CompaRe | Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft
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How can music history help us understand the establishment of national character? This article discusses a prosaic text by Johann Friedrich Rochlitz as a medium for implementing stereotypical ideas of "the Italian" in German music historiography and, thereby, in public consciousness. It shows how particular musical qualities of the story's fictional protagonists are blurred with ideas of national character. Against this background, the predominant reception of the author Rochlitz in the realm of German music historiography can be reevaluated from a more transnational scholarly perspective. Key to this reassessment is investigation into the categories of fictional and musical characters with regard to notions of both "the German" and "the Italian."
'Ultima mano' : Endretusche und Nachbearbeitung in der italienischen Kunsttheorie der Neuzeit
(2021)
Projektion als Entwurfs- und Übertragungsverfahren kann auch ein Kalkül mit offenem Ausgang sein. Diesem Problem widmet sich Laura Valterio in ihrem kunsttheoretischen Beitrag, in welchem das abschließende Moment der 'ultima mano' ins Zentrum gerückt wird. In den kunsttheoretischen Debatten der Frühen Neuzeit wird die 'letzte Hand' gleichermaßen zu einem symbolischen Moment der Vollendung, wie auch der technischen Meisterschaft des Malers. Valterio zeigt, wie die 'ultima mano' als Versprechen der Vollkommenheit stets entrückt bleibt, aufgeschoben wird und damit einen Projektionsraum etabliert, in welchem die Genauigkeit als Akt des Abschließens zur Disposition steht.
The Italian Renaissance has long been studied as a point of origin for "modern" ideas about art. This approach, which can be traced back to figures like Giorgio Vasari and Jacob Burckhardt, remains central in scholarship on Renaissance art to this day. For example, on the first page of a recent textbook on Italian Renaissance art, Stephen Campbell and Michael Cole begin by laying out two contrary views of the period. To Renaissance writers like Lorenzo Ghiberti, they explain, the Renaissance meant the rebirth of classical antiquity; "to others, however, it has seemed that the importance of Italian art after about 1400 lay not in its return to origins but in the emergence of something entirely new and characteristically modern - the idea of art itself." [...] While this outlook has certainly made a lasting contribution to Renaissance art history, it has also given rise to certain blind spots and misconceptions in the field. For example, it is often assumed that the word "art" underwent a radical change of meaning in the Renaissance, anticipating the later, post-Enlightenment notion of the "fine arts" as an autonomous field of creative activity. However, close readings of period texts often suggest the opposite.
Pasolini's literature, film, theatre, and essays engaged with Classical tragedy from the mid-1960s onwards. As Bernhard Groß shows in his paper 'Reconciliation and Stark Incompatibility: Pasolini's "Africa" and Greek Tragedy', this engagement forms a modality in Pasolini's politics of aesthetics that seeks to grasp the fundamental transformation from a rural-proletarian to a petit-bourgeois Italy. Since the mid-'60s, Pasolini was concerned with the bourgeoisie and its utopian potentials, which he sought to make productive by reading Classical tragedy as a possibility to make contradictions visible. Pasolini realized his reading of the Classical tragedy by having 'Africa' and 'Europe' - as he understood them - confront one another without mediation. By means of film analyses and film theory, Groß argues that this confrontation, especially in the films on the ancient world, generates an aesthetic place where the incompatible can unfold in the spectators' experience.
Fellinis Faulpelze
(2013)
Fellinis OEuvre, so könnte man mit etwas Mut zur Vereinfachung sagen, kennt vor allem zwei Arten von Filmen: solche, in denen es stets voran, und solche, in denen es gar nicht erst losgeht. Ersteres führt uns in mustergültiger Weise 'La strada' aus dem Jahr 1954 vor Augen, Fellinis weltberühmte Ballade vom Unterwegs- und Unbehaustsein, die immer wieder und durchaus zu Recht als frühes Road Movie gehandelt wird, letzteres 'I vitelloni' von 1953, ein, wenn man so will, Proto-Slacker-Movie, das ausschließlich in einem nicht identifizierten Badeort an der Adria spielt und statt der Straße die Gasse als prominenten Ort des Geschehens ausweist. Dass dies einen nicht unerheblichen Unterschied bedeutet, versteht sich von selbst. Schließlich führt eine Straße von A nach B, eine Gasse hingegen nur von A nach A', das heißt einen anderen Winkel von A. Den Sachverhalt etwas überspitzend, ließe sich somit sagen, dass es demjenigen, der die Straße benutzt, um eine Ortsveränderung geht, wohingegen derjenige, der sich auf der Gasse bewegt, nicht wirklich weg, sondern bleiben will. Eindrucksvoll belegen dies die Helden aus 'I vitelloni', und das bereits in dessen Titelsequenz, weswegen es sich lohnt, dass wir sie uns einmal etwas genauer anschauen: Nachdem sich die Blende öffnet, fällt unser Blick auf einen kleinen Platz, der - es ist schon lange nach Mitternacht - wie ausgestorben daliegt. Von links aus einer engen Gasse kommend, treten die fünf jungen Männer, ineinander gehakt und in linearer Formation, ins Bild, überqueren, von der mitschwenkenden Kamera verfolgt, den Platz, um sodann nach links in eine andere Gasse abzubiegen, wobei sie stark zu schlingern beginnen. Ihr Gang verliert folglich an Zielstrebigkeit und Geschwindigkeit, wodurch sie den Moment, in dem sie durch das keilförmig von oben in den Bildkader hineinragende Haus 'verschluckt' werden, hinauszögern. Doch noch immer geht es, wenn auch verlangsamt, voran, und das Aus-dem-Bild-Treten scheint unausweichlich. Dass es hierzu letztlich nicht kommt, verdankt sich einem an dieser Stelle einigermaßen unerwarteten freeze frame, der gerade noch rechtzeitig die Bewegung der Vitelloni einfriert und dadurch für deren Verbleiben im Kader sorgt - ein filmischer Kniff, mittels dessen Fellini eine höchst subtile Vorabcharakterisierung seiner Helden vornimmt. Denn diese werden uns die kommenden ca. hundert Filmminuten vor allem als eines präsentieren: notorische Bleiber, die keinerlei Anstalten machen, sich vom Fleck zu rühren, sei es in wörtlichem oder übertragenem Sinne.
Kaum eine geistes- und kulturwissenschaftliche Disziplin hat in Italien in solchem Ausmaß unter Selbstdarstellungs- und Rechtfertigungszwang gestanden und sich über so heftige Widerstände hinwegsetzen müssen wie die Komparatistik. Ein Leserbrief des Literaturwissenschaftlers Armando Gnisci, der in den 1980er- und 1990er-Jahren die Szene der italienischen Komparatistik wesentlich geprägt, aber nur marginal bis ins neue Jahrtausend mitbestimmen konnte, gibt einen konzis-kritischen – wenn auch leicht polemischen – Einblick in das, was seit dem letzten state of the art aus dem Jahre 1991 auf dem Gebiet der Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft in Italien passiert ist. Entlang dieser Linie verlief nämlich die wichtigste Front im Streit zwischen den Nationalphilologen und den Komparatisten. Gniscis Schreiben mit dem programmatischen wie suggestiven Titel "Comparatisti e italianisti, le due tribù" [Komparatisten und Italianisten, die beiden Stämme] – erschienen am 21. März 2004 in der Kulturbeilage Domenica – ist ein Rundumschlag gegen die seinerzeit in Italien weitverbreitete Ansicht, die Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft als "sub-category of Italian literature departments" zu betrachten.
Rezension zu Elisabeth Arend, Elke Richter u. Christiane Solte-Gresser (Hg.), Mittelmeerdiskurse in Literatur und Film / La Méditerranée: représentations littéraires et cinématographiques. Frankfurt am Main (Peter Lang) 2010 (= Mittelmeer: Literaturen - Kulturen, hg. von E. Arend u. E. Richter, Bd. 2). 317 S.
Koselleck in Italien
(2015)
Das Werk Reinhart Kosellecks ist in Italien im Rahmen der Historiographie, der Theorie der Geschichte, der Philosophie und der Politikwissenschaft relativ bekannt. Im italienischen Sprachraum haben seine Theorie historischer Zeiten, seine begriffsgeschichtliche Methode und seine Historik eine weite Verbreitung erreicht. Etwas weniger bekannt sind seine Aufsätze zur politischen Ikonologie. Die Übersetzung der Schriften Kosellecks in die italienische Sprache begann erst in den 1970er Jahren. So wurde 1972 'Kritik und Krise', 1986 'Vergangene Zukunft', 1988 das Buch über Preußen, 1990 'Hermeneutik und Historik' und 1992 'Das Zeitalter europäischer Revolution 1780–1848' übersetzt. Die 'Studien zum Beginn der modernen Welt' erschienen im Jahre 1997 in einer italienischen Ausgabe. 2009 wurde eine Teilausgabe der 'Begriffsgeschichten' im Italienischen veröffentlicht. Außerdem sind mehrere Artikel Kosellecks aus den 'Geschichtlichen Grundbegriffen' (1991 'Fortschritt', 1993 'Demokratie', 2009 'Geschichte', 2012 'Krise') und einige Aufsätze ('Concepts of Historical Time and Social History' (1980), 'Das achtzehnte Jahrhundert als Beginn der Neuzeit' (1987), 'Die Transformation der politischen Totenmale im 20. Jahrhundert' (2002)) übersetzt worden. Koselleck wird in Italien meist als Begriffshistoriker wahrgenommen und ist für das italienische Publikum der wahrscheinlich bekannteste Vertreter der deutschen Begriffsgeschichte.
Vor genau zweihundert Jahren erschien in Schillers Zeitschrift "Die Horen" ein Aufsatz Über das Kunstschöne vom Kunsthistoriker, Archäologen und Fremdenführer in Rom Aloys Hirt, in dem dieser eine neue Kategorie in die ästhetische Diskussion der Zeit einführte, die nicht nur im Kreis der deutschen Klassik sondern darüber hinaus auch bei den Romantikern für einige Jahre Gegenstand einer lebhaften Auseinandersetzung werden sollte: Es handelt sich um die Kategorie des "Charakteristischen", welche jedoch nach der kurzen Konjunktur dieser Jahre nie zu einem zentralen und festen Begriff der Ästhetik geworden ist. Eine wichtige Ursache dafür mag vor allem in der Unbestimmtheit des "Charakter"-Begriffs gelegen haben, der sowohl die Eigentümlichkeit der Gattung als auch jene der Art oder sogar des Einzelwesens bezeichnen kann, so daß man unter "charakteristischer" Kunst sowohl die Darstellung der individuellen Erscheinung als auch ganz umgekehrt jene des allgemeinen, abstrakten Gattungsbegriffs verstehen konnte.