830 Literaturen germanischer Sprachen; Deutsche Literatur
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Die Faust-Illustrationen erschienen 1828 mit der französischen Übersetzung von Albert Stapfer. Im November 1829 zeigte Eckermann Goethe zwei Skizzen dieser Lithographien: Faust und Mephisto auf den Sturmpferden und die Trinkszene in Auerbachs Keller. „Goethe war von Delacroix’ ungestümem Strich mehr beeindruckt als begeistert, blieb aber durchaus verbindlich: Der Zeichner sei >ein großes Talent<, sagte er zu Eckermann, „das gerade am >Faust< die rechte Nahrung gefunden hat. Die Franzosen tadeln an ihm seine Wildheit, allein hier kommt sie ihm recht zu statten.<“ (Die Gazette, Nr.17, September 1999)
Andreas Müller (1831-1901) ist ein Schüler von W. Kaulbach und M. Schwind, er lehrte als Professor für kirchliche Kunst an der Münchner Akademie und war als Historienmaler und Zeichner für den Holzschnitt tätig. Der in der Tradition der Münchner Spätromantik stehende Zyklus zeigt detailgenaue, dichte Kompositionen, deren Erzählfreudigkeit anspricht. Mit dieser Serie liegt die vierte Folge von Illustrationen zu Schillers „Glocke“ vor. Vergleiche lassen sich ziehen mit Hans Kaufmann, Alexander von Liezen Mayer und Ludwig Richter.
Otto Peter : Wilhelm Tell
(2005)
Diese Serie zu Schillers „Wilhelm Tell“ gehört der Popularkultur an. Die Kompositionen wirken wie „stills“ eines alten Heimatfilms: Zwischen bewegten Gruppenszenen vor wechselnder Bergkulisse sind teils statuarische, teils pathetisch wirkende Auftritte mit wenigen Darstellern eingestreut. Auch die Mischung aus historischen und zeitgenössischen Kostümen und Charakteren unterstützt diesen Eindruck. Die Farbdrucke sind wohl in den 30er Jahren entstanden; der Künstler konnte nicht eruiert werden.
Friedrich (Fred) Kaskeline, geb. 1863 in Prag, war Schüler der Akademie in Wien unter dem Historien- und Porträtmaler Christian Griepenkerl. Er arbeitete als Illustrator des humoristisch-satirischen Wiener Arbeiterblattes "Glühlichter" (1889/90-1915) und war in Berlin Repräsentant und Spezialzeichner der illustrierten Journale "The Graphic" und "The Daily Graphic" (London). Im Ersten Weltkrieg schuf er Propagandagraphik, in den 20er Jahren stammen von ihm zahlreiche, sehr unterschiedliche Postkarten: modische, teils witzige, teils frivole Künstlerpostkarten, die auch in England Erfolg hatten, sowie Silhouetten mit diversen Themen (z.B. "Mein schönes Fräulein, darf ich's wagen?"). Aus dieser Schaffenszeit stammen wohl auch die Faust-Illustrationen.
Unter den äußerst zahlreichen Illustrationen zu Schillers „Glocke“ ist Hans Kaufmanns Illustrationsfolge durchaus eigenständig. Durch ihre Skizzenhaftigkeit und ihre zarten Aquarelltöne erhalten die Staffagefiguren Bewegung, was durch lebhafte Gestik und Körpersprache noch unterstrichen wird. Ausschmückende Erzählfreude, eine stets wechselnde Stadtkulisse wie auch der Wandel der Tageszeiten locken zum genauen Schauen.
Johann Christian Ruhls Umrißradierungen zu Bürgers Ballade „Lenore“ (1773) stehen in der Tradition der klassizistischen linearen Illustrationskunst (Flaxman). Die 12 Blätter setzen die Schauerballade mit all ihrer Leidenschaft adäquat um. Diese Geschichte – sagt A. W. Schlegel über „Lenore“ – „welche die getäuschten Hoffnungen und die vergebliche Empörung eines menschlichen Herzens, die alle Schauer eines verzweiflungsvollen Todes in wenigen leichtfasslichen Zügen und lebendig vorüberfliehenden Bildern entfaltet, ist ohne conventionelles Beiwerk.“ Als Regieanweisung zur rechten Lektüre rät Bürger einem Freund: Wenn Sie die Ballade „vorlesen, so borgen Sie einen Todtenkopf von einem Mediciner, setzen solchen bei einer trüben Lampe, und dann lesen Sie“.
Die dem pädagogischen 18. Jahrhundert vorausliegende Bildungs- und Erziehungsgeschichte stellt keinen Gegenstand dar, der in einem disziplinenübergreifenden Forschungs- und Diskussionszusammenhang bearbeitet würde. Ein Überblick über den Stand der Forschung ist indes nicht nur auf grund der disziplinären Streuung der zahlreichen Forschungsbeiträge von einschlägiger Relevanz kaum zu gewinnen, die historisch arbeitende Erziehungswissenschaftler beibringen, Mittelalter- und Frühneuzeithistoriker, Literaturwissenschaftler, die sich mit Texten oder Kunsthistoriker, die sich mit anderen einschlägigen Artefakten dieses Zeitraums befassen.
Cato
(2005)
Die im 3. oder 4. Jahrhundert entstandenen ,Disticha Catonis' sind seit karolingischer Zeit im lateinischen Trivialunterricht verankert. Dort werden sie regelmäßig als in vier Bücher unterteilte Zusammenstellung von etwas über 140 Hexameterdistichen mit kurzer Praefatio in Prosa und einer im Bestand wechselnden Reihe von Prosasentenzen traktiert. Zuvor nur vereinzelt, werden sie im 13. Jahrhundert erstmals in breitem Schub gleich in mehrere Volkssprachen Europas übersetzt. Speziell im deutschen Sprachraum begleitet eine zweite größere Welle der Textproduktion den mächtigen Aufschwung des institutionalisierten Schulunterrichts in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Im rhein-maasländischen Raum und im angrenzenden Westen bringen diese zwei übergreifenden Vorgänge zwei in Verbreitung, Faktur und Funktion verschiedene ,Cato'-Übersetzungen hervor. Sie vertreten in der Folgezeit in ihrem jeweiligen Verbreitungsgebiet bis in den sich durchsetzenden Buchdruck hinein jeweils konkurrenzlos den volkssprachigen ,Cato' ihres Raumes.
Facetus
(2005)
Der seit dem 13- Jahrhundert lateinisch überlieferte und wohl nicht allzulange vorher entstandene ,Facetus Cum nihil utilius' gibt sich selbst als Ergänzung der ,Disticha Catonis' aus und wird häufig mit diesem gemeinsam tradiert und mit ihm im Lateinunterricht traktiert. Da Bestand und Folge der paarweise gereimten Hexameter stärker wechseln als bei diesem, lassen sich Traditions- und Eigenanteil der Übersetzungen schwerer als dort bestimmen. Im deutschen Sprachraum entstehen Übersetzungen seit dem zweiten Viertel des 14., im Mittelniederländischen bereits im 13. Jahrhundert.
Die lateinischen ,Disticha Catonis', im 3. oder 4. Jahrhundert n. Chr. entstanden, zählen zu den neben der Bibel verbreitetsten Werken des Mittelalters. Getragen wurde ihr Erfolg zu großen Teilen von der Institution ,Schule'. Mit den Worten der inzwischen über anderthalb Jahrhunderte alten, aber noch immer unersetzten Untersuchung zu ihren deutschen Übersetzungen: "Kein werk hat während des mittelalters eine entfernt so weite verbrei tung gefunden wie die unter dem namen des Cato bekannten lateinischen distichen. sie waren das factotum beim unterrichte der jugend, die aus ihnen die anfangsgründe der grammatik poesie und moral kennen lernte [ .. .]."