BDSL-Klassifikation: 01.00.00 Allgemeine deutsche Sprach- und Literaturwissenschaft > 01.08.00 Zu einzelnen Germanisten, Literaturtheoretikern und Essayisten
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This paper investigates the disproportion of the Analytics of the Sublime in context of the Critique of Judgement, as an analogy to the impossibility of reconciling moral theory and practice, nature and reason; thus the bridge between the first and the second critiques, which should be mediated by the third, is marked anew: the sublime corresponds to the violence masked within social processes. Kant’s position is worked out upon the background of Shaftesbury and Burke and thus emerges the fact that the Königsberg philosopher is oriented towards ahistorical rational ideas. His concept of the sublime (as well as his ethics) is therefore situated in the traditions of protestant ascetism and bourgeois-capitalism. Both the beholder of sublime nature and art and the follower of moral imperative must equally relinquish everything material and the direct satisfaction of their yearnings in favour of a higher, intellectual satisfaction. In the same way, the absence of form or measure of the sublime has its parallel in the “negative infinity” of capital and in technological “second nature”.
Im Erhabenen befinden sich nicht die Erkenntniskräfte (also Einbildungskraft und Verstand) in einer freien Harmonie wie bei der Erfahrung des Schönen (wie immer sich eine solche freie Harmonie herstellen und bestimmen lassen kann), sondern Einbildungskraft und Vernunft befinden sich in einem Widerstreit […]. Die Vernunft fordert von der Einbildungskraft, Dinge darzustellen, die sie nicht direkt, sondern nur indirekt oder negativ darstellen kann, und zwingt die Einbildungskraft dadurch zu einer indirekten Darstellung ihrer (d.h. der Vernunft bzw. ihrer Ideen) selbst. Das Erhabene gründet in der Unmöglichkeit einer positiven Darstellung von Vernunftideen […]. Dem komplizierten Zusammen- und/ oder Wechselspiel von erhabenen Naturphänomenen, sittlichen Ideen, Vernunft und Einbildungskraft gehe ich im folgenden genauer nach. Während also der Schönheit die Funktion einer fundierenden Selbstbestätigung des Subjekts zugesprochen wird, da sich in ihr die Angemessenheit unserer Erkenntnisvermögen zur Beschaffenheit der Naturdinge ästhetisch und lustvoll zeigt, bringt das Erhabene eine Dissoziation von Subjekt und Welt und damit zunächst eine Unlust mit sich. In der Erfahrung des Erhabenen zeigt sich zunächst die Unangemessenheit jeder bestimmten Anschauung der Einbildungskraft zur Darstellung des erhabenen Gegenstands. In einem zweiten Schritt dient diese uneinholbare Unangemessenheit zur Darstellung einer Idee der Vernunft – vor allem der Idee der menschlichen Freiheit. Bloß uneigentlich erhaben ist dagegen die erhabene Natur, die entweder schlechthin groß oder aber gewaltig ist. Das Erhabene markiert den Riß zwischen dem freien menschlichen Subjekt und der kausalnotwendig verfaßten Natur, den es zugleich zu überbrücken behauptet.
This paper is an "interested" reading of "The Critique of Judgement" – "interested", because, unlike what has become usual in recent decades, it strives to disassociate the Kantian concept of "free beauty" from any interpretation of it as an early defense of abstract art. It is also "interested" because, instead of exposing (once more) the framework of the "Kritik der Urteilskraft", it tries to show how the Third Kantian Critique can be taken as a basis for something that was not part of its original purpose: reviewing the idea of mimesis itself. For that, the understanding of the Kantian sublime (das Erhabene) will be decisive: understood initially as one of the modalities of aesthetic experience, the other being beauty, the sublime progressively distances itself from the latter. If beauty and the sublime are to be thematized independently of "determining judgement", in which the properties of the object impose themselves upon the subject, the modalities of aesthetic experience suppose, on the contrary, the primacy of the subject. This implies gradations: from the experience of harmony propitiated by beauty up through the "negative pleasure" of the sublime, both poles through which reality is reworked by the subject. At the pole of beauty, "representation" of reality still plays a prominent role. At the pole of the "negative pleasure" of the sublime, "representation" is subordinated to the power of "presentation". However, both kinds of experience, the one of beauty and the other of the sublime, belong to the same field of aesthetic experience, because in both of them the subject reworks – does not discard – what comes to him from the outside: it will be necessary to understand "Vorstellung" always as an experience in which the exterior will be transformed by the subject. That is, the representation of the Third Critic will always be an effectual representation. In the sublime as much as in "free beauty", the metamophosis of the exterior by the subject achieves its maximum level without meaning that the external pole – that we usually call "world" or "reality" – disappears. It will thus be necessary to rethink the concept of mimesis in order to understand the metamorphosis of the world performed by radicalization of the aesthetic experience through "free beauty".
Este ensaio aborda afinidades entre Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) e Immanuel Kant (1724-1804), principalmente em relação à "Crítica da Faculdade do juízo" kantiana. Investiga-se assim o diálogo teórico que implícita ou explicitamente permeia o texto goethiano e a obra do filósofo de Königsberg envolvendo temas, tais como Arte, Natureza e Sublime.
Dummheit und Witz bei Kant
(2009)
In der Auseinandersetzung mit Kants Ästhetik haben sich drei Formen abgezeichnet, die ihren Ort weniger im Scharfsinn der Philosophie als vielmehr im Witz der Poesie finden: die Einfalt, die zugleich den inneren Zusammenhang von Ethik und Ästhetik in Kants System verkörpert, das Monströse, das auf die Konfrontation des Menschen mit der furchterregenden Größe der Natur zurückgeht, und das Phlegma, das eine eigentümliche Leerstelle zwischen dem ästhetischen Gebrauch der Urteilskraft und den ethischen Ansprüchen der Vernunft markiert. Die drei Begriffe der Einfalt, des Monströsen und des Phlegmas verkörpern eine Ambivalenz von Natur und Vernunft, ästhetischem Spiel und moralischem Ernst, Witz und Dummheit, die Kant nur in ein philosophisches System einfangen kann, indem er ihre bedrohliche Seite suspendiert. Wie Jean Paul zeigt, ist die Literatur der Ort, an dem sie eine andere Sprache finden.
Noch bevor Begriffe wie Immanenz, Realität oder Unmittelbarkeit zu gängigen Gegenständen der Ästhetik werden konnten, entwickelt Weiße ein System, in dem er der Realität und dem Hässlichen einen Platz einräumt. So stellt sein Werk ein Zeugnis der Anfänge dieser Entwicklung dar, die bereits wenige Jahre später fester Bestandteil der Ästhetiken wurde. Dies blieb jedoch nicht ohne Folgen für die Rezeption seines eigenen Werkes, in der nur selten Weißes eigene Argumentation eine Rolle spielte, der Fokus vielmehr auf die Ergebnisse gerichtet war, die bei den Nachfolgern in der Regel konsequenter und stringenter ausgeführt worden waren. Nichtsdestotrotz stellt gerade dieses frühe umfassende Werk Weißes ein interessantes Dokument des Beginns eines Paradigmenwechsels im Nachdenken über das Schöne im Vormärz dar, dessen Tragweite sich bei Erscheinen von Weißes Abhandlung noch nicht abzeichnete. Der folgende Beitrag möchte diese initialen Weichenstellungen in ihrer Bedeutung für die Entwicklung der Ästhetik beleuchten, wobei besonderes Augenmerk auf dem Moment der Gleichzeitigkeit liegen soll, die das Potential des Neuen, bisher so noch nicht Gedachten, mit den Denkweisen der Goethezeit versöhnen soll. Und nicht zuletzt könnte die Betrachtung dieses frühen Entwicklungsstadiums auf dem Weg zu einer modernen Ästhetik auch Aufschluss geben über das Verhältnis der beiden konträren literarischen Tendenzen des politischen und des restaurativen Schreibens in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
This paper deals with Kant’s differentiation between artistic beauty and the sublime in nature. In this latter, Kant subsumes everything wild, uncultivated, inanimate and makes it – apparently – available to Aesthetics. As the quintessence of resistence, the "stone" stands for everything that remains the most estranged from the human sphere. In texts of Romantic authors such as Novalis, it can be seen how the "stone" in its turn takes possession of human beings and move them away from human nature. From Romanticism up to contemporary art, the sublime establishes thus a dominion of total alterity, which evades control and keeps consciousness alert to the fact that also in human beings there is an uncontrollable element demanding its rights.