840 Literaturen romanischer Sprachen; Französische Literatur
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Die in Deutschland seit etwa den 80er Jahren andauernde Konjunktur der Kulturwissenschaften, die nicht mit den aus Konzepten der Birmingham-School hervorgegangenen Cultural Studies zu verwechseln sind, führt als ihr theoriegeschichtliches Apriori den Diskurs über Differenzen zwischen Natur- und Geisteswissenschaften mit sich, dessen Konstellation im 19. Jahrhundert Wilhelm Dilthey 1910 in Gestalt eines Standardwerkes beschrieben hat. Die vor fast fünfzig Jahren von dem englischen Physiker und Romancier Percy Charles Snow getroffene Diagnose zweier sich entfremdet und kommunikationslos gegenüberstehender Kulturen, einer traditionalistisch literarischen und einer naturwissenschaftlichen, deren Trennung Snow als ein Problem analysierte und als ein Dilemma beklagte, wurde entgegen der Absicht ihres Erfinders zu einem ebenso bequemen wie die aufgerufenen Probleme verwirrenden Schema kanonisiert. Verwirrend war (und bleibt) der Dualismus eines Modells, das von Befürwortern wie Gegnern als Voraussetzung angenommen wurde und schließlich sogar durch Anbauten einer dritten (soziologischen) Kultur erweitert und ergänzt wurde, der Wolf Lepenies im Vergleich zwischen Frankreich, England und Deutschland eine wissenschaftsgeschichtliche Begründung zu geben versuchte. "Seit der Auseinandersetzung zwischen P. C. Snow und F. R. Leavis ist der Gegensatz von Natur- und Geisteswissenschaften zum Schlagwort von den zwei Kulturen geworden. Ich bin der Auffassung, dass man die Sozialwissenschaften als eine dritte Kultur bezeichnen kann, in der seit ihrem Entstehen szientifische und literarische Orientierungen einander gegenüberstehen."
Am 30. September 2012 ist der Romanist und Kulturwissenschaftler Karlheinz Barck, den alle Freunde "Carlo" nannten, in Berlin gestorben. Zu seinem Angedenken erscheint nachfolgend der bislang unveröffentlichte Text ‚Leonardo-Effekte: Perspektiven aus der Differenzierung von Natur- und Geisteswissenschaften‘. Ursprünglich war dieser Text als erster von insgesamt vier Beiträgen gedacht, die den Themenschwerpunkt eines Hefts von 'NTM. Zeitschrift für Geschichte der Wissenschaften, Technik und Medizin' bilden würden. Sie sollten ein zusammenhängendes Ergebnis des von 2001-2005 am Berliner Zentrum für Literaturforschung (so der damalige Name) laufenden Forschungsprojekts "Leonardo-Effekte. Exemplarische Konstellationen aus der Trennungsgeschichte von Natur- und Geisteswissenschaften: 1800 - 1900 - 2000" darstellen. Während die Texte von Christina Brandt, Mai Wegener und Caroline Welsh (der drei Mitarbeiterinnen am Projekt) einem Peer-review-Verfahren unterzogen wurden und im zweiten und dritten Heft der genannten Zeitschrift 2009 erschienen, stockte die Bearbeitung von Carlos Text, sodass er hier zum ersten Mal abgedruckt wird.
Im Jahre 1986 feierten die Leser deutschsprachiger Literatur den hundertsten Geburtstag des Dichters Gottfried Benn. 1987 erschien in den 'Éditions du Seuil' (Paris) ein Roman des in den deutschsprachigen Ländern zu Unrecht kaum bekannten belgischen Romanciers und Essayisten Pierre Mertens, 'Les éblouissements', sein Thema: Gottfried Benn. Ein Zusammenhang? Sicher aber trug das neu erwachte Interesse an Gottfried Benn dazu bei, dass schon zwei Jahre später ein deutscher Verlag eine Übersetzung herausbrachte, unter dem etwas ungenauen Titel 'Der Geblendete'. Lyrik ist kaum übersetzbar. So basiert die französische Rezeption des deutschen Dichters, ungeachtet der bereits 1972 bei Gallimard erschienenen verdienstvollen Übersetzung der Gedichte durch Pierre Garnier, im Wesentlichen auf der Kenntnis seiner Essays – und dem Interesse an Benns politischem Sündenfall zu Beginn des Dritten Reiches. So geht es auch in Mertens' Roman um den "Fall Gottfried Benn", dennoch handelt es sich, wie uns der Klappentext der deutschen Ausgabe versichert, "nicht um eine Biographie und auch nicht um einen historischen Roman. […] Zwischen der Geschichte und einer Geschichte, zwischen dem biographischen Faktum und der Fiktion sucht Pierre Mertens die imaginäre Mitte, es geht um die Erzählung eines Lebens." Zwischen 1974, dem Erscheinungsjahr des Romans 'Les bons offices', und 1987 (und danach) sind eine ganze Reihe anderer Romane des Autors erschienen. Warum soll vor allem 'Les bons offices' in die Betrachtung mit einbezogen werden? Auf die Frage, welchen seiner Romane man vor allen anderen lesen solle, um einen Zugang zu seinen Büchern zu bekommen, nennt der Autor ohne Zögern 'Les bons offices'; vielleicht, weil die fiktive Hauptperson Paul Sanchotte, halb Sancho, halb Quichotte, in der Rolle eines politischen Mittlers an eine wichtige Phase seines eigenen Lebens erinnert? Ein "Monsieur bons offices" ist umgangssprachlich ein "Vermittler", der Begriff "Gute Dienste" (lat. bona officia) gehört zudem in den Bereich des Völkerrechts und der internationalen Beziehungen. In der Tat hat sich Pierre Mertens nach dem Jurastudium für "Amnesty International" und die "Liga zur Verteidigung der Menschenrecht" aktiv in Südamerika, Afrika und im Vorderen Orient engagiert.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstand nahezu zeitgleich in Frankreich, England und den Vereinigten Staaten eine neue Romanform, die dank eines technikbegeisterten Publikums und verbilligter Drucktechniken rasch eine große Leserschaft fand: der Science-Fiction-Roman. Der Übergang von einer statischen zu einer dynamischen Weltsicht warf erstmals Fragen nach zukünftigen Entwicklungen auf. Diese betrafen auch die Eroberung neuer Räume in immer kürzeren Zeiten, teils dank neuartiger, schneller Verkehrsmittel. Besonders Jules Verne traf mit seinem meistverkauften Roman "Um die Erde in 80 Tagen" den Publikumsgeschmack der Zeit.