BDSL-Klassifikation: 01.00.00 Allgemeine deutsche Sprach- und Literaturwissenschaft > 01.08.00 Zu einzelnen Germanisten, Literaturtheoretikern und Essayisten
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Der Essay analysiert den Aufsatz über die Plastik von J. G. Herder im Hinblick auf das Verhältnis von Sehen und Fühlen, Außen und Innen, Oberfläche und Körper, Malerei und Skulptur in der ästhetischen Theorie der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Herders Intention ist die Begründung einer autonomen Bildhauerkunst aus der Physiologie des Tastsinnes, der jedoch nicht in Form des Berührens realisiert wird, sondern im visuellen Nachvollzug beim Betrachten der Statue. Charakteristikum der Plastik wäre demzufolge nicht nur die Kompaktheit des Körpers, sondern die damit in ein Spannungsverhältnis tretende Gegliedertheit, das Beiwerk. In dieser Spannung zwischen Haupt- und Beiwerk, Erga und Parerga bilden die Kleider von Statuen an sich einen toten, die Wirkung des "lebenden" Körpers störenden Zusatz. Die "nassen" Gewänder der griechischen Statuen allerdings seien als Parerga gerade so "transparent", dass sie wie eine zweite Haut erscheinen. Parerga dieser Art bilden jedoch keinen überflüssigen, störenden, sondern vielmehr notwendigen Bestandteil der plastischen Kunst, indem sie das organische Innere, das auf den Tod verweist, bedecken, ohne es völlig zu verleugnen.
Der folgende Beitrag stellt die Frage nach der Aktualität Gadamers für die gegenwärtige Literaturtheorie. In einem ersten Teil wird das Hauptanliegen von Gadamers Philosophischer Hermeneutik im Hauptwerk „Wahrheit” und Methode deutlich gemacht und erklärt, warum für jenes die Poetik von solch zentraler Bedeutung ist. Im zweiten Teil werden drei Richtungen der Gadamerrezeption in der neueren Literaturtheorie skizziert – nämlich die Tendenz der literarischen Hermeneutik Gadamers Werk nicht als Interpretationslehre, sondern nur als Theorie des Verstehens zu betrachten, weiter die Ablehnung von Gadamers Verteidigung eines einheitlichen Sinnes des Kunstwerks in der postmodernen Literaturtheorie und schließlich die Übernahme einzelner Theoreme Gadamers im Rahmen der literaturgeschichtlich ausgerichteten Rezeptionsästhetik von Jauß. Im abschließenden dritten Teil wird in Abgrenzung zur Rezeptionsästhetik der Vorschlag gemacht, Gadamers Ästhetik und Poetik konsequent als eine Theorie des Lesens zu rekonstruieren und darauf hingewiesen, dass in der komplexen Struktur des Leseprozesses verschiedene in ihrem Charakter entgegengesetzt wirkende Momente von Gadamers Theorie integriert werden können.