CompaRe | Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft
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Im Folgenden soll es um Traktate und Streitschriften, die Konversionen zum Gegenstand haben, und um Konversionsberichte aus dem ersten halben Jahrhundert nach der Reformation gehen. Es ist nahe liegend, diesen Zeitraum zu wählen, denn die lutherische Reformation hat zahlreiche Menschen herausgefordert, sich mit ihrem Glauben auseinander zu setzen. In Konversionsberichten - damit werden in dieser Studie lediglich die Texte bezeichnet, die von Konvertiten selbst verfasst worden sind - stoßen wir auf einen regelrechten 'Bekenntnisdrang' des Konvertiten. Fidel Rädle hat diesen Sachverhalt prägnant zusammengefasst: "Üblicherweise äußern sich Konvertiten [...] besonders bereitwillig." Und ebenso bereitwillig - so lässt sich ergänzen - äußern sich die Gegner der Konvertiten in Gegenberichten. Doch ist der Bekenntnisdrang des Konvertiten auch Ausdruck eines 'Ich' oder manifestiert sich in den Konversionsberichten zwischen 1520 und 1570 nicht vielmehr eine rhetorisch mehr oder minder prästabilsierte Berichtinstanz, die nur aus Gründen der Anschaulichkeit und der Emotionalisierung der Leser vom 'Ich' spricht? Da Konversionsberichte nicht zu den gut erforschten Textsorten der Frühen Neuzeit zählen, ist es angeraten, zunächst ihr diskursives Umfeld, religiöse Streitschriften und Traktate, darzustellen, um einen ersten Eindruck vom fehlenden Interesse am 'Ich' in diesen Texten zu vermitteln, die Konversionen zum Gegenstand haben. Denn so sehr auch 'Bekenntnisdrang' hinter den Schriften zu stehen scheint, entscheidend, so wird sich zeigen, ist für die Verfasser nicht der Bericht über die eigene Konversion, sondern der Appell an die Leser, dem Konvertiten nachzufolgen.
Das Forschungsgebiet von Teil B dieser Bibliographie ist noch kaum erschlossen – und wird auch in der kulturgeschichtlichen Literaturwissenschaft noch weitgehend ignoriert. Es umfasst Themen, Verfahren, Praktiken, Handlungsfelder, die in der ästhetischen und poetischen Diskussion seit jeher eine große Rolle gespielt haben, deren Geltungsbereich aber keineswegs auf Kunst und Literatur beschränkt ist. Begreift man sie als protoästhetische bzw. proto-poetische Elementarien der Kultur, als anthropologisch fundierte ›poetogene Strukturen‹ (Rüdiger Zymner), so wären sie Ursprungsorte des Poetischen und Ästhetischen, die historisch wie systematisch der Ausdifferenzierung eines eigengesetzlichen ästhetischen Systems vorausliegen. Auf jeden Fall aber handelt es sich um Schnittstellen, über die ›Kunst‹ und ›Nicht-Kunst‹ ständig miteinander interagieren; als solche sind sie für eine nach Funktion und Pragmatik des Ästhetischen fragende Kulturwissenschaft von zentralem Interesse. Für die Titelaufnahme gelten die gleichen Auswahlregeln wie für die bereits erschienenen Teile der Bibliographie: Zeitlicher Schwerpunkt ist das letzte Jahrzehnt. Aufsatzpublikationen wurden nur im Ausnahmefall berücksichtigt. Nicht aufgenommen wurden Untersuchungen, die auf bestimmte Autoren und/oder Werke begrenzt sind.
Auch die im Teil 2.C gesammelten Titel stehen für ein bisher kaum reflektiertes Problemfeld: Welche Auswirkungen kann (oder vielleicht ja: muss) eine kulturgeschichtliche Orientierung für traditionelle Domänen der Literaturwissenschaft wie Literaturgeschichtsschreibung, Gattungstheorie und -geschichte oder, noch allgemeiner, für die Theorie und Geschichten von Kunstformen und Medien haben? Für die Titelaufnahme gelten die gleichen Auswahlregeln wie für die bereits erschienenen Teile der Bibliographie: Zeitlicher Schwerpunkt ist das letzte Jahrzehnt. Aufsatzpublikationen wurden nur im Ausnahmefall berücksichtigt. Nicht aufgenommen wurden Untersuchungen, die auf bestimmte Autoren und/oder Werke begrenzt sind.
Emotionale Ergriffenheit, so glaubte man lange, sei untrennbar verbunden mit dem Glauben an die Existenz dessen, was uns erregt. Aber warum bewegt uns ein Roman, wo wir doch wissen, daß die Figuren, die da lachen und weinen, frei erfunden sind? Die philosophische Ästhetik nennt diesen Sachverhalt das ›Fiktionsparadoxon‹. Doch was in konsistenten Begriffssystemen schnell nach einem Widerspruch aussieht, ist in Wirklichkeit oft nur ein sehr komplexer Zusammenhang, der – so alltäglich und vertraut er unserer Intuition auch sein mag – sich leider nur schwer beobachten und beschreiben läßt. Zwar verfügt die moderne Neurophysiologie über immer bessere Methoden der Gehirnabbildung, aber jedes neue Experiment kann nur die bereits vorhandenen Modellvorstellungen von Gehirn, Kognition und Bewußtsein korrigieren, kann lediglich Vorannahmen weiter plausibilisieren oder widerlegen. Was tatsächlich vor sich geht, welche neuronalen Vorgänge an der Ergriffenheit und welche am Glauben an die Existenz gewisser Geschehnisse beteiligt sind, weiß nach wie vor niemand so ganz genau. Es deutet jedoch einiges darauf hin, daß die mentale Repräsentationa bestimmter Vorgänge im Bewußtsein einerseits und ihre kognitive Einschätzung andererseits (zum Beispiel als wirklich oder nicht wirklich) im Gehirn zwei separaten neuronalen Vorgängen entsprechen, die untereinander jedesmal neu kombiniert werden.Wenn zum Beispiel eine Versuchsperson A einen Arm hebt und eine andere Versuchsperson B ihr dabei zusieht, dann zeigen beide Kandidaten an einer Stelle ihres Gehirns ein identisches Muster neuronaler Erregung. Bei A aber ist dieses Muster vernetzt mit weiteren neuronalen Karten, die ihr mitteilen, daß sie selbst es ist, die den Arm hebt; bei B ist das Muster verknüpft mit der Information, daß A es ist, die gerade den Arm hebt. Dasselbe gilt für eine dritte Person C, die den Vorgang in einer Filmaufnahme sieht: Sie aktiviert gleichermaßen das quasi semantisch besetzte Muster ›Arm heben‹, identifiziert auch die Person, die diese Bewegung ausführt, und ist sich zudem bewußt, daß sie den Vorgang nur auf einem Bildschirm mitverfolgt. Auch finden sich bei Versuchspersonen, denen man Photos von ihren Freunden vorlegt, zu einem Teil dieselben Gehirnareale aktiviert wie bei einer persönlichen Begegnung mit diesen Freunden. Alles weist also darauf hin, daß das Zustandekommen einer sinnlichen Vorstellung in Form einer neuronalen Repräsentation ein relativ autonomer Vorgang ist, zu dem das Wissen über das Medium der sinnlichen Repräsentation und sonstige Anschlußüberlegungen nur weitere Zusatzinformationen darstellen. Warum aber stellen sich uns außerdem auch noch leise die Haare auf, wenn eine Person auf einem Photo oder auf dem Bildschirm nicht nur einfach ihren Arm hebt, sondern die Faust zum Himmel reckt und Rache schwört? Woher der bekannte ›Kloß im Hals‹, wenn zwei Personen auf der Leinwand ihre Arme heben, um sich endlich für immer in die Arme zu schließen, nachdem sie über die Dauer von zwei Stunden gelitten und geschmachtet haben? Wir erkennen die Vorgänge nicht nur, sondern wir reagieren auch auf sie.
Rethinking Central Europe comparatively means crossing various topologies built up by the human 'pathos' of identities and history's destroying or recreating collectivities. Of course, this comparative approach necessarily implies a dialectic process in which local and global, as well as the interaction between the two, must be considered. Inevitably broader issues arise, such as the notion of 'Weltliteratur'. The following article considers the problems inherent in such an endeavor, especially for a region as difficult to define as Central Europe.
Rapport de la Réunion des représentants des societés comparatistes européennes à l'initiative de la SFLGC à Paris le 6 octobre 2001
La journée comparatiste européenne, organisee par Danièle Chauvin et Bertrand Westphal, s'est tenue dans la salle des actes de Paris-N pendant toute la journée du 6 octobre 2001.
Kinderliteraturforschung und Komparatistik standen und stehen z. T. noch heute kaum in Verbindung miteinander. Die Komparatistik, lange auf Texte der Hochliteratur konzentriert, kümmerte sich nicht um kinderliterarische Texte, denen implizit ein geringerer literarischer Status zugeschrieben wurde. Die Kinderliteraturforschung arbeitete meist mit einem internationalen Korpus der Kinderliteratur, die Texte wurden 'der' Kinderliteratur schlechthin zugeschrieben, als ob diese keine Sprachgrenzen kenne; das Gemeinsame und nicht die Differenz stand im Mittelpunkt. Eine positive Ausnahme in der deutschsprachigen Komparatistik stellt Erwin Koppen, langjähriger Inhaber des Lehrstuhls für Vergleichende Literaturwissenschaft der Universität Bonn, dar, der im Juli 1990 die erste komparatistische Veranstaltung zur Kinder- und Jugendliteratur in Deutschland, eine von der DFG geförderte Tagung "Internationale Aspekte der Kinder- und Jugendliteratur. Theorie - Übersetzung - Rezeption", in Bonn organisierte. Durch sie wurde "die Notwendigkeit klarer komparatistischer Fragestellungen innerhalb der Kinderliteraturforschung verdeutlicht".
Wie im Vorwort zur Plurale-Ausgabe # 1 angemerkt, scheint die „Bewegung des Falls […] prototypisch für Phänomene des Kontrollverlustes, des ungeregelten Heraustretens aus realen und symbolischen Ordnungen zu stehen.“ Diese Einschätzung möchte ich am Beispiel einiger netzkünstlerischer Werke hinterfragen. Wie das angeführte Zitat nahe legt, wird die Bewegung des Falls wesentlich durch das Moment des „ungeregelten Heraustretens“ aus einer Ordnung bestimmt. Daher kommt es mir vor allem darauf an, nach den Bedingungen der Möglichkeit einer Zuschreibung von Ordnung bzw. Unordnung zu fragen. […] Die folgenden Ausführungen greifen auf Arbeiten zur Ästhetik der Netzkunst zurück. Ihre Werke zeichnen sich durch eine spezifischen Oberflächlichkeit aus, die mit ihren technischen und technologischen Bedingungen zusammenhängt. Aufgrund dieser Kontextualisierung spielt in der Netzkunst die Frage nach der ästhetischen Qualität von Störungen eine wesentliche Rolle. Die Dysfunktionalität von Software wird häufig zum Thema künstlerischen Schaffens gewählt. Netzkunstwerke stehen als Produkte eines auf Geordnetheit ausgerichteten Verlaufs – den formatierten bzw. programmierten Web-Seiten – mit der Relationalität von Ordnung und Nicht-Ordnung in Verbindung. Aus diesem Grunde bieten sich Netzkunstwerke für eine Analyse der Frage nach den Bedingungen der Möglichkeit einer Zuschreibung von Ordnung bzw. Unordnung an. In besonderer Weise laden einige Werke der Gruppen Jodi und 0100101110101101.org dazu ein, sich gemäß dem formulierten Erkenntnisinteresse mit ihnen auseinanderzusetzen.
An keinem anderen fallenden Objekt der Natur scheint sich die Literatur so ausgelassen zu haben wie am Wasserfall. Die Reisenden des 18. Jahrhunderts waren vom fallenden Wasser so beeindruckt, dass sie in quasi-religiöser Ehrfurcht erstarrten. Der Fall der Twin Towers am 11. September 2001 hat die Welt in seiner Apokalyptik so stark erschüttert wie schon lange nichts mehr. Das Ereignis hat tausende von Menschen an die Bildschirme gefesselt und die Zuschauer versteinert. Meines Erachtens ist es der Fall an sich, der die Naturbetrachtung um 1800 und die Ereignisse vom 11. September verbindet. Denn in diesem Fall kreuzen sich auf merkwürdige Weise der ästhetische und der politische Diskurs. Die beiden Fälle als Zentrum des Diskurses verhindern nicht nur durch die strukturelle Gewalt, die von ihnen ausgeht, sondern auch durch ihre prinzipielle Unrepräsentierbarkeit jede ästhetische wie poetische Erkenntnis.
The Book of Job from the Old Testament is juxtaposed in detail with its hypertext in Thomas Mann's novel: the chapter where Jacob mourns for his "dead" Joseph. An argument is made that Mann's awareness of rabbinical literature creates a connection with the Akedah tradition, i.e., different ways of dealing with the sacrifice of Isaac by Abraham in Genesis. The notion that Abraham actually does kill Isaac, as suggested by a medieval rabbinical text, is interwoven into the analysis of Jacob's mourning for Joseph who appears as an Issaac-like sacrificial victim in Mann's novel. A connection is established between Abraham, Job and Jacob as figures whose children are claimed by God, and their reactions to this test are compared.