Sammlung Hessen
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Die vorliegende Arbeit erfaßt und dokumentiert die Flora und Vegetation der Streuobstbestände des Main-Taunus-Kreises. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den Grünlandgesellschaften. Dargestellt werden deren Abhängigkeit von edaphischen und klimatischen Faktoren, die Auswirkungen der aktuellen und historischen Bewirtschaftung sowie die Folgen der Aufgabe der Bewirtschaftung. Der am weitesten verbreitete Vegetationstyp in den Streuobstbeständen ist das Arrhenatheretum mit seinen verschiedenen Subassoziationen. Das Arrhenatheretum typicum und das Arrhenatheretum alopecuretosum treten am häufigsten und in allen Naturräumen des Untersuchungsgebiets auf. Das Arrhenatheretum salvietosum ist auf das Main-Taunusvorland beschränkt und das Arrhenatheretum luzuletosum und betonicetosum auf den Vortaunus und den Hohen Taunus. Kleinflächig kommt das Arrhenatheretum luzuletosum auch über Flugsanden in der Untermainebene vor. Auf beweideten Flächen wurden das Lolio-Cynosuretum und das Festuco-Cynosuretum festgestellt. Neben den Grünlandgesellschaften sind vielfach Gebüsch- und Heckengesellschaften sowie Saumgesellschaften am Vegetationsmosaik der Streuobstbestände beteiligt. Magerrasen hingegen sind nur kleinflächig und selten vorzufinden. In den untersuchten Streuobstbeständen wurde eine Reihe von Arten und Pflanzengesellschaften festgestellt, die in den Roten Listen verzeichnet sind.
Im Jahr 2008 wurden im Hochtaunus zwei Vorkommen der für diesen Bereich in der Literatur bisher nicht erwähnten Süßdolde (Myrrhis odorata) entdeckt. Beide haben sich bis heute (2017) in dicht geschlossenen, einmal im Jahr gemähten Pflanzenbeständen gehalten. Die Art besitzt also offensichtlich das Potential zur Einbürgerung, wobei man angesichts der relativ geringen Bestandesgröße noch nicht von einem gesicherten Trend zur Einbürgerung sprechen darf. Beide Pflanzenbestände sind saumartig ausgebildet, wobei der Aspekt auch von typischen Saumarten bestimmt wird. Der für Saumgesellschaften auffallend hohe Anteil an Wiesenarten dürfte darauf zurückzuführen sein, dass beide Säume einmal im Jahr gemäht werden.
Auf dem Gailenberg, einer alten Flugsanddüne der Untermainebene,
wurde 1994 die Sandtrockenrasenvegetation untersucht. Die Assoziation Spergulo
morisonii-Corynephoretum canescentis typicum wird in der flechtenreichen Variante,
die Subassoziation mit Agrostis capillaris in der typischen und der flechtenreichen
Variante mit Vegetationsaufnahmen dokumentiert. Ferner liegen Vegetationsaufnahmen
der damals vor allem an Wegrändern vorkommenden Assoziation Diantho-Armerietum
sowie einer Thero-Airion-Fragmentgesellschaft auf einer jungen Ackerbrache vor.
Um die Vegetationsdynamik der Gesellschaften untersuchen zu können, wurden
1994 Beobachtungsflächen angelegt. In den Jahren 2003 und 2004 wurde die Vegetation
dieser Beobachtungsflächen erneut aufgenommen. Die flechtenreiche Variante des Spergulo-
Corynephoretum typicum erwies sich dabei als ausgesprochen stabile Gesellschaft.
Aus der typischen Variante der Subassoziation mit Agrostis capillaris hat sich eine
Gesellschaft entwickelt, die als nicht optimal ausgeprägte, typische Subassoziation in der
flechtenreichen Variante bezeichnet werden kann. Die flechtenreiche Variante der Subassoziation
von Agrostis capillaris des Spergulo-Corynephoretum ist dagegen völlig
degeneriert, wobei Beschattung die wichtigste Ursache ist.
Auf der Beobachtungsfläche ist das Diantho-Armerietum aufgrund einer intensiven
Erholungsnutzung und den damit verbundenen Störungen stark degeneriert. Die Degeneration,
insbesondere das Verschwinden von Armeria elongata, kann direkt auf mechanische
Einwirkungen wie Tritt, Befahren mit Autos oder Lagern zurückgeführt werden.
Auf einer ungestörten Ackerbrache hat sich die Thero-Airion-Fragmentgesellschaft
dagegen zu einem Diantho-Armerietum mit den beiden Charakterarten Armeria elongata
und Dianthus deltoides entwickelt. Der sporadische Durchzug einer Schafherde scheint
für die Ausbildung sowie den Erhalt der Gesellschaft förderlich zu sein.
Der Gailenberg ist ein bedeutender Biotopkomplex mit hoher Strukturvielfalt. Zwei
gefährdete Pflanzengesellschaften sowie acht in Hessen gefährdete Pflanzenarten konnten
nachgewiesen werden. Der hiermit klar vorhandene Naturschutzwert wird noch
dadurch erhöht, dass der Gailenberg in unmittelbarer Nähe zweier aufgrund ihrer Sandrasenvegetation
als Fauna-Flora-Habitate vorgeschlagener Gebiete sowie mehrerer
Naturschutzgebiete liegt.