CompaRe | Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft
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Meta Forkel, 1765–1853
(2018)
Sophie Margarethe ("Meta") Dorothea Liebeskind, als Mitarbeiterin in der "Übersetzungsfabrik" Georg Forsters besser bekannt unter dem Namen ihres ersten Mannes, Forkel, gehört mit über 20, zum Teil mehrbändigen übersetzten Werken zu den produktivsten Übersetzerinnen ihrer Zeit. Ihre beachtliche Leistung als Übersetzerin wird noch deutlicher, wenn man sich vor Augen hält, dass ihre Übersetzungen bis auf wenige Ausnahmen in dem vergleichsweise kurzen Zeitraum zwischen 1788 und 1799 entstanden sind.
Karl Dedecius, 1921–2016
(2018)
Karl Dedecius gilt als einer der produktivsten deutschen Übersetzer polnischer Literatur und als herausragende Persönlichkeit des deutsch-polnischen Dialogs in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Er starb am 26. Februar 2016 hochbetagt in Frankfurt am Main und hinterließ ein umfangreiches Œuvre, das ca. 200 übersetzte Bücher polnischer und russischer Literatur (darunter zahlreiche Anthologien) sowie mehrere essayistische Werke umfasst. Das Kernstück bilden die 50 Titel der von ihm initiierten und herausgegebenen "Polnischen Bibliothek" (1982–2000) sowie die sieben jeweils ca. 900 Seiten starken Bände des "Panoramas der polnischen Literatur des 20. Jahrhunderts" (1996–2000). Die Liste der von ihm übersetzten Autoren umfasst gut 300 Namen.
August Brücher, 1888–1967
(2018)
August Brücher ist in den Jahren des Ersten Weltkriegs und der Weimarer Republik als Übersetzer aus dem Französischen hervorgetreten. Da seine Texte überwiegend in Zeitungen und Zeitschriften veröffentlicht wurden, erlangte er nicht die Bekanntheit anderer zeitgenössischer Übersetzer. Gerade diese Nebenrolle im Literaturbetrieb macht die Beschäftigung mit seinem Leben und Werk zu einer interessanten Aufgabe.
Ludwig von Alvensleben war einer der produktivsten Übersetzer des 19. Jahrhunderts. Er gilt daher heute manchen als Prototyp des nur auf Quantität bedachten "Fabrikübersetzers". Dass die Zeitgenossen seine Übersetzungstätigkeit nicht ganz so negativ einschätzten, lässt sich an seinerzeit veröffentlichten Rezensionen erkennen. Der Blick in die Bibliographie macht allerdings auch deutlich, dass sich seine Übersetzungen im Literaturbetrieb bzw. am Buchmarkt nicht lange halten konnten.
Rezension zu Gabriel Mages: Die Übertragung bei Jacques Lacan, Turia und Kant, 2017; Bruce Fink: Lacan on Love. An Exploration of Lacan's Seminar VIII, Transference, polity press, 2016; Achim Geisenhanslüke: Die Sprache der Liebe. Figurationen der Übertragung von Platon zu Lacan, Wilhelm Fink, 2016.
Klaus Heinrich im Gespräch mit Wolfram Ette und Volkmar Billig zur Frage, in welcher Weise gerade die Städte eine gattungsgeschichtliche Utopie zu formulieren in der Lage sein könnten, die alle Konflikte, Brüche und Unvereinbarkeiten, die das Leben der Menschen bestimmen, ausstellen? Sind Ruinen, Brachflächen und die in die Stadt einwachsende Natur ein Indiz für ökonomischen Niedergang und stadtplanerisches Versagen oder drückt sich daran, wenn auch vielleicht ungewollt, eine realistische Korrektur eines falschen stadtplanerischen Rationalismus aus? - Religionswissenschaft thematisiert, Klaus Heinrich zufolge, "das Verdrängte der Philosophie". Neben den Religionen hat sie daher auch die Künste zu Bundesgenossen - und eben die Psychoanalyse, die selbst einen Gegenentwurf zum Rationalismus der europäischen Aufklärung praktiziert.
Mit der Montage von vier szenischen Verdichtungen möchte der Beitrag zunächst nachzeichnen, wie sich Platons Unterscheidung von Himmlischer und Irdischer Liebe bei Thomasius, Kant, Forster und Hegel zur männlichen Affektökonomie eines Denkens der Ästhetik ausgeprägt hat. Es wird sich sodann die Frage stellen, ob selbst noch Freud in den problematischen Grenzen einer solchen Ästhetik gefangen bleibt, als er 1907 in Rom fasziniert vor Tizians Gemälde "Himmlische und Irdische Liebe" steht, ins "Phantasieren" kommt und beschließt, seine "Beiträge zur Psychologie des Liebeslebens" zu verfassen.
Humorgebilde der Übertragung : die schöpferischen Akte des Symptoms, die Träume und das Lachen
(2018)
Weit entfernt von einer Klassifikation "psychischer Erkrankungen" mittels objektivierter Zeichen begreift die analytische Konzeption das Symptom als eine singuläre "Kompromissbildung", die für das Subjekt den Wert eines Rätsels hat. Diese Singularität sowie ein In-Perspektive-Setzen des Rätsels wecken die Kreativität des Symptoms in der analytischen Kur, sobald das Symptom hier auf einen "Traumapparat" trifft und es möglich wird, die fundamentalen Fragen des Subjekts in der Übertragung in Bewegung zu setzen. Daher kann der Vorwand des Symptoms die Realisierung aufkeimender Übertragungsbildungen auslösen, bis diese häufig ein lautes Lachen verursachen: Zeichen der Bewältigung innerer Konflikte und der Enthüllung der Wahrheit des Begehrens. Von der Klage zum Humor, vom Leiden zum Lachen - die fruchtbaren Bewegungen, die durch die Sprache des Symptoms initiiert werden, durchlaufen den komplexen und beweglichen Überschwang der Träume, die die interpretierbaren Beziehungen durch die sprachliche Modifikation des Körpers und der Affekte liefern. Wäre die subversive Kraft des durch die Deutung hervorgerufenen Lachens dann eine Art der Heilung der zuvor im Symptom eingekapselten Figuren?
Extrakt
(2018)
Mit Nietzsches Rede von der "Wahrheit als Weib" verabschiedet sich die fröhliche Wissenschaft von jeder idealistischen Philosophie, die dem Phantasma der durch einen männlichen Akt epistemologischer Gewalt entschleierbaren 'nuda veritas' aufsitzt. Wenn man Nietzsches Bezug auf die mythologische Baubo und deren Geste der Selbstentblößung nachverfolgt, wird Nietzsches Praxis als Überwindung des Willens zum Wissen deutlich erkennbar. Denn jene Geste der Baubo, die sich jeder ultimativen Deutung entzieht, bleibt dennoch äußerst wirkmächtig, und das nicht nur für Nietzsche selbst: Der Text schlägt vor, Georges Batailles Mobilisierung der Figur des 'Acéphale' in den 1930er Jahren als Variation der Baubo zu lesen - dies auch, jedoch nicht nur aufgrund ikonografischer Affinitäten. Gleiches gilt für Jacques Lacans theatralische Inszenierung von Gustave Courbets Gemälde "L'origine du monde", einer wichtigen Quelle für dessen "Seminar III: Die Psychosen". Diese Filiationen der Baubo eröffnen ein Denken der Unmöglichkeit eines Wissens vom eigenen Ursprung, das kastrierend-bedrohlich, in seiner Rätselhaftigkeit fetischistisch reizend oder fröhlich-affirmativ besetzt werden kann. Ob die apotropäische Geste der Baubo als obszön, (unheil)schwanger, tröstend oder belustigend empfunden wird, an ihr stellt sich unvermeidlich die Frage nach der sexuellen Differenz und den Möglichkeiten der Symbolisierung des Weiblichen im männlichen Diskurs.
Der Beitrag besteht aus Cassins Zitatsammlung, die ihrem Versuch zugrunde liegt, die Psychoanalyse, ausgehend von der antiken, von Aristoteles und Platon gleichermaßen bekämpften Sophistik, zu denken. Dabei werden vor allem die Spuren herausgearbeitet, die die Sophistik im Werk Jacques Lacans hinterlassen hat. In spielerischer Weise wird die Sophistik aus dem Schatten der aristotelischen Metaphysik hervorgeholt und die Psychoanalyse, insbesondere diejenige Lacan'scher Prägung, als radikale Setzung auf die Wirkung des Buchstabens in neuem Licht dargestellt.
Der Beitrag erkundet die besondere Zeitlichkeit der Psychoanalyse ausgehend von Muße und Müßiggang, Konzepten, die in Nietzsches "Fröhlicher Wissenschaft" eine wichtige Rolle spielen, in Freuds Werk, in dem bekanntlich zahlreiche Arbeitsbegriffe dominieren, jedoch kaum vorkommen. Dennoch lässt sich im Briefwechsel zwischen Freud und Arnold Zweig eine wichtige Spur des Müßiggangs für Freuds eigenes Schreiben aufzeigen. Freud spricht in einer signifikanten Passage, in der es um die existenzielle Bedrohung durch den Nationalsozialismus geht, von einem "Überschuss an Muße". Aus dieser Suspension heraus entsteht sein letztes großes Schreibprojekt: "Der Mann Moses". Muße erweist sich zunehmend als ein Begriff, in dem sich eine andere Zeitlichkeit eröffnet, die etwas mit der Arbeit des Unbewussten in der Psychoanalyse zu tun hat. Der Beitrag schließt, indem die Autorin ihre persönliche Erfahrung dieser anderen Zeitlichkeit schildert. Dabei gerät der Warteraum des Psychoanalytikers als Schwellenraum zwischen der alltäglichen Arbeit und der Arbeit in der Psychoanalyse in den Blick.
Der Begriff und das Thema einer "Fröhlichen Wissenschaft" sind bei Nietzsche paradox, kämpft der Philosoph doch in vielen seiner Texte gegen die Wissenschaft. Denn dem Begehren nach Wissen haftet etwas Reaktives und somit Trauriges an. Wie wird nun eine Leserin Freuds diese Ambiguität verstehen, wenn sie sie ins Verhältnis mit der doppelseitigen und komplexen Verbindung von Todestrieb und sexuellem Trieb setzt?
Diversität - und mehr noch das englische 'diversity' - ist ein Zauberwort, das für die verschiedensten Anliegen verwendet werden kann: vom bloßen Lobpreis der Vielfalt über den Appell bis hin zur regulativen Idee globalen politischen Handelns. Der Anthropologe Steven Vertovec sieht in diesem Wort Potential für ein "organizing concept" der Sozial- und Lebenswissenschaften. In der Tat ist Diversität nicht nur ein Bezugspunkt verschiedener Wissenschaften. Auch Körperschaften wie Schule und Universität regeln Chancengleichheit und Zugang im Namen von Diversität, und Unternehmen betreiben ein sogenanntes Diversitätsmanagement, bei dem heterogene Belegschaften zu einer wirtschaftlichen Ressource funktionalisiert werden. Vermutlich ist es gerade der vielfachen Adressierbarkeit geschuldet, dass wir es bei 'Diversität' mit einem politisch hochgradig überformten, theoretisch jedoch weithin unterbestimmten Begriff zu tun haben.
Am 31. Januar fand am ZfL die Verleihung des Carlo-Barck-Preises an Kevin Liggieri statt. Liggieri erhielt den Preis für seine Dissertation "Zur Kultur- und Begriffsgeschichte der 'Anthropotechnik'. Eine Untersuchung programmatischer Diskurse zwischen 'Menschenzucht' und 'Menschenbehandlung'". Wir dokumentieren hier die beiden Reden von Eva Geulen und Ernst Müller anlässlich der Preisverleihung.