Rechtswissenschaft
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Zwei nennenswerte Autoren des 19. und 20. Jahrhunderts sind Heinrich Brunner sowie Rudolf His. Beiden gelang es durch intensive Quellenauswertung Licht in das vielmals als düster betrachtete Mittelalter zu bringen. Der Beitrag geht der Frage nach, wie Brunner und His die mittelalterlichen Quellen am Beispiel der Strafen zu Haut und Haar deuteten und was wir anhand der gezogenen Erkenntnisse über die Zeit, in der beide lebten, lernen können. Brunner und His waren Teil der germanistischen Strömung und lebten in einem Zeitalter, in dem neue Kodifikationen wie Unkraut aus der Erde schossen. Zudem war das 19. Jahrhundert von vielen gesellschaftlichen Umbrüchen geprägt. All diese Umstände sind in die Quellenanalyse der Autoren eingeflossen und führten stellenweise zu Kategorisierungsversuchen, Verallgemeinerungen und einer Rekonstruktion eines Systems, welches es so nicht gegeben haben kann.
Die Anwendung des kartellrechtlichen Diskriminierungsverbots auf marktbeherrschende Intermediäre
(2024)
Nach deutschem und europäischem Wettbewerbsrecht ist marktbeherrschenden Unternehmen eine ungerechtfertigte Diskriminierung ihrer Geschäftspartner versagt, § 19 Abs. 1, 2 Nr. 1 GWB. Dieses kartellrechtliche Diskriminierungsverbot bietet mit seiner auf die Marktoffenheit gerichteten Zielsetzung einen konzeptionellen Anknupfungspunkt fur die wettbewerblichen Gefahren konzentrationsgeneigter mehrseitiger Markte mit marktbeherrschenden Intermediaren, insbesondere in der Digitalokonomie. Der Zugang zu Vermittlungsleistungen kann hier von sachgerechten, angemessenen und diskriminierungsfrei gehandhabten Kriterien abhängig gemacht werden. Sind die Vermittler zudem vertikal integriert, kann aus § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB auch ein Selbstbevorzugungsverbot abgeleitet werden. Trotz neuer Instrumente behält das klassische kartellrechtliche Diskriminierungsverbot auch in solchen Fällen Bedeutung.
Mit dem am 22. September 2021 neu in Kraft getretenen § 126a StGB, der nun explizit das Anlegen von Feindeslisten unter Strafe stellt, sollen Menschen (noch) besser gegen Hass und Hetze im Internet geschützt werden. So legitim diese Intention auch ist, drängt sich gleichsam die Frage auf, ob diesem Phänomen wirkungsvoll mit dem Strafrecht entgegnet werden kann und aus rechtsstaatlicher Perspektive überhaupt werden darf. Unter dieser Prämisse wird kritisch eruiert, ob und inwiefern sich § 126a StGB in das dogmatische Gerüst des Strafrechts einordnen lässt. Dabei ist § 126a StGB dem modernen Präventionsstrafrecht zuzuordnen. Dieses verfolgt den Ansatz, durch eine Vorverlagerung der Strafbarkeit das Strafrecht als funktionales Mittel zur Erhöhung des Sicherheitsgefühls zu instrumentalisieren. Nach der Bewertung der tatsächlichen Bedrohungslage wird der Handlungsunwert der Verbreitung von Feindeslisten analysiert. Daneben werden weitere Grenzen der strafrechtlichen Vorverlagerung beleuchtet, namentlich die fundamentalen Prinzipien des Tatstrafrechts, des Bestimmtheitsgebots und des Ultima-Ratio-Grundsatzes, an denen sich § 126a StGB messen lassen muss.
Virtual currencies have gained popularity as part of the digital transformation of the financial system. In particular stablecoins are becoming increasingly popular with consumers. The tokens, which are pegged to a value and - according to their name - promise price stability, pose significant risks from which consumers need to be protected. This article focuses first on consumerspecific risks (B.) and German consumer protection law and in particular on the applicability of a right of withdrawal from the acquisition of stablecoins (C.). Subsequently, the EU legislator’s effort to minimize price stability as well as transparency and exchangeability risks, the Markets in Crypto-assets Regulation (2023/1114), is examined in terms of its consumer protection instruments (D.).
Im November durfte er seinen 77. Geburtstag feiern, von Ruhestand ist aber noch keine Spur. Gerade bereitet er sich in seinem Büro über der Neuen Mensa am alten Campus in Bockenheim mit großem Elan auf die nächste Seminarsitzung vor. »Die Lehre an der Universität wie an Fachhochschulen war mir nie eine Last. Ich habe versucht, die Studierenden zu motivieren oder bei Bedarf gar zu provozieren, um zu kommunizieren, weil wir alle viel mehr von gegenseitigem Austausch haben«, sagt Ludwig Salgo. Zahlreiche Studierende der Sozialen Arbeit, aus der Rechtswissenschaft, aber auch aus der Erziehungswissenschaft haben seine Veranstaltungen besucht; etliche Juristinnen und Juristen haben bei ihm promoviert, sich für die pädagogische oder juristische Laufbahn qualifiziert. Sein zentrales Thema in Forschung und Lehre: das Verhältnis Eltern-Kind-Staat. Anfang 2012 ging er in den Ruhestand, doch die Lehre blieb vorerst seine große Passion. Jetzt beendet er seine Seniorprofessur an der Goethe-Universität zum Semesterende nach zehn Jahren: »Nun ist es genug«, sagt er. In der Fortbildung für Jugendämter, Verfahrensbeistände und Juristen, auch in Stiftungen und Verbänden, hier vor allem im Kinderschutzbund in Frankfurt, möchte er weiterhin aktiv bleiben, auch um für das Thema Kindeswohl zu sensibilisieren. Dass er dann mehr Zeit für seine große Leidenschaft haben wird, freut ihn: »Ich leide an der Melomanie«, sagt der passionierte Freund klassischer Musik. »Wie Nietzsche treffenderweise einmal bemerkt hat, wäre das Leben ohne Musik ein Irrtum.«
The Åland Islands archipelago enjoys a special international status sui generis, which essentially encompasses demilitarisation, neutralisation, and autonomy. This status is guaranteed under international law by the agreements of 1921, 1940, and 1947, which are still in force. Furthermore, there are convincing reasons to assume that the Åland Islands regime has grown into European customary law. By virtue of her international (treaty) obligations, Finland cannot unilaterally change this status under the present conditions, irrespective of domestic (constitutional) decisions. While integration into NATO’s collective defence system and the EU’s Common Security and Defence Policy structures is compatible with the special status of the Åland Islands, care must be taken by Finland and her partners to ensure that the obligations arising from these developments are fulfilled in accordance with the demilitarised and neutralised status of the archipelago. This includes that the use by Finnish troops for preventive defence, beyond the exceptions laid down in the 1921 Åland Agreement, is only permitted in the case (of threat) of an immediate and clearly identifiable attack.
The autonomous character of the Åland Islands was established under a League of Nations dispute settlement and implemented, inter alia, in Finnish legislation. Its essence even grew into customary law. The arrangements of 1921, however, do not constitute a bilateral treaty between Finland and Sweden. The UN assumes that the international mechanism to protect Åland’s autonomy did not become obsolete with the demise of the League of Nations, but was only “suspended until such time as an express decision has been taken by the United Nations to put it back into force”. A corresponding proposal could be submitted, in any case, both by Finland and/or Sweden or possibly even by any other UN member state, for discussion in the Sixth Committee. However, the final decision to re-activate this special mechanism would have to be adopted by the UN General Assembly.
EU Law applies to the Åland Islands in principle; however, Finland’s Accession Treaty to the EU to which Protocol No. 2 on the Åland Islands was annexed, established a number of specific rules which are still in force today. This, most notably, results in the limited application of value added tax and excise duties in the Åland Islands. Therefore, the rules on customs procedures apply with respect to the movement of goods to and from the Åland Islands. In addition, other provisions of Union law, in particular those relating to fundamental freedoms and European state aid law, may be relevant in view of the special fiscal status of the Åland Islands. However, assessing individual cases would require further information and in-depth studies. Irrespective of the requirements set out in the said Protocol, the EU is obliged to respect the national identity of Member States pursuant to Article 4 para. 2 TEU; this obligation includes respect for the special status of the Åland Islands under both international and Finnish constitutional law.
In Deutschland wird intensiv über die Gefahr einer Deindustrialisierung diskutiert. Steigende Energie- und Arbeitskosten auf international höchstem Niveau, hohe Steuerbelastungen, eine überbordende Regulierung sowie Defizite bei analoger und digitaler Infrastruktur lassen befürchten, dass der Wirtschaftsstandort Deutschland ins Hintertreffen gerät. Viele Unternehmen, insbesondere der energieintensiven Industrie, warnen vor einem Verlust an internationaler Wettbewerbsfähigkeit und erwägen oder vollziehen bereits Produktionsverlagerungen an günstigere Standorte im Ausland.
Vor diesem Hintergrund untersucht der Kronberger Kreis, wissenschaftlicher Beirat der Stiftung Marktwirtschaft, was zu tun und was zu unterlassen ist, um die wirtschaftlichen Standortbedingungen in Deutschland wieder zu verbessern. Dabei werden aktuell in der Diskussion stehende wirtschaftspolitische Konzepte wie die „Transformative Angebotspolitik“, der „Industriestrompreis“, das „Wachstumschancengesetz“ oder die Subventionierungen von Chip- und Halbleiterfabriken analysiert. Darüber hinaus unterbreitet der Kronberger Kreis eigene Reformempfehlungen für eine angebotsorientierte Wirtschaftspolitik, mit denen die Bundesregierung bestehende und neue Herausforderungen besser bewältigen könnte.
Eine finalisierte Fassung des Beitrags wird 2024 in einem von Burchard/Schmitt-Leonardy/Singelnstein/Zabel herausgegebenen Sammelband („Alternativen zum Strafrecht“) erscheinen.
Im Zentrum des Beitrags steht jedoch nicht der Versuch, positiv Alternativen zum oder im Strafrecht zu formulieren. Vielmehr ist der Begriff der Alternativlosigkeit erkenntnisleitend, konkret die Identifizierung gesellschaftlich-politischer Wirkmächte und innerstrafrechtlicher Deutungsmuster, die eine (auch) strafrechtliche Bewältigung der durch den menschengemachten Klimawandel aufgeworfenen Konflikte alternativlos erscheinen lassen können.
Dazu wird die jüngst aufgekommene Debatte um ein Klimaschutzstrafrecht aus einer zukunftssoziologischen und strafrechtswissenschaftlichen Perspektive analysiert. Im Zentrum des Beitrags steht die These, dass sich gerade die Verbindung von katastrophischen Zukunftsvorstellungen – hier erschlossen über den zukunftssoziologischen Schlüsselbegriff der Imagination und deskriptiv-analytisch als „Klimakatastrophismus“ bezeichnet – und Exzeptionalisierungen des Strafrechts als Treiber in die imaginative Sackgasse der Alternativlosigkeit erweist.
Die verdichtete Imagination, das die Zukunfts eine Katastrophe sei („Klimakatastrophismus“), befördert als ein an Boden gewinnendes kollektives Deutungsmuster eine intensivierte Sozialkontrolle und Punitivität.
Der kriminalpolitisch expansive Kurs einer mit radikalisierten Selbsterhaltungsfragen konfrontierten Gesellschaft scheint in gesellschaftlich wie dogmatisch tief verankerten Exzeptionalisierungen des Strafrechts – wie der Zuschreibung, (nur) strafwürdige Sozialschädlichkeit adressieren zu dürfen, dies aufgrund einer regulativen und expressiven Ausnahmestellung aber auch in besonderer Weise zu können (oder zu müssen) – durchaus Widerhall zu finden. Dadurch entsteht ein strafrechtsexpansives (weil rechtfertigendes) Momentum, das der ohnehin in der Herausbildung begriffenen Legalisierung eines Klimaschutzstrafrechts Vorschub leistet.
Es entspricht den vornehmen Aufgaben der Strafrechtswissenschaft, diesen Entwicklungen prospektiv vorauszugreifen, sie aufzuklären und kritisch zu wenden – gerade im Hinblick auf die Gegenläufigkeit und Brüchigkeit gesellschaftlicher Entwicklungen oder die Kontingenz eines als politisch gelesenen Strafrechts. Eine kritische Strafrechtswissenschaft darf sich dabei nicht allein, allemal nicht unreflektiert auf tradierte Formen der Strafrechtsbegrenzung zurückziehen.
Um schnelleres Handeln in Sachen Klimaschutz zu erzwingen, kleben sich Aktivisten der »Letzten Generation« auf der Straße fest, werfen Suppe auf Kunstwerke und versuchen, ihre Ziele durch einen Hungerstreik zu erzwingen. Wie weit darf »ziviler Ungehorsam« gehen, ohne die Rechtsordnung zu gefährden? Darüber sprach Dirk Frank mit Samira Akbarian und Uwe Volkmann, die beide zum
Öffentlichen Recht forschen.