BDSL-Klassifikation: 18.00.00 20. Jahrhundert (1945-1989) > 18.04.00 Studien
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Die deutschsprachige Literatur Ungarns (früher des Königreichs Ungarn) blickt auf eine jahrhundertelange Geschichte zurück. Ihre Entwicklung wurde jedoch immer wieder durch Zäsuren geprägt. Die größten Umbrüche wurden zweifelsohne durch den Zweiten Weltkrieg bzw. nach 1945 durch die anschließende Vertreibung und Verschleppung der ungarndeutschen Minderheit unter dem Vorwand der Kollektivschuld verursacht. Die literarische Produktion des Ungarndeutschtums wurde zum Stillstand gebracht; von einem "Neuanfang" kann man erst ab den 1970er Jahren sprechen: Dank der Preisausschreibung der Neuen Zeitung unter dem Titel "Greift zur Feder!" (1972), gelang es allerdings, die zu dieser Zeit "verstummte" ungarndeutsche Minderheit zum Schreiben zu motivieren. Der vorliegende Beitrag reflektiert das Thema "Gewalt und Sprache" vor allem hinsichtlich der Zusammenhänge zwischen (Staats)Gewalt, der Sprachverwendung und der literarischen Tätigkeit einer ethnischen Minderheit. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Nationalitäten- und Sprach(en)politik im kommunistischen Ungarn. Hiermit wird der Frage nachgegangen, unter welchen national-, sprach- bzw. kulturpolitischen Bedingungen sich diese Literaturszene nach dem Zweiten Weltkrieg (neu) gestalten konnte bzw. was die wesentlichen Charakterzüge der literarischen Tätigkeit der sog. Gründergeneration bzw. der sog. "älteren" Generation waren. Daneben sollen die Gründe sichtbar gemacht werden, warum sich manche Autoren für das Schreiben auf Ungarisch oder für die Zweisprachigkeit entschieden haben. Abschließend wird die in der Fachliteratur umstrittene Frage der Rezeption der ungarndeutschen Literaturszene angesprochen. Diese Fragestellung ist besonders relevant, da die Werke ungarndeutscher Autoren oft als Vorzeigeobjekte der sich als mustergültig präsentierenden ungarischen Nationalitätenpolitik rezipiert worden sind. Im vorliegenden Beitrag werden Autorenbiographien näher analysiert, um den "sprachlichen" Hintergrund der ausgewählten Autoren wie Georg Fath (1910–1999), Franz Zeltner (1911–1992), Josef Mikonya (1928–2006), Engelbert Rittinger (1929–2000), Ludwig Fischer (1929–2012), Franz Sziebert (geb. 1929), Márton Kalász (geb. 1934) oder Erika Áts (geb. 1934) zu veranschaulichen.
Musik einer Erinnerungspoetik : Fallstudie über deutschsprachige und hebräische Literatur nach 1945
(2004)
Nach 1945 trägt die Literatur eine neue Last. Die Frage der Repräsentation ist nun mit einer Katastrophe verbunden. Es ist eine Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, mit den Gegenständen der Erinnerung und des Vergessens, in der sich die Fragen der Sprache selbst - die Fragen nach dem Sinn des Schreibens, der Darstellung und der Dokumentation - neu erschließen lassen. Das Ziel dieses Aufsatzes ist es, die Poetik einer Erinnerungsarbeit in der deutschen, österreichischen und hebräischen Literatur nach 1945 zu rekonstruieren, indem die Verwendungsweise musikalischer Diskurse als Grundlage einer Erzählkunst exemplarischer Texte geprüft wird. Der Aufsatz widmet sich den folgenden Romanen: Die 'Blechtrommel' (1959) von Günter Grass, 'Malina' (1971) von Ingeborg Bachmann, 'Beton' (1982) und 'Auslöschung' (1986) von Thomas Bernhard, 'Rosendorf Quartett' (1987) und 'Der Schatten von Rosendorf' (2001) von Nathan Shacham, 'Vom Wasser' (1998) von John von Düffel und 'Die Katze und der Schmetterling' (2001) von Yoel Hoffmann.
Es sind Texte von Autoren, die den Versuch unternommen haben, sowohl die semiotischen Elemente der musikalischen Sprache als auch einen spezifischen Diskurs über Musik in die literarischen Arbeiten zu übertragen, um eine Art von poetischem Gedächtnis zu rekonstruieren. Es sind poetische Räume der Wiederholungen, in denen verdrängte und verlorene Geschichten aufgedeckt und reflektiert werden. Es ist letztlich jedoch eine infragestellende Poetik der Spuren und Anspielungen, eine Literatur der Dissonanzen, die die Katastrophe der Vergangenheit zu Wort zu bringen versucht.
Rezension zu Tommek, Heribert (2015): Der lange Weg in die Gegenwartsliteratur. Studien zur Geschichte des literarischen Feldes in Deutschland von 1960 bis 2000. Berlin, München, Boston: Walter de Gruyter, 620 S., ISBN 978–3–11–035270–2
1989 steht für das Ende der Nachkriegsliteratur. Aber wo ist der literaturgeschichtliche Ort der Gegenwartsliteratur? Im Unterschied zu ereignisgeschichtlich ausgerichteten Versuchen, die Gegenwartsliteratur zu bestimmen, zielt die vorliegende Studie auf eine Strukturgeschichte, die sich auf Pierre Bourdieus Konzept des literarischen Feldes stützt. Dadurch wird der Blick frei für die lange Genese der Gegenwartsliteratur seit den 1960er Jahren.
Tagungsbericht zum Symposion des Interdisziplinären Arbeitskreises Jüdische Studien an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. 15.-17. November 2000
'Identität und Gedächtnis in der jüdischen Literatur nach 1945' - so lautete der Titel eines Symposions, für das der Interdisziplinäre Arbeitskreis Jüdische Studien unter der Leitung von Prof. Dieter Lamping (Institut für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft) im November letzten Jahres aus Anlaß seines fünfjährigen Bestehens Wissenschaftler aus dem In- und Ausland in Mainz versammelt hatte. Naturgemäß ist es nach wie vor die Auseinandersetzung mit dem Holocaust, die im Zentrum einer solchen Veranstaltung steht. Je nach Generationszugehörigkeit und persönlicher Erfahrung der behandelten Autoren aber auf jeweils andere Weise.