CompaRe | Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft
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Suspense
(2016)
Überraschung und 'suspense' hebt Hitchcock anhand zeitlicher Kategorien voneinander ab. Dabei ist es ein Zukunfts- und ein Wissensmodell in einem, welches Überraschung und 'suspense' systematisch trennt, da Zukunftswissen ausschließlich den 'suspense' charakterisiert - und organisiert. Zeichnet sich 'suspense' als ein über einen Informations- und Wissensvorsprung (des Rezipienten) zeitlich wohl konstruiertes Interim (des Filmemachers) aus, das die Zukunft einer Explosion als vorhersehbaren Fluchtpunkt der Gegenwart festlegt, so hat die Überraschung nicht viel mehr als eine Art präsentische Ekstase zu bieten. Das Fehlen sowohl an Wissen als auch an Zukunft lässt sie in den Augen des Regisseurs zu einem dilettantischen und drittklassigen 'thrill' verkümmern. Zukunftswissen, verstanden als "Wissen in Zukunft", so wird man aus Hitchcocks Anekdote - zugleich aber auch über diese Anekdote hinaus - schließen dürfen, macht die Gegenwart unweigerlich zur Zwischenzeit. Als solche hat sie bei Hitchcock einen klar determinierbaren Anfang und ein ebenso klar determinierbares Ende.
Metahistoriographische Fiktion in Christoph Ransmayrs "Die Schrecken des Eises und der Finsternis"
(2016)
Die historischen Ereignisse, die in Christoph Ransmayrs 'Die Schrecken des Eises und der Finsternis' nach und nach aufgerollt werden, muten zunächst so an, als hätten sie sich Karl Kraus, Robert Musil und Fritz von Hermanovsky-Orlando gemeinsam an einem von vielen Flaschen Gumpoltskirchner befeuerten Abend ausgedacht. Sie sind, wie der als Chronist auftretende Ich-Erzähler selbst anmerkt, "so dramatisch, so bizarr und am Ende so unwahrscheinlich [...] wie sonst nur eine Phantasie". Es handelt sich um die 1872 unter dem Kommando von Carl Weyprecht und Julius Payer gestartete österreichischungarische Expedition im Nordpolgebiet, die den letzten weißen Fleck auf dem Globus erforschen wollte. Wie so viele habsburgische Unternehmungen endete auch dieses in einem grandiosen Fiasko: Das K.-u.k.-Expeditionsschiff, die Admiral Tegetthoff, saß nach bereits vier Wochen im Packeis fest. Mehr als zwei Jahre hielt die Besatzung in der Arktis aus, dann trat sie, unter unvorstellbaren Strapazen, den Heimweg nach Europa zu Fuß übers Eis an und wurde schließlich von russischen Transchiffen aufgelesen. Das einzig vorzeigbare Ergebnis der Expedition war die Entdeckung eines Archipels im Polarmeer, gelegen auf 79 Grad 43 Minuten nördlicher Breite und 59 Grad 33 Minuten östlicher Länge, etwa 60 von gewaltigen Gletschern überzogene Inseln aus rauem Urgestein, welche die österreichischen Kommandanten zu Ehren ihres Kaisers Franz-Joseph-Land nannten. Auch wenn das völlig unwirtliche Konglomerat aus Fels und Eis heute zu Russland gehört, der Name ist ihm geblieben (Semlja Frantsa Josifa lautet er auf Russisch), ebenso die anderen österreichischen Benennungen: Insel Klagenfurt, Insel Wiener Neustadt, Kap Tyrol und Kap Klagenfurt
"Wie der Geist zum Kamele ward" : Zu einem Leitmotiv in Jonas Lüschers 'Frühling der Barbaren'
(2016)
This paper deals with the semantics of 'barbarism' in Jonas Lüscher's novella "Frühling der Barbaren" (2013). It aims to show that the text incorporates the concept of 'barbarism' into what Lüscher himself calls a "narratology of social complexity": a narrative mode that enables literary texts to serve as platforms for the reflection of moral problems. Lüscher achieves this by referring to specific intertexts by Friedrich Nietzsche and Ingeborg Bachmann while subtly modifying and distorting them. In doing so, "Frühling der Barbaren" acquires a diagnostic and genuinely critical quality: with this sleight of hand, which could be considered a prime example of 'barbarian theorizing' (Walter Mignolo, Maria Boletsi), the novella evokes existing narratives only to recode them into a sardonic critique of global capitalism.