Biologische Hochschulschriften (Goethe-Universität; nur lokal zugänglich)
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Etablierung eines universellen Testsystems zur funktionellen Analyse neuer MLL-Fusionspartner
(2010)
Leukämische Erkrankungen entstehen häufig aufgrund genetischer Aberrationen. Dabei handelt es sich in den meisten Fällen um reziproke chromosomale Transloka-tionen, die an der Entstehung chimärer Fusionsgene mit intaktem Leserahmen betei-ligt sind und letztendlich zur Expression neuartiger Fusionsproteine führen. Das auf Chromosom 11 Bande q23 lokalisierte MLL-Gen (Mixed Lineage Leukemia) spielt bei einigen dieser chromosomalen Aberrationen eine wichtige Rolle. Es entstehen Fusi-onsproteine, die phänotypisch sowohl mit akuten myeloischen Leukämien (AML) als auch mit akuten lymphatischen Leukämien (ALL) assoziiert sind. Diese hämatopoie-tischen Erkrankungen werden aufgrund ihrer ungünstigen Prognose und schlechter Heilungschance als Hochrisiko-Leukämien klassifiziert. Neben Translokationen des MLL-Gens sind für die Leukämogenese noch weitere genetische Aberrationen von Bedeutung. Ebenso spielen, allerdings in geringerem Maße, Deletionen, Inversionen sowie Insertionen eine Rolle. Allen chromosomalen Translokationen sowie den übrigen chromosomalen Veränderungen geht mindestens ein DNA-Doppelstrangbruch voraus. Dieser findet sowohl beim MLL als auch beim Partnergen in sogenannten Bruchpunktsregionen statt. Inzwischen sind 104 verschiedene Veränderungen des MLL-Gens bekannt, von de-nen 64 auf molekularer Ebene charakterisiert wurden. Allein über 20 Partnergene wurden in den letzten fünf Jahren im Diagnostikzentrum DCAL (Diagnostic Center of Acute Leukemia) des Universitätsklinikums Frankfurt identifiziert. Allerdings sind bis heute noch keine universellen Ansätze zur Etablierung eines Tiermodells zur Unter-suchung neuer Partnergene bekannt. Somit ist es von großem Interesse möglichst schnell und zuverlässig dieses Ziel zu erreichen, um weitere Informationen über das onkogene Potential der beteiligten MLL-Partner zu erhalten. Als neue Kandidaten wurden im Rahmen dieser Arbeit DCPS, MAML2 sowie NRIP3 untersucht, die auf die Positivkontrolle ENL und auf die Negativkontrolle LASP1 bezogen wurden. Zunächst wurde ein universelles retrovirales Vektorsystem entwickelt, welches den MLL-N-Terminus (Exon 1 - Exon 9) trägt. Das zu untersuchende Partnergen kann durch Einklonieren der entsprechenden DNA-Sequenz in diesen Vektor eingefügt werden. Um ein authentisches Fusionsprodukt mit durchgehendem Leserahmen zu erhalten, sind die beiden Gene durch eine intronische Sequenz voneinander separiert. Die korrekte Fusion konnte auf Transkriptebene via RT-PCR nachgewiesen werden. In Vorversuchen wurden die Konstrukte MLL•DCPS, MLL•ENL (Positivkontrolle), MLL•LASP1 (Negativkontrolle), MLL•MAML2 sowie MLL•NRIP3 in murine hämato-poietische Progenitorzellen (Ba/F3 und 32D) transduziert. Die erfolgreiche Infektion konnte sowohl fluoreszenzmikroskopisch als auch auf Transkriptebene nachgewie-sen werden. Des Weiteren zeigten die Konstrukte unterschiedliche Einflüsse auf die Hox-Genexpression der Hox-Gene a5, a7, a9, a10, b3 und b4. Zur Untersuchung wachstumstransformierender und proliferierender Eigenschaften der Fusionsproteine folgten nach Abschluss der Vorversuche erste Transduktionsex-perimente mit murinen Lin-/Sca1+-hämatopoietischen Zellen. Mittels eines Methylcel-lulose-Assays sollten die transformierenden Eigenschaften der MLL-Fusionen über-prüft werden. Lediglich die Positivkontrolle wies wachstumstransformierende Eigen-schaften auf. Somit legen die bisherigen Ergebnisse die Vermutung nahe, dass noch weitere Faktoren für die Leukämogenese relevant sein müssen. Um Aussagen über das Verhalten der zu untersuchenden MLL-Fusionen in vivo tref-fen zu können, wurden retroviral infizierte, Lin-/Sca1+-aufgereinigte hämatopoietische Stammzellen in Empfängermäuse transplantiert. Bis zum jetzigen Zeitpunkt konnten bei den Mäusen noch keinerlei Symptome einer leukämischen Erkrankung diagnosti-ziert werden. Es ist abzuwarten, ob die transplantierten Mäuse in den nächsten Wo-chen leukämische Verhaltensauffälligkeiten aufweisen. Im Rahmen dieser Arbeit konnte erfolgreich ein Testsystem etabliert werden, das es ermöglicht, neue Partnergene in kürzester Zeit funktionell zu analysieren. So können in Zukunft hoffentlich neue Erkenntnisse zur Leukämogenese gewonnen werden, die eventuell neue Therapieansätze ermöglichen.
Reziproke chromosomale Translokationen sind häufig mit Leukämien assoziiert und gelten in den meisten Fällen als Erkrankungsursache. Das MLL-Gen auf der Chromosomenbande q23 des Chromosoms 11 ist an einer Vielzahl chromosomaler Translokationen beteiligt, und die dadurch erzeugten reziproken MLL-Fusionsgene sind ausschließlich mit Hochrisikoleukämien assoziiert. Die häufigste Aberration ist eine reziproke Translokation zwischen den beiden Genen MLL und AF4 (4q21), die t(4;11)-Translokation, die in ca. 80% aller Akuten Lymphatischen Leukämien bei Kleinkindern, aber auch bei älteren Patienten mit einer Sekundärleukämie, auftritt. Die leukämischen Blasten dieser Patienten sind meist gegen konventionelle Therapien resistent, so dass t(4;11) Leukämien mit einer ungewöhnlich schlechten Prognose verbunden sind. Welches der beiden Fusionsproteine, MLL-AF4 oder AF4-MLL, die bei der t(4;11)-Translokation entstehen für die Entstehung der Leukämie verantwortlich ist, wird noch kontrovers diskutiert. Bisherige Publikationen zeigen die Onkogenität beider Fusionsproteine, und ihr Potential, Leukämien im Mausmodell hervorzurufen. Frühere Studien dieser Arbeitsgruppe zeigen die onkogene Wirkung des AF4-MLL Fusionsproteins, dessen Expression zur Wachstumstransformation von murinen Zellen und einer Akuten Lymphatischen Leukämie in der Maus führt. Die onkogene Wirkung von AF4-MLL entsteht, sobald das Fusionsprotein nach seiner Prozessierung durch die Endopeptidase Taspase1 heterodimerisiert und dadurch vor SIAH-vermitteltem proteasomalen Abbau geschützt wird. So kann sich das heterodimerisierte Protein - anders als das AF4-Wildtyp Protein - in den Zellen anhäufen und zu unkontrolliertem Wachstum führen. Um die Heterodimerisierung des AF4-MLL Fusionsproteins kompetitiv zu inhibieren, wurden im Rahmen dieser Arbeit kleine Fragmente aus der C-terminalen Interaktionsdomäne FYRC von MLL exprimiert. Dazu wurde die Interaktion kleiner Peptide aus der FYRC-Domäne mit dem N-terminalen Fragment des AF4-MLL Proteins mithilfe eines Biosensorsystems und Co-Immunopräzipitationen getestet. Anschließend wurden die kleinsten Peptide, die noch an das N-terminale Fragment binden können (B1 und B3), ausgewählt, und zusammen mit AF4-MLL co-exprimiert. Mithilfe von Western Blot-Analysen von gereinigtem AF4-MLL·N konnte gezeigt werden, dass die Expression dieser Peptide dazu führt, dass das C-terminale Fragment nicht mehr an das N-terminale Fragment binden kann. Durch diese Inhibition der Heterodimerisierung kann der AF4-MLL Multiproteinkomplex nicht vollständig aufgebaut werden, da auch die C-terminalen Komplexpartner WDR5 und RBBP5 nur noch eingeschränkt binden können. Zusätzlich wurde die Stabilität der prozessierten Fragmente AF4-MLL·N und MLL·C im Falle einer Inhibition der Dimerisierung untersucht. Offensichtlich sind beide Fragmente nur stabil, wenn sie miteinander heterodimerisiert sind. Eine Blockierung der Interaktion durch kompetitive Peptide führt dazu, dass sowohl AF4-MLL·N als auch MLL·C proteasomal degradiert werden. Da auch das MLL-Wildtyp Protein über die Interaktionsdomänen FYRN und FYRC heterodimerisiert, wurde zusätzlich der Effekt der Expression der Peptide auf die Viabilität von MLL-exprimierenden Zellen untersucht. Dazu wurden die Peptide B1 und B3 in sechs unterschiedlichen Zelllinen, von denen zwei die t(4;11)-Translokation tragen, exprimiert. Anschließend wurde nach einer PI-Färbung der Anteil apoptotischer Zellen mithilfe eines Durchflusszytometers ermittelt. Die vorliegenden Daten deuten darauf hin, dass keines der beiden Peptide einen starken Einfluss auf Zelllinien hat, die das Wildtyp-MLL Gen besitzen. Die Apoptose der vier untersuchten Zelllinien war kaum erhöht, wenn diese Peptide exprimiert wurden. Interessanterweise scheint das Peptid B1 dagegen einen Apoptosefördernden Effekt auf diejenigen Zellen zu haben, die das AF4-MLL Protein exprimieren. Basierend auf den vorliegenden Daten kann die Aussage getroffen werden, dass es prinzipiell möglich ist, das AF4-MLL Fusionsprotein spezifisch anzugreifen. Eine Blockierung der Heterodimerisierung blockiert die Ausbildung des onkogenen AF4-MLL Multiproteinkomplexes. Dies führt zudem dazu, dass die beiden Taspase1-prozessierten Fragmente AF4-MLL·N und MLL·C proteasomal degradiert werden. Die Inhibition der Heterodimerisierung von AF4-MLL ist mit einer leicht erhöhten Apoptoserate in t(4;11)-positiven Zellen verbunden. Diese Beobachtung könnte in Zukunft von Bedeutung sein, wenn über neue Therapieansätze bei t(4;11) Leukämien nachgedacht werden sollte.
The mTOR kinase inhibitor rapamycin (sirolimus) is a drug with potent immunosuppressive and antiproliferative properties. We found that rapamycin induces the TGF/Smad signaling cascade in rat mesangial cells (MC) as depicted by the nuclear translocation of phospho-Smads 2, -3 and Smad-4, respectively. Concomitantly rapamycin increases the nuclear DNA binding of receptor (R)- and co-Smad proteins to a cognate Smad-binding element (SBE) which in turn causes an increase in profibrotic gene expression as exemplified by the connective tissue growth factor (CTGF) and plasminogen activator inhibitor 1 (PAI-1). Using small interfering (si)RNA we demonstrate that Smad 2/3 activation by rapamycin depends on its endogenous receptor FK-binding protein 12 (FKBP12). Mechanistically, Smad induction by rapamycin is initiated by an increase in active TGF1 as shown by ELISA and by the inhibitory effects of a neutralizing TGF antibody. Using an activin receptor-like kinase (ALK)-5 inhibitor and by siRNA against the TGF type II receptor TGF-RII) we furthermore demonstrate a functional involvement of both types of TGF receptors. However, rapamycin did not compete with TGFfor TGF-receptor binding as found in radioligand-binding assay. Besides SB203580, a specific inhibitor of the p38 MAPK, the reactive oxygen species (ROS) scavenger N-acetyl-cysteine (NAC) and a cell-permeable superoxide dismutase (SOD) mimetic strongly abrogated the stimulatory effects of rapamycin on Smad 2 and 3 phosphorylation. Furthermore, the rapid increase in Dichlorofluorescein (DCF) formation implies that rapamycin mainly acts through ROS. In conclusion, activation of the profibrotic TGFSmad signaling cascade accompanies the immunosuppressive and antiproliferative actions of rapamycin. Keywords: FK506 binding protein; p38 MAP kinase; rapamycin; renal fibrosis; Smads; TGFβ
Bioaktive Sphingolipide spielen eine wichtige Rolle bei der Regulation vieler entscheidender Prozesse in Endothelzellen. Speziell dem S1P wird eine Schlüsselfunktion in der Regulation der Proliferation und Migration von Endothelzellen beigemessen. Diese Prozesse sind notwendige Teilschritte in der Angiogenese, welche eine wichtige biologische und medizinische Bedeutung hat. So ist die umorangiogenese eine Voraussetzung für die adäquate Versorgung des Tumors mit Sauerstoff und Nährstoffen und trägt des Weiteren zu dessen Aggressivität bei. Ein weiteres Merkmal vieler solider Tumoren ist das Vorkommen hypoxischer Bereiche und erhöhter NO-Spiegel, die zudem, je nach Konzentration, als proangiogene Faktoren wirken können. Das Hauptziel dieser Arbeit lag in der Untersuchung des Einflusses hypoxischer Bedingungen und des Signalmoleküls NO auf das Sphingolipidgleichgewicht in der humanen Endothelzelllinie EA.hy 926. Ein spezieller Fokus wurde dabei auf die Regulation der S1P synthetisierenden Sphingosinkinasen (SK) und der daraus resultierenden Beeinflussung angiogener Zellantworten gelegt. In dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass sowohl Hypoxie als auch NO die Aktivität der SK-1, jedoch nicht der SK-2, langanhaltend erhöhten. Dieser Aktivitätsanstieg wurde durch eine Aktivierung des SK-1-Promotors mit einer nachfolgenden verstärkten mRNA- und Proteinexpression vermittelt. Dabei war unter Hypoxie der Transkriptionsfaktor HIF-1α der entscheidende SK-1 regulierende Faktor. Zusätzlich führte die durch Hypoxie ausgelöste Hochregulation der SK-1 zu einem Anstieg der zellulären S1P-Spiegel und zu einer Reduktion der Sphingosinkonzentration. Mechanistische Untersuchungen des Effekts von NO auf die SK-1 zeigten, dass dieser unabhängig von erhöhten cGMP-Konzentrationen aufgrund einer Aktivierung der löslichen Guanylatzyklase (sGC) durch NO war. Zum einen hatte die Verwendung des cGMP-Analogons 8-Bromo-cGMP und des Aktivators der sGC YC-1 keinen Einfluss auf die SK-1-Proteinexpression, und zum anderen hatte die Kostimulation mit dem sGC-Inhibitor ODQ keinen hemmenden Effekt auf die durch NO ausgelöste Hochregulation der SK-1. Demgegenüber ist die klassische MAPK-Kaskade essenziell für die Wirkung von NO auf die SK-1, da der MEK-Inhibitor U0126 die erhöhte Proteinexpression der SK-1 verhindern konnte. Die Aktivierung des vorgeschalteten kleinen GTP-bindenden Proteins p21ras ist ein möglicher Mechanismus, über den NO die Aktivierung der MAPKKaskade verursachen könnte (Lander et al, 1995). In einem weiteren Teil der Arbeit wurde die funktionelle Konsequenz einer Regulation der SK-1 durch Hypoxie und NO in EA.hy 926 Zellen untersucht. Sowohl Hypoxie als auch NO wurden als pro-angiogene Faktoren beschrieben. Daher wurde anhand von Migrationsassays und in-vitro-Angiogeneseassays untersucht, ob die SK-1 bei diesen Zellantworten eine Rolle spielt. Die Depletion der SK-1 durch die Verwendung einer spezifischen siRNA oder mit Hilfe von lentiviralen shRNA-Konstrukten zeigte, dass die Hochregulation der SK-1 unter Hypoxie und NO essenziell für die erhöhte Migration der Endothelzellen ist. Zusammenfassend zeigen die Daten, dass hypoxische Bedingungen und NO zu einer Hochregulation der SK-1 in EA.hy 926 Zellen führten und eine erhöhte Migrationsrate dieser Zellen zur Folge hatten. Somit ist die SK-1 ein interessanter therapeutischer Ansatzpunkt zur Behandlung von Krankheiten, die mit einer pathologischen Angiogenese einhergehen, wie es im Tumorgeschehen der Fall ist.
Pharmakokinetische Charakterisierung der Terpenlaktone aus Ginkgo biloba im ZNS am Tiermodell
(2010)
Ginkgo biloba (Gb), eine der am besten untersuchten pharmazeutisch-medizinisch genutzten Pflanzen, wird heute in Form von Spezialextrakten im Sinne einer evidenzbasierten Phytopharmakatherapie eingesetzt. Grundlage hierfür sind die genaue Spezifikation der Zusammensetzung des Spezialextraktes in Bezug auf die wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoffe, balstbare klinische Daten, das Erforschen des molekularen Wirkmechanismus‘ des Gesamtextraktes aber auch der Einzelbestandteile und die Pharmakokinetik im Targetgewebe. Heute werden im Sinne einer evidenzbasierten Phytopharmakatherapie lediglich Extrakte verwendet, die der Monographie der Komission E entsprechen (22 - 27% Flavonoide, 5 - 7% Terpenlaktone und weniger als 5 ppm Ginkgolsäuren). Der am besten klinisch und pharmakologisch untersuchte Gb-Spezialextrakt ist EGb 761® (Tebonin®), der im zentralen Fokus der vorliegenden Arbeit steht. Die im Jahr 2008 vom IQWiG veröffentlichte Metaanalyse zur Klinik von EGb 761® hat in äußerst detaillierter Form belastbare Daten zur Wirksamkeit dieses Extraktes beschrieben. Es kann festgehalten werden, dass ein Einsatz dieses Spezialextraktes im Rahmen der Therapie einer beginnenden Demenz zu befürworten ist. Basis des klinischen Einsatzes des EGb 761® sind in vitro und in vivo pharmakologische Untersuchungen. Es werden unterschiedliche Gesamtkonzepte zur Wirkung von EGb 761® bzw. Einzeleffekte der Inhaltsstoffe im ZNS diskutiert. Konsensfähig sind heute sicher die Mitochondrien-stabilisierende Wirkung der Terpenlaktone und ein antioxidativer Effekt der Flavonoide. Bb zeigt zusätzlich deutlich protektive Effekte in Bezug auf durch zerebrovaskuläre Ereignisse geschädigte Hirnareale. Darüber hinaus ist die Wirkung der Flavonoide auf die monoaminerge Neurotransmission aktueller Gegenstand der Forschung. Basis jeglicher pharmakologischen Betrachtung ist das pharmakokinetische Verhalten der wirksamen Inhaltsstoffe im Target-Gewebe. Nachdem die ZNS-Bioverfügbarkeit der Flavonoide nachgewiesen wurde, hat die vorliegende Arbeit das zentrale Ziel, die pharmakokinetische Charakteristik der Terpenlaktone aus Gb im ZNS zu untersuchen. Zur quantitativen Analyse der Terpenlaktone (GKA, GKB, GKC und Bb) in biologischen Matrices (Hirn-Homogenat, Plasma) und Hirn-Dialysat-Pufferlösung (aCSF-Puffer) wurde eine LC-MS-Analytik-Methode entwickelt und validiert. Unter Verwendung einer 250x4 mm, Multo High 100 RP18, 5 μm (CS-Chromatographie Service GmbH)-Säule und einer isokratischen Auftrennung mittels einer mobilen Phase bestehend aus 60% 0,1%-iger Ameisensäure und 40%-igem Methanol konnten alle vier genannten Terpenlaktone simultan innerhalb von 20 Minuten analysiert werden. Die beschriebene LC-MS(TOF)-Methode verfügt über eine ausreichende Sensitivität, um die Analyten im nanomolaren Bereich zu quantifizieren (z.B. LOQ Bb in aCSF-Puffer: 0,25 pg/μl; LOQ Bb in Hirnhomogenat: 1 ng/ml). Die Aufarbeitung der Plasma- bzw. Hirn-Homogenat-Proben erfolgte durch eine flüssig-flüssig-Extraktion mit Hilfe von Extrelut®-Säulen; die Hirn-Dialysat-Proben bedurften keiner Probenaufarbeitung. Mit Hilfe der beschriebenen Analytik-Methode war es möglich, GKA, GKB, GKC und Bb in Plasma und Hirnhomogenat von Ratten nach oraler Gabe von 600 mg/kg Körpergewicht EGb 761® bzw. einer vergleichbaren Menge der Reinsubstanzen zu bestimmen. Im Rahmen dieses Projektes wurde ein direkter Vergleich der erhalten Plasma-Konzentrationen nach Extrakt- bzw. Reinsubstanzgabe gezogen, wobei der Extrakt die höhere AUC (für GKA u. Bb) und daher bessere Bioverfügbarkeit aufwies. Es konnten in Plasma und Gehirngewebe sowohl GKA als auch GKB und Bb in nativer nicht metabolisierter Form nachgewiesen werden. GKC konnte weder in Plasma noch in Hirngewebe bestimmt werden, was die in der Literatur diskutierte These einer schnellen Metabolisierung (Methylierung) stärkt. Die Terpenlaktone sind im Plasma sehr schnell angeflutet und zeigten ein ebenfalls zügiges Abfallen, so dass 24 Stunden nach oraler Applikation keine Konzentrationen mehr zu detektieren waren. Bei der Untersuchung der Hirn-Gewebspiegel von GKA, GKB und Bb zeigten sich keine Unterschiede nach Gabe von Extrakt bzw. Reinsubstanz. Die Substanzen fluteten im Vergleich zum Plasma etwas verzögert an, fielen aber auch bis 24 Stunden nach Applikation wieder unter die Nachweisgrenze. Die Konzentrations-Zeit-Kurven ähnelten in ihrer Form stark denen aus Plasma, waren jedoch zeitlich nach rechts verschoben, so dass ausgeschlossen werden kann, dass es sich im Hirngewebe um Artefakt aus Restblut handelt. Wesentliches Resultat dieser Untersuchungen war, dass erstmalig nach oraler Gabe von EGb 761® gezeigt wurde, dass deutliche Gewebespiegel im Gehirn von Ratten zu erzielen sind und damit diese Substanzen im Target-Gewebe die postulierten pharmakologischen Wirkungen ausüben können. Aufbauend auf diesen Ergebnissen wurden mit Hilfe der Mikrodialyse-Technik und der bereits beschriebenen LC-MS-Analytik-Methode weitere pharmakokinetische Untersuchungen am Maus-Modell durchgeführt. Es konnte zunächst rein technisch im Rahmen von Wiederfindungsuntersuchungen gezeigt werden, dass die im Dialysat bestimmte Menge Bb ca. 6% der tatsächlich im Extrazellularraum des Maus-Hirns vorliegenden Bb-Konzentration entspricht. Weiterhin zeigten diese Versuche, dass Bb kaum an Plasma-Proteine bindet, da keine signifikanten Unterschiede bei der Dialyse von Bb aus Puffer, Blut oder Plasma zu sehen waren. In einem ersten Tierversuch an gesunden Mäusen konnten die pharmakokinetischen Charakteristika von Bb, die in der Fütterungsstudie an Ratten bestimmt wurden, reproduziert werden, obwohl es sich um einen völlig divergenten Versuchsaufbau, unterschiedliche Tierspezies und nicht um die gleichen Applikationsformen handelt. Diese Tatsache unterstreicht die Aussage beider Studien. Als zusätzliche Aussage ergibt sich aus dem Versuchsaufbau, dass Bb frei und biologisch aktiv im Extrazellularraum vorliegt und nicht z.B. in Membranen gebunden ist. Die Möglichkeit mittels Mikrodialyse und LC-MS-Technik Bb im Extrazellularraum definierter Hirnregionen nachzuweisen, erlaubte eine pharmakokinetische Charakterisierung von Bb in vom Schlaganfall geschädigten Hirngewebe. Es zeigte sich, dass bei Gabe von 10 mg/Kg Bb eine Stunde vor dem Schlaganfall die Bb-Konzentrationen zwar deutlich abfallen, aber dann relativ konstant bleiben, was durch einen fehlenden Abtransport durch die unterbrochene Blutversorgung zu erklären ist.
In this thesis I have investigated the regulation of eicosanoid synthesizing-enzymes by cannabinoid receptor agonists. Rat renal mesangial cells were used as a model system. I could show that all three (CB1, CB2, and GPR55) cannabinoid receptors are expressed on the mRNA level in rat renal mesangial cells – but with differing expression profiles. The CB1 and GPR55 receptors are expressed in comparable amounts, whereas the CB2 receptor is considerably less expressed than the CB1 and the GPR55 receptors. Furthermore I could show that stimulation of renal mesangial cells with CB1 receptor agonists, such as R(+)MA or ACEA, increased IL-1β-induced cPLA2, sPLA2-IIa, and COX2 protein and mRNA expression which subsequently led to an enhanced IL-1β-induced PGE2 formation. Additionally, the IL-1β- induced sPLA2-IIa promoter activity was also increased by CB1 receptor stimulation. Besides the modulated expression of the eicosanoid synthesizing enzymes, I could show that CB1 agonists also led to an increase of IL-1β-induced iNOS expression and subsequent NO formation. In contrast, stimulation with CB2 selective agonists led to a decrease in IL-1β- induced sPLA2-IIa protein expression and PGE2 formation. Accordingly, the IL-1β-induced sPLA2-IIa promoter activity was also reduced by CB2 receptor agonists. IL-1β-induced iNOS expression and subsequent NO formation were not influenced by CB2 recptor activation. Matching the results I obtained with CB1 receptor agonists on IL-1β-induced PGE2 formation, I could observe an increased cPLA2 protein and mRNA expression with a subsequent increase in IL-1β-induced PGE2 formation by GPR55 stimulation. Stimulation with THC, an unselective CB agonist, increased the IL-1β-induced sPLA2-IIa protein expression and subsequently led to an enhanced IL-1β-induced PGE2 formation. Subjecting the cells to higher THC concentrations surprisingly led to a reduction of the IL-1b-induced sPLA2-IIa protein expression and PGE2 formation. A possible explanation may be the differential expression of the three CB receptors. At low concentrations THC may predominantly activate CB1 and GPR55 and with increasing concentration CB2 receptors may also be activated, slightly reversing the enhancing effect. Moreover, I could show that the CB1 receptor stimulation mediated phosphorylation and hence the activation of ERK1/2 MAPK. Additionally to ERK1/2, there was also a phosphorylation and activation of NFkB observed by CB1 receptor stimulation. In my thesis I could show for the first time that PPARα was activated by IL-1β in rMC. The IL-1β-induced PPARα promoter activity was completely inhibited by addition of the CB2 receptor agonist, JWH015. These findings were confirmed by inhibition of the IL-1β-induced PGE2 formation by a PPARα antagonist (MK-886). In summary, I could show that activation of CB1 receptors in our system led to a worsening of an inflammatory condition, whereas activation of the CB2 receptors led to the complete opposite; namely a reduction of the inflammatory response by reducing the sPLA2-IIa expression and PGE2 formation. GPR55 activation did not display any alteration of inflammatory conditions, since the classical inflammatory pathway was not influenced.
Acetaldehydaddukte an Hämoglobin werden als potentieller biochemischer Marker für Alkoholmissbrauch betrachtet, konnten aber bisher in vivo noch nicht eindeutig nachgewiesen werden. Es wurden Methoden entwickelt, um Acetaldehydmodifiziertes Hämoglobin sowohl nach Inkubation in vitro als auch in humanen Blutproben nachzuweisen. Verwendung fanden sowohl chromatographische als auch elektrophoretische Trennmethoden in Kombination mit unterschiedlichen Massenspektrometern zur Detektion. Es wurden unterschiedliche Patienten- und Probandenkollektive betrachtet. Aus Blutproben von Patienten aus Alkoholentzugskliniken, von Probanden eines kontrollierten Trinkversuches und Blutproben von Personen mit moderatem Alkoholkonsumverhalten wurde versucht, modifiziertes Hämoglobin mit Alkoholkonsum zu korrelieren. Desweiteren wurden Blutproben von Kindern untersucht, bei denen keine Alkoholexposition zu erwarten war, um eventuell vorhandenes endogenes modifiziertes Hämoglobin nachzuweisen. Zusätzlich zu den Untersuchungen in vitro und in vivo wurden auch post-mortale Proben analysiert, um modifiziertes Hämoglobin mit einem prämortalem Alkoholkonsum zu korrelieren und auf mögliche andere Einflüsse, insbesondere hinsichtlich post-mortaler Parameter zu untersuchen. Modifizierte Globinketten waren nach Synthese aus Hämoglobin und Acetaldehyd zugänglich und konnten in vitro nachgewiesen werden. Hierbei zeigte sich, dass Acetaldehyd auch mehrfach kovalent an beide Hämoglobinketten binden kann. Weder mehr- noch einfach modifizierte Hämoglobinketten konnten allerdings in authentischen humanen Blutproben nachgewiesen werden. Die Empfindlichkeit konnte jedoch nach proteolytischem Verdau so weit gesteigert werden, dass Acetaldehydmodifizierte Hämoglobinpeptide nicht nur nach Inkubation von Hämoglobin mit Acetaldehyd, sondern auch in authentischen Blutproben sämtlicher untersuchter Kollektive nachweisbar waren. Es wurde gezeigt, dass ein intermolekularer Austausch von Acetaldehyd nach proteolytischem Verdau zur Bildung eines Peptidadduktes am neu entstandenen N-Terminus des jeweiligen Peptides führen kann. Ein Hinweis auf andere mögliche Bindungsstellen ergab die Analyse des in vitro synthetisierten Peptides Hbα(17-31)2Ach mit zwei gebundenen Molekülen Acetaldehyd. Insgesamt konnten in authentischen Proben 10 Peptide mit Acetaldehydmodifikation, welche jeweils als chromatographisch trennbare Stereoisomere auftraten, nachgewiesen werden. Dies geht einher mit einer bereits vorgeschlagenen Bildung diastereomerer Imidazolidinonderivate. Acetaldehydmodifizierte Hämoglobinpeptide waren nicht nur in Proben von Patienten und Probanden mit nachweisbarem Blutalkohol vorhanden, sondern auch in Blutproben von Alkoholikern, Studenten und Kindern ohne akuten Alkoholkonsum. Der Nachweis dieser Addukte auch ohne exogene Alkohol- oder Acetaldehydexposition lässt darauf schliessen, dass diese posttranslationale Modifikation im menschlichen Körper abläuft, Acetaldehydaddukte also auch endogen gebildet werden. Ein erhöhtes Verhältnis von modifizierten Peptiden zu deren unmodifizierten Homologen zeigte sich konzentrationsabhängig nach Inkubation von Hämoglobin mit Acetaldehyd in vitro. Langfristiger zurückliegender Alkoholkonsum konnte in Studien mit Patienten einer Rehabilitationseinrichtung und mit Probanden mit moderatem Alkoholkonsum nicht mit Hämoglobinaddukten korreliert werden. Erhöhte Adduktverhältnisse im Vergleich mit Proben ohne Blutalkoholkonzentration des gleichen Kollektivs konnten bei Patienten einer Alkoholentzugsklinik, in post-mortalen Proben und im Rahmen eines kontrollierten Trinkversuches nachgewiesen werden. Die Kinetik der Bildung und Elimination Acetaldehydmodifizierten Hämoglobins wurde sowohl anhand von Blutproben von Patienten einer Alkoholentzugsklinik untersucht, erhöhte Adduktverhältnisse waren hier nur kürzer als 5 Tage nachweisbar. Diese schnelle Elimination wurde im Rahmen eines kontrollierten Trinkversuches bestätigt. Hierbei fand sich ein signifikanter Anstieg Acetaldehydmodifizierter Hämoglobinpeptide bereits nach einmaligem moderatem Alkoholkonsum, welcher bereits bei Blutalkoholkonzentrationen von durchschnittlich 0,12 g/L auftrat und noch mindestens 6 Stunden, aber nicht mehr 24 Stunden nach Trinkende anhielt. Daher liegt die mögliche Anwendung dieses empfindlichen Assays im Nachweis eines kurzfristigen Alkoholkonsums. Sämtliche Peptide wurden hinsichtlich Empfindlichkeit und Spezifität zur Identifizierung eines Alkoholkonsums sowohl in vivo als auch in post-mortalen Proben anhand unterschiedlicher Schwellenwerte untersucht. Desweiteren wurde für diese Peptide die analytische Präzision betrachtet. Als Markerpeptid eines kurzfristigen Alkoholkonsum sowohl in vivo als auch in post-mortalen Blutproben wird hierbei Hbα(32-40)Ach vorgeschlagen. Der mögliche Vorteil bei der Betrachtung dieses Peptids im Vergleich mit anderen bereits etablierten Markern zum Nachweis eines kurzfristigen Alkoholkonsums liegt in der für den Nachweis benötigten geringen Materialmenge, welche bei der Bestimmung mittels HPLC/TOF-MS 80μg Hämoglobin betrug, was etwa der Hämoglobinmenge entspricht, die in etwa 2,5 Millionen Erythrozyten, entsprechend 0,6 μl Blut enthalten ist. Denkbar ist dadurch die Bestimmung in Blutspuren, aus denen ansonsten kein Nachweis von Ethanol oder anderer Marker eines Alkoholkonsums möglich wäre, z.B. aus getrockneten Blutspuren.
Im Rahmen dieser Arbeit sollte ein Anti-PGE2-Antikörperfragment exprimiert werden, mit dem über NMR-Spektroskopie genauere Strukturdaten der Antikörperbindungsdomäne zu erhalten wären. Da Fab-, Fv- und scFv-Fragmente die Antigenbindungsstelle besitzen und sich gegenüber einem vollständigem IgG zusätzlich durch ihre geringere Größe auszeichnen, wurden die korrespondierenden Antikörperfragmente für diese Arbeiten gewählt. Ausgehend von einer etablierten Hybridom-Zelllinie konnten über cDNA-Synthese und Assembly-PCR die Gene für die Antikörperfragmente bereitgestellt werden. Zum Verifizieren von DNA-Sequenz und Bindungseigenschaften stand ein Anti-PGE2-Fab-Fragment früherer Arbeiten von Frau Dr. Ilse Zündorf zur Verfügung. Für Strukturuntersuchungen müssen relativ große Proteinmengen bereit gestellt werden, daher ist es notwendig, hohe Ausbeuteverluste durch Präzipitation, Degradierung, Aufreinigungsverluste u.a. zu vermeiden. Um zunächst eine möglichst gute Proteinexpression zu erhalten, wurde der Bakterienstamm Escherichia coli BL21DE3 und das pET-Expressionssystem gewählt. In diesem System war zu erwarten, dass die überexprimierten Antikörperfragmente unter den gewählten Bedingungen in Form unlöslicher Aggregate, sogenannter inclusion bodies, in den Zellen vorliegen werden. Die der Klonierung der VH-, Vk- und scFv-Gene folgende Expression der Proteine zeigte, dass es tatsächlich zur Bildung von inclusion bodies kommt. Die Vorteile dieser Aggregatbildung, wie hohe Proteinmenge, Proteaseunempfindlichkeit aufgrund der hohen Dichte sowie die hohe Homogenität, sollten für die Gewinnung nativer Antikörperfragmente genutzt werden. Hierfür konnte ein System etabliert werden, das im wesentlichen auf der Solubilisierung der Aggregate und der Reduktion falscher Disulfidbrücken mit anschließender Rückfaltung und Rekonstituierung der Disulfidbrücken beruht. Kritische Parameter, die den Rückfaltungsprozess beeinflussen, wurden untersucht. Hierunter fallen insbesondere die Zusammensetzung des Renaturierungssystems wie Pufferbedingungen, das Verhältnis von oxidierten zu reduzierten Glutathion und der Zusatz von sogenannten Faltungsenhancern, die Additiva. Für fast alle wesentlichen Punkte konnten Systemkomponenten etabliert werden, die für das scFv-Fragment eine nahezu vollständige Überführung der inclusion bodies in die lösliche Form erlauben. Auch eine Bindung an das Antigen Prostaglandin E2 konnte unter Anwendung von Radioimmunoassays gezeigt werden. Problematisch ist die Aufkonzentrierung der in niedriger Konzentration vorliegenden renaturierten scFv-Fragmente. Je stärker aufkonzentriert wird, desto stärker präzipitieren die scFv-Moleküle in der Ultrafiltrations- bzw. Zentrifugationsfiltereinheit. Antikörper und Antikörperframente sind ohne Frage eine sehr wichtige Molekülgruppe von molekularbiologischen und biochemischen Interesse, nicht nur in dieser Arbeitsgruppe. Im Rahmen einer möglichen Weiterführung dieser Arbeit müsste geklärt werden, ob das Präzipitationsverhalten der scFv-Fragmente eine inhärente Eigenschaft des Anti-PGE2 scFv ist, oder ob hier doch eine zumindest teilweise inkorrekte Faltung der Proteinkette vorliegt. Mögliche weitere Experimente könnten in der Variation des Linkers liegen oder das etablierte Verfahren an einem weiteren scFv-Fragment zu testen. Da die genannten Probleme bei der Aufkonzentrierung der Proteinlösung auftreten, sollten statt der angewandten Techniken alternative Methoden geprüft werden. Auch wäre es interessant zu sehen, ob sich ein z.B. kommerziell verfügbares scFv-Fragment, dessen Bindungseigenschaften bekannt sind, nach Denaturierung wieder in die native Form überführen lässt. Abschließend lässt sich sagen, dass die Herstellung von nativen Protein aus inclusion bodies viele Vorteile bietet, die für die Präparation größerer Proteinmengen nicht ungenutzt bleiben sollten.
Retrovirale Gen-Therapie-Vektoren haben die ethisch problematische Eigenschaft, ungerichtet in das Genom der therapierten Zellen zu integrieren und somit die Zelle gegebenenfalls durch Insertions-Mutagenese zu schädigen. Diese Problematik könnte gelöst werden, indem das zugrunde liegende Prinzip spezifisch integrierender, mobiler genetischer Elemente (Transposons) aufgeklärt und in die Retrovirus-basierten Gen-Therapie-Vektoren mit einbezogen werden könnte. Das Genom des zellulären Schleimpilzes Dictyostelium discoideum enthält eine Reihe von Non-LTR-Retrotransposons, die ausnahmslos Positions- und Orientierungs-spezifisch in die genetisch unproblematischen Regionen vor oder hinter tRNAGene integrieren (tRNA-Gen-assoziierte Retroelemente oder kurz TRE). Zur Untersuchung des Mechanismusses der Positions- und Orientierungs-spezifischen Integration von TRE-Retrotransposons wurde in D. discoideum ein in vivo Retrotranspositions-Testsystem etabliert, mit welchem de novo auftretende Retrotranspositions-Ereignisse endogener TRE-Retrotransposons auf methodisch einfache Weise festgestellt und analysiert werden konnten. Das in vivo Testsystem beruht auf der positiven Selektion derjenigen Zellen eines D. discoideum-Reporterstammes, in denen eines der selten auftretenden Retrotranspositions-Ereignisse stattgefunden hat. Die Herstellung des D. discoideum- Reporterstammes erfolgte durch die Veränderung des UMP-Synthase-Gens (pyr5-6), in welches artifiziell ein Intron (cbfAint) inklusive eines „Köder“-tRNA-Gens (valUAC) integriert wurde. Aufgrund der Integration eines TRE-Retrotransposons in die Nähe des „Köder“-tRNA-Gens kann das Intron nicht mehr korrekt aus der UMP-Synthase-Vorläufer-mRNA gespleißt werden, die Zellen konvertieren dadurch bedingt vom ura+- zum ura--Phänotyp und können deshalb mit dem für ura+-Zellen toxischen Zytostatikum 5-Fluoro-orotat (5-FO) positiv selektiert werden. Durch die detaillierte Analyse zahlreicher 5-FO-resistenter Klone konnte gezeigt werden, daß in modernen D. discoideum-Stämmen ausschließlich die oberhalb von tRNA-Genen integrierenden TRE5-Retrotransposons vom Subtyp A.1 und A.2 gleichermaßen aktiv sind und daß ein beliebiges „Köder“-tRNA-Gen in einer artifiziellen genomischen Umgebung als Integrations-Ziel für TRE5-A-Retrotransposons dienen kann. Die TRE5-A-Retrotransposons zeigten entsprechend den genomischen Kopien eine Positions-Spezifität von ca. 48 (±3) bp oberhalb des tRNA-Gens und Ziel-Sequenz-Verdopplungen von 12 – 15 bp. Alle de novo integrierten TRE5- A.1-Retrotransposons waren 5’-verkürzt, während 64% der TRE5-A.2-Retrotransposons ein intaktes 5’-Ende aufwiesen. Das nukleäre D. discoideum-Protein CMBF (C-Modul-bindender Faktor) bindet Sequenzspezifisch an das C-Modul von TRE5-A-Retrotransposons und könnte deshalb an der Regulation der Transkription und/oder Mobilisierung der TRE5-A-Retrotransposons beteiligt sein. Zur Untersuchung des Einflusses von CMBF auf die TRE5-A-Retrotranspositions-Frequenz wurde das in vivo Retrotranspositions-Testsystem im D. discoideum-Stamm JH.D2 etabliert, welcher mit ca. 5% des Wildtyp-Niveaus CMBF stark unterexprimiert. Die Herstellung von JH.D2 erfolgte durch Einführung eines amber-Translationsstop-Codons in das cbfA-Gen des Wildtyp-Stamms AX2 sowie Expression einer amber-Suppressor-tRNA. Durch die Herstellung eines murinen monoklonalen Anti-CMBF-Antikörpers konnte bewiesen werden, daß die CMBF-Unterexpression auf eine partielle Suppression des cbfA(amber)-Stop-Codons zurückzuführen ist. Die Unterexpression von CMBF führte zu einer Erniedrigung der zellulären Menge an Sense- und Antisense-Transkripten der TRE5-A-Retrotransposons und im in vivo Testsystem zu einer maßgeblichen Reduktion der Retrotranspositions-Frequenz. Das Protein CMBF zeigt in der JumonjiC-Domäne (JmjC) Homologie zu einer Vielzahl von Proteinen prokaryontischer und eukaryontischer Organismen und könnte daher neben der Regulation der TRE5-A-Retrotransposition noch weitere biologische Funktionen in D. discoideum erfüllen. Die eingehende Untersuchung des Phänotyps der CMBFunterexprimierenden Mutante JH.D2 zeigte ein verlangsamtes Wachstum sowie einen um ca. 24 Stunden verzögerter Beginn der Entwicklung aufgrund der Inhibition des cAMP-Signalsystems. Durch die homologe Expression von CMBF und N-terminal verkürzter CMBF-Derivate konnte der Entwicklungs-Phänotyp von JH.D2 revertiert und somit der zelluläre CMBF-Mangel als alleinige Ursache für die phänotypische Veränderung von JH.D2 verantwortlich gemacht werden. Aufgrund von Zweifeln an der Richtigkeit des bislang angenommenen CMBF-kodierenden Gens (cbfA-Gen) wurde der Transkriptionsstart des cbfA-Locus mittels der 5’-RACE-Methode bestimmt und somit der Beginn des cbfA-Gens korrekt definiert. Das cbfA-Gen umfaßt demnach 3412 bp inklusive eines Introns von 409 bp und kodiert somit für ein 1000 Aminosäuren langes Protein mit einem rechnerischen Molekulargewicht von 114 198 kDa. Durch die Etablierung des in vivo Retrotranspositions-Testsystems in Dictyostelium discoideum sind die Voraussetzung für eine detaillierte Untersuchung der spezifischen Retrotransposition der TRE5-Retrotransposons gegeben. Die Herstellung der CMBF-unterexprimierenden D. discoideum-Mutante JH.D2 bietet die Möglichkeit einer eingehenden Funktions-Analyse der charakteristischen Domänen von CMBF.
Einleitung: Die kurzkettige Fettsäure Butyrat, die im Gastrointestinaltrakt durch bakterielle Fermentation aus nicht resorbierten Ballaststoffen und komplexen Kohlenhydraten der Nahrung gebildet wird, konnte in zahlreichen in vitro-Untersuchungen ihre chemopräventiven Eigenschaften demonstrieren. Ziel der vorliegenden Arbeit war es, die molekularen Mechanismen der Butyrat-induzierten Differenzierung und Wachstumshemmung von Kolonkarzinomzellen näher zu charakterisieren. Methodik: Die Versuche wurden an den kolorektalen Karzinomzelllinien Caco-2 und SW620 durchgeführt, die unter Standardbedingungen kultiviert wurden. Für einen Teil der Experimente wurden zusätzlich die Pankreaskarzinomzelllinien MiaPaca-2 und Capan-1 verwendet. Zytotoxische Effekte wurden durch Messung des Enzyms Laktatdehydrogenase im Überstand ausgeschlossen. Die Zellzahl wurde mittels Kristallviolettfärbung und die Proliferation über den Einbau von 5-Bromo-2‘-deoxyuridin (BrdU) während der DNA-Synthese bestimmt. Die Zelldifferenzierung wurde anhand der Aktivität des Enzyms alkalische Phosphatase quantifiziert. Rezeptorbindungsstudien mit [3H]1,25-Dihydroxyvitamin D3 wurden zur Ermittlung der Vitamin D Rezeptor- (VDR-) Bindungsaktivität durchgeführt, die Menge an VDR mRNA wurde über PCR quantifiziert. Die Proteine wurden mittels Western Blot und die Zellzyklusdistribution mit Hilfe eines Durchflusszytometers analysiert. Ergebnisse: Butyrat [3 mmol/L] sowie sein Prodrug Tributyrin, in 3-fach niedrigerer Konzentration eingesetzt ([1 mmol/L]), hemmten das Wachstum der Pankreaskarzinom-zelllinien MiaPaca-2 und Capan-1 ähnlich effektiv. Auch die apoptose- und differenzierungsfördernden Wirkungen von Butyrat und Tributyrin waren vergleichbar. In der Kolonkarzinomzelllinie Caco-2 erwies sich Butyrat in der Wachstumshemmung und Differenzierungsinduktion als etwas stärker wirksam. 1,25-Dihydroxyvitamin D3 (1,25-(OH)2D3) [10-6 mol/L] besaß in der Zelllinie Caco-2 ebenfalls proliferationshemmende und differenzierungsinduzierende Eigenschaften, die allerdings nur mäßig ausgeprägt waren. Die Kombination aus Butyrat und 1,25-(OH)2D3 wies in etwa eine additive antiproliferative Wirkung auf, wohingegen die Zelldifferenzierung synergistisch verstärkt wurde. Der potenzierende Effekt auf die Differenzierung ließ sich in der Pankreaskarzinomzelllinie Capan-1 bestätigen. Rezeptorbindungsstudien in Caco-2 Zellen ergaben, dass Tributyrin die spezifische Bindung von 1,25-(OH)2D3 an seinen Rezeptor erhöhte, ohne die Affinität des Liganden zu seinem Rezeptor zu beeinflussen. Auf RNA- und Proteinebene ließ sich eine zeit- und dosisabhängige Steigerung der VDR-Expression durch Tributyrin oder Butyrat in den Kolonkarzinomzelllinien Caco-2 und SW620 beobachten. Andere kurzkettige Fettsäuren ähnlicher Struktur beeinflussten hingegen die VDR-Expression in Caco-2 Zellen nur geringfügig oder gar nicht. Die Butyrat-induzierte Differenzierung von Caco-2, SW620 und Capan-1 Zellen ließ sich durch die Kombination mit dem VDR-Antagonisten ZK 191732 [10-5 mol/L] aufheben. Auch der durch die 48-stündige Butyrat-Behandlung von Caco-2 und SW620 Zellen verursachte G0/G1-Zellzyklusstop verschwand vollständig nach Koinkubation mit ZK 191732. Die genauere Untersuchung des molekularen Mechanismus, der dem Butyrat-induzierten Zellzyklusstop zugrundelag, erbrachte eine verminderte Expression der zellzyklusregulierenden Proteine Cyclin D1, E und A sowie der cyclinabhängigen Kinasen cdk2, 4 und 6 durch Butyrat. Weiterhin verstärkte Butyrat die Expression der cdk-Inhibitoren p21Waf1/Cip1 und p27Kip1. Die Butyat-induzierten Veränderungen in den Proteinmengen von p21Waf1/Cip1, cdk6 und Cyclin A ließen sich durch die Kombination mit 1,25-(OH)2D3 synergistisch verstärken und durch die Koinkubation mit ZK 191732 aufheben. Im Gegensatz hierzu wurden die durch Butyrat verursachten Änderungen in der Expression von p27Kip1, cdk2, cdk4, Cyclin D1 und Cyclin E weder durch 1,25-(OH)2D3 verstärkt noch durch den VDR-Antagonisten vermindert. Schlussfolgerung: Die Ergebnisse demonstrieren, dass Butyrat, das natürlicherweise durch die Nahrung im Darmlumen präsent ist, eine Reihe zellulärer Prozesse in Kolonkarzinomzellen beeinflusst, die schließlich in einer Proliferationshemmung, Differenzierung und Apoptose der Zellen resultieren. An der Regulation dieser Prozesse durch Butyrat ist der VDR zumindest teilweise beteiligt. Dies erklärt die synergistische Wirkung der Kombination aus Butyrat und 1,25-(OH)2D3 auf die Zelldifferenzierung, den Zellzyklusstop sowie auf die Expression verschiedener zellzyklusregulatorischer Proteine in Karzinomzellen. Die vorliegenden Daten weisen darauf hin, dass Butyrat, als Prodrug in Form von Tributyrin verabreicht, von pharmakologischem Interesse hinsichtlich der Chemoprävention oder -therapie des Kolonkarzinoms sein könnte.