhilfe und Erlösung versprechen. Die Allgegenwärtigkeit dieses Versprechens lässt daran zweifeln, dass der von Heilssuche getragene prophetische Diskurs im Rücken einer sich fortentwickelnden Wissenschaftskultur stattgefunden hat. Vielmehr gehört sein Erlösungsversprechen zu den "beherrschenden Gedanken" der damaligen Zeit und bezeugt die prekäre Koexistenz von Wissenschaft einerseits und Prophetie andererseits. "Es sei", schreibt der Philosoph Max Scheler am Ende der Weimarer Republik, "eine beispiellose Sehnsucht nach Führerschaft allüberall lebendig", die eine entsprechende Anzahl von Propheten, Heilanden und Weltverbesserern mit sich bringt. Angesichts dieser geistesgeschichtlichen Lage konnte eine Erinnerungsfeier für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges, um ein Beispiel aus dem Jahr 1922 anzuführen, leicht in die Frage münden: "Wann kommt der Retter Deutschlands?" Der Historiker Klaus Schreiner hat diese Frage, die Honoratioren aus einem kleinen Kurort in der Lüneburger Heide aufgeworfen haben, zum Titel einer umfangreichen Studie über den politischen Messianismus in der Weimarer Republik gemacht. [...]
Vom "Messias der Dichtung" soll im Folgenden die Rede sein. Wie sich zeigen wird, ist mit dieser Figur, über deren Besonderheiten und Begrenztheiten hinaus, zugleich das "Verlangen nach einem Messias der starken Hand für das Ganze" verbunden.
Prophet
(2016)
Propheten sind in der Moderne ein Anachronismus: Unsere Zukunft gilt als 'kontingent' und wird nicht 'vorhergesagt', wer 'Visionen' hat, so eine bekannte Äußerung Helmut Schmidts, der möge zum Arzt gehen, und der moderne Prognostiker wird betonen, dass er eben kein Prophet mehr ist. Der Prophet ist allenfalls ein Gegenbild. Das ist möglich, weil er eine lange Faszinationsgeschichte hat, in der ihm ein hohes Maß an Prägnanz und Wiedererkennbarkeit zugewachsen ist. Der Prophet ist eine echte 'Figur' der Zukunft: eine bestimmte Konfiguration des Umgangs mit und des Sprechens über Zukunft, die leicht zitierbar und zugleich hochgradig deutungsfähig ist. Dabei 'weiß' der Prophet die Zukunft nicht nur, sondern kann von diesem Wissen aus über die Gegenwart urteilen; er hat so etwas wie 'moralische Autorität', die mit Mahnung, Kritik, Trost und Appell assoziiert wird. Der Prophet, im Rahmen der Etymologie des griechischen prophetes am ehesten als 'Fürsprecher' zu übersetzen, spricht 'im Namen' einer höheren Wahrheit, er tritt als Bote eines höheren Wissens oder einer göttlichen Instanz auf, von der er auch sein Wissen von der Zukunft bezieht. Weil dieses Wissen exklusiv durch ihn vermittelt wird, hat er eine Verantwortung für dessen Übermittlung. Daraus resultiert oft eine Spannung: Einerseits ist der Prophet eine individuelle, unvertretbare Figur, andererseits Sprecher einer 'Sache', der er sich unterordnet. Diese Spannung hat sich kulturell als ausgesprochen produktiv erwiesen und bringt eine spezifische Rhetorik der Zukunft hervor, die bis in die Moderne hinein auch noch dort wirkt, wo der Prophet als Gegenbild beschworen wird.
"La cosmogonie est un genre littéraire d’une remarquable persistance et d’une étonnante variété, l’un des genres les plus antiques qui soient." Mit diesen Worten umreißt Paul Valéry in einem Essay über Edgar Allan Poes Prosagedicht "Eureka" die Bedeutung des literarischen Genres der Kosmogonie, der mythischen Erzählung der Weltentstehung, und hebt dabei deren anhaltende, bis in die Moderne reichende Wirkungsgeschichte hervor. Man wird Valérys Bemerkung ohne weiteres zustimmen können: Ist doch die Idee des Kosmos nicht nur eine alte, bis in die Antike zurückreichende Denkfigur, die ihrer Herkunft nach mythischen und religiösen Vorstellungen entstammt. Sie ist darüber hinaus eine Figur, die auch im neuzeitlichen Denken, etwa in verschiedenen philosophischen und literarischen Richtungen der Renaissance, eine erneute Konjunktur erfährt und deren Nachwirkungen sich bis in die Moderne verfolgen lassen. Dabei mag man nicht nur an die Rekurrenz des Kosmischen in moderner Esoterik, New Age oder Fantasy-Literatur denken, sondern mehr noch an neuere philosophische und epistemologische Ansätze, die in entscheidenden Hinsichten an Momente des alten Kosmos-Denkens anschließen und letzteres unter wenngleich veränderten Vorzeichen wieder aufnehmen. Doch wie kommt es zu dieser eigentümlichen Persistenz des Kosmos-Begriffs?
1998 erschien in Ungarn ein Gedichtband von Endre Kukorelly unter dem Titel H.Ö.L.D.E.R.L.I.N. Es kam nicht von ungefähr, dass Attila Bombitz, seiner Besprechung den vielsagenden Titel In Hölderlin (Hölderlin ist in) gab, denn in den 90er Jahren haben sich neben Kukorelly auch andere Autoren produktiv mit dem Hölderlinschen Werk auseinandergesetzt, außerdem sind mehrere selbstständige Hölderlinausgaben erschienen, gleichsam als Manifestationen einer zwar unerwarteten, aber wohl kaum abstreitbaren ungarischen Hölderlinrenaissance. Alle Rezensenten des Gedichtbandes konzentrierten sich auf die Deskription der poetischen Verfahren, mittels deren Kukorelly die die ungarische Hölderlinrezeption beherrschenden romantischen Hölderlintopoi gewissermaßen zu dekonstruieren versuchte.
Die poetische Evokation von Strömen und Flüssen, die als Verkehrswege verschiedene Länder und Sprachgemeinschaften untereinander verbinden, erinnert an die poetische Utopie grenzüberschreitend-universaler Kommunikation. Dem Bildfeld um Wasserläufe und Wasserwege affin ist das Bild der Quelle, die zudem für Ursprünglichkeit, Lebendigkeit, Erneuerung steht. Insofern enthält bereits der Titel des (im folgenden vorzustellenden) poetischen Projekts, mit dem Schuldt und Robert Kelly an Hölderlin anknüpfen, in nuce ein poetisch-utopisches Programm. Zudem fällt der Name eines Flusses, der einem Vielvölkerstaat seinen Namen gab: "Am Quell der Donau / Unquell the dawn now" […]. Mit dem zweiten Teil des Titels, der sich als klang-analoge, wenngleich semantisch inäquivalente Übersetzung des ersten versteht ("Unquell the dawn now"), kommt zugleich die nicht minder symbolträchtige Übergangszeit der Dämmerung ins Spiel – einer von vielen merkwürdigen sprachklanglich bedingten Zufällen, deren Erkundung sich dieses Projekt verschreibt. Schon der bilinguale Titel vollzieht eine Grenzüberschreitung – nicht nur zwischen der deutschen und der englischen Sprache, sondern auch zwischen 'Eigenem' und 'Fremdem'. Denn der erste (deutsche) Teil ist Zitat. Friedrich Hölderlin, der in seinem lyrischen Werk die Ströme Europas besungen und dabei eine komplexe symbolische Topographie entfaltet hat […], liefert die "Quelle", von der aus der bilinguale Sprach-Fluß seinen Ausgang nimmt.
El estudio "Zwei Gedichte von Friedrich Hölderlin" es el primer ensayo crítico de Walter Benjamin. Respecto de dicho ensayo, los intérpretes se han concentrado en sus tesis e influencias más generales, sin reconocer por otro lado ciertos giros heterodoxos presentes en su lectura de Hölderlin. Así, tras el velo de sus postulados crítico-metodológicos, es possible reconocer un abordaje moderno de la poética hölderliniana, donde los motivos filosóficoidealistas aparecen desplazados por una lectura sensual y materialista. Dicho giro obedece a la presencia de intuiciones que más tarde constituirán los ejes fundamentales del pensamiento benjaminiano.
Hölderlin und Hegel heute
(2020)
Die Wege des Dichters und des Philosophen, die sich in revolutionären Zeiten im Tübinger Stift kennengelernt hatten, waren verschieden und doch vielfältig verbunden. Immer wieder und besonders häufig in diesem doppelten Jubiläumsjahr 2020 sind die Dioskuren des deutschen Idealismus Gegenstand der Betrachtung und Bewunderung gewesen. [...] Am 9. Dezember 2020 wollen wir uns unter dem Titel "Hölderlin und Hegel heute" den Werken dieser beiden Schwaben jedoch vor allem unter der Fragestellung nähern, was diese denn mit uns heute noch oder wieder zu tun haben könnten.