BDSL-Klassifikation: 17.00.00 20. Jahrhundert (1914-1945) > 17.18.00 Zu einzelnen Autoren
Refine
Year of publication
- 2015 (20) (remove)
Document Type
- Article (11)
- Part of a Book (7)
- Review (2)
Language
- German (18)
- Portuguese (1)
- Spanish (1)
Has Fulltext
- yes (20)
Is part of the Bibliography
- no (20) (remove)
Keywords
This paper attempts to apply the concepts of proximity and distance to a literary text – Arthur Schnitzler's "Fräulein Else". The analysis builds on five different proximity-distance relations: spatial, temporal, social, emotional and cognitive. The purpose is to show how linguistic devices are used to describe individual relations and what roles these relations play in the given text.
Interessiert man sich im Hinblick auf den Primitivismus für das Wechselverhältnis von Ethnologie, Kunstgeschichte und den Künsten, versprechen Carl Einsteins kunstwissenschaftliche Schrift 'Negerplastik' und sein kubistisch inspirierter Text 'Bebuquin oder die Dilettanten des Wunders' aufschlussreich für eine Untersuchung zu sein. 'Negerplastik' erörtert kunstgeschichtliche Fragestellungen zur Raumdarstellung am Verhältnis von kubistischer und primitiver Kunst und diskutiert letztere unter einem mit der Ethnologie geteilten Interesse an Kult und Ritual. 'Bebuquin oder die Dilettanten des Wunders' wiederum macht kubistische Formprinzipien und die zirzensischen Künste als Importe des Primitiven in die moderne europäische Großstadt lesbar und betreibt dadurch eine literarische Variante innerkultureller Ethnographie. Die Hypothese teilend, Intermedialität stelle für den modernen Primitivismus ein konstitutives Moment dar, möchte ich ein Medium des Primitivismus in den Fokus rücken, das kulturelle Transfers bei der Konzeptualisierung und Repräsentation des Primitiven besonders greifbar und transparent macht: die Puppe.
Gibt es kubistische Lyrik im Diskursfeld des Primitivismus in der deutschsprachigen Literatur? Einer der wenigen Autoren, die Kubismus und Primitivismus verbanden, war Carl Einstein. Daher sei anhand einiger seiner Gedichte, die er allesamt im Verlauf des Ersten Weltkrieges während seiner Stationierung in Brüssel veröffentlichte, der Frage nachgegangen, ob diese Texte exemplarisch zu lesen sind als Versuch, kubistisch zu schreiben.
Franz Kafka hat als Angestellter einer Versicherungsgesellschaft auf abstrakter Ebene immer wieder mit Odradeks zu tun, womit die Verunfallten gemeint sind, welche die Grenzen jeder Statistik sprengen und nicht mehr auf herkömmliche Weise in ein Muster übersetzt werden können. Kafkas Behörde, der AUVA, ist es darum zu tun, diesen Ausfall aus dem Sinngefüge nachträglich einzureihen und zudem vorausgreifend in verhütender Manier zu verhindern - womit zu Kafkas Zeit ein gesellschaftspolitisches Programm formuliert wird, welches zwar schon länger im Diskurs pendelt, sich nun aber in der Alltagswelt zu etablieren beginnt: "Die AUVA war in Habsburg das Prunkstück [...] eines Staates, in dem Krankheit und Unfall als gesellschaftsbildend gelten, weil sie, einmal als soziale Übel erkannt, zur Solidarität zwingen; eines Staates, [...] der 'Vorsorge' betreibt und seinem immer drohenden Ruin zuvorkommt, indem er präventiv tätig wird und zur Prävention verpflichtet; und der schließlich sämtliche Individuen versichert, um sich ihrer zugleich zu versichern - der sie also allesamt in ein statistisches Feld der Normen und Abweichungen integriert." Ein schwieriges Unterfangen, denn wie ist ein Unfall, der als ein solcher per se im toten Winkel stattfindet oder diesen gar erst etabliert, mit statistischen Mitteln überhaupt zu beschreiben, wie einzuordnen - dies die Fragen, die ein soeben erst entstehender Versicherungsdiskurs sich stellt und die Kafka dann am heimischen Schreibtisch in Form seiner Schreibprojekte immer wieder künstlerisch dekliniert, um sie ins Allgemeine zu heben. Hat Kafka doch begriffen, dass die Tagesarbeit im Amt eine statistische Denkart zu entfalten beginnt, die bald schon jeden Bereich menschlichen Lebens zutiefst prägen sollte und sich spätestens Mitte des letzten Jahrhunderts vom Staat abkoppelt und zunehmend verselbständigt; seitdem werden die Verfahren vor allem zur ökonomisch begründeten Sondierung potentieller Konsumenten genutzt, ist es in einer Marktwirtschaft doch zu einer existentiellen Notwendigkeit geworden, den Menschen als Kunden so gut wie möglich zu kennen und hierzu eine Art "Kunden-Genom" zu extrapolieren. Bis sich infolge des "computational turn" die faktisch gegebene Möglichkeit etabliert, Statistiken zu entwickeln, die eigentlich keine mehr sind: "Because in the era of big data, more isn't just more. More is different."
Sowohl im Gesamtwerk Robert Musils als auch in dem von Thomas Mann spielen homoerotische Beziehungen zwischen Männern eine nicht unwesentliche Rolle. Gefährliche Spiele mit den Faktoren Macht und Sexualität bilden den erzählerischen Kern von Musils Erstlingswerk 'Die Verwirrungen des Zöglings Törleß'. Erotik wird auch später ein zentraler Angelpunkt in Musils Schreiben bleiben, in der Novellensammlung 'Drei Frauen' ebenso wie im Monumentalroman 'Der Mann ohne Eigenschaften'. Das Thema Homosexualität wird nach dem 'Törleß' aber nicht mehr explizit abgehandelt, sondern in unterschwellige Textschichten verdrängt. Ganz anders Thomas Mann, den die homoerotische Problematik zeitlebens nicht losließ, da sie aufs engste mit seiner Lebensgeschichte verschränkt war, und dies nicht nur in seinem eigenen Werdegang, sondern auch durch die viel offenere und eindeutigere Homosexualität seines Sohnes Klaus, der 1926 im Alter von zwanzig Jahren einen autobiographisch getönten Roman veröffentlichte. Thomas Mann selbst rückte das Thema nur in der Erzählung Der Tod in Venedig in den Mittelpunkt des erzählerischen Interesses. Andererseits tauchen Spuren und Ahnungen, Anspielungen und Transformationen homoerotischer Erzählelemente in vielen seiner Werke auf, von 'Tonio Kröger' bis 'Mario und der Zauberer', vom 'Zauberberg' bis zu 'Doktor Faustus' und 'Felix Krull' und auch in Beiträgen zur politischen Diskussion riskierte er hin und wieder ein offenes Wort.
Thomas Manns Biographen wissen von einer unausgelebten Homosexualität zu berichten, mit einem allenfalls 'zaghaften Coming out', wie Hermann Kurzke es nennt. Musil erscheint demgegenüber als typischer Vertreter der heterosexuellen Spezies. Ulrich, sein Alter-Ego im 'Mann ohne Eigenschaften', ist unter anderem - denn tatsächlich hat Ulrich viele Eigenschaften und Facetten - ein Frauenheld mit diversen machohaften Zügen. Es sind also zwischen den beiden Romanciers, vergleicht man sie unter dem hier gewählten Aspekt, sowohl Berührungspunkte als auch wesentliche Unterschiede zu erwarten.
The article deals with Thomas Mann' s attitude to Stefan George and his work. The first part reproduces and comments on Mann's statements about George. It transpires that Thomas Mann's attitude to George was highly contradictory. This fact is mainly due to the self-searching of the North German author against the background of historical events. The article also contains an analysis of two short stories by Thomas Mann ('At the Prophet's' and 'Death in Venice') that have some relation to George (or his disciples) and thus clarify the issues in question.
Der Wald ist eines der wichtigsten Landschaftselemente im Kulissenfundus der Literatur - mit entsprechender Bedeutungsvielfalt: Die christlich-abendländische Tradition sieht ihn als Ort der Finsternis, der durch das göttliche Licht erhellt werden muss. In den berühmten Eingangsversen der 'Divina Commedia' erscheint er als rauer, wilder und dunkler Raum, Dantes "selva oscura" ist Stätte des Verwirrtseins und Zeichen irdischer Sündhaftigkeit. Aufgrund seiner transzendenten Unermesslichkeit jenseits rein geographischer Dimensionen kommt Gaston Bachelard in seiner 'Poetik des Raumes' zu dem Schluss: "Der Wald ist ein Seelenzustand". Als Metapher für die Seele des Menschen ist der Wald nicht nur in der Romantik beliebt, als Ausdruck des kollektiven Unbewussten interessiert er auch die Psychoanalyse, etwa in Gestalt der Archetypenlehre C. G. Jungs. In seiner Studie 'Masse und Macht' rechnet Elias Canetti den Wald zu den "Massensymbolen", mit durchaus unangenehmen Konnotationen für das Individuum. Da jeder einzelne Stamm, aus denen sich dieser zusammensetzt, fest verwurzelt und unverrückbar in der Erde stehe, sei "der Wald zum Symbol des Heeres geworden: ein Heer in Aufstellung, ein Heer, das unter keinen Umständen flieht; das sich bis zum letzten Mann in Stücke hauen läßt, bevor es einen Fußbreit Boden aufgibt". In diametralem Gegensatz zu diesem Szenario der Bedrohung des Einzelnen durch die Masse zusammengerotteter Bäume erscheint der Wald jedoch gleichermaßen als Ort der Freiheit, als Abbild der ursprünglichen Natur jenseits der einengenden menschlichen Zivilisation, als fruchtbare Wildnis, in der sich das Individuum frei entfalten kann. In dieser Bildtradition stehen zwei Texte, die ungefähr im Abstand von 100 Jahren und auf zwei verschiedenen Kontinenten entstanden sind: Henry David Thoreaus 'Walden' (1854) und Ernst Jüngers 'Der Waldgang' (1951). Wenn diese beiden in ihren historischen Voraussetzungen so unterschiedlichen Essays im Folgenden miteinander verglichen werden, so geschieht dies deshalb, weil sich in den Werken Jüngers und Thoreaus die einschlägige Rede von der Freiheit des Waldes mit einer dezidiert individualanarchistischen Programmatik verbindet, die dieser Raumsymbolik eine neue Bedeutungsdimension verleiht, die bisher in der einschlägigen topologischen Forschung unterbelichtet geblieben ist.
"Im Land des Siegers hat man aufgebaut / Den Grabstein ihm, uns aber geht er um", so lauten die ersten beiden Verse eines Gedichts, das der Lyriker und Dramatiker Hans Schwarz 1924 unter dem Titel "Der unbekannte Soldat" veröffentlichte. Schwarz zufolge haben die Siegermächte ihre im Ersten Weltkrieg gefallenen Soldaten anhand des - 1921 zeitgleich in London und Paris eingeweihten - Grabmals des 'Unbekannten Soldaten' demnach augenscheinlich zur Ruhe bringen können, während die toten deutschen Soldaten mangels eines vergleichbaren Symbols zu einer Art Gespenst mutieren mussten: "Und alle Nächte bricht die Wunde auf". Nimmt man Schwarz beim Wort, so ließe sich die Obsession, die der Erste Weltkrieg im gesellschaftspolitischen Diskurs der Weimarer Republik darstellte, in erster Linie darauf zurückführen, dass die gefallenen Deutschen real wie imaginär unbeerdigt geblieben waren. Die anhaltende Präsenz des Krieges wäre unter diesem Gesichtspunkt eher ein rituelles als ein im engeren Sinne politisches Problem.
In der Tat konnte sich der 'Unbekannte Soldat' in Frankreich wie in England nach anfänglich durchaus erhitzten Diskussionen bald als zentrales Monument des Totengedenkens durchsetzen, während man sich in Deutschland die 1920er und frühen 1930er Jahre hindurch sowohl über den Zuschnitt als auch über den potenziellen Standort eines vergleichbaren Grab- oder Denkmals notorisch uneinig blieb. Es waren zunächst unbestreitbar sowohl genuin föderalistische Interessenskonflikte als auch ideologische Grabenkämpfe, die der gesamtgesellschaftlichen Akzeptanz eines zentralen Gedenk- und Erinnerungsortes in Deutschland abträglich sein mussten, so dass man für die gesamte Zeit der Weimarer Republik von einem veritablen "Stellungskrieg der Denkmäler" sprechen kann.