830 Literaturen germanischer Sprachen; Deutsche Literatur
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Expansion in die Natur : zum Verhältnis von "ars" und "natura" bei Paracelsus und im Paracelsismus
(2005)
Wenn Paracelsus Naturwissenschaft oder magica als eine Handlung definiert, die "aus ihr", der Natur, ist, diese aber "mer, dan" ihr selbst "zu zu legen ist", steigert und "bessert", dann geschieht dies auf Basis aristotelischer Argumente, die im 13. Jahrhundert auf neuplatonische Weise so kombiniert werden, daß die aristotelischen Vorgaben mit der Vorstellung einer aktiven sympathetischen Teilhabe des Menschen am Kosmos harmonisieren. Diese Überformung wird in der Frühen Neuzeit noch einmal weiterentwickelt. Es sind die protestantische Mystik mit und gegen Luther und die Auslagerung ihrer häretischen Tendenzen in die Naturwissenschaft, die der Theorie von der Steigerung der Natur aus ihrer Mitte die Bedeutung einer wechselseitigen souverinen Teilhabe verleihen.
Gegenstand dieses Aufsatzes sind die drei aufeinander aufbauenden Gedankenfiguren, die Descartes in den Meditationes (und teilweise in der Recherche de la vérité) einführt, um seine methodisch zu verstehende Theorie eines globalen Außenweltskeptizismus zu formulieren: Wahnsinn, Traum und Genius malignus. Ich werde argumentieren, dass einige der in der Forschung hervorgehobenen Bezüge, insbesondere die zur schönen Literatur und zur antiken Skepsis, diese Gedankenfiguren und ihre Verbindung untereinander nicht hinreichend historisch kontextualisieren. Vielversprechender scheint mir ein, ebenfalls in der Forschung vertretener, Erklärungsansatz zu sein, der auf die (spät-)mittelalterliche Debatte über die Potentia absoluta Gottes zurückgreift. Mit Bezug auf diese Traditionslinie lässt sich konstatieren, dass Descartes einen Sprung vom allmächtigen (und daher auch grundsätzlich der Täuschung fähigen) Gott des Mittelalters zum bösen Dämon vollzogen hat. In meinem Beitrag sollen nun dieser Sprung und vor allem der böse Dämon selbst ins Zentrum der Betrachtung gestellt werden. Dafür gilt es, auf die in der Frühen Neuzeit im Zusammenhang der Hexenverfolgung (bei Gegnern wie Verteidigern) diskutierte Dämonologie zurückzugreifen, genauer gesagt: auf einen universalen Topos über die Fähigkeit von Teufeln und Dämonen, mittels Eingriff in Fantasie und Sinne Sachverhalte vorzutäuschen. Berücksichtigt man, dass von diesen dämonischen Betrügereien gesagt wird, sie ähnelten einem Traum und funktionierten bei Schwachsinnigen am besten, so zeigt sich eine bemerkenswerte Parallele zu Descartes' Argumentation.
Das Thema des Monologs ist das Schreiben und Sprechen als
"närrische Sache". Ich beginne meine Lektüre, indem ich den Begriff wörtlich nehme: Ein Narr ist, in der Psychologie der Zeit, jemand, der an Melancholie leidet, dessen Verstand bzw. Vernunft jedoch nicht vollständig, sondern nur teilweise angegriffen ist. [...] Die Diagnose der Narrheit gilt auch [...] für denjenigen, der sich in Novalis' Augen der Sprache zuwendet. Auch er wird zum Narren oder Partialwahnsinnigen, der sowohl vernünftig als auch ganz und gar unvernünftig sprechen kann. Die Krankheit liegt aber, und das stellt eine Differenz gegenüber der Psychologie der Zeit dar, nicht im Sprechenden, zumindest nicht in ihm allein, sondern in der Sprache. Sie selbst ist es, welche die "närrische Sache" ausmacht.