CompaRe | Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft
Refine
Language
- German (5) (remove)
Has Fulltext
- yes (5)
Is part of the Bibliography
- no (5)
Keywords
- Motiv (5) (remove)
"The art of making beautiful prints in less than an hour : die Dunkelkammer in filmischer Reflexion
(2020)
Mit erstaunlicher Persistenz findet die Dunkelkammer über Jahrzehnte hinweg Eingang in den fiktionalen Film: als visueller wie narrativer Topos, als Handlungsort und als stabiles ikonisches Ensemble - und dies durchaus unter Absehung von der tatsächlichen historischen Relevanz der Dunkelkammer für die fotografischen Fertigungsprozesse im jeweiligen Handlungszeitraum der Filme. Mehr noch: Insofern selbst heute noch Filme mit klarem Gegenwartsbezug die Dunkelkammer thematisieren und reflektieren, findet sich auch hierin die Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen wieder. Selbst in Filmen, die ganz selbstverständlich dem Primat der Digitalfotografie und ihrer Materialisierung auf den verschiedensten Displays huldigen, bleiben die Dunkelkammer und die in ihr vollzogenen Prozesse präsent. Im Folgenden soll daher den prominentesten filmischen Narrativen und Motivgestaltungen dieses Zusammenhangs sowie der Frage nach Gründen für die offenkundige Faszination des Mediums Film gerade für diesen Teil der fotografischen Bildgenese nachgegangen werden. Es wird sich zeigen, dass ungeachtet der relativen Breite an einschlägigen Motivverwendungen doch rekurrierende narrative und ikonische Muster identifiziert werden können, die der Dunkelkammer als Handlungsort einen begrenzten Korpus von Funktionalisierungen und Handlungsketten zuweisen und sie dabei als je unterschiedlichen semantischen Raum konstruieren. Gemäß der medienkomparatistischen Grundannahme, dass die Fremdreflexion eines Mediums immer auch eine Selbstreflexion des eigenen Mediums mit sich bringt, wird ferner zu beobachten sein, welche Figurationen von Fremd- und Selbstbeobachtung der Film in seiner Handhabung des Dunkelkammermotivs vollzieht.
Der Beitrag skizziert den Stand der Motivforschung und entwickelt darauf aufbauend einen operationalisierbaren Motivbegriff, eine Typologie literarischer Motivik sowie ein Analyseinstrumentarium, das den narrativen Kern von Motiven erkennbar macht und seinen unterschiedlichen Ausgestaltungsdimensionen gerecht wird. Damit sucht der Beitrag die Ergebnisse von verschiedenen Forschungs- und Publikationsprojekten an den Universitäten Bremen und Duisburg-Essen seit 2017 zusammenzufassen.
Vermutlich in den ersten Monaten des Jahres 1817 besucht der englische Dichter John Keats zusammen mit dem Freund und ebenso selbstbewussten wie streitbaren Historienmaler Benjamin Robert Haydon das British Museum und verfasst im Anschluss daran tief beeindruckt zwei Sonette, die seiner Reaktion auf das Erlebte Ausdruck geben. [...] Der erste der beiden Texte gilt als exemplarisch für das, was man die 'zweite Generation' der englischen Romantiker nennt. Während die Texte der ersten Generation mit Wordsworth und Coleridge weithin einlösen, was deren 'Preface' programmatisch als expressiv ausgerichtete sprachliche Umsetzung eines "spontaneous overflow of powerful feelings" samt damit zu erzielender "emotion recollected in tranquillity" bezeichnet und sich mit am paradigmatischsten in Wordsworths bekanntem "Daffodils"-Gedicht als Koppelung der Deskription einer unerwarteten einmaligen Naturerfahrung mit dem Kommentar einer auf Dauer gestellten imaginationsgeleiteten Wiederholungsmöglichkeit ebendieser Erfahrung ausgeführt findet, sieht man die Texte der zweiten Generation von Keats und Shelley vorzugsweise eher als, wenn auch heterogene, so doch kontinuierliche Fortführung des romantisch-expressiven Projekts mit einerseits verstärkt ästhetisierendem und andererseits deutlicher politisierendem Einschlag. Ich will im Folgenden zunächst in einem ersten Schritt einer solchen noch weitgehend mimetisch an der abbildenden Darstellung von Objekten orientierten Lektüre nachgehen, bevor ich sodann in einem sich daran anschließenden zweiten Schritt den Versuch unternehme, Keats' Sonett in einer intermedial und medienkomparatistisch an der Textperformanz ausgerichteten Lektüre als ein Beispiel dafür zu lesen, dass sich erstaunlich früh schon im 19. Jahrhundert eine Tendenz abzuzeichnen beginnt, die man gewissermaßen als zukunftsweisenden Ausbruch aus der Mimesis bezeichnen kann.
Dem Beobachter der literarischen Szene in Deutschland fällt früher oder später auf, dass Alexander von Humboldt - von einem Vorgriff um 1980 abgesehen - im ersten Dezennium des 21. Jahrhunderts zu einer Hauptgestalt literarischer Fiktion geworden ist. Wie ist die Ikonisierung des Forschungsreisenden und Universalgelehrten im deutschen Roman zu erklären? Was fasziniert, was provoziert die Autoren an diesem Mann, an diesem Leben? Welche Motive, welche subjektiven Haltungen, welche substantiellen Gehalte lassen sich bei der Lektüre dieser Romane erschließen? Welche stilistischen Differenzierungen haben Humboldts Diktion in seinem eigenen Bericht über seine berühmte Forschungsreise und seine distanzierte Haltung gegenüber dem human factor bei Autoren der Gegenwart herausgefordert? Kaum einem Autor geht es lediglich um eine fiktionalisierte Biographie oder um eine populärwissenschaftliche Aufbereitung von Humboldts Forschungen mit literarischen Mitteln. In einer Zeit, in der auch die Wissenschaftsgeschichte ihre Narrative kreiert, wird bei den Schriftstellern der Lebensstoff des Gelehrten und Reisenden zum Material poetischer Transformation. Es sind die Autoren, die Schwerpunkte setzen, Konfigurationen erfinden, Obsessionen und Idiosynkrasien artikulieren. Besonderes Interesse verdienen in den deutschen Romanen die Figurenkonstellationen, in die Humboldt versetzt wird: Humboldt und sein Diener Seifert, Humboldt und sein Freund und Begleiter Aimé Bonpland, Humboldt mit Goethe und anderen, Humboldt und Gauß. Auch im internationalen Kontext betrachtet rückt in etwa zeitgleich entstandenen Romanen Humboldts Leben ins Zentrum, wo es noch freier behandelt wird: als Gegenstand einer modernen wissenschaftlichen Forschungsreise, als Graphic Novel, als Muster für eine Parallel-Biographie. Da nicht vorausgesetzt werden kann, dass die zu besprechenden Werke allgemein bekannt sind, soll eine differenzierte Bestandsaufnahme, in der auch ein geschärfter Blick aufs Detail gerichtet wird, den Leser in die Lage versetzen, den Vergleich der verschiedenen Annäherungen an Alexander von Humboldt besser beurteilen zu können.
Rezension zu Jürgen Gunia: Die Sphäre des Ästhetischen bei Robert Musil. Untersuchungen zum Werk am Leitfaden der "Membran". Würzburg (Königshausen & Neumann) 2000 (= Epistemata. Würzburger wissenschaftliche Schriften; Bd. 331). 198 Seiten.
Inkommensurable Werke wie das Robert Musils rechtfertigen unkonventionelle Zugangswege. Jürgen Gunia unternimmt es, die "Sphäre des Ästhetischen" bei Musil zu vermessen, indem er sich an zentralen und rekurrenten Bildern, Topoi und Konfigurationen orientiert, deren thematische Funktion erörtert und so einem Netzwerk Musilscher Themen in einer Weise nachgeht, welche ihrem eigenen Gegenstand auch auf der Ebene der Textgestaltung entsprechen möchte.