CompaRe | Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft
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1999/2000 ist es dem Roman Les particules élémentaires gelungen, nicht nur die berufsmäßigen Literatur-Interessenten weltweit in Aufregung zu versetzen – das scheinbar so anspruchslose Buch hat überall auch unter den literarischen Laien für Furore gesorgt. - Michel Houellebecq beherrschte urplötzlich alle Feuilletons und schien sogar im Fernsehen allgegenwärtig zu sein.
Varianten oder Zeichen : zur Diskussion um die Textlichkeit der Bibel von Spinoza bis Derrida
(2007)
»Die Bibel: iss für mich’n unordentliches Buch mit 50 000 Textvarianten. Alt und buntscheckig genug, Liebeslyrik, Anekdoten [...]«. Zugegeben: Arno Schmidt, in dessen 1955 erschienener Erzählung Seelandschaft mit Pocahontas sich der dem Verfasser keineswegs unähnliche Protagonist derart spöttisch äußert, mag nicht gerade der berufenste Kommentator für die Heilige Schrift sein! Allzu oft und unmissverständlich hat dieser sogenannte ›Solipsist in der Heide‹ klar gemacht, dass er sich als Atheist verstand und auch als solcher verstanden wissen wollte. Aber trotzdem: Wer der Bibel nicht glaubt, der kann sie womöglich umso unbefangener als Text wahrnehmen, kann sich eventuell umso ernsthafter mit ihrer Sprachlichkeit auseinandersetzen und Qualitäten erkennen, die über den theologischen Wahrheitsgehalt hinausreichen und doch mit der Frage nach der Wahrhaftigkeit des Schriftsinns verbunden bleiben.
Genaueste Lektüre der Zeichen, "mit denen die Welt zu uns spricht wie ein großes Buch", und vernünftige Schlussfolgerungen daraus − das ist die Methode, mit der William von Baskerville im frühen 14. Jahrhundert arbeitet. Der Franziskanerbruder stützt sich insofern - auch bei den Todesfällen, die später im Kloster geschehen und um deren Aufklärung er sich bemüht - auf die Methode der so genannten 'Abduktion'. Dieses Verfahren ist durch den amerikanischen Wissenschaftstheoretiker Charles S. Peirce (1839-1914), auf den der Begriff 'Abduktion' zurückgeht, als Vorgang definiert worden, "in dem eine erklärende Hypothese gebildet wird". Die Besonderheit der Abduktion liegt dabei darin, dass sie das einzige Verfahren einer Schlussfolgerung darstellt, das eine tatsächliche Erweiterung des Wissens zur Folge hat - um den Preis allerdings, dass man sich auch irren kann. Alle anderen logischen Schlüsse decken demgegenüber immer nur auf, was in ihren Prämissen bereits enthalten ist.
In seiner Vorlesungsreihe zu den Anormalen rekonstruiert Foucault die Genealogie des Anormalen-Diskurses, wie er in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts emergierte. Damals formierte sich „die unbestimmte und verworrene große Familie der ‚Anormalen‘“ (421); eine Familie, deren Stammbaum nach drei Stämmen aufgeteilt werden kann: nach den Genealogien des Monsters, des Korrektionsbedürftigen und des Onanisten. Unser Vorlesungsausschnitt (124-142) nun gehört zum Versuch der historischen Rekonstruktion des Monsterdiskurses.
Mit dem Motto »Das Spiel der Mächtigen« haben die Salzburger Festspieldialoge 2009 einen Titel aufgegriffen, den ursprünglich Giorgio Strehler für seine Inszenierung von William Shakespeares Königsdramen gewählt hatte, die 1973 bei den Salzburger Festspielen gezeigt wurde. Der Titel steht aber nicht nur für eine groß angelegte Shakespeare-Inszenierung, sondern geradezu programmatisch auch für eine Form des Regietheaters, die in Salzburg Furore machte. Denn Strehler nahm bei den Stücken Heinrich V. und Heinrich VI. nach eigenen dramaturgischen Erwägungen Kürzungen vor, komponierte sie um und kommentierte sie durch andere Dramen Shakespeares, indem er Textpassagen aus Macbeth, König Lear, König Johann und Richard II. in seine Inszenierung integrierte.
Der Vorhang öffnet sich zunächst nur einen Spalt zu Alban Bergs Oper Lulu, die anlässlich der Salzburger Festspiele 2010 in der Felsenreitschule inszeniert wurde. Zu erwarten ist, dass nun ein Sänger in der Rolle des Tierbändigers mit Hetzpeitsche in der einen und Revolver in der anderen Hand aus dem bunt gestreiften Vorhang wie durch den Eingang eines Zirkuszeltes schlüpft, um anzukündigen, dass in der nun folgenden Aufführung nicht – wie in gängigen "Lust und Trauerspielen" – lediglich gezähmte "Haustiere" gezeigt werden, sondern hier "[m]it heißer Wollust und mit kaltem Grauen" endlich "[d]as wahre Tier, das wilde, schöne Tier" erlebt werden kann.
Impurismus ist eine uralte Weltanschauung und eine alte Poetik. Beides habe ich in meinem Buch von 2007 Illustrierte Poetik des Impurismus ausführlich dargestellt. Da ich mich nicht wiederholen will, kann ich die umfangreichen Funde zum Thema hier nicht erneut vortragen. Andererseits soll der Leser dieser Fortsetzung nicht ganz unvorbereitet in die Materie einsteigen. Deshalb will ich einige nackte Fakten als Erinnerung hier zusammenstellen, muß aber doch dringend auf die anschaulichen Grundlagen in dem genannten Buch verweisen, sonst verschreckt die in aller Kürze vorgetragene Ungeheuerlichkeit der ganzen Entdeckung manchen willigen Leser. ...
In Vagabondaggio from the early collection Il gioco del rovescio, Tabucchi undertakes an oneiric and personal approach to the life and work of the Italian symbolist poet Dino Campana (1885–1932). The text is based on Nietzsche’s aphorism "Reisende und ihre Grade" ( Menschliches, Allzumenschliches), which establishes five categories of voyagers. Tabuchi uses these as stages in the protagonist’s quest for personal aesthetics. The aesthetics itself alludes to major motives in Campana’s masterpiece, Canti Orfici.
Die zweifellos größte Herausforderung für die Literaturwissenschaft in den letzten beiden Jahrzehnten ging vom sog. "Poststrukturalismus" aus, der, aus Frankreich kommend, auf den theoretischen Voraussetzungen des klassischen Strukturalismus aufbaut und diesen zugleich überwindet. War bereits für den klassischen Strukruralismus nach Ferdinand de Saussure die Bedeutung einer sprachlichen Äußerung das Produkt ihrer differentiellen Zeichenstruktur, so öffnet die neostrukturalistische Theoriebildung das bei Saussure noch als geschlossen gedachte System der Sprache in die prinzipielle Unbegrenztheit der Kombinationen und Relationen in der Ordnung der Zeichen.
Einleitung
(2005)