BDSL-Klassifikation: 12.00.00 18. Jahrhundert > 12.13.00 Zu einzelnen Autoren
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Johann Christian Ruhls Umrißradierungen zu Bürgers Ballade „Lenore“ (1773) stehen in der Tradition der klassizistischen linearen Illustrationskunst (Flaxman). Die 12 Blätter setzen die Schauerballade mit all ihrer Leidenschaft adäquat um. Diese Geschichte – sagt A. W. Schlegel über „Lenore“ – „welche die getäuschten Hoffnungen und die vergebliche Empörung eines menschlichen Herzens, die alle Schauer eines verzweiflungsvollen Todes in wenigen leichtfasslichen Zügen und lebendig vorüberfliehenden Bildern entfaltet, ist ohne conventionelles Beiwerk.“ Als Regieanweisung zur rechten Lektüre rät Bürger einem Freund: Wenn Sie die Ballade „vorlesen, so borgen Sie einen Todtenkopf von einem Mediciner, setzen solchen bei einer trüben Lampe, und dann lesen Sie“.
Gottfried August Bürger
(2008)
Überblickt man Bürgers Leben, so offenbart sich, daß er nicht nur während dieses Schicksalsschlages, sondern zu jeder Zeit – und er selber deutet ja darauf hin – in einem Morast erbärmlicher Verhältnisse, unsäglicher Mühen und auswegloser Situationen steckte, aus denen zu befreien er sich immer wieder bemühte, doch letztlich vergebens. Es wird auch deutlich, daß die Figur des Freiherrn von Münchhausen, des Über-menschen, der immer Glück hat und die schwierigsten Situationen meistert, Bürger als sein eigenes Gegen- und Wunschbild angezogen haben muß. Aus seinen Briefen lernen wir Bürger als einen überaus unsicheren, labilen Menschen kennen, zwischen Extremen schwankend, bald sich zu wenig, bald sich zu viel zutrauend, schnell resignierend und ebenso schnell triumphierend, voller genialer Ideen, aber oft unfähig, sie in die Tat umzusetzen – sei es aus persönlicher Anlage, eigener Schuld, oder aufgrund äußerer Umstände. In beinahe allen veröffentlichten Schriften dagegen kompensiert er seine Schwäche und Ohnmacht durch Kraft und Stärke, durch forcierte Forschheit und gewagte Flucht nach vorn. Von Anfang an ist es der Münchhausen-Stil, der hier vorherrscht, ein Renommiergehabe, das seine Verzagtheit überdeckt und das verständlich, viel leicht sogar einnehmend werden kann, wenn wir sein Schicksal kennen.
Es [war] schon immer ein Wertungskriterium für Kunst, ob es ihr gelänge, Natur so darzustellen, daß diese Künstlichkeit dieser zweiten, künstlichen Natur darüber vergessen wird. Hier aber, und darauf kommt es mir an, wird solche künstliche Natürlichkeit mit dem Konzept der Volkspoesie in Verbindung gebracht. Ich möchte mich bei diesem Problem ein wenig aufhalten und Bürgers Ballade in diesen Zusammenhang – Entstehung der Kunstballade und der Volkspoesie-Konzeption – einordnen. Dann werde ich etwas genauer auf "Die Entführung" selbst eingehen.
Die Poesie beim Wort genommen : das ganz unwunderbare Leben des Dichters Gottfried August Bürger
(2004)
"Zu berichten ist von der ganz unwunderbaren Lebensreise eines Dichters im Göttingen des 18. Jahrhunderts, die fast geglückt wäre, dann von der ´schönen Unordnung´, die im 18. Jahrhundert in die Poesie und in die Köpfe gekommen ist, schließlich von den wunderbaren Ausfahrten der Fantasie und ihren Folgen. Die Rede ist von dem Göttinger Kommilitonen, späteren Amtmann zu Gelliehausen, Landwirt auf Appenrode, Extraordinarius der Georgia-Augusta und dabei immer Dichter - Gottfried August Bürger."