Working paper / Johann-Wolfgang-Goethe-Universität, Institut for Law and Finance
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Internationales Regulierungsgefälle und Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Frankfurt am Main
(2013)
Enthält folgende Beiträge:
Prof. Dr. Reto Francioni: Internationales Regulierungsgefälle und Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Frankfurt am Main
Prof. Dr. Horst Hammen: Regulierungsgefälle zu Lasten des Börsenplatzes Frankfurt – Hochfrequenzhandel, Organized Trading Facilities (OTF) und Finanztransaktionssteuer
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Die vorstehenden Überlegungen führen zu folgenden Ergebnissen:
1. Das SchVG erlaubt den Gläubigern sämtlicher vor Inkrafttreten des Gesetzes begebenen Anleihen, einschließlich solcher die nicht dem SchVG 1899 unterliegen, einen Beschluss über die Anwendbarkeit des SchVG zu fassen (Opt-in).
2. Der Anwendbarkeit des SchVG und damit insbesondere auch der Opt-in-Regelung steht eine Teilrechtswahl ausländischen Rechts in den Anleihebedingungen nicht entgegen, solange die Substanz der verbrieften Forderung deutschem Recht unterliegt.
Dies ergibt sich bereits aus dem gültigen Gesetz. Aufgrund entgegenstehender instanzgerichtlicher Rechtsprechung besteht allerdings Klarstellungsbedarf. Dies insbesondere auch deshalb, weil hiermit Fragen angesprochen sind, welche die Funktionsfähigkeit und Marktakzeptanz des neuen Gesetzes in wesentlichen Anwendungsbereichen berühren. Im Rahmen der Reform des Schuldverschreibungsrechts hat die Bundesregierung angekündigt, laufend zu prüfen, ob beabsichtigten Wirkungen dieses Gesetzes erreicht worden sind, und, soweit erforderlich, rechtzeitig die hieraus resultierenden erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen.48 Nachdem unlängst bereits die Straffung des Freigabeverfahrens erfolgte49 ist zu hoffen, dass auch der hier identifizierte gesetzliche Klarstellungsbedarf zügig in Angriff genommen wird.
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Der Gemeinsame Vertreter kann in das Fadenkreuz der Anleihegläubiger geraten und in das des Emittenten. Er hat daher das rechte Maß zu finden zwischen Engagement, Sorgfalt und Konfliktbewältigung bei der Erfüllung seiner Aufgaben. Das gilt insbesondere dann, wenn der Schuldner in die Krise geraten ist und im Kreis der Anleihegläubiger der Ruf nach einem „aktiven“ und engagierten Vertreter laut wird.
Um einen „Hilferuf“ handelt es sich dabei nicht immer. Vielmehr haben sich einzelne Investoren darauf spezialisiert, Anleihebedingungen zu durchforsten, um etwaige – und sei es auch nur „technische“ - Verstöße gegen dort enthaltene rechtliche Vorgaben zu entdecken. Sind sie fündig geworden, aber durch „no-action“-Klauseln daran gehindert, selbst tätig zu werden, schauen sie auf den Gemeinsamen Vertreter und erwarten von ihm die aggressive Wahrnehmung ihrer Rechte. Dazu kann gehören, aktiv die Fälligstellung zu fordern und so Drohpotential gegen den Emittenten aufzubauen;2 freilich, das muss nicht jedem Gläubiger recht sein, z.B. solchen, die bei zunächst eintretenden Kursverfall aus anlagerechtlichen Gründen gehalten ist, sich kostspielig vom Engagement zu trennen.
Konflikte innerhalb derselben Anleihegläubigerklasse sind damit programmiert. Und sie übertragen und bündeln sich dann in der Person des Gemeinsamen Vertreters – jedenfalls dann, wenn er exklusiv damit betraut ist, über die Ausübung von Gläubigerrechten zu befinden. Der gemeinsame Vertreter steht dann vor der Frage, ob er den Erwartungen aggressiver Obligationäre nachgeben soll oder nicht.3 Er muss deshalb wissen, was seine Rolle ist. Dazu ist die Reichweite seiner Interventionsmöglichkeiten und –pflichten im Spannungsfeld zwischen gesetzlicher und rechtsgeschäftlicher Aufgabenzuweisung, business judgment rule, Haftungsbeschränkung und der Beschlusskontrolle näher zu bestimmen; ansonsten wird es nicht zur gewünschten Koordinierung des Gläubigerverhaltens durch den Gemeinsamen Vertreter kommen.
Im Folgenden soll eine Diskussion über die dabei entstehenden Rückkoppelungseffekte angestoßen werden, welche sich mit dem gesetzgeberischen Idealbild nicht so recht zu vertragen scheinen.
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Fazit: Im Gegensatz zu ihrem US-amerikanischen Vorbild ist die deutsche Business Judgment Rule kein „sicherer Hafen“, der Organmitgliedern das Privileg eines haftungsfreien Raums für unternehmerische Entscheidungen eröffnen würde. §§ 93 Abs. 1 Satz 2, 116 Satz 1 AktG formulieren vielmehr lediglich – mit ihrerseits ausfüllungsbedürftigen Begriffen – die Anforderungen an die Entscheidungsfindung eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters oder Überwachers. Dementsprechend gelten für Entscheidungen außerhalb des unmittelbaren Anwendungsbereichs der Business Judgment Rule keine grundsätzlich anderen Anforderungen. Bei der Festlegung dieser Voraussetzungen an einen ordnungsgemäße Entscheidung ist zu beachten, dass die organschaftliche Sorgfaltspflicht und die Haftungsfolgen für den Fall ihrer Verletzung sich nicht etwa das Gremium insgesamt, sondern an jedes einzelne seiner Mitglieder richten. Daher sollten insbesondere die Standards an eine angemessene Information und an die Plausibilitätskontrolle eingeholter Auskünfte und Expertisen nicht so hoch angesetzt werden, das sie realistischerweise von niemandem erfüllt werden können.Angesichts des zunehmenden Bewusstseins für die mit einer Organmitgliedschaft verbundenen Haftungsgefahren dürfte es sonst in Zukunft schwieriger werden, qualifizierte Aufsichtsratsmitglieder für deutsche Unternehmen zu gewinnen.
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Die Mitteilungspflicht des Legitimationsaktionärs - zugleich Anmerkung zu OLG Köln AG 2012, 599
(2013)
In seinem Urteil vom 6. Juni 2012 hat das Oberlandesgericht Köln entschieden, Legitimationsaktionäre unterlägen im Hinblick auf die Stimmrechte aus den ihnen anvertrauten Namensaktien einer Mitteilungspflicht nach § 21 Abs. 1 WpHG. Die folgende Besprechung kommt nach einer Auseinandersetzung mit den Argumenten des Oberlandesgerichts zu dem Ergebnis, dass eine Mitteilungspflicht von Legitimationsaktionären nur auf Grundlage von § 22 Abs. 1 Nr. 6 WpHG in Betracht kommt.
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Anleihen werden in der Regel in zahlreiche Teilschuldverschreibungen aufgespalten und diese an verschiedene Investoren verkauft. Dies begründet, der Zahl der umlaufenden Teilschuldverschreibungen entsprechend, jeweils unterschiedliche Schuldverhältnisse zwischen dem Emittenten und dem jeweiligen Investor. Hält ein Investor mehrere Teilschuldverschreibungen, so entstehen dementsprechend mehrere rechtlich voneinander zu unterscheidende Schuldverhältnisse mit gleichem Inhalt.1 Diese können jeweils ein unterschiedliches rechtliches Schicksal haben, z. B. getrennt voneinander übertragen werden. Sie können auch, von atypischen Gestaltungen abgesehen, je einzeln vom Gläubiger gekündigt werden, wenn die Anleihebedingungen insoweit keine Vorkehrungen treffen. Die folgenden Bemerkungen dazu befassen sich zunächst mit der umstrittenen Frage, ob auch eine Kündigung aus wichtigem Grund seitens eines Gläubigers gemäß §§ 490 Abs. 1, 314 BGB in Betracht kommt (im Folgenden I. - VII.)
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Die sog. Business Judgment Rule wurde durch Art. 1 Nr. 1a des UMAG1 auf entsprechende Vorschläge im Schrifttum2 als neuer § 93 Abs. 1 Satz 2 in das Aktiengesetz eingefügt. Der Sache nach war sie bereits zuvor in Rechtsprechung3 und Lehre4 anerkannt. Nach gängigem Verständnis soll die Business Judgment Rule einen „sicheren Hafen“ bieten, der Organmitglieder davor schützt, dass unternehmerische Misserfolge auf der Grundlage nachträglicher besserer Erkenntnis als Sorgfaltspflichtverstöße sanktioniert werden. Nach ganz überwiegen-der Auffassung beschränkt sich die Bedeutung von § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG nicht darauf, durch ausdrückliche Regelung von Elementen der Sorgfaltspflicht klarzustellen, dass das Gesetz mit dem strengen Sorgfaltsmaßstab des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftslei-ters nicht etwa eine Erfolgshaftung statuiert. Die Business Judgment Rule wird vielmehr als Privilegierung gegenüber dem ansonsten geltenden Haftungsmaßstab des § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG verstanden. Ausdrückliche Stellungnahmen zur Wirkungsweise dieses Privilegs reichen von der Annahme eines der richterlichen Nachprüfung entzogenen unternehmerischen Ermes-sensspielraums5 über die Einordnung als unwiderlegliche Vermutung objektiv rechtmäßigen Verhaltens6 bis hin zu der Annahme, dass im Anwendungsbereich der Business Judgment Rule eine Haftung gegenüber der Gesellschaft nur ab der Grenze der groben Fahrlässigkeit in Betracht komme.7 Aber auch die zahlreichen Stellungnahmen, die sich nicht ausdrücklich zur Frage der Haftungserleichterung äußern, setzen eine privilegierende Wirkung der Business Judgment Rule voraus. Anderenfalls hätten die eingehenden Überlegungen zur Abgrenzung unternehmerischer von anderen, insbesondere rechtlich gebundenen Entscheidungen, für die offenbar ein strengerer Sorgfalts- und Haftungsmaßstab gelten soll, keinerlei praktische Bedeutung.
1.Hinsichtlich der Haftung von Organmitgliedern gegenüber der Gesellschaft für Fehlein-schätzungen der Rechtslage gilt kein anderer Maßstab als hinsichtlich der Haftung für Fehler bei unternehmerischen Entscheidungen (dazu sogleich, II).
2.Die Business Judgment Rule des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG enthält kein Haftungsprivileg; insbesondere stellt sie Organmitglieder nicht grundsätzlich von der Haftung für grobe Fahr-lässigkeit frei. Sie konkretisiert vielmehr lediglich die Sorgfaltsanforderungen an einen or-dentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter und stellt klar, dass dessen Haftung nicht mit nachträglicher besserer Erkenntnis begründet werden kann. Aus diesem Grund ist es unbe-denklich, dass sich die Haftung für unternehmerische, rechtliche und sonstige Fehler nach einheitlichen Haftungsgrundsätzen richtet (dazu unten, III.).
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Die Empfehlung des Corporate Governance-Kodex (Ziff. 5.4.2), „dem Aufsichtsrat soll eine nach seiner Einschätzung angemessene Anzahl unabhängiger Mitglieder angehören“, wirft in der Praxis nach wie vor Fragen auf. Im Folgenden sollen einige Thesen zur Auslegung dieser Empfehlung aufgestellt werden. Eine rechtspolitische Auseinandersetzung mit ihr und Änderungsvorschläge sind an dieser Stelle nicht beabsichtigt.
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Eine neuere Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu den Anforderungen an die Mitteilung nach § 20 AktG über die Mitteilung eines Beteiligungserwerbs2 gibt Anlass zu Überlegungen zu den Rechtsfolgen einer Verletzung von Mitteilungspflichten durch mittelbar beteiligte Gesellschafter.
Der Bundesgerichthof hat, ohne auf abweichende Ansichten einzugehen, die h.M.3 bestätigt, nach der bei Verletzungen einer Mitteilungspflicht durch ein herrschendes Unternehmen die Rechtsfolge des Rechtsverlustes das unmittelbar beteiligte Tochterunternehmen selbst dann trifft, wenn dieses seine eigene Mitteilungspflicht ordnungsgemäß erfüllt hat.4 Im Hinblick auf den (zeitweiligen) Verlust von Dividendenansprüchen, um die es in dem vom BGH entschiedenen Fall ging, dürfte die in der Sache entscheidende Erwägung sein, dass anderenfalls dem herrschenden Unternehmen die mittelbaren Folgen der Gewinnausschüttung auch dann erhalten blieben, wenn es den eigenen Verstoß gegen die Mitteilungspflicht und den daraus folgenden temporären Wegfall des Gewinnbezugsrechts kannte oder kennen musste.