BDSL-Klassifikation: 08.00.00 Hochmittelalter > 08.06.00 Zu einzelnen Autoren und Werken
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Walthers Gedicht "Ir sult sprechen willekommen" und Karacaoğlans Gedicht "Ich zog hinunter, sah mir Frankistan an" werden in diesem Diskussionsbeitrag zum Vergleich herangezogen. Beide Dichter treten nach einer langen Reise vor die Gesellschaft auf und teilen ihre Erfahrungen anhand von Vergleich zwischen Vaterländischem und Ausländischem mit.
Die Begegnung zwischen Odysseus und den Sirenen lässt sich als allegorisches Szenario einer poetischen Kommunikation lesen. Darauf verweist die Etymologie, die den Namen der Sirenen auf die semitische Wurzel für ‚Gesang‘ (sir) und das griechische Wort für ‚Strick‘(σειρτί) zurückführt. Auf der einen Seite stehen diejenigen, die bestrickende Lieder zu Gehör bringen, auf der anderen Seite diejenigen, die sich von den Liedern fesseln lassen. Die Kommunikationssituation ist als Geschlechterverhältnis kodiert. Der Gesang wird von verführerischen Frauen produziert und von verführbaren Männern rezipiert. Diese vermögen der Versuchung nur mithilfe einer spiegelnden Vorsichtsmaßnahme, der Bindung an den herkömmlichen Standpunkt, zu trotzen. Odysseus muss sich an den Mast fesseln lassen, um dem verderblichen Zauber der weiblichen Stimme nicht zu erliegen. Die Pointe des Geschlechterverhältnisses, das im Sirenenmythos modelliert ist, liegt in der Vertauschung der Rollen von Penetration und Rezeption. Es ist die Frau, deren Lied in den Mann eindringt, und der Mann, der das Lied der Frau empfängt. Das Medium, in dem sich die ästhetische Kommunikation vollzieht, ist signifikant. Am Hören, nicht am Sehen entscheidet sich das fatale Geschlechterverhältnis. Die Attraktion der Sirenen vermittelt sich auf dem Wege der Akustik, was auch als Hinweis auf die Oralität der für den mündlichen Vortrag bestimmten Dichtung lesbar ist. Im Folgenden soll die literaturgeschichtliche Reichweite dieser Konstellation exemplarisch skizziert werden. Drei Texte stehen im Mittelpunkt: Homers Odyssee als antiker Basistext und zwei mittelalterliche Quellen, die sich in gegensätzlicher Weise auf ihn beziehen: einerseits - als Fallbeispiel einer literarischen Rezeption - der Tristan Gottfrieds von Straßburg und andererseits - als Fallbeispiel einer hermeneutischen Rezeption - das Buch der Natur Konrads von Megenberg.
In kaum einem anderen literarischen Genre gibt es soviele unterschiedliche Weltenentwürfe, wie in der Fantasyliteratur. "[D]as sind", so der Autor Helmut W. Pesch, "Geschichten von Zauberern und Helden, Drachen, Elfen und Zwergen, von magischen Ringen und verborgenen Schätzen, versunkenen Kulturen, erfundenen Welten und privaten Mythologien – Versponnenes, Triviales, Unzeitgemäßes." Hier prallen die unterschiedlichsten Weltansichten, aber auch Lebensformen, Religionen, Zeitalter, etc., aufeinander.
Ebendieser Thematik nimmt sich aktuell unter anderem auch Hans Heino Ewers in seinem Aufsatz "Fantasy – Heldendichtung unserer Zeit. Versuch einer Gattungsdifferenzierung" (2011) an. In Anlehnung an die Studien Brian Atteberys und Marek Oziewicz' fasst Ewers FantasyLiteratur als romanhafte Parodie des vormodernen Heldenepos auf. Diese bezeichnet er als "[...] eine zeitgenössische Form von Mythopoesie, ein modernes literarisches Spiel mit überlieferten Mythen." Ausgangspunkt für diese Überlegung ist ein seit Jahrhunderten geläufiges Phänomen: Immer wieder werden vergangene Stoffe, wie bspw. die Nibelungensage, aufgegriffen und verarbeitet, indem sie in eine mitdem literarischen Code der jeweiligen Zeit übereinstimmende und dem jeweiligen Publikumsgeschmack entsprechende Formen gegossen werden. Jedoch betont Ewers, dass sich diese Wiederaufbereitungen nicht zwingendermaßen auf einzelne Werke als Vorlage beziehen müssen. Vielmehr können auch einzelne Gattungen als solche als Prätexte fungieren. Die so entstandene Form von Literatur ist weder als rein zeitgenössisch noch als rein vergangen zu bezeichnen. Vielmehr handelt es sich um eine literarische Mischform, oder besser gesagt um ein hybrides Genre, welches sich dadurch auszeichnet, dass jeweils zeitgenössische mit vormodernen bzw. vergangenen Elementen eine Verbindung eingehen.