BDSL-Klassifikation: 01.00.00 Allgemeine deutsche Sprach- und Literaturwissenschaft > 01.08.00 Zu einzelnen Germanisten, Literaturtheoretikern und Essayisten
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Rezension zu Marcel Reich-Ranicki: Mein Leben, 3. Auflage, Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt, 1999
Von außen betrachtet erscheint [...] das Thema Shelley und die Prophetie wenig vielversprechend, zumindest was die hebräische und christliche Bibel angeht. Aber gibt es vielleicht so etwas wie einen prophetischen Atheismus, oder eine atheistische Prophetie? Shelley besteht jedenfalls in gänzlich positiven Begriff en auf dem prophetischen Charakter der Dichtung, und es ist unsere Aufgabe, herauszufinden, was er damit gemeint haben könnte. Und auch wenn seine Gedanken über Poesie und Prophetie in vielerlei Hinsicht charakteristisch für seine Zeit sind, sind sie doch vorbereitet worden durch eine Tradition bibelkritischen Denkens, die wir ebenfalls betrachten müssen. Im Folgenden werde ich daher Shelleys Gedanken über Prophetie zwischen Spinoza und Benjamin situieren, auch wenn ich letzteren nur kurz, in einer Art Ausblick, berühren kann.
Wenige Phasen in der Kulturgeschichte Deutschlands sind so sehr durch die Präsenz eines prophetischen Diskurses gekennzeichnet gewesen wie das erste Drittel des 20. Jahrhunderts. In der Zeit vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs und in den Jahren der Weimarer Republik, die einmal die "Krisenjahre der Klassischen Moderne" genannt wurden, taucht eine Vielzahl von selbsternannten Geistersehern, Wunderwirkern und Heilsbringern auf, die auf allen Gebieten des gesellschaftlichen Zusammenlebens Abhilfe und Erlösung versprechen. Die Allgegenwärtigkeit dieses Versprechens lässt daran zweifeln, dass der von Heilssuche getragene prophetische Diskurs im Rücken einer sich fortentwickelnden Wissenschaftskultur stattgefunden hat. Vielmehr gehört sein Erlösungsversprechen zu den "beherrschenden Gedanken" der damaligen Zeit und bezeugt die prekäre Koexistenz von Wissenschaft einerseits und Prophetie andererseits. "Es sei", schreibt der Philosoph Max Scheler am Ende der Weimarer Republik, "eine beispiellose Sehnsucht nach Führerschaft allüberall lebendig", die eine entsprechende Anzahl von Propheten, Heilanden und Weltverbesserern mit sich bringt. Angesichts dieser geistesgeschichtlichen Lage konnte eine Erinnerungsfeier für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges, um ein Beispiel aus dem Jahr 1922 anzuführen, leicht in die Frage münden: "Wann kommt der Retter Deutschlands?" Der Historiker Klaus Schreiner hat diese Frage, die Honoratioren aus einem kleinen Kurort in der Lüneburger Heide aufgeworfen haben, zum Titel einer umfangreichen Studie über den politischen Messianismus in der Weimarer Republik gemacht. [...]
Vom "Messias der Dichtung" soll im Folgenden die Rede sein. Wie sich zeigen wird, ist mit dieser Figur, über deren Besonderheiten und Begrenztheiten hinaus, zugleich das "Verlangen nach einem Messias der starken Hand für das Ganze" verbunden.
No ensaio "Engagement", de 1962, Theodor Adorno recoloca em discussão a dicotomia entre literatura engajada e literatura autônoma, advertindo que em seu tempo a controvérsia não se situa mais no nível da sobrevivência humana ou da vida em sociedade, mas se coloca como uma especulação intelectual. O presente texto recupera as principais ideias de Adorno a respeito do tema e procura refletir sobre elas. O pensador apresenta os dois polos de pensamento sobre o problema e inicia dizendo que a tensão entre eles agora está diluída. Seguem-se então considerações sobre as confusões que envolvem o debate sobre o engagement, reflexões sobre a filosofia da arte de Sartre e sua concretização em obras de ficção, a arte e a didática de Bertolt Brecht, bem como o tratamento que o dramaturgo alemão dá ao fascismo, a relação entre o tom da poesia e a política, o problema do sofrimento ligado à obra de arte, o experimentalismo contemporâneo de Kafka e Becket, as tradições culturais da França e da Alemanha, e as relações entre a política e a arte autônoma.
Der moderne Roman ist [...] eine Form vergegenwärtigter Zukunft in dem erläuterten Sinne und stellt sich darin dem traditionalen Erzählen entgegen, das ein Vergegenwärtigen des Vergangenen war. An dieser innerliterarischen Kehrtwende im Narrativen lässt sich ablesen, was bei der Heraufkunft des prognostischen Präsens auf dem Spiel steht. Mit der Entsprechung und der Gegenüberstellung von historischem und prognostischem Präsens hat es darum die zweite Überlegung zu tun. Sie macht in der vergegenwärtigten Zukunft den inneren Zeitstil des modernen Romans aus. Einerseits hat sie es mit einem literarischen Sonderfall des prognostischen Präsens zu tun. Andererseits zeigt sich an diesem besonderen Fall aber auch erst die Bedeutung des prognostischen Präsens für unsere Kultur insgesamt.
Dieser Zusammenhang soll im Folgenden genauer erörtert werden. Den Anfang bildet ein Hinweis auf die Gegenüberstellung von Erzählen und Roman in dem Essay, den Walter Benjamin Nikolaj Leskow gewidmet hat (1). Danach folgt in zwei Schritten eine kurze terminologiegeschichtliche Charakteristik dessen, was hier analog zum 'historischen Präsens' das 'prognostische Präsens' genannt wird (anhand der augustinischen Zeittheorie [2] und im Hinblick auf die probabilistische Philosophie des 19. Jahrhunderts [3]). Am Ende wird die Erörterung noch einmal zur Frage des romanartigen Erzählens und seiner inneren Zeitform der vergegenwärtigten Zukunft zurückkehren (4).
"Idiom", "Trauerspiel" und "Dialektik des Hörens" sind die Überschriften der drei Teile dieses Beitrages, der Benjamins Rezeption im Werk Luigi Nonos behandelt. Genauer gesagt: Es handelt sich eher um die verblüffende Konvergenz von Nonos Denken mit Benjamins Philosophie, unabhängig davon, ob, wie, wann und in welcher Breite Nono sie sich bewusst angeeignet hat. Zwischen ihnen steht ein Exkurs über die Idee des opus perfectum et absolutum und dessen Entfaltung vom 'organischen' zum 'autopoietischen' Werkbegriff, dem Nono sich widersetzt.
O presente artigo aborda alguns dos principais escritos de Anatol Rosenfeld sobre teatro, sobretudo O teatro épico, obra em que se debruça sobre os preceitos da dramaturgia de Brecht, bem como seu trabalho como organizador de antologias de autores canônicos da literatura alemã (Lessing, Goethe, Schiller), para mostrar como essas influências se cruzam em sua análise da produção teatral brasileira dos anos 1960. Nas entrelinhas da crítica de Rosenfeld, percebe-se a dimensão ética que ele atribuía à sua atividade intelectual e, ainda, um esforço de adaptar o potencial transformador do teatro brechtiano às demandas de um contexto político e cultural específico como o brasileiro.
Warum geht Benjamins Flaneur nicht zur Oper? Wir kennen seine Routen durch das Paris Haussmanns; wir kennen die Stationen seines Weges, in den Passagen, den Panoramen, den Bordellen. Die Avenue de l'Opéra, mit ihren geraden Sichtlinien und den nahen Warenhäusern ist ihm vertraut, der Gang ins Gebäude selber aber scheint ihm fremd. Im Passagenwerk wird die Oper dreimal erwähnt, Wagner zweimal – mit Oper ist jedes Mal das Gebäude gemeint, die Wagner-Passage ist ein Zitat von Adorno. Klang, Musik, Gehör – das alles fehlt bei Benjamin, oder ist zumindest erstaunlich selten. Das lässt einerseits die Vorstellung, mit Benjamin gewappnet in die Oper zu gehen, als etwas absurd erscheinen, andererseits vermittelt es den Eindruck, als ob es zwischenzeitlich zum Klischee verkommen sei, mit Adorno in die Oper zu gehen.
Im Folgenden möchte ich aber versuchen, eine Benjamin'sche Sicht auf die Oper zu entwickeln. Dennoch glaube ich nicht, dass man bei einem solchen Unterfangen die theoretische Taubheit Benjamins, sein genuines Desinteresse an Musik und Oper, einfach forsch korrigieren kann, ganz so als wäre Benjamin selber vielleicht dazu gekommen, hätte er mehr Zeit und Welt gehabt. Das hieße also, wir müssen mit Benjamin die Oper denken, und mit Benjamin die Oper nicht denken, uns mit Benjamin der Oper verschließen, sie ignorieren. Das klingt paradox, aber glücklicherweise war Benjamin ja Dialektiker. In einer bisher ungedruckten Vorlesungsreihe zur Dialektik wandelt Theodor W. Adorno in den Spuren seines toten Freundes – er flaniert, und zwar in die Oper. Ich glaube, dass Adorno uns [...] einen ersten Wink gibt, wie Benjamin zur Oper gegangen sein könnte – nämlich gar nicht.
In post-Kantian idealist aesthetics, at the very latest, literature and philosophy come to rival each other as producers of "history" At this point, philosophy takes it upon itself to "adopt" art and literature, treating the image as an object upon which to lavish the philosophical "labor of the concept" and explicitly asserting the primacy of concept over image. This objectivation of the image by the concept, however, goes hand in hand with the attempt to cover up and efface the poetic act that underlies the paradigm of "history," an act that had still informed the older, premodern meaning of the concept and had been conspicuously retained and reflected in the modern literary genre of historical drama. I therefore wish to propose that the origin of the logocentric discourse of history is to be found in Hegel's philosophy of art. In the first part of my essay, I will accordingly set out to reconstruct Hegel's effacement of the poetic origin of "history" by jointly examining his aesthetics and his philosophy of history. In the second part, I will confront Hegel's logocentric approach with a reading of Goethe's historical drama Egmont that exposes the poetic origin of "history" and thereby offers an alternative to Hegel's logocentrism.