CompaRe | Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft
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Der vorliegende Band widmet sich einer lange Zeit vernachlässigten und noch weitgehend unerforschten Subgattung der Lyrik, dem Dialoggedicht, um es stärker ins Zentrum interdisziplinärer literaturwissenschaftlicher Fragestellungen zu rücken. In der Tat bezeugen die Einleitung und die 24 Beitrage des Bandes die nachhaltige Präsenz dialogischer Lyrik in der internationalen Literaturgeschichte seit dem Mittelalter und der frühen Neuzeit, die sich über die Jahrhunderte hinweg in verschiedenen Literaturen mit erstaunlicher Kontinuität beobachten lässt.
Die Habilitation des Berner Literaturwissenschaftlers Matthias N. Lorenz untersucht die intertextuelle Auseinandersetzung mit Joseph Conrads "Heart of Darkness" (1899) im deutschen Sprachraum. Intertextualität fasst Lorenz im Anschluss an Ulrich Broich und Manfred Pfister als "bewusst intendierte" und "deutlich signalisierte Beziehungen" zwischen Texten. In einem 'close reading' kommen zunächst Zeitgenossen Conrads zur Sprache. Auf eine Latenzzeit der Conrad-Rezeption in der Nachkriegszeit folgt in den 80er Jahren eine Renaissance. Das längste Kapitel ist den Conrad-Lektüren von sieben Autorinnen und Autoren aus den Jahren 1986-2012 gewidmet. Hier leuchtet Lorenz feministische, kapitalismuskritische und postkoloniale Transformationen von "Heart of Darkness" aus. Schließlich rückt das Thema der Traumatisierung von Europäern in der Konfrontation mit Gewalt in Afrika in den Mittelpunkt der Betrachtung.
Der vorliegende Sammelband ist wichtigen Aspekten der sprachwissenschaftlichen Phraseologieforschung gewidmet; er enthält sowohl theoretische Ausführungen zu Struktur, Definition, Semantik, Pragmatik oder syntaktischer Verwendung von phraseologischen Strukturen als auch Beobachtungen zum alltäglichen Sprachgebrauch in konkreten Kommunikationssituationen. Der Band basiert auf der Tagung zum Thema 'Phrasenstrukturen und -interpretationen im Gebrauch', die vom 25. bis 27. September 2014 stattfand und die Tradition von germanistischen Konferenzen am Institut für Germanische Philologie der Universität Wrocław fortsetzte.
Der Sammelband gehört zu den abschließenden Ergebnissen des Projektes VEGA 1/1161/12 "Zabudnuté texty, zabudnutá literatúra. Nemecké autorky z územia dnešného Slovenska (18.–21. stor.)", [Vergessene Texte, vergessene Literatur. Deutschschreibende Autorinnen aus dem Gebiet der heutigen Slowakei (18.–21. Jhd.)], mit dem man sich am Lehrstuhl für Germanistik der Philosophischen Fakultät der Pavol-Jozef-Šafárik-Universität in Košice im Zeitraum 2012–2014 beschäftigte. Im Einklang mit dem Thema des Projektes erfasst der Sammelband Autorinnen, die vielleicht nicht so bekannt sind, die sich aber auch wesentlich an der Formierung der Kultur im Gebiet der heutigen Slowakei beteiligten. Die thematische Achse des Sammelbandes wird durch folgende Teilthemen gebildet: Emanzipation der Frau, Frau als Schriftstellerin, Werke der Schriftstellerinnen, soziale Hintergründe, interkulturelle Umgebung und deren Einflüsse.
Mit der Veröffentlichung des Romans Medea. Stimmen im Jahr 1996 nahm Christa Wolf eine radikale Umdeutung der mythischen Figur der Medea vor. Die Schriftstellerin korrigierte das eindimensionale Bild der wilden, fremden und blutrünstigen Kindsmörderin, wie sie in den Schriften von Euripides konstruiert wurde, indem sie die älteren Versionen des Mythos aufgriff und Medea als vielschichtige Figur wieder- und neubelebte: eine Göttin, die später zur Heilerin, zur „Guten-Rat-Wissenden”, Königstochter und (letztendlich) Rebellin gegen patriarchalische Herrschaftssysteme wurde. Mit dieser Neudeutung von Christa Wolf erscheint die Figur heute auch wieder aktuell, zumal die Schriftstellerin ihre persönlichen und politischen Erfahrungen der Entfremdung im geteilten Deutschland sowie der Wendezeit miteinfließen ließ.
Mit dem Thema der 'Prostitution in Literatur und Medien' (so der Untertitel) beschäftigt sich der im Christian A. Bachmann Verlag erschienene Sammelband von Simone Sauer-Kretschmer, der auf einen komparatistischen Workshop an der Ruhr-Universität Bochum zurückgeht und zwölf Beiträge in vier Sektionen umfasst, beginnend mit fünf Aufsätzen, die unter dem Titel "Klassische Narrative der Prostitution" gefasst sind. [...] Gerade diese Verbindung aus zeitaktuellen künstlerischen Bearbeitungen und der (Neu-)Lektüre 'klassischer' Texte bereichert den Sammelband, auch wenn teils eine stärkere thematische Anbindung wünschenswert gewesen wäre. Absolut überzeugend jedoch ist der intermediale Querschnitt (Literatur, Film, Popmusik, Theater, Fotografie), der sich durch die zwölf Aufsätze des Bandes ergibt. Der durchaus berechtigten Anmerkung, die Bildende Kunst als klassisches Medium – und damit ausgerechnet jene Kunstform, deren bekannteste Vertreter im 18. und 19. Jahrhundert nicht selten Bordelle zur regelmäßigen ‚Recherche‘ aufsuchten – fehle hierbei, sei die vorzügliche Ausstellung im Musée d’Orsay empfohlen, die sich erst kürzlich damit beschäftigt hat.13 In jedem Fall aber ist der Band ein Gewinn für die komparatistische Forschung und zeigt eindrucksvoll, wie vielseitig die Spielarten einer künstlerischen Auseinandersetzung mit dem ‚ältesten Gewerbe‘ sind – von der Sozialkritik durch Provokation und einem Realismus durch Pornografie bis zur Trivialisierung durch Kitsch (man denke etwa an die inzwischen auch verfilmte Romanreihe der Wanderhure).
Im vorliegenden Band geht es ausdrücklich nicht um die implizite Aufforderung jedes Buches, es und damit auch sich selbst als Leser zu bewegen, sondern vielmehr um eine Sonderform des Buches, die von den Herausgebern mit dem Begriff des Bewegungsbuches bezeichnet wird. Bücher sind heute mehr denn je Konsumartikel, deren ästhetische Qualitäten in den seltensten Fällen Beachtung finden, und zwar auch dann, wenn sich zahlreiche Künstler und Autoren ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts darum bemüht haben, dem konventionellen zweidimensionalen Buch Alternativen gegenüberzustellen, die sich vornehmlich dadurch von jenem unterscheiden, dass sie den Leser zu Bewegungen veranlassen, die vom herkömmlichen Umblättern und Drehen deutlich abweichen. 'Movable books' oder 'livres animés' können die Dreidimensionalität explorieren, müssen dies jedoch nicht zwangsläufig tun. Repräsentanten der ersten Gattung sind beispielsweise Pop-up-Bücher, die sich erst durch ein Aufklappen rezipieren lassen.
Die Beiträge des Bandes beschäftigen sich mit der historischen Gründungsphase der Rhythmusforschung und dem kulturellen Umfeld, in dem der Begriff eine mythische Bedeutung im Sinne von Magris gewinnt. Dass damit aber keineswegs die mythische Dimension des Rhythmus als historisches und ideologisches Phänomen erschöpft ist, zeigt die Anbindung der Diskussion an die gegen Ende des vergangenen Jahrhunderts geführte Debatte zur Neuen Mythologie und die utopischen Potenziale des Mythos. So lässt sich auch der Rhythmus um 1900 als kulturelle Konstruktion verstehen, die sowohl einen Ausweg aus dem Alptraum der Geschichte zu weisen vermochte wie als Baustein einer faschistischen Weltanschauung dienen konnte.
Als Adorno 1950 nach Deutschland zurückkehrte, kam er in ein Land, dem er zutiefst misstraute. Die objektive Unmöglichkeit, hier wieder zu existieren und zu arbeiten, wurde für ihn paradoxerweise zum Stimulans seiner Existenz und Arbeit. Statt sich innerlich an die neue Umwelt anzupassen, immunisierte er sich ihr gegenüber. Als jemand, der nicht dazugehören wollte, vermochte er die zähen Rückstände einer Ideologie der Zusammengehörigkeit zu zersetzen. Eine Rücksichtnahme auf sogenannte fundamentale Gewissheiten war aus seiner Sicht deswegen nicht geboten, weil sich solche Gewissheiten als Selbsttäuschung erwiesen hatten. In dem Maße, wie Adorno im Deutschland der Nachkriegszeit ein Bedürfnis nach kritischer Reinigung verspürte, begann sich sein intellektuelles und publizistisches Schaffen expansiv zu entfalten. Der Außenseiter, der gebraucht wurde, rückte unverhofft ins Zentrum, ohne doch sein Außenseitertum einzubüßen. Wenn Gershom Scholem, Adornos Briefpartner, tastend, von seiner neuen israelischen Heimat herkommend, über die Schweiz wieder Kontakt mit Deutschland, seiner alten Heimat, aufnimmt, so vollzieht sich bei ihm eine ähnliche Entwicklung wie bei Adorno. Dass auch er innerhalb der deutschen Geisteswelt eine Rolle zu spielen beginnt – allerdings später als Adorno –, kann überraschen. Als Katalysator dafür fungiert die Durchsetzung des OEuvres von Walter Benjamin. Das Werk Adornos wird durch seinen Briefwechsel mit Scholem, dem entschiedenen Juden, in ein neues Licht gerückt. Deutlicher als vorher tritt nun zutage, wie sehr doch das Denken Adornos von spezifisch jüdischen Intuitionen bestimmt wird.