BDSL-Klassifikation: 17.00.00 20. Jahrhundert (1914-1945) > 17.18.00 Zu einzelnen Autoren
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Sollte ein dermaßen sentenzenreicher, ja sentenziöser Autor wie Brecht, ein Liebhaber von Sprüchen der raffiniertesten wie der drastischsten Art, nie mit dem Gedanken an eine eigene Sammlung seiner Aphorismen gespielt haben? Die neue Gesamtausgabe verzeichnet nichts der Art. Auskünfte von Mitarbeitern des Archivs, von Werner Hecht und Jan Knopf stimmen darin überein: Es gibt keinen Ansatz dazu, es läßt sich auch zu keinem Zeitpunkt eine derartige Absicht nachweisen. Anders als Goethe (von Schiller zu schweigen), als Hebbel, Karl Kraus und viele andere, auf die er sich mehr oder weniger intensiv bezogen hat, stellt sich Brecht als ein Dramen-, Gedichte- und Artikelschreiber dar, den es offensichtlich nicht gereizt hat, die oft von sich gegebenen "schlagenden Halbwahrheiten", die "Vorbereitungen seiner nächsten Irrtümer" und dgl. in die Form einer lockeren Serie zu bringen. [...] [I]n diesem Aufsatz zum 100. Geburtstag des Meisters [soll] seine Produktion von Sprüchen zusammen mit der Zersetzung und Infragestellung von Spruchgut aller Art untersucht werden. Die Lust an der Pointe, die Hochachtung vor dem schon (schön) Ausformulierten ist von der despektierlichen Behandlung, der sarkastischen oder ingrimmigen Verfolgung dieser Ruhepolster des Denkens kaum zu trennen. Erst recht läßt sich bei dem Anverwandlungskünstler Brecht nur selten genau ausmachen, was er in eben der Form vorgefunden, was er verändert, was er nur nach dem Vorbild oder im Klang einer bewährten Tradition selbst erfunden und was er frei (mit einer "Freiheit", an die zu glauben er sich weigerte) ausgedacht hat.
Warum spielt in Bernhard Waldenfels’ Phänomenologie des Fremden das Werk Robert Musils, genauer, sein Roman Der Mann ohne Eigenschaften eine so prominente Rolle? Diese Frage wird am Ende des vorliegenden Beitrags immer noch eine Frage bleiben, wiewohl in mehreren Anläufen versucht werden soll, sie zu spezifizieren und Ansätze zu möglichen Antworten anzubieten. Bevor jedoch verschiedene Argumente angehäuft werden, möchte ich die Fragestellung selbst im Lichte des Tagungsthemas umkreisen. In Zeiten, in denen sich die Literaturwissenschaft immer noch dem fachlichen Legitimationsdruck ausgesetzt sieht, und diesem Druck dadurch abzuhelfen versucht, eine Neuorientierung in kulturwissenschaftliche Gebiete à la Bologna vorzunehmen, bieten sich solche Grenzerweiterungsexperimente mit einer Selbstverständlichkeit an, die eine Öffnung zu Nachbardisziplinen begünstigen. ...
Es handelt sich um einen Auszug aus der Dissertation "Den Stein steinern machen". Remotivierung des Wortes um 1900, die sich mit den Auswirkungen der sprachtheoretischen Überlegungen Friedrich Nietzsches, Ernst Machs, Fritz Mauthners sowie der zeitgleich wirkenden russischsprachigen Theoretiker auf ausgewählte Prosawerke von Rilke, Kafka und Musil befasste.
In der Literaturwissenschaft werden die Werke von Leo Perutz zumeist einzeln oder aber gemäß ihrer Zugehörigkeit zu literarischen Genres als historische, als phantastische, als Spannungs-, Kriminal- oder Detektivromane untersucht. Im folgenden geht es mir stattdessen um ein Erzählverfahren, das über solche – sicherlich nicht trennscharfen – Genregrenzen hinaus die meisten von Perutz' Romanen prägt, ohne doch bislang als typische Struktur des Gesamtwerks erkannt worden zu sein. Die Beschreibung dieses Erzählverfahrens mitsamt einiger seiner Implikationen und Funktionen soll dazu beitragen, die besondere Physiognomie des Autors Perutz zu bestimmen.
Islamophobia has arisen following to the event on 11 of September 2001 in Christian world. Remembering first reaction, all “Muslim” world was accused and new “Crusades” were on agenda. Concept and concept pairs of “Muslim Radicalism” “Muslim Terror” “Radical/Extreme Islam” “Radicalism” “Islamic” in pressor media after September 11 attacks and first shock. The aim was to differentiate “Islam” and terrorist who lost their identity via İslam. Representatives of the muslim world declared that these terrorist never represented Islam in any manner. The declaration was mutual and right. Despite mutual constructive efforts, due to discussion appeared after attacks, disintergration and polarization occured among believers of two monotheistic religions. In my opinion, regardless of place of birth, poets and writers who are philosopher, have specific issues national and local or world issues which they share, communicate and have information exchange on. Two main means of communication are philosophy and literature. The aim of the current paper is to discuss philosophic information included in “Avicenna and the Aristotelic Left” (Suhrkamp Verl.) by Ernst Bloch who lived in Tübingen released in 1963 and philosophic foundations of literature theory by Bertolt Brecht. My aim is to hope to declare that (Far) East and West have more in common compared to differences within limits of time and place given.
Mit fremdem Blick die eigene Kultur betrachten, um sie als Produkt spezifischer symbolischer Praktiken erkennen zu können - eine solch 'unnatürliche' Einstellung wurde in Deutschland bereits in den zwanziger und dreißiger Jahren von Autoren wie Walter Benjamin, Ernst Robert Curtius und André Jolles, in der Kunstgeschichte von der Gruppe um Aby Warburg und in der Philosophie von Ernst Cassirer betrieben. Bei aller Verschiedenheit ist diesen Autoren – über die 'Unnatürlichkeit' ihrer Einstellung hinaus – gemeinsam, daß sie die Wirkung von Literatur und Kunst auf kultisch-mythische Ursprünge zurückführen (ohne sie damit zu identifizieren). Im Rahmen dieser Versuche nimmt der Germanist Clemens Lugowski (1904-1942) mit seinem im Jahre 1932 veröffentlichten Buch „Die Form der Individualität im Roman. Studien zur inneren Struktur der frühen deutschen Prosaerzählung“ und anderen Arbeiten einen ebenso eigenständigen wie vernachlässigten Platz ein.
Die frühe Moderne wendet sich gegen das erzählerische Ordnungsprinzip der Kausalität. Als einer ihrer ersten deutschsprachigen Vertreter hat Carl Einstein mit seinem poetischen Werk versucht, das kausal bestimmte Erzählen durch eine neue Form der fiktionalen Prosa zu ersetzen. In vielen seiner literaturkritischen und kunstgeschichtlichen Arbeiten wird der Begriff 'Kausalität' auch erwähnt. Allerdings bleibt es fast immer bei einem flüchtigen Hinweis, ohne daß eine Begründung für die Ablehnung der Kausalität als organisierendes Prinzip erzählender Texte geben würde. Offensichtlich setzte Einstein die Kenntnis des zeitgenössischen Diskussionszusammenhanges voraus – ein ellipitisches Verfahren, das heute, aus historischer Distanz, eine behutsame Rekonstruktion seiner Intentionen erfordert. Ich möchte insbesondere zeigen, daß der Begriff der Form als Gegenbegriff zur Kausalität auftritt, und daß dieser Gegensatz im "Bebuquin" auf aporetische Weise zur Geltung kommt.
Wir alle kennen den Bestand der Szene: "ein schöner Augusttag des Jahres 1913", meteorologisch bestimmt; eine Stadt in der Physiognomie futuristischer und kubistischer Bilder; ein dynamisches Feld aus Geräuschen, Bewegungen, optischen Zeichen, Rhythmen, Verdichtungen, Bündelungen, Auflösungen, Serien und Sprüngen, Leerstellen und Häufungspunkten, Energieflüssen und Statiken; und darin plötzlich "eine quer schlagende Bewegung", der berühmte Unfall, eine Synkope in der diffusen Ordnung der Dinge, ein "Loch" ins Bodenlose oder ein aufflackernder Irrsinn; dann die Entsorgung des "verunfallten" Verkehrsteilnehmers durch die "Rettungsgesellschaft", die Schließung der Lücke, das Weiterfließen der augenblickslang unterbrochenen Energieströme. Und die Menschen? "Fußgängerdunkelheit bildete wolkige Schnüre", ein Kraftfahrer "grau wie Packpapier", ein "Mann, der wie tot dalag", ein flanierendes Paar, dessen Identifizierung als Personen versucht und sogleich storniert wird, ein Paar, gesichtslos wie Figuren auf Bildern August Mackes, Skizzen aus sozialen und sprachlichen Stereotypen; selbst die "feinen Unterschiede" (Bourdieu) sind differentielle Effekte des Feldes, nicht der Inkommensurabilität von Personen. Es scheint, "daß sich ein gesetzliches und ordnungsmäßiges Ereignis vollzogen habe". Es scheint so. ...
Die reale Unmöglichkeit, die Erfahrung des Sterbens erzählend mitzuteilen, führt uns zu einer […] Überlegung über den Sinn der paradoxen Logik des Erzählens in Perutz' Roman. Fiktionale Sterbegeschichten wie „Zwischen neun und neun“ teilen dem Leser in hypothetischer Weise eine Erfahrung mit, die in der modernen Gesellschaft mehr und mehr ausgeblendet wurde: Sterben und Tod. Kulturhistoriker wie Philippe Aries beobachten in unserer Kultur ein zunehmende Verdrängung und Tabuisierung des Todes[…]. Nun sind aber Tod und Sterben andererseits unabweisbare Tatsachen, die sich nicht gänzlich und auf Dauer ignorieren lassen. Die Literatur bietet in Form von Sterbegeschichten eine entlastete Möglichkeit an, sich mit einem gesellschaftlich abgedrängten Thema wie Sterben und Tod zu beschäftigen. Literarisch-fiktionale Sterbegeschichten befriedigen aber auch ein noch fundamentaleres Interesse, nämlich eine existentielle Neugier, die in unserem realen Leben grundsätzlich unerfüllbar bleibt: Diese Geschichten erzählen vom Sterben aus der Innensicht des Sterbenden. Das ist eine spezifische Möglichkeit der literarischen Fiktion. Sie vermittelt eine Erfahrung, die Leser während ihres eigenen Lebens nicht machen können. Der Preis, den die Literatur dafür zahlt, dass sie diese unmögliche Erfahrung zugänglich macht, ist deren eingeschränkte, lediglich spekulative Geltungskraft: Es handelt sich um hypothetische Sterbemomente, die nicht empirisch zu beglaubigen sind.