Linguistik-Klassifikation
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Die vorliegende Bibliographie gedenke ich, in einer verkürzten Fassung meinem Forschungsbericht 'Die Bedeutung der kontrastiven Linguistik für den Sprachunterricht', der demnächst erscheinen wird, beizufügen. Die Bibliographie beschränkt sich im Gegensatz zu (1) - (4) auf die wichtigsten westeuropäischen Schulsprachen, hat aber gegenüber (3) und (4) den Vorteil, daß sie nach Ausgangssprachen geordnet ist. Die kontrastive Analyse (kA) im eigentlichen, d.h. sprachdidaktisch orientierten Sinne ist ein Novum in der angewandten Linguistik, wenn wir von Robert LADOS Schriften absehen. Ich habe dennoch viele ältere Publikationen aufgenommen, da sie sich häufig als wertvolle Datenlieferanten für Analysen nach modernen linguistischen Theorien erweisen.
Georg von der Gabelentz (1840-1893) war Zeitgenosse und theoretischer Gegenspieler der Junggrammatiker. […] 1881 veröffentlichte er seine heute noch brauchbare 'Chinesische Grammatik', 1891 sein großes theoretisches Werk 'Die Sprachwissenschaft, ihre Aufgaben, Methoden und bisherigen Ergebnisse' (2. Auflage 1901 von A. Graf von der Schulenburg herausgegeben; Neudruck 1969 als 'Tübinger Beiträge zur Linguistik 1' von G. Narr und U. Petersen).
[...]
[I]m vorliegenden Zusammenhang [interessiert] die Frage, ob die Unterscheidung der beiden Systeme etwa für die genealogisch-historische Sprachforschung einen Fortschritt in der Theorie bedeutet. Die mannigfachen und oft widersprüchlichen Neigungen, Tendenzen usw. in der sprachlichen Entwicklung dürften teils im analytischen, teils im synthetischen System ihren letzten Grund haben. So scheint die konservative Tendenz in der Sprache auf dem analytischen System zu beruhen, während das synthetische System die Gelegenheit zur Fortentwicklung bietet und zu einer solchen durch die Vielfalt gebotener Ausdrucksmöglichkeiten anregt.
In der Indogermanistik sehen wir einen Zweig der historisch-vergleichenden Sprachwissenschaft. Die histor.-vergl. Sprachwissenschaft geht davon aus, dass einander ähnliche Wörter in nicht voneinander abstammenden Sprachen, die gleiche oder vergleichbare Inhalte bezeichnen, nicht zufällig in diese verschiedenen Sprachen gelangt sein können. Solche Übereinstimmungen wären anders erklärbar, wenn die Natur des Bezeichneten die Lautfolgen jeder einzelnen Sprache in irgendeiner Weise bedingen. Wir nehmen aber an, dass es also kein Abbildungsverhältnis zwischen Inhalt und Ausdrucksform sprachlicher Zeichen gibt, dass ein sprachliches Zeichen seine willkürlich festgesetzte konventionelle Form behält. Dann muss man Ähnlichkeiten solcher Zeichen in nicht voneinander abstammenden Sprachen auf irgendwelche ursprünglichen Zusammenhänge der Konventionen zurückführen. Die Deutung solcher Zusammenhänge ist das Thema der histor.-vgl. Sprachwissenschaft. […] Die Indogermanistik ist eine von vielen histor.-vgl. Sprachwissenschaften, neben der Finno-Ugristik, der Semitistik usw. Dass die Indogermanistik sich eine gewisse Sonderstellung zuspricht, liegt an drei ganz zufälligen Gegebenheiten: erstens ist die Indogermanistik die älteste und am intensivsten betriebene Sektion der vergl. Snrachwissenschaft; sie hat bis jetzt das grösste Kapital an geleisteter Arbeit zu verwalten; zweitens sind unter den Gliedern, die wir als indogermanische Sprachen zu einer Familie zusammenfassen, besonders früh bezeugte, lang überlieferte und zu grosser Ausdrucksleistung gelangte Sprachen, und drittens gehört zu diesen Sprachen unsere eigene und alle die Sprachen, mit denen wir im europäischen Raum, in der Gestaltung der europäischen Geisteswelt, am meisten zu tun haben.