BDSL-Klassifikation: 17.00.00 20. Jahrhundert (1914-1945) > 17.18.00 Zu einzelnen Autoren
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Das Thema "Robert Musil und die Photographie", für das Karl Corinos Bildbiographie die Materialbasis bereitstellt, ist nicht nur - dies allerdings auch - von kultur- und mediengeschichtlichem lnteresse, sondern entfaltet auf verschiedenen Reflexionsebenen die grundsätzliche Problematik der Repräsentation. Dabei stellt die Photographie in Musils Werk nicht etwa einen zentralen, systematisch erörterten Themenkomplex dar; im Mann ohne Eigenschaften siedelt sich das Thema eher beiläufig an den Rändern des Textes, in seinen Lücken und Nischen an, von wo aus es allerdings, so möchte ich behaupten, die Mitte des Textes in den Blick nimmt.
Der Titel des vorliegenden Beitrags verbindet drei Leitbegriffe - einen Autornamen: Musil, die Bezeichnung einer religiösen Denk- und Erfahrungsrichtung: Mystik, und eine Epochenbezeichnung: Moderne. Die sich hinter diesen Leitwörtern verbergenden phänomenologischen Strukturen werden zunächst gesondert betrachtet, um sie in einem nächsten Schritt systematisch aufeinander beziehen zu können. Die auf diese Weise sichtbar werdenden Zusammenhänge werden abschließend am Beispiel einer konkreten Textlektüre einer differenzierten Analyse unterzogen.
Musils Tagebücher, von der Forschung als Archiv für Belege und Zitate benützt, werden im Folgenden als Text sui generis gelesen, in dem Motiv und Aporie eines Schreibprojekts aufeinandertreffen. Das 33. Tagebuch-Heft, Musils Merkheft für eine nie Zustande gekommenen Lebensbeschreibung, präsentiert reduzierte Bilder des Ichs, deren Prägnanz zur Ursache für die Unabschließbarkeit des Textes wird. Damit ist ein Repräsentationsverfahren bezeichnet, in dem nicht das Leben des Autobiographen, sondern die autobiographische Arbeit selbst zum Gegenstand der Autobiographie wird. Diese Schreibpraxis zeigt Musils Zugehörigkeit zur Tradition der europäischen Moralistik.