BDSL-Klassifikation: 15.00.00 19. Jahrhundert > 15.14.00 Stoffe. Motive. Themen
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Von Edgar Allan Poe über Charles Baudelaire bis zu Walter Benjamin und Franz Hessel gilt der Typus des Flaneurs als ein ebenso faszinierender wie unverzichtbarer Bestandteil der modernen Großstadterfahrung, anhand dessen sich eine für den Epochenwandel im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert charakteristische Haltung bzw. Verhaltensform beispielhaft nachvollziehen lässt. Aus dem unvollendeten ‚Passagenwerk‘ Walter Benjamins ist der flanierende Großstadtbewohner nicht wegzudenken, der bevorzugt die Auslagen der Schaufenster besichtigt und - gelegentlich in Begleitung von angeleinten Schildkröten - durch die Passagen spaziert. Er ist offensichtlich beides zugleich: ein symptomatisches Phänomen der Kultur moderner Metropolen und ein Gegengewicht zu jener Beschleunigungserfahrung im Fahrwasser von Modernisierungsprozessen, insofern er die selten gewordenen Eigenschaften der Langsamkeit und Beschaulichkeit kultiviert. Während die erwähnten Beispiele vertraute Erscheinungsformen im Panorama der Literaturgeschichtsschreibung bilden und in Darstellungen zur literarischen Moderne in Europa entsprechend häufig genannt und zitiert werden, lassen sich neben den bekannten Autoren und Texten zu Figur und Habitus der flanierenden Müßiggänger durchaus noch Quellen entdecken, die bislang eher wenig Berücksichtigung gefunden haben. Margaret A. Rose hat mit ihrem neuen Buch Flaneurs & Idlers eine bemerkenswerte Edition von zwei bislang schwer zugänglichen Texten aus dem Umkreis der Kulturgeschichte des Flaneurs vorgelegt. Gemeint sind Louis Huart, "Physiologie du flâneur" und Albert Smith, "The Idler upon Town" (1848).
Der Dandy gehört zum wohlvertrauten Figurenrepertoire des europäischen Fin de Siècle und Symbolismus; er verkörpert neben dem Flaneur und dem Spieler einen jener berühmt-berüchtigten Typen des literarischen und kulturellen Lebens im 19. Jahrhundert, die von Dichtern und Kultursoziologen - von Charles Baudelaire bis Walter Benjamin - immer wieder fasziniert beobachtet und mit zeitdiagnostischem Blick detailfreudig beschrieben wurden. Der Attraktivität des Themas entsprechend, mangelt es nicht an wissenschaftlichen Studien zu diesem Gebiet, etwa die richtungweisende literaturwissenschaftliche Arbeit von Hiltrud Gnüg ("Kult der Kälte. Der klassische Dandy im Spiegel der Weltliteratur" Stuttgart: Metzler 1988) oder die jüngst erschienene, breit gefächerte kulturgeschichtliche Untersuchung des Berliner Kultur- und Literatursoziologen Günter Erbe ("Dandys - Virtuosen der Lebenskunst. Eine Geschichte des mondänen Lebens" Köln: Böhlau 2002), die einen umfassenden Überblick über den Dandy als kulturelles Phänomen in Europa bietet. Warum also, so könnte man sich fragen, noch eine weitere Studie über jene oft geschilderte und vielfach analysierte literarische und kulturelle Erscheinungsform? Zunächst ist man versucht anzunehmen, das Thema sei weitgehend erschöpft und daher eher unergiebig. Gleichwohl ist die von Fernand Hörner vorgelegte Studie weit mehr als dandyhafter Luxus, denn es gelingt dem Verfasser, die proteische Gestalt des Dandys durch ein subtiles methodologisches Netzwerk, im Rückgriff auf Michel Foucaults Archäologie und den New Historicism, zu erfassen und aus der gewählten systematischen Perspektive subtil zu beleuchten.