Working paper series / Institute for Monetary and Financial Stability
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100
Schätzwerte mittelfristiger Gleichgewichtszinsen mit der Methode nach Laubach und Williams (2003) werden inzwischen vielfach in der Diskussion um die Geld- und Fiskalpolitik zitiert. Unter anderem wurden sie von Summers (2014a) als Evidenz für eine säkulare Stagnation angeführt und von Yellen (2015) zur Rechtfertigung der Nullzinspolitik verwendet. In diesem Papier nehmen wir eine umfangreiche Untersuchung und Sensitivitätsanalyse dieser Schätzwerte für die Vereinigten Staaten, Deutschland und den Euro-Raum vor. Aufgrund der hohen Unsicherheit und Sensitivität, die mit den Schätzwerten mittelfristiger Gleichgewichtszinsen mit der Laubach-Williams-Methode und ähnlichen Ansätzen verbunden ist, sollten diese Schätzungen nicht den Ausschlag für entscheidende Weichenstellungen in der Geld- und Fiskalpolitik geben.
185
Trotz der von der EZB eingeleiteten Zinswende in der zweiten Jahreshälfte 2022 als späte Reaktion auf die deutlich unterschätzte Persistenz hoher Inflationsraten im Euroraum sind die Realzinsen sowohl in der Ex-post-Betrachtung als auch in der Ex-ante-Betrachtung keineswegs als restriktiv einzuschätzen. Die Banken haben allerdings recht rasch strengere Vergaberichtlinien beschlossen, und die Nachfrage im Wohnungsbau und bei den Hypothekarkrediten ist stark eingebrochen.
Die Autoren thematisieren die Bedeutung von Zahlungsstromeffekten bei Annuitätenkrediten und analysiert hier vor allem den sogenannten Front-Loading-Effekt. Danach führen höhere Nominalzinsen selbst bei vollständig antizipierten Inflationsraten und unveränderten Realzinsen zu starken finanziellen Zusatzbelastungen in den ersten Phasen der typischerweise langen Kreditlaufzeit. Derartige Liquiditätseffekte können die Zahlungsfähigkeit bzw. die Zahlungsbereitschaft der privaten Investoren empfindlich verringern. Dies gilt vor allem bei Darlehen in Form der Prozentannuität, da hier zusätzlich ein Laufzeitenverkürzungseffekt auftritt. Solche Darlehen sind in Deutschland recht populär.
Mit Blick auf die Zukunft sehen die Autoren auch eine reale Gefahr für den Bestand an Wohnungsbaukrediten, wenn es zu einer Refinanzierung des großen Bestands an billigen Wohnungsbaukrediten kommt, ein Risiko, das auch Auswirkungen auf die makroökonomische und finanzielle Stabilität hat.
208
Helmut Schlesinger: Wegbereiter und Garant der deutschen Geld- und Stabilitätspolitik wird 100
(2024)
Am 4. September 2024 vollendet Professor Dr. Helmut Schlesinger sein 100. Lebensjahr. Von 1991 bis 1993 bekleidete er das Amt des Präsidenten der Deutschen Bundesbank. Zuvor war er in verschiedenen Positionen für die Bank tätig, unter anderem als langjähriger Vizepräsident (von 1980 bis 1991) sowie als Leiter der Hauptabteilung Volkswirtschaft und Statistik. Das Jubiläum bietet Anlass, sein Lebenswerk zu beschreiben und zu würdigen. Für ehemalige Mitarbeiter war Helmut Schlesinger ein großes Vorbild und eine Quelle des Ansporns in vielerlei Hinsicht. Insbesondere vier Bereiche seiner Tätigkeiten haben die Arbeit seiner Mitarbeiter maßgeblich geprägt: Erstens seine Fähigkeit, ökonomisches Denken als eine Synthese aus Analyse und Statistik zu begreifen, zu vermitteln und zu organisieren, zweitens sein Verdienst, eine Stabilitätskultur in leitenden Positionen mitgeschaffen und bewahrt zu haben, drittens sein ordnungspolitisches Credo zur Preisstabilität und zur Unabhängigkeit der Zentralbank sowie viertens seine klaren Vorstellungen zu den Bedingungen einer erfolgreichen Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion.
Im Folgenden soll ein Überblick über diese vier Schwerpunkte seiner Schaffensbilanz gegeben werden. In diesem Kontext ist insbesondere Schlesingers entscheidende Rolle bei der Schaffung der deutsch-deutschen Währungsunion 1990 sowie beim langjährigen Entstehungsprozess des Eurosystems und der Europäischen Zentralbank hervorzuheben. In der deutschen Bevölkerung, aber auch international hoch geachtet, wurde Helmut Schlesinger oft als die "Seele der Bundesbank" bezeichnet.Die Anforderungen, die er an jeden Einzelnen stellte, waren hoch. Er wurde von den Mitarbeitern sehr geschätzt, nicht zuletzt aufgrund seines großen Arbeitsethos und seiner unermüdlichen Schaffenskraft, die von Beständigkeit, Gradlinigkeit und Prinzipientreue geprägt waren.
173
Gegen den Landeshaushalt 2022 des Freistaats Thüringen bestehen nach Einschätzung von Helmut Siekmann erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken. In einem Gutachten kommt Siekmann zu dem Schluss, dass sich die festgestellten globalen Minderausgaben im Vergleich zum gesamten Haushaltsvolumen nicht rechtfertigen lassen. Der verfassungsrechtlich gebotene Haushaltsausgleich sei nur dadurch erzielt worden, dass die eigentlich gebotenen Einzelkürzungen nicht vom Parlament entschieden, sondern der Exekutive überlassen worden seien. Durch Globale Minderausgaben soll der Ausgleich von Einnahmen und Ausgaben erreicht werden, ohne dafür erforderliche und politisch oft schwer durchsetzbare Kürzungen bei Einzeltiteln vornehmen zu müssen.
In Thüringen fehlen der Minderheitskoalition aus Linke, SPD und Grünen im Parlament vier Stimmen für eine eigene Mehrheit. Sie muss damit bei allen Entscheidungen eine Unterstützung der oppositionellen CDU aushandeln. Siekmann weist in seinem Gutachten darauf hin, dass die Veranschlagung von globalen Minderausgaben gleich welcher Art in keinem Fall die Exekutive ermächtigt, bestehende Verpflichtungen nicht zu erfüllen.
120
Helmut Siekmann erläutert in seinem Beitrag die Einstandspflicht der Bundesrepublik Deutschland für die Deutsche Bundesbank und die Europäische Zentralbank. Dabei kommt er zu dem Schluss, dass weder eine „Haftung der Bundesrepublik Deutschland für Verluste der EZB noch eine Verpflichtung zur Auffüllung von aufgezehrtem Eigenkapital“ besteht.
Dieser Beitrag ist zuerst erschienen in: Festschrift für Theodor Baums zum siebzigsten Geburtstag, S. 1145-1179, Helmut Siekmann, Andreas Cahn, Tim Florstedt, Katja Langenbucher, Julia Redenius-Hövermann, Tobias Tröger, Ulrich Segna, Hrsg., Tübingen, Mohr Siebeck 2017
77
Inhalt:
Prof. Dr. Dr. h.c. Helmut Siekmann: Stellungnahme für den Haushalts- und Finanzausschuss des Landtags Nordrhein-Westfalen zum Entwurf eines Gesetzes zur Offenlegung der Bezüge von Sparkassenführungskräften im Internet (Drucksache 16/4165) vom 10.02.2014
Gesetzentwurf der Fraktion der Piraten Gesetz zur Offenlegung der Bezüge von Sparkassenführungskräften im Internet vom 08.10.2013