930 Geschichte des Altertums bis ca. 499, Archäologie
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Die interdisziplinär ausgerichtete Tagung widmete sich in vier Sektionen (1. Entwicklung und Ausdifferenzierung der Wissenschaften, 2. Verlage und Verleger als Wissenschaftsvermittler, 3. Wissenschaft und Öffentlichkeiten, 4. Wissenschaft und Spezialbetriebe) der Frage nach der Interdependenz von Wissenschaftsverlagen und dem Grad der Entwicklung und Etablierung der jeweiligen Disziplinen in den Kultur- und Naturwissenschaften im 19. und frühen 20. Jahrhundert. Der Grundtenor war die zunehmende Spezialisierung der Wissenschaftsdisziplinen, an deren Bedürfnissen nach Lehr- oder Handbüchern, Textausgaben, Zeitschriften oder Forschungsberichten sich die Verleger orientierten. Die unterschiedlichen Disziplinengeschichten bestimmtem die Handlungsmuster der Verleger, ihre Rolle in den jeweiligen Wissenschaftsorganisationen sowie ihre Filterfunktion im wissenschaftlichen Feld. Dabei stellte sich die Frage nach der Verortung des Verlegers im wissenschaftlichen Feld für die einzelnen Fächer immer neu. Der zweite Aspekt war der Adressatenkreis, der entweder selbstreferenziell nur aus dem Kreis der Wissenschaftler bestehen konnte oder aber eine größere Öffentlichkeit intendierte, da der rein wissenschaftliche Markt sehr begrenzt war. Dadurch öffnete sich die Schere zwischen der angestrebten Professionalisierung und der oft notwendigen Popularisierung. Es zeigte sich aber, dass die Bemühungen um Öffnung der wissenschaftlichen Zirkel meist nur das gebildete Bürgertum ereichten, nicht aber "das Volk" oder die sozialen Unterschichten. ...
Das persönliche Engagement des Verlegers betonte auch Frank Bernstein (Mainz) auch in dem er das Verhältnis von Hirzels Schwager, Karl Reimer, zu seinem Autor Theodor Mommsen darstellte, dessen "Römische Geschichte" (1854 bis 1856) Reimer verlegte. ...
Am 15. Dezember 1967 hielt Jochen Bleicken seine Frankfurter Antrittsvorlesung zu dem ihn in den kommenden Jahren beherrschenden Thema "Staat und Staatsrecht in der römischen Republik". Geleitet vom Dekan zog er zur akademischen Stunde mittags 12 Uhr cum tempore in die Alte Aula der jungen Frankfurter Universität ein – ohne Talar: für die noch existierende Philosophische Fakultät Grund für Gespräche im Vorfeld. Dabei akzeptierte Bleicken, daß der ihn geleitende Dekan den Talar trug. ...
In Namibia, der ehemaligen deutschen Kolonie Südwestafrika, findet alljährlich ein großes Spektakel statt: Die Gemeinde der deutschen Namibier feiert in der Hauptstadt Windhoek Karneval. Während dieser "fünften Jahreszeit", die nota bene in den Monat Mai fällt, geht es ähnlich närrisch wie in Deutschland zu. Es gibt eine Karnevalsgesellschaft, ein Prinzenpaar nebst Prinzengarde, Festsitzungen mit Büttenreden und natürlich einen Straßenumzug. In den letzten Jahren nahmen daran im Schnitt an die 30 Wagen teil, von denen es "Kamelle" und "Strüßche" regnete ("Bonbons" und "kleine Blumengebinde"). Die "tollen Tage" von Windhoek sind eine Miniaturausgabe des Kölner Modells. Für einige Tage dreht sich alles um Tanz und Tabubruch. ...
Wer im August oder September die antiken Sehenswürdigkeiten der türkischen Westküste besucht, wird in der Regel auch nach Priene kommen. Dort erblickt er vermutlich am Ausgang des modernen Orts Güllübahçe Personen, die Holzkisten voller Keramikscherben über die Dorfstraße tragen, und im Antikengelände stößt er auf Arbeitsgruppen, die mit archäologischen Ausgrabungen beschäftigt sind, Mauerzüge vermessen oder Gebäude restaurieren. Die Wahrscheinlichkeit, dass es sich dabei um Mitglieder oder Studierende des Instituts für Archäologische Wissenschaften, Fach Klassische Archäologie, der Johann Wolfgang Goethe-Universität handelt, ist hoch, denn das antike Priene ist der Schauplatz eines größtenteils von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten und an diesem Institut angesiedelten Grabungs- und Forschungsprojekts.
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Bewältigung eines extremen Mangels an Rohstoffen in der Zeit von etwa 1800 v. Chr. bis 500 n. Chr., was nach herkömmlicher Periodisierung der Endsteinzeit und frühen Eisenzeit Nordost-Nigerias entspricht. Dieser Mangel bestand an Gesteinen zur Fertigung von verschiedenen Geräten. Im betrachteten Gebiet, dem Tschadbecken in Nordost-Nigeria, bedecken mächtige Beckenablagerungen anstehende Gesteine, sodass die Versorgung von außerhalb erfolgen musste. Was für die prähistorischen Siedler ein Nachteil war - vor allem in den prä-metallurgischen Abschnitten muss das Fehlen von Steinen ein ernstes Problem dargestellt haben - ist archäologisch ein Glücksfall mit selten klaren Ausgangsvoraussetzungen. Da jeder im archäologischen Kontext vorgefundene Stein von Menschen dorthin gebracht worden sein muss, ergeben sich neben der üblichen Betrachtung der Geräteformen vor allem Fragen nach Art und Herkunft des verwendeten Rohmaterials sowie nach deren eventueller Veränderung im Laufe der betrachteten Zeit. Von zentraler Bedeutung war dabei die Frage, ob und wie sich die in anderen Fundkategorien dokumentierten sozio-ökonomischen Umbrüche im ersten vorchristlichen Jahrtausend auch in der Versorgung mit lithischen Rohmaterialien widerspiegeln. Die Datengrundlage bilden rund 13000 Steinartefakte aus unterschiedlichen Fundkontexten (Ausgrabungen, Lesefunde, systematische Beprobungen). Sie stammen aus etwa 400 Fundstellen, die alle chronologischen Phasen abdecken und über den gesamten Betrachtungsraum verteilt sind. Durch diese breite Datengrundlage kann den Ergebnissen eine relativ hohe Repräsentanz zugerechnet werden. Sämtliche Artefakte wurden nach archäologischen und petrologischen Kriterien klassifiziert. Die auf diese Weise gebildeten Gesteinsgruppen wurden dann mit Proben potentieller Gesteinsquellen verglichen, um die Herkunft des im Fundkontext vorliegenden Materials zu erschließen. Die entsprechenden Gesteinsproben wurden bei geoarchäologischen Prospektionen in Nigeria, Kamerun und Tschad geborgen. Sämtliche potentielle Lagerstätten für die Versorgung des engeren archäologischen Betrachtungsgebietes in Nordost-Nigeria sind hierbei berücksichtigt. Das Geräte- wie Rohmaterialspektrum ist überschaubar. Ein Großteil (80%) besteht aus Mahlgeräten aus Granit und Sandstein, gefolgt von Beilklingen aus vulkanischen Gesteinen. Seltener vorkommende Geräteformen sind Pfeilspitzen oder Perlen, die meist aus Kieselgesteinen gefertigt sind, sowie Steinkugeln, Rillensteine oder Steinringe aus verschiedenen Gesteinsarten. Die Artefakte sind nur selten vollständig erhalten und zeigen in vielen Fällen Spuren von Überarbeitung und Mehrfachverwendung. Darin drückt sich besonders deutlich der Mangel und generell hohe Wert von Steinen aus. Von den klassifizierten Gesteinstypen wurde die Herkunft in drei Fällen genau lokalisiert. Andere Teile wurden zumindest regional eingegrenzt. Abbaustellen sind jedoch unbekannt. Beim chronologischen Vergleich der Rohmaterialspektren in den Inventaren der Fundstellen zeigten sich sodann markante Veränderungen, die in die Zeit sozio-ökonomischer Umbrüche in der Mitte des ersten vorchristlichen Jahrtausends fallen. Die Veränderungen betreffen eine völlige Umorganisation der Rohmaterialherkunft und –verteilung und sind Ausdruck einer verbesserten Versorgung und erweiterter oder sogar neuer Kontakte.
Die Auswertung der Stratigraphien und Keramikinventare des Final Stone Age aus dem südwestlichen Tschadbecken führte zu einer zeitlichen Gliederung der Inventare. Durch die vorgestellten Analysen zu Merkmalen der Keramikform, -technik und -verzierung wurden zwei Stilgruppen - der ältere und der jüngere Gajigannastil - definiert und beschrieben. Für die jüngere Gajiganna Stilphase war eine weitere Unterteilung in drei Stufen möglich, die die keramische Entwicklung zwischen 1.500 BC bis ca. 800 BC gliedern. Das gelang bisher noch nicht mit Keramik der älteren Stilphase. Die Analyse der Grabungsprofile brachte Hinweise zu Speichergruben, ermöglicht Spekulationen über Lehmbauten in Fundplätzen der jüngeren Gajigannaphase und läßt Rückschlüsse auf eine stärkere Geländeprofilierung als die heute anzutreffende zu. Die Einordnung der begangenen Plätze in die Stilgruppen zeigte keine wesentlichen Unterschiede bei der Wahl der Siedlungsplätze. Die Randlage zu den vermutlich nicht nur saisonal gefluteten Tonebenen ist für beide bezeichnend. Die Siedlungsplätze boten in dieser Lage einige Vorteile. Die Sandgebiete dienten als Weiden für Rinder. Fischfang konnte an den Ufern der überschwemmten Gebiete betrieben werden, die ebenfalls ein reiches Reservoir an Wildpflanzen boten, die das Nahrungsangebot ergänzten. Ein Vergleich der Inventare mit anderen westafrikanischen Fundplätzen zeigt, daß die ältere Keramikphase der Gajiganna-Gruppe in einen überregionalen Verzierungstil eingebettet ist, der durch Winkelbänder und dreieckige Einstiche charakterisiert wird und sich über ein weites Gebiet zwischen Sudan im Osten und Niger im Westen spannt. Die hier vorgestellte Keramik der Phase I ist der südlichste Vertreter dieses Verzierungshorizontes. Die jüngere Stilphase konnte bisher nur kleinräumig nachgewiesen werden. Ihr Verbreitungsgebiet scheint auf das Tschadbecken beschränkt zu sein. Das mag entweder im gegenwärtigen Forschungsstand oder in einer um die Mitte des zweiten Jahrtausends beginnenden Regionalisierung der Keramikstile begründet sein. Die einzelnen Ergebnisse flossen in eine modellhafte Abhandlung zur Besiedlungsgeschichte des südwestlichen Tschadbeckens ein. Diese wäre unvollständig gewesen ohne die Ergebnisse der Archäobotanik und der Archäozoologie. Der Nachweis von domestizierter Hirse in den Fundplätzen der jüngeren Gajiganna-Gruppe ab der Stufe 2b ist ein wichtiges Ergebnis, das dazu beiträgt, die Veränderungen zu erfassen, die sich hinter dem Stilwechsel in den Keramikinventaren verbergen. Es scheint so, als hätte sich eine Verschiebung in der Gewichtung von Viehzucht zu Ackerbau vollzogen. Eine Veränderung des Siedlungsverhaltens mit engerer Bindung an die genutzte Fläche könnte eher die Vorbedingung als die Folge gewesen sein. Größere Platzkontinuität ist bereits in Phase 2a zu vermuten, sichtbar gemacht durch die hier erstmalig auftretenden komplexen Stratigraphien und wahrscheinlich begründet durch die verstärkte Nutzung von Wildgetreide. In Phase 2b wird domestiziertes Pennisetum bei einer weitgehend seßhaften Bevölkerung eingeführt. Kein radikaler Wechsel ist in den Strategien der Subsistenzwirtschaft zu beobachten. Stattdessen führt ein allmählicher Prozeß über einige hundert Jahre vom Viehzüchter zum Ackerbauern. Die Beziehungen zwischen den Fundstellen nördlich der Mandaraberge und denen im Gebiet um Zilum einerseits und den hier vorgestellten Fundstellen andererseits deuten auf eine regional in randliche Siedlungsgebiete verschobene Weiterentwicklung bis in die Eisenzeit, während die ehemaligen Kerngebiete wahrscheinlich von anderen Siedlern aus den Firki-Ebenen heraus besiedelt wurden. Offen bleiben müssen Fragen zu Hausbau, Siedlungsstruktur und Größe der Nutzflächen, die jeweils zu einer Siedlung gehörten. Auch fehlen noch hinreichende Daten, um die Beziehungen der Siedlungen untereinander zu erfassen und eventuell vorhandene Netzwerkstrukturen auszuarbeiten. Hier ergeben sich weitere Forschungsfelder, die zu neuen Erkenntnissen zur Stellung des Gajigannakomplexes im Kontext der westafrikanischen Prähistorie führen werden.