Linguistik-Klassifikation
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Der Beitrag referiert Ergebnisse eines mit Erwachsenen durchgeführten Experiments zum Verständnis des bestimmten Artikels. Das Testmaterial entstammt einem für Kinder konzipierten Blickpräferenzexperiment. Die Durchführung des Tests mit Erwachsenen diente als Kontrolle der Verwendbarkeit der Materialien und der Überprüfung folgender Hypothese: Die referentielle Grundfunktion des Artikels besteht im Verweis auf begrenzte Ganze bzw. einen bestimmten (=begrenzten) Umfang einer Entität. Der interessante Aspekt des Experiments war, dass die Entscheidung zwischen [+begrenzt] vs. [-begrenzt] innerhalb einer pluralischen Kondition fallen musste, die Begrenztheitslesart wurde also nicht durch einzahlig auftretende zählbare Objekte erzeugt. Die Ergebnisse zeigen, dass die pluralische Kondition sich auf das Antwortverhalten der Probanden auswirkte. Probanden mit durchschnittlich längerer Reaktionszeit entscheiden sich anders als Probanden mit vergleichsweise kurzer Reaktionszeit. Während von der Gruppe mit spontanerem Entscheidungsverhalten die Hypothese im Hinblick auf den Artikel bestätigt wurde, scheint sich die Gruppe mit höheren Reaktionszeiten für das prototypischere Bild innerhalb der Pluralkondition zu entscheiden.
Eine wesentliche morpho-syntaktische Eigenschaft pronominaler Formen ist ihre Kongruenz mit dem Nomen. In den Grammatiken werden die pronominalen Paradigmen deshalb anhand der Kategorien des Nomens konstruiert. So wird traditionellerweise im Deutschen für all die verschiedenen pronominalen Elemente wie bestimmter/unbestimmter Artikel, Negationsartikel, Possessiv- und Demonstrativpronomen, starke/schwache Adjektive ein und dieselbe Struktur des Paradigmensystems zugrundegelegt. Die 3 Genusklassen konstituieren je ein Paradigma im Singular sowie ein gemeinsames Pluralparadigma. Jedes dieser 4 Paradigmen hat 4 Kasuspositionen, Nom., Gen., Dat., Akk. Dies ergibt ein Paradigmensystem mit 16 Paradigmenpositionen. Jede Position beschreibt eine der möglichen syntaktischen Umgebungen von nominalen Einheiten auf der Äußerungsoberfläche. Nicht nur im Deutschen existiert nun aber keineswegs für jede dieser Positionen auch eine eigenständige pronominale Form. Die Diskrepanz ist bekanntlich beachtlich. Das Paradigmensystem des bestimmten Artikels - das hier exemplarisch diskutiert werden sol1 - weist mit 6 Formen noch den größten Formenreichtum auf. Das Demonstrativpronomen dies und der Negationsartikel kein z.B. haben 5 distinkte Formen, die schwachen Adjektive schließlich nur 2.
Die Frage, die sich unmittelbar aufdrängt, ist, welche (grammatische) Ratio steckt hinter diesem hohen Maß an Formidentitäten. Inwieweit haben wir es hier mit motivierten Synkretismen, d.h. auf inhaltlich begründeten Neutralisationen beruhenden Formidentitäten, und/oder zufälligen Homonymien zu tun?