CompaRe | Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft
Refine
Year of publication
- 2013 (131) (remove)
Document Type
- Part of a Book (71)
- Article (47)
- Review (6)
- Part of Periodical (4)
- Book (2)
- Conference Proceeding (1)
Language
- German (104)
- Turkish (11)
- English (6)
- Portuguese (6)
- Multiple languages (3)
- Spanish (1)
Has Fulltext
- yes (131)
Is part of the Bibliography
- yes (131) (remove)
Keywords
- Benjamin, Walter (23)
- Ausdruck (8)
- Gesicht <Motiv> (7)
- Berliner Kindheit um neunzehnhundert (6)
- Phantastische Literatur (6)
- Rezeption (6)
- Deutsch (5)
- Musik (5)
- Bildnis (4)
- Erzähltheorie (4)
Çeviri yaparken her iki dile, kültüre yeterince hâkim olmamak bir dizi çeviri hatalarına yol açabilir. Bu noktada kaynak ve erek dilde yeterli kelime hazinesine sahip olmanın yanı sıra kelimelerin kullanım alanlarını, kurallarını, edim bilimsel etkilerini, sözdizimsel kuralları vs. de iyi bilmek gerekir. Humboldt ve Saussure'ün dil hakkındaki düşüncelerinden etkilenen Trier'in ortaya attığı sözlüksel alan teorisinin metin anlama ve anlatma edinci kapsamında etkilerinin neler olabileceği ve çeviribilimin sözlüksel alan teorisinden nasıl yararlanabileceği konusu irdelenmeye çalışılacaktır.
Trier'e (1973:5) göre bir sözcüğün anlaşılabilmesi için, sözlüksel alanın tamamının bilinmesi gerekir ve ancak sözlüksel alana hâkim isek o sözcüğü doğru anlayabiliriz. Anlam sadece ve sadece sözlüksel alan sayesinde vardır. Sözlüksel alan yoksa anlam da yoktur. Anlatılmak istenen düşünceye veya olguya dair bir kelimenin belli bir dilde bulunmaması bu düşüncenin veya olgunun o dilde olmadığı anlamına gelmez. Hayata dair genel kültür bilgimize ve tecrübelerimize dayanarak bu yeni kavramı anlayabiliriz.
Vor einem vollbesetzten Auditorium fand am 9. und 10. Mai die deutschsprachige literaturwissenschaftliche Tagung „Tartu und Riga in der Literatur“ in der Abteilung für Germanistik der Universität Tartu statt – in enger Zusammenarbeit mit der Universität Göttingen im Rahmen der seit 2008 bestehenden Germanistischen Institutspartnerschaft und mit der Universität Lettlands in Riga. Die Konferenz knüpfte an die […] aktuellen Entwicklungen an, indem sie mit Tartu und Riga die urbane Zweipoligkeit innerhalb Livlands betonte und nach deren Repräsentation im Reflexionsmedium der Literatur fragte. Die Literatur eignet sich als Beschreibungsmedium in besonderem Maße, da sie sich nicht an wirkliche Welten halten muss und in ihr Orte als gleichermaßen reale wie fiktive Räume in den Blick kommen. Unsere Leitfragen waren demzufolge: Wie spiegeln sich Tartu und Riga im Medium der Literatur? Wie wirken sich die literarischen Imaginationen auf Tartu und Riga als Erinnerungsorte aus? Welche Rolle spielen dabei Mehrsprachigkeit und kulturelle Interferenz? Werden die städtischen Räume im Medium der Literatur als Interferenzräume oder aber als Räume sozialer und kultureller Segregation dargestellt? Wie sah das literarische und kulturelle Leben in den beiden Städten aus?
Partindo das considerações de Gianni Vattimo e de Jürgen Habermas sobre a instauração nietzschiana da pós-modernidade como uma "despedida" à modernidade ocidental e ao tipo de racionalidade a ela associada, este texto analisa o modo pelo qual uma "crítica autorreferencial da razão" (Habermas) é efetivamente engendrada pelo pensamento estético nietzschiano, de modo a reconsiderar os termos pelos quais a própria "despedida" pós-moderna deve ser concebida.
Manche Weltanschauung ist von ihren Inhalten so sehr überzeugt, dass sie glaubt, die von ihr postulierte Entwicklung komme mit so unabänderlicher Zwangsläufigkeit, dass sie unausweichlich ist. Begründet wird das dann damit, dass die Zielvorstellung, beispielsweise einjenseitiges oder auch ein irdisches Paradies, der Entwicklung inhärent sei und den Gesamtprozess determiniere. Eine teleologische Entwicklung ist dann, mit Michael Hampe gesprochen, "eine Dekodierung von Informationen und kein bloßes Wachstum". Derartige Vorstellungen sind als Teleologien in die Ideengeschichte eingegangen, benannt nach dem griechischen Wort für Ziel, telos. Neben einer Teleologie des Handelns und einer Anschauung von Kausalitätsgeschehen als teleologisch ist es vor allem die Teleologie in der Geschichte, die sich als wirkmächtige Idee erwiesen hat und es im Bereich des Glaubens auch immer noch ist.
Eine Telosidee begreift einen Gegenstand von seinem Ende her. Irgendetwas zieht eine Welt, eine Gesellschaft, ein Lebewesen oder ein beliebiges Ding Richtung Endziel. Ursache und Wirkung sind dabeidurchaus noch zu beobachten, indem etwa auch in den frühen Überlegungen zur Biologie noch ein Mutter- und ein Vatertier eine Kindergeneration zeugen, aber eigentlich ist Leben für die Antike und das Mittelalter, bis zum "Verlust der Naturteleologie" in der Neuzeit, in der Nachfolge der Entelechie des Aristoteles eine "Zielverwirklichung im Sinne der Entfaltung des in der Form des Einzeldings grundgelegten Wesens" (ebd.). Oder, bezogen beispielsweise auf teleologische Überlegungen in der Geschichtsphilosophie, indem Hegel die Menschheitshistorie betrachtet und eine stetige Zunahme der Zivilisationsstufen von der Vorgeschichte über Antike und Mittelalter bis zur Neuzeit konstatiert, die letztlich Ausdruck eines "Naturwillens" sein sollen, in dem sich als Telos "die Werkzeuge und Mittel des Weltgeistes, seinen Zweck zu vollbringen, ihn zum Bewusstsein zu erheben und zu verwirklichen" manifestieren. Oder indem die Bibel sagt, die "Ursache" Gott schuf die "Wirkung" Erde in sechs Tagen. Doch all diese Dinge – Tier, Gesellschaftsgeschichte, die Welt – werden durch göttlichen Willen oder eine andere inhärente Kraft auf ihr Ziel zu bewegt, nachgerade so, als ziehe ein Magnet sie an. Und das lässt sich bekanntermaßen nicht einmal widerlegen. Gerade dadurch aber hat sich die Teleologie als ein mit wissenschaftlichen Mitteln untersuchbarer Gegenstand erledigt und ist längst von der Vorstellung evolutionärer Prozesse als Ursache von Ist-Zuständen abgelöst worden. Was von der Teleologie des Handelns übrig blieb, ist spätestens seit Max Weber in dessen Zweckrationalität aufgegangen. Teleologische Vorstellungen innerhalb von Kausalitätsabläufen haben sich angesichts der wissenschaftlichen Entdeckungen der letzten hundert Jahre im Mikro- wie im Makrobereich als nicht haltbar erwiesen. Erwähnt sei hier als berühmtestes Beispiel nur die vom Vitalismus des Aristoteles vertretene und schon erwähnte Entelechie, die spätestens durch die Entdeckung der DNS als Erbinformationsträger gegenstandslos geworden ist.
Dream worlds and cyberspace : intersubjective tertiary reality in fantasy and science fiction
(2013)
What is real? Or rather, is that which we perceive with our senses "real", in the sense that it objectively exists? This question has kept philosophy and literature busy for centuries. An obvious answer is mirrored by language: The German verb "Wissen" for instance, as well as the English "to wit", derive from Proto-Germanic *witanan, "to have seen": We know that which we have seen. Equivalent verbs in Romanic languages derive from Latin "sapere", "to taste, have taste". Sensory input determines our knowledge of the world - a practical truth proven also in scientific experiments.
For Plato, of course, it wasn't so simple. In his allegory of the cave, he shows that "to see" doesn't necessarily mean "to know" in the sense of "to have a correct view of objective reality". His cave dwellers perceive only shadows of artificial objects on a wall, while the true light of reality remains outside, unseen and unknown. Their knowledge of "the world" is an illusion, a fiction existing only in their (and the fiction-makers') heads – a shared sensory experience misleading to a limited, distorted and conventional view of reality. Because we're bound to the physical world by the limitations of our bodies, sensory experience is no valid proof for its ultimate reality.
At first glance, "The Name of the Wind" and "The Wise Man's Fear", volumes I and II of Patrick Rothfuss' as yet incomplete trilogy "Kingkiller Chronicles", appear to fulfill many conventions of heroic fantasy. The books are set in a world called the Four Corners (of civilization), consisting mostly of feudal states, a mostly rural and agrarian landscape. This world has a distinct but slightly vague "old-timey" atmosphere – there is little technology, transport is mainly by horse-power, there seem to be no fire-arms and no media. However, a form of postal service exists, science and medicine are taught at university and women have access to university education, so it is hard to place this fictional universe within a "real-life" historical epoch.
1438'de Türklere esir düşen Georgius isimli bir din adamı, başından geçenleri 1481'de kaleme aldığı Tractatum de Moribus, Conditionibus et Nequitia Turcorum isimli çalışmasıyla dünyaya duyurdu. Eser yayınlandığı güne kadar Avrupalı entelektüeller tarafından çok da iyi bilinmeyen Türk kültürü ve dini hakkında kıymetli bilgiler içeriyordu. Yazar, dinle ilgili olarak verdiği bilgiler arasında İslam hakkında genel bilgilerin yanında dini zümreler üzerine de bilgiler vermiştir. Bunlar arasında heterodoks kesimle ilgili verdiği bilgiler oldukça ilgi çekicidir. Burada onların dini anlayışlarını açıklamış, törenlerinden bahsetmiş ve hatta benzerlerini Sünni kesimle karşılaştırarak değerlendirmiştir. Bundan başka heterodoks kesim için son derece önemli dini ve tarihi önemi haiz Seyid Gazi, Hacı Bektaş ve Âşık Paşa gibi bazı İslami din önderlerine değinmiştir. Avrupalı entelektüeller tarafından bilinmeyen bu hususların dile getirilmesinden ötürü eser kısa zamanda Türkler hakkındaki bilgilerin edinildiği ilk ve temel başvuru kitabı haline geldi. Özellikle Martin Luther ve diğer Protestan önderler Georgius'un Türklerle ilgili bilgilerinden etkilendikleri bilinmektedir. Eserin ilk Alman baskısının Martin Luther tarafından yapılması da esere verilen öneme işaret eden ayrı bir husustur. Bu çalışmamızda Tractatum’un Türk heterodoks luğu ile ilgili satırlarını değerlendirmelerini de içeren çevirilerini yaparak konuyla ilgili çalışan araştırmacıların istifadesine sunmaya çalışacağız.
Walthers Gedicht "Ir sult sprechen willekommen" und Karacaoğlans Gedicht "Ich zog hinunter, sah mir Frankistan an" werden in diesem Diskussionsbeitrag zum Vergleich herangezogen. Beide Dichter treten nach einer langen Reise vor die Gesellschaft auf und teilen ihre Erfahrungen anhand von Vergleich zwischen Vaterländischem und Ausländischem mit.
Ausdruck und Verkörperung : Fritz Kortners Überlegungen zu Stimme und Geste in Film und Theater
(2013)
Bertolt Brecht hat in seinem 'Arbeitsjournal' aus dem kalifornischen Exil die Schwierigkeiten eines seiner Bekannten, des Schauspielers Fritz Kortner (1892−1971), in den Filmstudios von Hollywood beschrieben: "Kortner kann keine rolle bekommen. eisler erzählt, daß die leute in RKO [Radio Keith Orpheum, eine amerikanische Radio- und Filmgesellschaft] bei der Vorführung von Probeaufnahmen laut gelacht hätten: er habe mit den augen gerollt. nun ist eigentliches spiel hier verpönt, man gestattet es nur den negern. die stars spielen nicht rollen, sondern kommen in "situationen". Ihre filme bilden eine art von comics (abenteurerroman in fortsetzungen), welche einen typ in vielen bedrängnissen zeigen (selbst die wiedergabe der story in der presse sagt etwa: gable haßt garbo, hat aber als reporter … usw.). aber gerade seine arbeitslosigkeit veranlaßt k[Kortner], sogar im privatleben sehr viel mehr zu spielen, als er es je auf der bühne tat. ich sehe ihn mit einem gemisch von heiterkeit und entsetzen eine einfache erzählung unbedeutender vorgänge mit einem unmaß von gestik und "ausdruck" vortragen." Diese Eintragung Brechts aus dem Jahre 1942 ist über den anekdotischen Anlass hinaus aufschlussreich. Brecht notiert die unterschiedlichen Auffassungen bei europäischen Emigranten und den Gewaltigen der amerikanischen Filmindustrie hinsichtlich dessen, was es heißt, eine Rolle zu spielen. Fritz Kortner verfügt über die vokalen und mimisch-gestischen Ausdrucksmittel der expressionistischen Schauspieler-Generation vor und nach dem Ersten Weltkrieg, er weiß, wie man etwas 'mit Ausdruck' vorträgt. Doch erscheint eben dieser von ihm so virtuos verkörperte Schauspielertypus im amerikanischen Filmgeschäft der 40er Jahre nur noch als exotisch. Allenfalls wird dergleichen bei 'Negern', also den Verlachfiguren des Hollywood-Films, toleriert. Von weißen Schauspielern wird etwas anderes erwartet: Nicht die Verwandlung ist das Ziel, sondern die Wiedererkennbarkeit der Stars in unterschiedlichen Kontexten. Und gefragt ist eine unterkühlte und - gemessen an europäischen Maßstäben - anti-theatralische Art des Schauspielens mit herabgesetztem Einsatz von Mimik, Gestik und vokalen Mitteln.
Die Rhetorik, die im Türkischen als "Belagat/Belagat Sanatı" (Hitabet Sanatı) bezeichnet wird, ist ein mehr oder minder ausgebautes System gedanklicher und sprachlicher Formen, die dem Zweck der vom Redenden in der Situation beabsichtigten Wirkung dienen können (Lausberg 1990: 13). In vielen verschiedenen Bereichen wie Wirtschaft, Politik, Verwaltung, Theologie und Werbung wird in großem Maße von der Rhetorik profitiert. Der Anwendungsbereich der Rhetorik ist jedoch nicht nur auf das Reden begrenzt; die Rhetorik liefert ein detailliertes Modell zur Herstellung von Texten und kann deshalb auch als Texttheorie verstanden werden (Braungart 1997: 290). In diesem Zusammenhang wird die Rhetorik als Instrument der Textbeschreibung und –analyse bezeichnet (Braungart 1997: 290). Laut Gero von Wilpert (2001: 687) übt die Rhetorik durch die künstlichen Schmuckformen einen starken Einfluss auf die schriftlichen Texte, insbesondere auf die Literatur, aus, da die Dichter oder Schriftsteller ihre Werke mit der ästhetischen Kraft der Sprache erstellen. In den Texten wird die Rhetorik durch die sprachlichen Formen und Figuren präsentiert, die im Deutschen als "Rhetorische Figuren" und im Türkischen "Edebi Sanatlar" bezeichnet werden.
Die folgende Untersuchung hat das Ziel, die deutschen rhetorischen Figuren mit den türkischen zu vergleichen und Ähnlichkeiten sowie Unterschiede zwischen den rhetorischen Figuren anhand von den Beispielsätzen in beiden Sprachen aufzudecken und zu analysieren.
Unter der aus dem deutschen Feuilleton stammenden Bezeichnung "literarisches Fräuleinwunder" wurden Ende der Neunziger Jahre deutsche Autorinnen nach außerliterarischen Faktoren unter einem Etikett zusammengefasst. Judith Hermann war eine der ersten, die vom Kritiker Volker Hage im Zuge der Veröffentlichung ihres Debüts "Sommerhaus, später" mit dem Begriff in Verbindung gebracht wurde. Charlotte Roches Debüt "Feuchtgebiete" bedeutete für Dirk Knipphals knapp zehn Jahre später das Ende des literarischen Fräuleinwunders. Einige der Autorinnen, die mit der Bezeichnung in Berührung kamen, hatten mit ihren Werken große kommerzielle Erfolge und wurden in mehrere Sprachen übertragen. Ihre literarischen Texte wurden auch für den amerikanischen Markt übersetzt und fanden Beachtung in der Presse, auch wenn die Etikettierung hier keine Rolle spielte, sondern diese unabhängig voneinander rezipiert und kontextualisiert worden sind – wie in diesem Aufsatz, der dafür in einigen Fällen auch vergleichende Seitenblicke auf die deutsche Rezeption wirft, dargestellt wird.
Der Artikel untersucht die vielfältigen Verschränkungen zwischen Mário de Andrades Roman "Macunaíma" und der deutschen Kulturtradition, von Hans von Stadens Bericht über die "wilden nacketen grimmigen Menschenfresser Leuthen" bis zu Koch-Grünberg ethnologischer Studie "Vom Roraimo zum Orinoco". Dabei vertritt er die These, dass Andrades Roman, ähnlich wie der deutsche Bildungsroman, im Zusammenhang des Projekts der Herausbildung nationaler Identität zu lesen ist. Allerdings ist die europäische Bildungsidee kein Modell mehr für die Herausbildung von Subjektivität unter den brasilianischen Verhältnissen. Aber Macunaímas Widerstand gegen eine der Modernität verpflichtete Rationalität und ein die Realität dieser Modernität bestätigendes veranwortliches Handeln ist nicht als Gegenmodell zu lesen, sondern als eine Reaktion der Verzweiflung. "Macunaíma" verbindet mit dem Bildungsroman sowohl die Kritik der Moderne (einmal eine Kritik aus ihrer eigenen Mitte, im anderen Falle eine Kritik von aussen), wie auch die Überzeugung, dass (literarisches) Erzählen trotz aller Desillusion und aller Verzweiflung an dem Projekt der Moderne gelingen kann.
Rezension zu Marcel Reich-Ranicki: Mein Leben, 3. Auflage, Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt, 1999
La historia de un texto : el problema de la comprensión en el pensamiento de Friedrich Schlegel
(2013)
En el presente trabajo analizamos el problema de la comprensión en el marco de la obra temprana de Friedrich Schlegel. Para ello, tomamos como punto de referencia su interpretación del trabajo filológico de Friedrich August Wolf quien había constatado el carácter tardío de las obras homéricas y atribuido el origen de las mismas a la actividad compilatoria de los filólogos alejandrinos del siglo III. Resulta de nuestro interés resaltar aquí dos elementos de la interpretación schlegeliana del descubrimiento de Wolf. En primer lugar, su adscripción a la valoración wolfiana de trabajo de los filólogos alejandrinos o Diskeuasten. En segundo término, el énfasis schlegeliano en la necesidad de complementar el trabajo totalizador de los Diaskeuasten por medio de la tarea disgregadora o crítica de la Chorizonten. Pues a partir de estos elementos no solo es posible adherir a las críticas de Jure Zovko a la lectura gadameriana del pensamiento de Schlegel, sino también cuestionar aquellas perspectivas que descubren en este último un importante antecedente de la propia hermenéutica filosófica de Gadamer.
Dezember 1925, Staatsoper Unter den Linden Berlin: Zwei Tage vor Weihnachten besuchen Theodor W. Adorno und Walter Benjamin die erste auf die aufsehenerregende Uraufführung folgende Vorstellung von Alban Bergs Oper Wozzeck: Es dirigiert Erich Kleiber, die Hauptpartien singen Leo Schützendorf, Fritz Soot und Sigrid Johanson. Nicht nur auf den 'Expertenhörer' Adorno - der in einem an seinen Kompositionslehrer übermittelten Bericht sowohl Benjamins Bestimmung des "Ausdruckslosen" aufgreift, als auch dessen physische Präsenz erwähnt - hinterlässt die Musik einen bleibenden Eindruck. Benjamin erinnert sich dieser Aufführung noch zehn Jahre später in einem seiner Briefe an Adorno und bekennt nach der Lektüre von dessen Berg-Analysen, "dass der überwältigende Eindruck, kraft dessen mich der Wozzeck an jenem Abend gefangen nahm, das Signal eines mir unbewussten aber bis ins einzelne nennbaren Betroffenseins gewesen ist". Von der geschichtsphilosophischen Einordnung der Berg'schen Musik, welche "wie die gleichsam namenlose technische Arbeit des Schülers Schönbergs die Tradition des 19ten Jahrhunderts im Namen des Musikers zur Ruhe geleitet und ihren eigenen Klagegesang anstimmen lässt", führt Benjamin sich dann sogar versucht, den "Begriff des 'kleinen Übergangs' [...] der Kompositionslehre abzuborgen (GB V, 565). Im Gegensatz zu Adorno wird Walter Benjamins Theorie jedoch kaum mit Musik in Verbindung gebracht, sondern vor allem für ihr Bilddenken geschätzt. Auch wenn im 'Ursprung des Deutschen Trauerspiels', in den Erinnerungsszenen der 'Berliner Kindheit', den Häuser- und Gedankenschluchten der 'Passagenarbeit' und nicht zuletzt in seinem Briefwechsel durchaus von Musik die Rede ist, rücken Klänge seltener in den Mittelpunkt seiner Schriften und sind in der Rezeption bisher auch weniger beachtet worden. Ohnedies wird derjenige enttäuscht, der gerade von Benjamin - so reizvoll es sein mag, sich solchen Gegenständen widmende Essays zu imaginieren - die Exegese des gängigen musikalischen Kanons erwartet: Keine Abhandlung zu Schuberts Streichquintett schließt an die Interpretation der 'Wahlverwandschaften' an und ebenso vergeblich sucht man nach die Erwägungen zum Trauerspiel auf die Affektkontrolle der 'opera seria' oder die des Kraus-Essays auf die Musik des 'Fackel'-Habitués Arnold Schönberg übertragenden Arbeiten. Dennoch kommt Musik, Klage und Tönen in Benjamins Reflexionen eine nicht unerhebliche Bedeutung zu. Selten drängen sie sich lautstark in den Vordergrund, erlauben aber - zumal in einer Zeit, in der auch die professionelle Auseinandersetzung mit Musik die ideale Beständigkeit musikalischer Werke und ihrer Texte zunehmend in Zweifel zieht - theoretische Einsichten, über die das auf andere Dinge gerichtete Ohr des Experten achtlos hinweggeht. In Ergänzung zur wohlbekannten epistemischen und poetischen Rolle seiner Sprach- und Denkbilder unternimmt dieser Band den ersten systematisch angelegten Versuch, sowohl den kultur- und medienhistorischen Zusammenhängen von Benjamins akustischen Motiven nachzugehen als auch ihre ästhetische Relevanz für die gegenwärtige Produktion und Reproduktion von Klängen zu reflektieren.
1918 sprang der berühmte russische Filmemacher Dziga Vertov von einer Mauer und ließ dabei sein Gesicht filmen. Heraus kam eine Folge von Einzelbildern, die die Veränderungen seines Gesichtsausdrucks während des Sprungs zeigen sollten, innere Befindlichkeiten also, die er selbst nur unbewusst zum Ausdruck gebracht hatte. Jahre später wiederholte er den Sprung und schrieb dazu: "Vom Gesichtspunkt des gewöhnlichen Auges sehen Sie die Unwahrheit. Vom Gesichtspunkt des kinematographischen Auges (mit Hilfe besonderer kinematographischer Mittel, in diesem Falle – der Zeitrafferaufnahme) sehen Sie die Wahrheit. Wenn vom Lesen der Gedanken eines Menschen auf Entfernung (und es ist nicht selten wichtig für uns, nicht die Worte eines Menschen zu hören, sondern seine Gedanken zu lesen) die Rede ist, so haben Sie diese Möglichkeit gerade hier erhalten. Die Mittel des "Kinoglaz" haben sie entdeckt. Die "filmtauglichen" Mittel bieten die Möglichkeit, die Maske vom Menschen wegzunehmen, ein Teilstück der Filmwahrheit zu erhalten." Das menschliche Auge desjenigen, der den springenden Filmemacher beobachtete, sah hiernach die Unwahrheit. Stattdessen war es das technische Auge der Kamera, das Vertovs wahres Antlitz offenbarte, das ihm die Maske vom Gesicht riss. Der frühe Film schien menschliche Gesichter auf eine bestimmte Weise noch 'wirklicher' sehen zu können, als dies natürliche Augen gekonnt hätten. Doch um welche Art Wirklichkeit ging es hier? Was kommunizierte der frühe Film über das menschliche Gesicht, wenn Vertov nicht die natürliche Wahrheit sondern die 'Filmwahrheit' anvisierte? Im Folgenden möchte ich der Frage nachgehen, ob die Maske durch den Film tatsächlich zum Verschwinden gebracht werden konnte oder ob sie sich nicht vielmehr einen neuen Ort gesucht hat - statt vor dem Gesicht etwa auf der Leinwand oder in der Kamera.
Realität als Traum
(2013)
Zweifelsohne gehören Fußnoten nicht zum Ideal einer literarischen Übersetzung [...]. Dennoch gibt es nicht wenige solcher Literaturübersetzungen. Ein Beispiel besonderer Art stellt die von Nijad Akipek erstellte und im Jahre 1949 veröffentlichte türkische Erstübersetzung von Theodor Fontanes Roman Effi Briest (1894) dar. Besonders auffallend bei dieser Erstübersetzung sind die mehr als 220 Anmerkungen des Übersetzers in Form von Fußnoten. Dass ein Übersetzer in einem Roman Fußnoten in diesem Umfang einfügt, stellt einen Sonderfall dar und soll darum übersetzungskritisch analysiert werden. Auch in der fast 60 Jahre später von Kasım Eğit erstellten Neuübersetzung2 des Romans im Jahre 2007 finden sich ebenso noch einige Anmerkungen in Form von Fußnoten, jedoch in der Anzahl außerordentlich weniger. Auf welche Anmerkungen auch Eğit nicht verzichten will bzw. kann, soll im Anschluss weiter unten analysiert werden.
19. yüzyılda Doğu ve Batı arasındaki uluslararası kültürel ilişkiler gelişmeye başlar. Bunda Avrupa'nın sanayileşmesi ile kolaylaşan ulaşım imkanlarıyla birlikte yabancı kültürlere duyulan merak ve ilgi de rol oynamıştır. Bu kapsamda Neuruppin (Brandenburg-Prusya) matbaalarında basılan ve geniş halk kesimlerini yabancı ülke ve insanlar hakkında bilgilendirmek amacını güden renkli resimleri de dikkate almalıyız.
Bu resimler içinde Japonya'da bir sergiye de konu olan Japon temalı bir dizi örnek vardır (bkz. Oehmigke/Riemschneider Bog. Nr. 3826). Bu kapsamda, Neuruppin kent müzesinde muhafaza edilen en büyük resim albümündeki (Neuruppiner Bilderbogen) yabancı algısına odaklanacağım. Makalemde, Japon temalı resimler yardımıyla oryantalist örneklerdeki yabancı algısını göstermeye çalışacağım.
Safa Brura
(2013)
Im Aufsatz "Die Aufgabe des Übersetzers" von 1921 entwickelt Walter Benjamin den Gedanken einer 'reinen Sprache' (GS IV, 9–21), angeregt von der antiken jüdischen Idee einer 'klaren Sprache' – hebr. שׂפה ברורה (Safa Brura) –, die in der Bibel im Buch Zefanja (3,9) erwähnt wird. Gemäß den Schriften ist diese Sprache eine menschheitsumgreifende 'Muttersprache', die von allen Völkern am Ende der Zeit benutzt werden wird. Als Musiker zu Beginn des 21. Jahrhunderts erfahre ich die Realität als das exakte Gegenteil dieser Prophetie. Der Turm von Babel wäre das viel geeignetere biblische Bild, um die zeitgenössische musikalische Wirklichkeit zu reflektieren (freilich ohne die katastrophalen Konsequenzen). Während der Pluralismus der Stile und Ideen ethisch gesehen zu begrüßen ist, stellt er auch eine Herausforderung für das Schaffen dar.
Leidenschaft ist eine Emotion, die ganz und gar zum subjektiven Erleben eines Individuums gehört. Ein leidenschaftlich Handelnder ist offensichtlich so sehr von ihr ergriffen, dass sie sein Inneres vollkommen ausfüllt. Ebenso wie die Leidenschaft ganz zu ihm gehört, gehört auch er ganz seiner Leidenschaft. Es gibt dann keinen Raum in ihm für andere emotionale oder gar rationale Regungen.
In unserer allmählich kleiner werdenden Welt und "in der Literatur und Wissenschaft, die auf einer Vielzahl von Ortsveränderungen beruhen" (Ette 2001: 21), ist "die Verortung des Fremden im Dialog der Kulturen" von einer großen Bedeutung. Der Dialog der Kulturen war schon längst ein Thema vieler Kulturarbeiten und der Humanwissenschaften, wobei mehrmals vergessen wurde, wo das Fremde in diesem Dialog liegt und wer für wen fremd ist. Meist spielt eine eurozentrische Betrachtungsweise eine wesentliche Rolle, um diesen interkulturellen Dialog zu definieren, auch wenn der Dialog sich zwischen zwei Elementen oder Personen gleicher Rechte in der sprachlichen, kulturellen und sozialen Repräsentation verwirklichen sollte, sonst geht der Dialog von vornherein verloren. "Es lohnt sich in der Tat zu fragen, inwieweit man wirklich bereits von einem global-gleichrangigen Dialog zwischen den Völkern sprechen kann, der nicht selten von verschiedenen Seiten beschworen wird" (Bräsel 1999: 77).
"Auf den Hügeln, rund um die Zentren großer Städte, stößt man merkwürdigerweise oft auf so eine Art städtisches Bergvolk. Jedenfalls ist in Berlin diese besondere Population auffallend in der Gegend des Prenzlauer Bergs und des Kreuzbergs, in Paris auf dem Montmartre und Montparnasse; im Londoner Hampton Heath und auf dem Wiener Spittelberg soll es vergleichbar sein." Mit diesen Zeilen beginnt Daniela Dahn ihre "Prenzlauer Berg-Tour", in der sie sich einer ethnologischen Forschungsreisenden gleich auf den abenteuerlich-verschlungen anmutenden Weg hinauf zum Prenzlauer "Bergvolk" begibt. Die zeitgenössische öffentliche Rezeption des Ende 1987 im Mitteldeutschen Verlag Leipzig/ Halle veröffentlichten Buches war einstimmig positiv; hervorgehoben wurde unisono insbesondere der Realitätsgehalt der Reportage. [...] Das nach der Publikation um sich greifende große öffentliche Interesse belegen nicht nur die zahlreichen Lesungen, Buchpräsentationen und Werbeanzeigen, sondern allen voran die Tatsache, dass die ersten beiden Auflagen (1987 und 1989) des Buches von insgesamt 27.000 Exemplaren in kürzester Zeit vergriffen waren. Doch wie lässt sich dieser Erfolg erklären? Ein gewichtiger Grund war vermutlich, so die Hypothese der nachfolgenden Überlegungen, dass Dahns Reportagen zum DDR-Alltagsleben im Rahmen damaliger Möglichkeiten – von "Sagbarkeitsregimes" hätte Michel Foucault gesprochen – einigermaßen ungeschminkt und schonungslos soziale Widersprüche des "real existierenden Sozialismus" in ihrer literarischen Aneignung zeigten. Dieser ungeahnt-ungekannte Darstellungsmodus überschritt Grenzen und evozierte reichlich Aufmerksamkeit.
Armut und Armenpflege ist eines der großen Themen in der öffentlichen Diskussion und der Literatur der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. So erstaunt es nur wenig, dass nahezu gleichzeitig zwei äusserst populäre Romane mit ähnlichen Verläufen sich mit dem Thema beschäftigen, obwohl keine intertextuelle Beeinflussung erkennbar ist: der "Bauernspiegel" (1837) von Albert Bitzius (1797–1854), in dem Bitzius das Pseudonym Jeremias Gotthelf, mit dem er als Schriftsteller bekannt wurde, das erste Mal benutzte, und "Oliver Twist, or The Parish Boy’s Progress" (1837–1839), der zweite Roman von Charles Dickens (1812–1870), unter dessen Pseudonym Boz erschienen. Auch Gotthelfs zweiter Roman, die "Leiden und Freuden eines Schulmeisters" (1838/39), beschäftigen sich mit der Armut, hier mit Bezug auf eines der weiteren großen Themen des frühen 19. Jahrhunderts, dem (Primar-)Schulwesen. Oliver Twist war als Reaktion auf das "New Poor Law" von 1834 entstanden, die Leiden und Freuden eines Schulmeister nehmen direkt Bezug auf die Schullehrertaxation von 1836 und das 1835 verabschiedete Berner Primarschulgesetz.
Em 1903, Arthur Schnitzler publicou a peça "Reigen" (port. "A ronda"), a qual apresentava dez diálogos, cada qual se desenvolvendo antes e depois de uma conquista sexual. A obra pretende apresentar comportamentos típicos de diferentes classes sociais através da forma como se comportavam para chegar ao mesmo objetivo. A ciranda sexual apresentada no texto causou comoção em sua época e foi criticada por sua alegada imoralidade. Em 1950, a peça foi transposta para o cinema em um filme de Max Ophüls. Sua obra buscou ser fiel ao original, mas também concedeu uma certa leveza ao tema, o que parece indicar um alargamento nos padrões morais diante o sexo. Em 2012, Fernando Meirelles filmou uma releitura da peça de Schnitzler: "360". Na atualidade, uma era marcada pela liberação sexual, o filme não mantém a leveza dada por Ophüls, mas, pelo contrário, é pesado e trata de relações interpessoais através do prisma do sentimento de culpa provocado por traições ou desejos sexuais reprimidos. Neste artigo, será discutido como a temática do desejo e dos impulsos sexuais trazida por Schnitzler se transformou com a passagem de mais de um século, e como a questão da ética foi modelada a cada obra e seu tempo.
Die Konstruiertheit und Unzuverlässigkeit der Erinnerung wird heute in der kulturwissenschaftlichen Gedächtnisforschung nicht bestritten. Aber in Rayk Wielands Roman Ich schlage vor, dass wir uns küssen ist die Erinnerung buchstäblich eine Erfindung oder, genauer gesagt, sie ist das Resultat einer phantasievollen Auslegung und "fehlgeleiteter Schnüffelphilologie" (Reents 2009). Der Träger des individuellen Gedächtnisses ist in diesem Fall nicht das individuelle Gehirn, sondern es sind die Stasi-Akten, und seine Stütze ist eine Erinnerungspolitik, die unbedingt Opfer und Heroen braucht, um ihre Vergangenheitsrekonstruktion zu legitimieren.
Es gehört zu den besonderen Merkmalen fantastischer Literatur und Kunst, fiktive Welten hervorzubringen, deren Entwurfscharakter Modellhaftigkeit und spielerische Experimentierfreudigkeit ebenso implizieren kann wie Perspektiven des Utopischen. Die Beiträge des Sammelbands gehen auf Vorträge der Jahrestagung der Gesellschaft für Fantastikforschung im September 2013 zurück, die unter dem Motto "Writing Worlds" stand. Sich Welten zu erschreiben, zu erzählen oder zu erträumen ist zweifellos ein zentraler Bestandteil und eine wichtige Motivation zur Kreativität, die sich insbesondere im Genre der fantastischen Literatur beobachten lässt. In der Gegenwart lässt sich die spatiale Ebene, die Welten und Räume konstruierende Dimension des Fantastischen, allerdings nicht weniger ausgeprägt in den neueren Medien des Rollenspiels und des Films entdecken. So eröffnen die Aufsätze des Themenhefts ein weites Spektrum, das von Modellierungen mittelalterlicher Sujets über expressionistische Städte-Visionen und Batmans Metamorphosen bis hin zu neueren U.S.-amerikanischen Fernsehserien um das Jahr 2000 reicht.
Das Gestalten fiktiver Welten ist ein Leitmotiv des Phantastischen. Mit dem "clash of realities" als gattungsdefinitorischem Merkmal nimmt die spezifische Weise, in der diese Bereiche inszeniert werden, und deren qualitative Bestimmung einen bedeutenden Raum in der Theorie des Phantastischen ein. Dieses zeigt sich darin zugleich auch als ein ästhetisches Paradigma, das nicht gattungs- oder gar mediengebunden ist, sondern seine spezifische Ausprägung in Abhängigkeit von dem Kontext erhält, innerhalb dessen es in Erscheinung tritt. Im Fall des phantastischen Rollenspiels wird das Überschreiten der Grenze zu diesen andren Welten zum Leitmotiv – als Raum, der nicht im Sinne z.B. einer ausgeschriebenen Text- oder Filmwelt fixiert ist, ermöglicht dieses Medium wie kein anderes die Entgrenzung der phantastischen Welt, die es in sich entwirft. Die dergestalt "grenzenlos" werdende Phantastik, der grenzenlos werdende PhantasieRaum bedingt einerseits ein schier unüberschaubares Ausmaß an Erscheinungsformen, andererseits aber auch die Problematik des Flüchtigen, Nicht-Fassbaren, das zwischen Spielwelt und physischer Realität changiert. Im Folgenden soll es um die Bestimmung dieses spezifischen Phantasie-Raumes gehen. Mit Blick auf die strukturellen Bedingungen des Mediums Rollenspiel wie seines Themas, des Phantastischen, stellen sich im Wesentlichen zwei Fragen. Erstens: Auf welche Weise eröffnet das Medium Rollenspiel seinen Raum? Und zweitens: Um was für einen Raum handelt es sich dabei?
In 2013 Disney released its 53rd animated movie "Frozen". (Very) loosely based on Hans Christian Andersen's fairy tale "The Snow Queen", it tells the story of two sisters, one of which, Elsa, has the power to manipulate ice. Instead of making her the real villain of the film, Disney opted for a misunderstood and suppressed young woman, who flees her castle, which she deems a prison, when her subjects find out about her powers. Her younger sister Anna vows to bring her back and to show everyone that her "sister's not a monster. [i]t was an accident. [...] So [Anna] needs to go after her." "Frozen" is the story of the re-bonding of two sisters and Elsa even saves her kid sister eventually by showing Anna that she truly loves her and not some prince. According to Stephen Holden, it is supposed to be a story that "shakes up the hyper-romantic "princess" formula that has stood Disney in good stead for decades and that has grown stale." Holden's review reverberates a general agreement that "Frozen" is finally a movie that can be truly enjoyed by both sexes and that does not promote the idea that love triumphs over anything else.
Ever since the European discovery of the Hawaiian Islands by Captain James Cook in 1778, this island state has been shamelessly exploited economically and reimagined for a wide, mainly white, audience in the media. The island state continues to occupy a unique place in public consciousness, evoking escapist fantasies of dazzling long, sandy beaches, spectacular sunsets, swaying palm trees, and beautiful hula dancers as well as skilled surfers enjoying perfect waves. Numerous novels, TV series, and movies have helped to foster this positive image, at the same time suppressing the dark side of colonial Hawaiian history in favor of a more convenient paradise image. Especially the American movie industry with films such as "Waikiki Wedding" (1937), "Blue Hawaii" (1961), "Paradise Hawaiian Style" (1966) or more recently "50 First Dates" (2004) and "Forgetting Sarah Marshall" (2008) has helped to create Hawai'i as a "fantasy-scape" for a larger audience. The majority of movies set on the island state imagine this place as a tropic paradise resort, mainly for wealthy white Americans, thus almost completely erasing the native population from the screen.
Disney's animated movie "Lilo and Stitch" (2002) can be read along the lines of those preceding movies representing the islands solely as an ideal holiday destination and multicultural paradise as well. Thus, it seems not surprising that in 2002 Disney signed a $3.9 million marketing contract with the Hawaiian Visitors and Conventions Bureau (HVCB), which markets the islands under the control of the Hawai'i Tourism Authority, to promote Hawai'i as a family destination. However, on closer scrutiny, the movie indeed depicts trouble in paradise as it does not only depict Hawai'i as a heterotopic space where intergalactic immigration is possible but – on a more subtle level – criticizes American colonial practices and the forced annexation of the former independent kingdom, thereby rendering the island state still a highly contested space.
From New Corbuzon to UnLondon, China Miéville's works show a preoccupation with the city which transcends the function of setting and serves as a subtext to the plot. As one of the most prominent representatives of weird fiction Miéville constructs cityscapes that fascinate the reader with their eccentricity and strangeness, but also with their social, historical and architectural complexity. In "Perdido Street Station" the eponymous landmark in New Corbuzon is essential for the denouement of the plot rather than merely a backdrop. The city is a character in its own right. This is also and especially true for Miéville's 2009 novel "The City and the City". Here, the city seems at first normal, then alien and in conclusion utterly quotidian. The way the literary space and place is built permeates everything in the novel: the way the characters act, the crime plot, the philosophy and mood. At the core, "The City and the City" captures the everyday creation and maintenance of social space and illustrates the human capacity to deal with conflicting, layered realities of communal life and the human condition.
The "City and the City" is set in the twin city states of Besźel and Ul Qoma that occupy much of the same geographical space, but are perceived as two very different cities. The borders between the cities are invisible and intangible, but reinforced by citizens by "unseeing" and "unsensing" the other one. Meaning: someone in Besźel must ignore everything Ul Qoman even what is right next to them. Some parts of the cityscape are totally in one city but quite a few are "cross-hatched", meaning in either city depending on what is unseen. Unsight is an acquired habit, but one that is performed unconsciously. To unsee the other city is an integral part of being a citizen and important in the socialiation of children. Acknowledging the other city even accidentally is a serious crime called breaching punished by an all-seeing, all-powerful agency named Breach. Why and how the state of separation between the cities came to pass is unknown: an event ambiguously called "cleavage" split or united the cities.
"The City and the City" won several awards for fantasy writing, although it is fantastic only in one aspect and – plotwise – the novel is crime fiction: a police procedural with noir and hard-boiled touches – genres that lay claim on gritty realism. It is precisely this uncertainty of genre that allows a subversive reading of the text and contributes to the social criticism therein. In the novel Inspector Tyador Borlú from Besźel investigates the murder of foreign student Mahalia Greary across the cities and uncovers a conspiracy to exploit the cities' cultural heritage for profit.
Bernhard Hennens zeitgenössischer Roman "Nebenan" erzählt über einen Zeitraum von einigen Monaten hinweg die Geschichte einer Gruppe von Studenten der Universität zu Köln, die – nach der Öffnung eines Tors in die als "Nebenan" bezeichnete Anderswelt – im Mittelpunkt des Konfliktes zwischen "guten" fantastischen Wesen – Heinzelmännchen, die unter der Universität wohnen, und deren Verbündeten, die die reale Welt vor negativen Einflüssen aus der fantastisch-magischen Sphäre "Nebenans" schützen – und "bösen" fantastischen Wesen wie den aus "Nebenan" nach Köln entrückten Erlkönig und Grafen Cagliostro stehen. Dieser Konflikt kulminiert in einem Krieg in der realen Welt, der von den Studenten gemeinsam mit den Heinzelmännchen und anderen Parteien gewonnen wird, wodurch die reale Welt vor einer Invasion von Wesen – von Drachen bis hin zu Riesen – aus der Anderswelt und deren Machtübernahme bewahrt wird.
Der Roman zeichnet sich unter anderem durch einen mehrfachen parallelen Diskurs aus, der die beiden Ebenen des realen und fantastischen Raumes kontinuierlich miteinander kombiniert. Im Zentrum der narrativen Struktur steht das räumliche und zeitliche Nebeneinander von Fantasie und Realität, deren Ebenen nicht zu trennen sind und die nicht ohne einander existieren können. Der Wegfall der einen Ebene würde den Zusammenbruch der Handlung, der Ästhetik, der tieferen Bedeutung der Fiktion etc. bedeuten – kurzum: Der Wegfall einer Ebene würde dem Wegfall der epischen Relevanz des Textes gleichkommen.
Dieser Paralleldiskurs äußert sich in einem Verschwimmen der Grenzen, denn solche werden im Roman auf primärer Ebene kaum gezogen. So ist beispielsweise der Technisierungsgrad der Heinzelmännchen bemerkenswert, die sich als mahnende Quälgeister mit magischen Fähigkeiten und Gegenständen in die Realität einmischen, wenn esgeboten erscheint – das heißt, dass sich fantastische Wesen ganz unproblematisch, fast "natürlich", realer Technologien bedienen können, und andersherum ist nicht nur die Existenz realen Lebens in der märchenhaften Anderswelt denkbar, sondern eindeutig möglich: Die Studentengruppe rund um den Träumer Till bewegt sich ohne physische Einschränkungen oder dauerhaft Schaden zu nehmen in der völlig anders organisierten und strukturierten Welt von "Nebenan".
In den USA gibt es eine Tradition von religiösen und säkularen Fernsehprogrammen, die das weite Feld Religion und Glauben in Szene setzen. Dies liegt auch daran, dass das Fernsehen mittlerweile das Hauptmedium der gesellschaftlichen Sozialisation in den Staaten darstellt und elementar für die Weitergabe von Normen und Werten ist. Shonna Tropf fasst es aufbauend auf William Fore sogar so zusammen: "In many respects television has become a type of religion. It is where most people go to learn about society’s values and find world views that shape their beliefs."
Diese Bedeutung scheint gleichzeitig ein Bedürfnis nach solchen Formaten zu etablieren. Manche von ihnen spielen in der alltäglichen Lebenswelt wie "7th Heaven / Eine himmlische Familie" (1996–2007) (The WB), viele behandeln jedoch auch phantastische Themen wie "Joan of Arcadia / Die himmlische Joan" (2003–2005) (CBS) über einen Teenager, der mit Gott kommunizieren kann. In Deutschland dürfte "Highway to Heaven / Ein Engel auf Erden" (1984–1989) (NBC) mit Michael Landau in diesem Zusammenhang am bekanntesten sein.
In den USA hingegen war "Touched by an Angel", die insgesamt neun Staffeln und 212 Episoden lang von 1994 bis 2003 auf CBS lief, in diesem Bereich eine der erfolgreichsten Serien. Die höchsten Einschaltquoten konnte sie ab der dritten bis zur sechsten Staffel erreichen, also zwischen den Jahren 1997 bis 2000. Dabei erreichte das Programm in der vierten Staffel (1998) sein bestes Ergebnis und kam auf Platz fünf der meistgesehenen wöchentlichen Programme.
Ich werde im folgenden die konzeptionellen Strukturen der Serie vorstellen und zeigen, wie insbesondere der nationale Wertekomplex in ihr verhandelt wird. Darauf aufbauend werde ich darlegen, welche ideologischen Grundprämissen dem Format zugrunde lagen und weshalb es so großen Erfolg hatte.
Der Eintritt des Lesers in die Welt der "Wächter"-Romane Sergej Lukianenkos mutet geradezu konventionell an. Der Ich-Erzähler und Protagonist Anton Gorodezki, lichter "Anderer", Nachtwache Moskau, durchstreift die nächtlichen Straßen in wichtiger Mission: er folgt dem Ruf eines dunklen "Anderen", eines Vampirs, um das damit angelockte menschliche Opfer zu retten. Nach und nach entfaltet sich die Welt der Wächter. In der uns bekannten Welt leben neben den normalen Menschen die magiebegabten "Anderen", Vampire und Werwölfe, Hexen und Zauberer etc. Von den Menschen, zumindest den Menschen der Moderne, weitgehend unbemerkt leben sie unter uns und bestimmen wesentlich die Ereignisse der Weltgeschichte.
Gemeinsam ist allen "Anderen" die Fähigkeit, in die magische Parallelwelt des Zwielichts eintauchen zu können. Getrennt sind sie durch ihre Zugehörigkeit zu den Lichten beziehungsweise zu den Dunklen, die sich in einem immerwährenden Kampf gegeneinander und um die Seelen der Menschen befinden. Zu Nutz und Frommen der Menschen kämpft das Gute gegen das Böse, Magie ist auch im Spiel – ein bekanntes Muster der Fantasy.
In literaturwissenschaftlichen Analysen des Genres spielt "Gut gegen Böse" dennoch ein weitgehendes Schattendasein. Definitionsversuche der Fantasy etwa von Pesch und Weinreich nennen das Begriffspaar nicht, eben sowenig das Phantastikhandbuch unter dem Lemma "Fantasy", allerdings als Grundmotiv der Apokalypse. Abraham führt es nicht als Teil seiner Definition, aber immerhin als einen Unterpunkt von "Dichotomien abendländischer Fantastik". Wiewohl Abraham insbesondere für neuere Werke und Adaptionen ausführt, dass nicht "ein einfacher Schwarz-Weiß-Kontrast [...], sondern tatsächlich eine Dichotomie" zwischen Gut und Böse vorliege und einzelnen Figuren psychologische Tiefe in diesem Bereich verliehen werde, so mag das relative Desinteresse an diesem Bereich auch daran liegen, dass ein oft recht holzschnittartig gearbeiteter Gegensatz ein wenig ergiebiges Arbeitsfeld oder Definitionskriterium darstellt. Auffällig ist, dass Abrahams vergleichsweise ausführliches Eingehen auf das Thema in einer "Einführung für Schule und Hochschule", unter einer spezifisch "medien- und rezeptionsorientierten Perspektive" stattfindet.
Ridley Scott's "Blade Runner" ist eine lose Adaption von Philip K. Dicks Roman "Do Androids Dream of Electric Sheep?". Der Science-Fiction-Film spielt in der Stadt Los Angeles im Jahr 2019, obwohl in der Buchvorlage San Francisco Ort des Geschehens ist. Bereits seine einleitenden Szenen geben einen Vorgeschmack auf den folgenden Streifen und die Rolle der Metropole darin. In diesen wird eine düstere urbane Landschaft gezeigt, die von flackernden Schornsteinen und dem künstlichen Licht zahlreicher Fenster nur marginal erleuchtet wird. Der so entstehende, bedrohliche Eindruck wird durch die Klänge des Vangelis-Soundtracks, die stets patrouillierenden Polizeiflieger und die dominierenden Pyramiden der Tyrell Corporation zusätzlich unterstrichen. Es verwundert deshalb wenig, dass dieses Set von der Filmcrew "Hades" genannt wurde.
Die bedrückende Atmosphäre der Startsequenz wird in den engen Häuserschluchten der Stadt weiter betont. Dort drängen sich Menschen unterschiedlichster Herkunft auf engstem Raum. Dies lässt auf eine starke Überbevölkerung schließsen, obwohl die oberen Gesellschaftsschichten sich größtenteils von der Erde zurückgezogen haben.
In Außerweltkolonien lassen sie Replikanten für sich arbeiten. Diese Androide werden von der Tyrell Corporation hergestellt. Weil die neuesten Modelle ihren Machern körperlich und intellektuell überlegen sind, wird ihnen zum Schutz der Menschheit eine maximale Lebensdauer von vier Jahren einprogrammiert. Zudem ist es Replikanten verboten, auf die Erde zurückzukehren. Diejenigen, die es trotzdem tun, werden von speziellen Kopfgeldjägern, sogenannten Blade Runnern, gejagt und "in den Ruhestand versetzt", also getötet. Im Film spielt Harrison Ford einen solchen Detektiven. Als Rick Deckard jagt er eine Gruppe von Replikanten, welche auf die Erde gekommen ist, um mehr Leben von ihrem Schöpfer einzufordern.
Im Folgenden wird untersucht, wie die Stadt Los Angeles im Film dargestellt wird. Dabei wird auch abgeklärt, warum die jeweiligen Darstellungsformen von den Filmschaffenden gewählt wurden und die Handlung des Films ausgerechnet nach Los Angeles verlegt worden ist. Zudem werden ausserdiegetische Entwicklungen, welche durch den Film und die darin dominierenden urbanen Bilder angesprochen und kritisiert werden, erörtert. Hierfür wird auch auf mögliche Vorbilder eingegangen, die auf die Gestaltung der Stadt in Ridley Scotts "Blade Runner" eingewirkt haben.
Dieser Arbeit liegt der im Jahr 2007 veröffentlichte "Final Cut" des Films zu Grunde. Dieser ist die bislang letzte Fassung von "Blade Runner" und somit wohl auch diejenige, welche den persönlichen Vorstellungen des Regisseurs am meisten entspricht. Wenn es für diese Untersuchung relevant ist, wird aber dennoch auf frühere Versionen verwiesen.
Das vermeintliche Gegensatzpaar "Wirklichkeit" versus "Fantastik" ist stets präsent in den Filmen des amerikanischen Filmschaffenden Tim Burton, der als Regisseur, Drehbuchautor, Künstler und Autor gleichermaßen tätig ist. Die Wirklichkeit steht bei Burton stets in Verbindung mit Rationalität, Erwachsen-Sein und Spießertum. Sie verkörpert die einzwängende Normalität, die das Individuum an seiner freien Entfaltung hindert und die menschliche Emotionalität verkümmern lässt. Die Fantastik wiederum ist verbunden mit Fantasie, Imaginationskraft, Kreativität, Emotionalität und Individualität. Sie steht für ein freies, empathisches und reflektiertes Menschenbild, das es laut Burtons Filmen zu schützenund zu fördern gilt.
In symbolisch aufgeladenen, düsteren Traumwelten kreiert Burton immer wieder Geschichten, die die mühevollen, emotionalen Prozesse des Heranwachsens und der menschlichen Weiterentwicklung thematisieren. Es scheint, als strebe Burton durch diese Fokussierung auf das eingangs genannte Gegensatzpaar eine "Wiederverzauberung" der aufgeklärten, naturwissenschaftlichen Weltsicht an. Dieser Annahme soll im Folgenden nachgegangen werden.
Wie müsste ein filmisches Gegenstück zur klassischen Utopie aussehen? Dass ein Spielfilm in vielerlei Hinsicht ungeeignet ist für einen Gesellschaftsentwurf in der Tradition der morusschen "Utopia" (1516), ist im Grunde unbestritten. Es gibt denn auch kein Beispiel eines fiktionalen Films, der diesem Typus auch nur halbwegs nahe käme. Die Schlussfolgerung, dass positive Utopien im Film generell unmöglich sind, wäre allerdings voreilig, denn es existieren durchaus Spielarten des Mediums, in denen die klassische Tradition lebendig ist. So paradox es auf den ersten Blick auch scheinen mag – ausgerechnet im nichtfiktionalen Film findet die Utopie, die per definitionem von (noch) Nicht-Existierendem berichtet, einen fruchtbaren Boden.
Den grundlegenden Gedanken, dass das filmische Gegenstück zur klassischen utopischen Literatur im Dokumentarfilm zu suchen ist, habe ich bereits in meinem Beitrag zum Tagungsband der dritten GFF-Jahrestagung ausgeführt. Hier soll diese These nun genauer ausgearbeitet werden. Der Fokus liegt dabei auf dem bereits angedeuteten Widerspruch, dass eine Gattung, die sich just durch die Abbildung des Realen definiert, geeignet sein soll, um die Nicht-Orte der Utopie darzustellen. Nach einer kurzen Zusammenfassung meiner bisherigen Überlegungen wird der Schwerpunkt des Artikels deshalb auf der Theorie des Dokumentarfilms liegen.
Die Heldenfigur Batman wird in diesem Jahr nicht nur 75 Jahre alt, sondern hat in all ihren medialen Erscheinungsformen vom Comic bis zum Film, seit der Entstehung 1939 beständige Wandlungs- und Umdeutungsprozesse durchlaufen und dadurch ihre Aktualität erhalten. Dies beinhaltet sowohl die unterschiedliche Inszenierung des Helden, als auch die damit einhergehende differierende Konstruktion seines Heldentums.
Exemplarisch untersuchen, festhalten und nachzeichnen möchte ich diese Entwicklung entlang der Filme "Batman hält die Welt in Atem" von Leslie H. Martinson (1966) und der Batman-Trilogie von Christopher Nolan (2005–2012), wobei insbesondere der erste Teil "Batman Begins" (2005) herangezogen wird. Ausgespart werden in der Analyse die dazwischen entstandenen Filme von Tim Burton und Joel Schumacher. Dies ist einerseits des begrenzten Rahmens des Artikels, andererseits der bereits recht ausführlichen Betrachtung in der Forschung geschuldet.
In kaum einem anderen literarischen Genre gibt es soviele unterschiedliche Weltenentwürfe, wie in der Fantasyliteratur. "[D]as sind", so der Autor Helmut W. Pesch, "Geschichten von Zauberern und Helden, Drachen, Elfen und Zwergen, von magischen Ringen und verborgenen Schätzen, versunkenen Kulturen, erfundenen Welten und privaten Mythologien – Versponnenes, Triviales, Unzeitgemäßes." Hier prallen die unterschiedlichsten Weltansichten, aber auch Lebensformen, Religionen, Zeitalter, etc., aufeinander.
Ebendieser Thematik nimmt sich aktuell unter anderem auch Hans Heino Ewers in seinem Aufsatz "Fantasy – Heldendichtung unserer Zeit. Versuch einer Gattungsdifferenzierung" (2011) an. In Anlehnung an die Studien Brian Atteberys und Marek Oziewicz' fasst Ewers FantasyLiteratur als romanhafte Parodie des vormodernen Heldenepos auf. Diese bezeichnet er als "[...] eine zeitgenössische Form von Mythopoesie, ein modernes literarisches Spiel mit überlieferten Mythen." Ausgangspunkt für diese Überlegung ist ein seit Jahrhunderten geläufiges Phänomen: Immer wieder werden vergangene Stoffe, wie bspw. die Nibelungensage, aufgegriffen und verarbeitet, indem sie in eine mitdem literarischen Code der jeweiligen Zeit übereinstimmende und dem jeweiligen Publikumsgeschmack entsprechende Formen gegossen werden. Jedoch betont Ewers, dass sich diese Wiederaufbereitungen nicht zwingendermaßen auf einzelne Werke als Vorlage beziehen müssen. Vielmehr können auch einzelne Gattungen als solche als Prätexte fungieren. Die so entstandene Form von Literatur ist weder als rein zeitgenössisch noch als rein vergangen zu bezeichnen. Vielmehr handelt es sich um eine literarische Mischform, oder besser gesagt um ein hybrides Genre, welches sich dadurch auszeichnet, dass jeweils zeitgenössische mit vormodernen bzw. vergangenen Elementen eine Verbindung eingehen.
Jeder gesunde Mensch als ein biologischer Organismus träumt in der Nacht. Träume sind also ein unentbehrlicher Teil unseres Lebens, infolgedessen sind ihnen sehr viele Forschungen im Bereich der Psychologie und Philosophie gewidmet. Ich als Literaturwissenschaftlerin möchte in diesem Beitrag den Traum als ein Element des literarischen Werks behandeln, unter Beachtung von dessen physiologischen und psychologischen Charakteristika. Besonders ausführlich sollen die Funktionen des Traums in dem Roman "Ypsilon Minus" von Herbert W. Franke analysiert werden, da in diesem Werk ganz neue Rollen des Traums und neue Mechanismen von dessen Aufkommen zu sehen sind. In das skizzierte Forschungsfeld sind aber auch andere deutschsprachige dystopische Romane einzubeziehen, die uns für dieses Thema interessant scheinen.
Dabei meinen wir, dass der literarische Traum als ein besonderer Chronotop betrachtet werden kann. Es hat einen spezifischen Raum (Oneiroraum) und spezifische Zeit (Oneirozeit). Es ist sehr interessant, dass H. W. Franke, der kein Literaturtheoretiker ist, bei der Beschreibung des Zustandes seines Helden unbewusst diesen Begriff definiert: "Als befände er sich in einer imaginären Zeit, in einem imaginären Raum, der das Reich der Träume von der Realität trennt".
Die Darstellung des Traums in der Literatur ist eine verbreitete Erscheinung, dessen Rolle und Funktionen ändern sich indessen, und zwar je nach der schöngeistigen Richtung, historischen Epoche, herrschenden Weltanschauung und konkreten Aufgabe des Autors. Im Altertum waren Träume eine Art von Orakel und wurden als Botschaften von den Göttern wahrgenommen. Wissenschaftler, die sich mit der Forschung der Träume in der Antike befassen (z. B. T. Teperik) teilen alle Träume in drei Gruppen: Wahrsagungen, Tröstungen und Erinnerungen.
Bei der Forschung des literarischen Traums werden auch Gattungsmerkmale des Textes beachtet. Z. B. haben die Träume nach Meinung von Michail Bachtin die Bedeutungen des Wahrsagens, der Ermunterung und der Ermahnung, und zwar nur in der Literatur, die auf der Karnevalbasis beruht; er schreibt, dass "solche Träume epische und tragische Ganzheit des Menschen und seines Schicksals zerstören", und sie erfüllen auf solche Weise psychologische Funktionen.
Die fiktiven Welten in der modernen Fantastik und im höfischen Roman des Mittelalters im Vergleich
(2013)
Es ist eine allgemein bekannte und anerkannte Tatsache, dass die Welten der phantastischen Literatur oft ihre Inspiration in den mittelalterlichen Quellen finden. Besonders auffällig ist die Anwesenheit von magischen Wesen, mit denen sowohl die Welten der phantastischen als auch die der mittelalterlichen Literatur bevölkert sind. Dieser Artikel nimmt sich zum Ziel die Struktur von den beiden Wertetypen tiefer zu untersuchen und zu vergleichen. Es wird dabei gezeigt, dass die Übereinstimmungen an mehreren Ebenen zu finden sind.
In dem vorliegenden Artikel werde ich meine Behauptungen meistens allgemein vorstellen, sie basieren jedoch auf konkreten Beispielen. Ich habe mit vielen Werken aus beiden Gattungen gearbeitet, einige Autoren waren mir jedoch besonders wichtig. Zur Fantastik ist das eindeutig J. R. R. Tolkien als der große Klassiker und im Gegensatz zu ihm Neil Gaiman – ein Autor, dessen Werke die Normen der Gattung oft verletzen, oder vielleicht neu definieren. Bei den höfischen Romanen war mir Chrétien de Troyes besonders wichtig – einer der bedeutendsten Autoren des mittelalterlichen Romans. Obwohl es mindestens umstritten ist, ob er als Gründer der Gattung bezeichnet werden kann, war sein Werk in vielen Sichten Vorbild für weitere Autoren. So ist seine Stellung zum mittelalterlichen Roman ähnlich wie die Stellung Tolkiens zur Fantastik. Aus den deutschsprachigen Autoren habe ich vor allem mit den Werken von Hartmann von Aue gearbeitet. Noch ein Gedicht war für mich von besonderer Bedeutung und zwar "Sir Gawain und der Grüne Ritter". Der Name des Autors ist nicht mehr bekannt, doch er zählt trotzdem zu den wichtigsten Autoren des Mittelalters. Darüber hinaus wurde es von Tolkien übersetzt und analysiert.
In dem fast schon nietzscheanisch anmutenden Gestus der Umwertung aller Werte bzw. der kaiserschnittlichen Geburt neuer Erkenntnisse aus dem Geiste der Wende revidiert die polnische Geschichtsschreibung nach 1989 die bisher geltenden, ideologisch offenbarten Wahrheiten. Ihre politisch dekretierte, jahrzehntelang dauernde weltanschauliche Monolithizität bekommt infolgedessen immer mehr Sprünge und Risse, an deren Erweiterung und Vertiefung nun emsig gearbeitet wird. Das Movens hinter diesen "reformatorischen" Aktivitäten, die nun die noch vor Kurzem in Forschung und Lehre allgemein verbindlichen Geschichtsinterpretationen dementieren und auf den Müllhaufen der Geschichte befördern, sorgt coram publico für nicht selten heftig ausgefochtene, medien- und publikumswirksame Debatten.
Ein Teil der Historikerzunft entaxiomatisiertdie bisherigen geschichtshermeneutischen Dogmen im Akt expiatorischer Selbstgeißelung, die ihn – trotz früherer freiwilliger Involvierung in die ideologisch tendenziöse wahrheitsverzerrende Faktendeutung – in den Genuss eines "Persilscheins" für die demokratische Zeit kommen helfen soll. Das von den einen nur vorgespielte, von den anderen aber tatsächlich tief empfundene Schuldbewusstsein angesichts ihrer Servilität gegenüber dem volksdemokratischen Ancien Régime lässt sie allesamt in das Lager der exaltierten Huldigung des magisch-mythisch gefärbten polnischen Patriotismus migrieren, der sich, das konstituierende thanateische Element von der englischen Hochromantik (Byron, Keats, Shelley) übernehmend, schon seit ca. zwei Jahrhunderten kaum aus dem Identitätsgründungswiderspruch zwischen der hegelianischen Apotheose des Staates, mit dem insbesondere in der Teilungszeit von 1795-1918 die Nation gleichgesetzt worden ist, und der herderschen Volksseele, deren Konkretisierung als Volkskultur das Fundament zur Bildung der Nation lege, befreien kann.
Für fantastische Literatur werden neue Welten durch Autor_innen erdacht, neue Räume eröffnet. Fremdes wird dargestellt und beschrieben. Dabei sind es selten komplett "neue Welten". Es wird nichts oder nur wenig beschrieben, was uns absolut "fremd" ist. Häufig werden Symbole und Darstellungen verwendet, die auch in der primären Welt als "fremd" konstruiert werden und damit für "Fremdes" stehen, ohne uns tatsächlich fremd zu sein. Denn das, was als "fremd" gilt, wird nicht nur in oder besser für fiktive Welten konstruiert, sondern vor allen Dingen in gesellschaftlichen Diskursen. Das Fremde ist uns also – so paradox das auch zunächst klingen mag – häufig bekannt.
So wurden die verschiedenen "Anderen" in der europäischen Kulturlandschaft so häufig beschrieben, dass sich ganze Beschreibungsgebäude aufgebaut haben. Das reicht von Rosseaus "edlem Wilden" über die Darstellungen von Native Americans in sogenannten "Indianer"- oder "Wild-West-Filmen" sowie Darstellungen in Kinderbüchern wie z.B. Pippi Langstrumpf über ethnologische und biologische Abhandlungen über "die Anderen" bis hin zu Darstellungen der kolonisierten Menschen auf Keksdosen oder Schokoladenverpackungen. Diese Stereotype sind nicht in einem ahistorischen oder gar machtfreien Raum entstanden. Sie sind durch Schlagwörter wie "Verallgemeinerung" oder "historisch gewachsen" nicht ausreichend beschrieben. Diese gängigen Stereotype, die sich auch heute noch in vielen Publikationen wiederfinden, suggerieren ein "Wissen" über "die Anderen" und werden in der ideologiekritischen Rassismusforschung als Bestandteil einer Ideologie bzw. eines machtvollen "Ideensystem[s]" begriffen – nämlich des Ideensystems Rassismus.
Wem es an eigener Erfahrung oder Anschauung mangelt, der kann sich u.a. von Theweleit darüber belehren lassen, dass beim Fußball viel gelitten wird. Auch der Fan ist alles andere als ein 'standhafter Zuschauer ästhetischer Leiden', denn er leidet wahrhaftig und sozusagen leibhaft mit. Darin ist und bleibt, mit Verlaub, auch der moderne Fußball ein so archaisches Phänomen wie, sagen wir, die sophokleische Tragödie, in der auch viel gelitten wird und die auch keine Zuschauer, sondern ausschließlich Ritualteilnehmer kennt. Mit dem Leidensbegriff, den die moderne Kultur ausgebildet hat, hat der Fußball nichts zu tun, eher schon fungiert er als Gegengift für Kulturleidende. Man kann sich kaum vorstellen, dass Adorno von diesem Mittel Gebrauch gemacht haben sollte. O-Ton Youtube: "[M]an muß […] daran erinnern, daß die Menschen, die also auf dem Sportfeld zuschauen und zwar in allen Ländern […], gegen die Fremdgruppe, also gegen das ausländische Team, sich in einer Weise benehmen, die den einfachsten Anforderungen der Gastfreundschaft [...] aufs Krasseste widerspricht." Nun ja; Adorno war eben Theoretiker von "Gruppenverhalten" und als Fußball-Fan ist er so schwer vorstellbar wie als Spieler. Oder doch? Gibt es vielleicht auch bei ihm Rudimente eines Fan-Begehrens, die nicht in der Analyse von Gruppenverhalten aufgehen und theorieimmanente Selbst-Widerstände artikulieren? Dagegen spricht vorläufig die übermächtige Tradition des Leidens an der Kultur, der Adorno ganz ohne Zweifel verhaftet ist, eben weil er ihr Fan nicht sein konnte oder wollte.
In einer fast beiläufig formulierten Bemerkung zur Methode seiner Passagenarbeit spricht Benjamin von der "Notwendigkeit, während vieler Jahre scharf auf jedes zufällige Zitat, jede flüchtige Erwähnung eines Buches hinzuhören" (GS V, 587). Dass – wie in nicht wenigen Prosaminiaturen der Berliner Kindheit – auch für die aufwendige Zusammenstellung der Exzerpte eine ohrenfällige Metapher zur Anwendung gelangt, unterstreicht die Notwendigkeit, sich mit der Bedeutung musikalisch-akustischer Impressionen für seine Vermittlung von Traum, Mythos, Bild und Warenwelt zu befassen. Das bisherige Desinteresse an einem solchen Versuch teilt die kaum mehr überschaubare Benjamin-Exegese mit der musikologischen Literatur, deren Zurückhaltung indessen recht einfach zu erklären ist: Die aus ihrer Sicht für eine musikgeschichtliche Kontextualisierung des Dioramas oder die ästhetischen Konsequenzen des 'Chocks' in Frage kommenden Komponisten werden in der Passagenarbeit fast sämtlich übergangen. Als die intellektuellen Residuen der Hauptstadt des 19. Jahrhunderts kompilierender Flaneur und Chiffonnier ist Benjamin nur bis in die vom Boulevard Haussmann verdrängte Passage de l'Opéra gelangt, deren vom allmählichen Verfall geprägte Atmosphäre schon Aragon zu den subjektiv-surrealistischen Visionen seines Paysan de Paris inspirierte. Was sich innerhalb der Pariser Musiktheater ereignete, findet mit einer Ausnahme sein Interesse hingegen ebenso wenig, wie die Musikforschung die sich in den Bühnenwerken Aubers, Meyerbeers oder Halevys manifestierende "Verstädterung der Oper" ohne eine nennenswerte Auseinandersetzung mit dem Passagenprojekt untersuchte. Und während dessen 1935 verfasstes Exposé die Namen Offenbach und Wagner immerhin im Kontext der ironischen Utopie des Weltausstellungstaumels oder Baudelaires mit dem Gesamtkunstwerk assoziierter Flucht vor dem gesellschaftlichen Dasein der Künste8 erwähnt, fehlt der gerade für die musikalische Umsetzung der von Benjamin als zentrale Erkenntnisquelle erachteten Dialektik von "Traum" und "Erwachen" (vgl. z. B. 490–510, 579–580) unverzichtbare Hector Berlioz. Hier verbirgt sich – denkt man an Werke wie die Symphonie Fantastique, Lelio oder Harold en Italie – eine auch von der Berlioz-Literatur noch gänzlich unbeachtete Konstellation. Benjamins Einbindung eines kompositorischen Zeitgenossen in eine divergente Gedankenstränge zusammenführende Metapher oder ein "dialektisches Bild" erfordert demgegenüber eine präzise Kontextualisierung: So erscheinen in einer der mythologisierenden Eisenbahnepisoden Orpheus, Eurydike und Hermes auf dem Bahnsteig, wo eine sich aus dem aufgetürmten Gepäck formende Kofferkrypta die zum Melodram geronnene antike Urgeschichte christlich sublimiert (512).
Warum geht Benjamins Flaneur nicht zur Oper? Wir kennen seine Routen durch das Paris Haussmanns; wir kennen die Stationen seines Weges, in den Passagen, den Panoramen, den Bordellen. Die Avenue de l'Opéra, mit ihren geraden Sichtlinien und den nahen Warenhäusern ist ihm vertraut, der Gang ins Gebäude selber aber scheint ihm fremd. Im Passagenwerk wird die Oper dreimal erwähnt, Wagner zweimal – mit Oper ist jedes Mal das Gebäude gemeint, die Wagner-Passage ist ein Zitat von Adorno. Klang, Musik, Gehör – das alles fehlt bei Benjamin, oder ist zumindest erstaunlich selten. Das lässt einerseits die Vorstellung, mit Benjamin gewappnet in die Oper zu gehen, als etwas absurd erscheinen, andererseits vermittelt es den Eindruck, als ob es zwischenzeitlich zum Klischee verkommen sei, mit Adorno in die Oper zu gehen.
Im Folgenden möchte ich aber versuchen, eine Benjamin'sche Sicht auf die Oper zu entwickeln. Dennoch glaube ich nicht, dass man bei einem solchen Unterfangen die theoretische Taubheit Benjamins, sein genuines Desinteresse an Musik und Oper, einfach forsch korrigieren kann, ganz so als wäre Benjamin selber vielleicht dazu gekommen, hätte er mehr Zeit und Welt gehabt. Das hieße also, wir müssen mit Benjamin die Oper denken, und mit Benjamin die Oper nicht denken, uns mit Benjamin der Oper verschließen, sie ignorieren. Das klingt paradox, aber glücklicherweise war Benjamin ja Dialektiker. In einer bisher ungedruckten Vorlesungsreihe zur Dialektik wandelt Theodor W. Adorno in den Spuren seines toten Freundes – er flaniert, und zwar in die Oper. Ich glaube, dass Adorno uns [...] einen ersten Wink gibt, wie Benjamin zur Oper gegangen sein könnte – nämlich gar nicht.
In Benjamins Berliner Kindheit um neunzehnhundert zitiert das Sich-Erinnern an Erfahrenes häufig sensorische Qualitäten herbei. In der vorliegenden Abhandlung möchte ich die Schilderung der Farben- und Klangräume in der Weise beleuchten, wie sie die Erfahrungswelt der Kindheit mitprägten. Ferner möchte ich untersuchen, wie diese in die Erinnerung überführt und dort zusammengefügt wurden. Des Weiteren habe ich die Absicht, der Frage nachzugehen, in welcher Weise diese Erfahrungsregister an der Realisierung der Vergangenheit in der Erinnerung mitwirkten. Demnach werde ich versuchen, erstens spezifische Textmomente zu interpretieren, in denen die Überführung von Farben und Klängen in die Erinnerung wesentlich ist, und zweitens zu ergründen, inwiefern für Benjamin solche Momente Allegorien der Erinnerung darstellen.
Walter Benjamin hörte Karl Kraus als Vorleser bei einem von dessen Berliner Gastvorträgen im Jahr 1928. Unmittelbar danach hielt Benjamin dieses Erlebnis in dem knappen Bericht "Karl Kraus liest Offenbach" fest. Der Bericht ging später in den Essay "Karl Kraus: Allmensch – Dämon – Unmensch" ein, der in drei Teilen 1931 in der Frankfurter Zeitung erstveröffentlicht wurde. [...] Mit seinem Wissen um das performative Gesamtwerk von Kraus wusste Benjamin auch um das besondere Setting der Offenbach-Lesungen, das sich von Kraus' sonstigen Lesungen [...] unterschied: Nur bei den Lesungen aus Jacques Offenbachs Operetten trat Kraus nicht alleine auf, sondern ließ sich von einem Pianisten begleiten. Das Besondere war hier außerdem, dass Kraus nicht ausschließlich Texte sprach, sondern auch abseits der gesprochenen Dialoge, in den musikalischen Nummern des Librettos, ins Singen überging – wenn auch nur zeitweilig. Von den verschiedenen Pianisten, die mit Kraus bei seinen Offenbach-Abenden in Wien und anderen Städten zusammengearbeitet haben [...], hat sich nur Georg Knepler explizit zu Kraus' musikalischem Vermögen geäußert [...].Ebenso wie bei anderen Zeugen von Kraus' Offenbach-Vorträgen befinden sich auch in Kneplers Erinnerungen Kraus' sprecherisch-performative Eigenarten des Vortrags im Mittelpunkt – darin setzt auch sein Bericht, der vielleicht am ehesten auf die musikalische Darbietung abzielte, ähnlich anderen Zeitzeugen den Akzent jenseits der Musik.
Somit steht Walter Benjamin, indem er an Kraus' Offenbach-Vortrag [...] das Un- bzw. Übermusikalische betont, unter den Rezipienten nicht allein da. Jedoch hebt wohl kein Autor so explizit wie Benjamin darauf ab, dass es sich bei diesen Offenbach-Lesungen von Kraus um eine imaginäre, ideelle Musik, vielleicht auch um eine Musik in metaphorischem Sinn handele. "Nicht etwa sieht Benjamin den Anteil der Musik [...] bloß zurückgedrängt, sondern er erblickt sie als in etwas ganz anderes transformiert, das seinen Ort nirgends als in der Stimme des Vortragenden hat und darin mit dem gesprochenen Wort untrennbar vereinigt ist."
Das Ziel dieses Essays ist es aufzuzeigen, wie das Thema der Musik im Denken Walter Benjamins an theoretischer Bedeutung gewinnt. Von der Metaphysik der Jugend über die Auseinandersetzung mit Goethes Wahlverwandtschaften bis hin zum Ursprung des Deutschen Trauerspiels ist bei Benjamin eine Argumentationskette zu verfolgen, die der Musik eine entscheidende Funktion zuweist. Im Zusammenhang mit seiner esoterischen, in These, Antithese und Synthese gegliederten Disposition ließe sich sogar eine geradezu musikologische Lesart von Benjamins den Wahlverwandtschaften gewidmeten Essay in Erwägung ziehen.