Berichte des Instituts für Atmosphäre und Umwelt der Universität Frankfurt/Main
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Vorwort zur 1. Auflage Klima ist vor allem deswegen nicht nur von wissenschaftlichem, sondern auch von öffentlichem Interesse, weil es veränderlich ist und weil solche Änderungen gravierende ökologische sowie sozioökonomische Folgen haben können. Im Detail weisen Klimaänderungen allerdings komplizierte zeitliche und räumliche Strukturen auf, deren Erfassung und Interpretation alles andere als einfach ist. Bei den zeitlichen Strukturen stehen mit Recht vor allem relativ langfristige Trends sowie Extremereignisse im Blickpunkt, erstere, weil sie den systematischen Klimawandel zum Ausdruck bringen und letztere wegen ihrer besonders brisanten Auswirkungen. Hier geht es um den erstgenannten Aspekt, zu dem nun noch die räumlichen Strukturen treten. Der relativ langfristige und somit systematische Klimawandel läuft nämlich regional sehr unterschiedlich ab, was am besten in Trendkarten zum Ausdruck kommt. Solche regionalen, zum Teil sehr kleinräumigen Besonderheiten sind insbesondere beim Niederschlag sehr ausgeprägt. Schließlich sind die räumlichen Trendstrukturen auch jahreszeitlich bzw. monatlich sehr unterschiedlich. In unserer Arbeitsgruppe hat sich Jörg Rapp im Rahmen seiner Diplom- und insbesondere Doktorarbeit intensiv mit diese Problem beschäftigt, was zur Publikation des „Atlas der Niederschlags- und Temperaturtrends in Deutschland 1891-1990“ (Rapp und Schönwiese, 2. Aufl. 1996) sowie des „Climate Trend Atlas of Europe – Based on Observations 1891-1990“ (Schönwiese und Rapp, 1997) geführt hat. Die große Beachtung, die insbesondere der Klimatrendatlas Deutschland gefunden hat, ließ es schon lange als notwendig erscheinen, eine Aktualisierung vorzunehmen. Dieser Aufgabe hat sich in Form eines Fortgeschrittenenpraktikums Herr Reinhard Janoschitz gewidmet und die Aktualisierung für die Zeit 1901-2000, einschließlich Subintervallen, vorgenommen. Zudem hat er für 1951-2000 noch das Klimaelement Sonnenscheindauer hinzugenommen. Zur Zeit ist er im Rahmen seiner Diplomarbeit mit einer Neubearbeitung des Europäischen Klimatrendatlas befasst. Mit der Publikation des hier vorliegenden „Klimatrend-Atlas Deutschland 1901-2000“ werden in insgesamt 178 Karten (davon 20 Karten auch in Farbdarstellung in den Text integriert) wieder umfangreiche Informationen zum Klimawandel in Deutschland vorgelegt, und zwar mit Hilfe einer linearen Trendanalyse hinsichtlich der boden-nahen Lufttemperatur, des Niederschlags und der Sonnenscheindauer für die Zeit 1901-2000 sowie für die Subintervalle 1931-1960, 1961-1990 und 1971-2000 – Sonnenscheindauer allerdings nur 1951-2000 und 1971-2000 –, jeweils aufgrund der jährlichen, jahreszeitlichen und monatlichen Beobachtungsdaten. Die Signifikanz der Trends ist im (schwarz/weiß wiedergegebenen) Kartenteil durch Rasterung markiert. Methodisch lehnt sich die Analyse somit eng an die oben zitierte Arbeit von Rapp und Schönwiese (1996) an, wo auch ausführliche textliche Erläuterungen zu finden sind (ebenso in Rapp, 2000); deswegen wurde hier der Textteil sehr knapp gehalten. Hingewiesen sei schließlich auf ebenfalls für Deutschland durchgeführte Analysen klimatologischer Extremereignisse, die ebenfalls in der Reihe unserer Instituts-mitteilungen publiziert sind (Jonas et al., 2005; Trömel, 2005). Frankfurt a.M., im Herbst 2005 Christian-D. Schönwiese Vorwort zur 2. Auflage Das erfreulich große Interesse hat eine 2. Auflage erforderlich gemacht, die neben kleineren redaktionellen Verbesserungen bzw. Aktualisierungen vor allem die Erweiterung der in Kap. 4 vorgestellten Zeitreihen und einen ergänzenden Tabellenanhang jeweils bis 2007 enthält. So erfüllt dieser Atlas hoffentlich auch weiterhin seinen Informations-zweck. Im übrigen ist der im Vorwort zur 1. Auflage erwähnte „Klima-Trendatlas Europa“ mittlerweile als Nr. 7 (2008) der Reihe unserer Institutsberichte erschienen. Frankfurt a.M., im Sommer 2008 Christian-D. Schönwiese
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Für eine möglichst vollständige analytische Beschreibung werden in der statistischen Klimatologie beobachtete Klimazeitreihen als Realisation eines stochastischen Prozesses, das heißt als eine Folge von Zufallsvariablen verstanden. Die Zeitreihe soll im wesentlichen durch eine analytische Funktion der Zeit beschrieben werden können und die Beobachtung nur durch Zufallseinflüsse von dieser Funktion abweichen. Diese analytische Funktion setzt sich aus der Summe zeitlich strukturierter Komponenten zusammen, welche aus klimatologischem Blickwinkel interpretierbar erscheinen. Es werden Funktionen zugelassen, die den Jahresgang, Trends, episodische Komponenten und deren Änderung beschreiben. Die Extremereignisse sind als eine besondere weitere Komponente in die Zeitreihenanalyse aufgenommen und als von Änderungen in den Parametern der Verteilung unabhängige, extreme Werte definiert. Die Zufallseinflüsse sollen zunächst als Realisierungen unabhängiger normalverteilter Zufallsvariablen mit dem Erwartungswert Null und im Zeitablauf konstanter Varianz interpretiert werden können. In diesem Fall beschreibt die analytische Funktion der Zeit, die Summe detektierter strukturierter Komponenten, den zeitlichen Verlauf des Mittels. Ein zu einem bestimmten Zeitpunkt tatsächlich beobachteter Wert kann dann als eine mögliche Realisation einer Zufallsvariablen interpretiert werden, die der Gaußverteilung mit dem Mittelwert µ(t) zur Zeit t und konstanter Varianz genügt. Da die zugrundeliegenden Annahmen, unter Verwendung klimatologisch interpretierbarer Basisfunktionen, in der Analyse von Klimazeitreihen, die nicht die Temperatur betreffen, zumeist nicht erfüllt sind, wird in eine Verallgemeinerung des Konzepts der Zeitreihenzerlegung in einen deterministischen und einen statistischen Anteil eingeführt. Zeitlich strukturierte Änderungen werden nun in verschiedenen Verteilungsparametern frei wählbarer Wahrscheinlichkeitsdichtefunktionen gesucht. Die gängige Beschränkung auf die Schätzung einer zeitlich veränderlichen Lokation wird aufgehoben. Skalenschätzer sowie Schätzer fär den Formparameter spielen ebenso relevante Rollen fär die Beschreibung beobachteter Klimavariabilität. Die Klimazeitreihen werden wieder als Realisation eines Zufallprozesses verstanden, jedoch genügen die Zufallsvariablen nun einer frei wählbaren Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion. Die zeitlich strukturierten Änderungen in den Verteilungsparametern werden auf Basis der gesamten Zeitreihe für jeden Zeitpunkt geschätzt. Die aus der Analyse resultierende analytische Beschreibung in Form einer zeitabhängigen Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion ermöglicht weiterhin die Schätzung von Über- und Unterschreitungswahrscheinlichkeiten beliebig wählbarer Schwellenwerte für jeden Zeitpunkt des Beobachtungszeitraums. Diese Methode erlaubt insbesondere eine statistische Modellierung monatlicher Niederschlagsreihen durch die Zerlegung in einen deterministischen und einen statistischen Anteil. In dem speziellen Fall von 132 Reihen monatlicher Niederschlagssummen deutscher Stationen 1901-2000 gelingt eine vollständige analytische Beschreibung der Reihen durch ihre Interpretation als Realisation einer Gumbel-verteilten Zufallsvariablen mit variablem Lage- und Streuparameter. Auf Basis der gewonnenen analytischen Beschreibung der Reihen kann beispielsweise im Westen Deutschlands auf Verschiebungen der jährlichen Überschreitungsmaxima des 95%-Perzentils von den Sommer- in die Wintermonate geschlossen werden. Sie werden durch relativ starke Anstiege in der Überschreitungswahrscheinlichkeit (bis 10%) in den Wintermonaten und nur geringe Zunahmen oder aber Abnahmen in den Sommermonaten hervorgerufen. Dies geht mit einer Zunahme der Unterschreitungswahrscheinlichkeit in den Winter- und einer Abnahme in den Sommermonaten einher. Monte-Carlo-Simulationen zeigen, daß jahreszeitlich differenzierte Schätzungen von Änderungen im Erwartungswert, also gebräuchliche Trends, auf Basis der Kleinst-Quadrate-Methode systematischen Bias und hohe Varianz aufweisen. Eine Schätzung der Trends im Mittel auf Basis der statistischen Modellierung ist somit ebenso den Kleinst-Quadrate-Schätzern vorzuziehen. Hinsichtlich der Niederschlagsanalysen stellen jedoch aride Gebiete, mit sehr seltenen Niederschlägen zu bestimmten Jahreszeiten, die Grenze der Methode dar, denn zu diesen Zeitpunkten ist eine vertrauenswürdige Schätzung einer Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion nicht möglich. In solchen Fällen ist eine grundsätzlich andere Herangehensweise zur Modellierung der Reihen erforderlich.
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In dieser Studie wurden stationsbezogene Messdaten der bodennahen Lufttemperatur, des Niederschlages und des Windes in Deutschland und zum Teil auch in Mitteleuropa für den Zeitraum 1901 bzw. 1951 bis 2000 im Hinblick auf Änderungen ihres Extremverhaltens untersucht. Hierfür wurde ein bimethodischer Ansatz gewählt. Die als Methode I bezeichnete "zeitlich gleitende Extremwertanalyse" definiert für den betrachteten (gleitenden) Zeitraum feste Schwellen. An die Zeitreihen der Schwellenüber- bzw. Unterschreitungen wurden sowohl empirische, als auch theoretische Häufigkeitsverteilungen angepasst, aus denen extremwert-theoretische Größen wie Wartezeitverteilung, Wiederkehrzeit und Risiko abgeleitet wurden. Die Methode II der "strukturorientierten Zeitreihenzerlegung" sucht, basierend auf einer zugrundegelegten theoretischen Verteilung, nach zeitabhängigen Parametern der zugehörigen Wahrscheinlichkeitsdichte. Hierdurch lassen sich zeitabhängige Wahrscheinlichkeiten für das Über- bzw. Unterschreiten von Schwellen angeben. Die gleitende Analyse zeigt bei Niederschlagsmonatsdaten in ganz Deutschland für untere Schranken einen Trend zu seltenerem Auftreten von Extremereignissen. Bei oberen Schranken ist hingegen im Osten einen Trend zu seltenerem, im Westen einen Trend zu häufigerem Auftreten von Extremereignissen zu erkennen. Im Osten ergibt sich also insgesamt ein Trend zu weniger extremen Monatsniederschlagssummen, im Westen ein Trend zu höheren onatsniederschlagssummen. Bei den Niederschlagstagesdaten, bei denen nur die Untersuchung oberer Schranken sinnvoll ist, sind die Ergebnistrends denen der Niederschlagsmonatsdaten in ihrer regionalen Verteilung ähnlich. Allerdings sind die Trends hier schrankenabhängig. Insbesondere in Norddeutschland ergibt sich dabei für relativ niedrige Schranken ein Trend zu kleineren Überschreitungshäufigkeiten, für hohe Schranken hingegen ein Trend zu größeren Überschreitungshäufigkeiten. Damit ergibt sich insgesamt ein Trend zu extremeren Tagesniederschlägen. Bei den Temperaturdaten zeigen die Ergebnisse der gleitenden Analyse der Monatsdaten mit wenigen Ausnahmen ein selteneres Unterschreiten unterer Schranken (also: Kälteereignis). Dieses Verhalten ist bei den Temperaturtagesdaten sogar flächendeckend zu beobachten. Für obere Schranken (also: Hitzeereignis) ergibt sich im allgemeinen ein Trend zu häufigerem Auftreten von Extremereignissen. Allerdings ist dieser Trend nicht flächendeckend zu beobachten. Vielmehr gibt es in allen Regionen Deutschlands einzelne Stationen, bei denen ein Trend zu seltenerem Überschreiten oberer Schranken festzustellen ist. Bei der "strukturorientierten Zeitreihenzerlegung" wurden folgende Ergebnisse erzielt: Die Wahrscheinlichkeitsdichten der monatlichen und saisonalen Temperatur-Daten weisen überwiegend positive Trends im Mittelwert auf, die Streuung hat sich hier nur in Ausnahmefällen verändert. Dies führte zu teilweise deutlich gestiegenen Wahrscheinlichkeiten für besonders warme Monats- und saisonale Mittel im 20. Jh. (Ausnahme: Herbst im Datensatz 1951 bis 2000). Entsprechend sanken in diesem Zeitraum verbreitet die Wahrscheinlichkeiten für extrem kalte Monats- und saisonale Mittel. Ebenso stiegen dieWahrscheinlichkeiten für Häufigkeiten von besonders warmen Tagen (über dem 10%-Perzentil) ab 1951 in allen Jahreszeiten, besonders im Winter für die Tagesmaximum-Temperaturen. Dies korrespondiert mit einer beschleunigten Häufigkeits-Abnahme von besonders kalten Tagen in allen Jahreszeiten, besonders in Süddeutschland. Beim Niederschlag dominieren ausgeprägt jahreszeitliche Unterschiede: Im Winter findet sich sowohl ein Trend zu höheren Monats- und saisonalen Summen, als auch eine erhöhte Variabilität, was verbreitet zu einer deutlichen Zunahme von extrem hohen Niederschlagssummen in dieser Jahreszeit führt. Im Sommer hingegen wurde ein Trend zu einer verringerten Variabilität gefunden, wodurch auch extrem hohe monatliche und saisonale Niederschlagssummen in weiten Teilen Mitteleuropas in dieser Jahreszeit seltener geworden sind. Entsprechend haben Tage mit hohen (über dem 10%-Perzentil) und auch extrem hohen (über dem 5%- und 2%-Perzentil) Niederschlagssummen im Sommer verbreitet abgenommen, in den anderen Jahreszeiten (vor allem im Winter und in Westdeutschland) jedoch zugenommen. Beim Wind sind die Ergebnisse recht uneinheitlich, so dass hier eine allgemeine Charakterisierung schwer fällt. Tendenziell nehmen die Häufigkeiten extremer täglicher Windmaxima im Winter zu und im Sommer ab. Dies gilt jedoch nicht für küstennahe Stationen, wo auch im Winter oft negative Trends extremer Tagesmaxima beobachtet wurden - In Süddeutschland hingegen finden sich auch im Sommer positive Trends in den Häufigkeiten extrem starker Tagesmaxima. Jedoch sind die untersuchten Daten (Windmaxima über Beaufort 8 und mittlere monatliche Windgeschwindigkeiten) wahrscheinlich mit großen Messfehlern behaftet und zudem für die hier durchgeführten Analysen nur bedingt geeignet. Es hat sich somit gezeigt, dass das Extremverhalten von Klimaelementen, wie Temperatur und Niederschlag, im 20. Jhr. sehr starken Änderungen unterworfen war. Diese Änderungen im Extremen wiederum sind sehr stark von Änderungen des "mittleren" Zustandes dieser Klimaelemente abhängig, welcher durch statistische Charakteristika wie Mittelwert und Standardabweichung (bzw. allgemeiner Lage und Streuung) beschrieben werden kann.