Normative orders working paper : Normative Orders, Cluster of Excellence at Goethe University Frankfurt, Main
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2010, 01
Die Herausbildung normativer Ordnungen : zur Idee eines interdisziplinären Forschungsprogramms
(2010)
Ein geistes- und sozialwissenschaftliches Forschungsprogramm betritt mit der These, dass wir in einer Zeit tiefgreifender sozialer Veränderungen leben, kein Neuland. Ein thematischer Fokus auf die Frage der Herausbildung normativer Ordnungen mit Bezug auf die entsprechenden Verschiebungen, Umbrüche und Konflikte in verschiedenen Gesellschaften und auf transnationaler Ebene bringt dagegen etwas Neues und Wichtiges ans Licht. Das ist jedenfalls unsere Überzeugung.
2014, 01
Jubiläen drängen zur Standortbestimmung. Im Jahr 2014 feiert die Frankfurter Goethe Universität ihren 100. Geburtstag. Man lud zu Bilanzen ein, zum Blick nach vorn, auf Erfahrungen und Erwartungen der Rechtswissenschaft und ihrer Teildisziplinen. In diese Spannung stellt sich auch dieser Beitrag zu den Perspektiven des Fachs ‚Rechtsgeschichte‘. Es wird deswegen nur kurz um 100 Jahre (I.), wenig um die Zeit nach 1945 (II.), weit mehr um Rahmenbedingungen rechtshistorischen Forschens in der ‚Berliner Republik‘ (III.) – und um Zukunftsperspektiven des Fachs gehen (IV.).
2014, 02
Expressivist theories of punishment, according to which a penal sanction articulates or expresses a certain meaning to the offender, to the victim and to society, become more and more prominent among the traditional theories of punishment as retribution or deterrence. What these theories have in common is the idea that the conveyance of the meaning is in need of a communicative action, and that the penal sanction is such a communicative act. This article argues that pure communicative theories of punishment face great difficulties in generating any justification for hard treatment. One challenge is that certain types of sanctions – in particularly, hard treatment – restrict the communicative opportunities of the incarcerated individual; which generates a paradox, in that it turns punishment into a communicative action of non-communication. Beyond that, moreover, all practices of hard treatment potentially become unnecessary, if expressing the moral message of censure constitutes a kind of action in itself, and as such, itself a treatment of the offender, embedded in a communicative relationship between offender, victim and society; such that we may be able to think of the history of punishment as a development where hard treatment becomes more and more unnecessary for the conveyance of the message.
01/2023
Climate crimes – a critique
(2023)
This paper aims on taking a critical approach to the emerging debate on climate criminal justice, that is mostly about something labeled „climate criminal law“ („Klimastrafrecht“). The critique is directed at climate crimes intended to protect our habitable climate („Klimaschutzstrafrecht“) or to prevent climate change („Klimawandelpräventionsstrafrecht“) staged as transformational criminal law. “Fighting" climate change with climate crimes can lull us into deceptive certainties and by extension into perilous idleness; and it will do so if we think of climate protection essentially in terms of traditional criminal law. Climate crimes are based on the idea that we can counter climate change with the "sharpest sword" available to a polity (cf. the German and Continental European ultima-ratio principle) and that we can thereby also get hold of "the powerful". But these certainties rest on but normative (and at heart: liberal) doctrines, which are deceptive in having lost touch with the realities of the administration of criminal justice. They obscure that more effective measures are available to mitigate the climate crisis and that "the powerful" will likely be shielded with and by climate crimes. Therefore, the climate crimes approach to the climate crisis may just turn out to be (self-)appeasement. It obfuscates that more effective measures are likely necessary to avert impending crises. Our critique is therefore not "only" directed at the symbolic, but the dysfunctional and "dark side" of climate crimes.
01/2024
Eine finalisierte Fassung des Beitrags wird 2024 in einem von Burchard/Schmitt-Leonardy/Singelnstein/Zabel herausgegebenen Sammelband („Alternativen zum Strafrecht“) erscheinen.
Im Zentrum des Beitrags steht jedoch nicht der Versuch, positiv Alternativen zum oder im Strafrecht zu formulieren. Vielmehr ist der Begriff der Alternativlosigkeit erkenntnisleitend, konkret die Identifizierung gesellschaftlich-politischer Wirkmächte und innerstrafrechtlicher Deutungsmuster, die eine (auch) strafrechtliche Bewältigung der durch den menschengemachten Klimawandel aufgeworfenen Konflikte alternativlos erscheinen lassen können.
Dazu wird die jüngst aufgekommene Debatte um ein Klimaschutzstrafrecht aus einer zukunftssoziologischen und strafrechtswissenschaftlichen Perspektive analysiert. Im Zentrum des Beitrags steht die These, dass sich gerade die Verbindung von katastrophischen Zukunftsvorstellungen – hier erschlossen über den zukunftssoziologischen Schlüsselbegriff der Imagination und deskriptiv-analytisch als „Klimakatastrophismus“ bezeichnet – und Exzeptionalisierungen des Strafrechts als Treiber in die imaginative Sackgasse der Alternativlosigkeit erweist.
Die verdichtete Imagination, das die Zukunfts eine Katastrophe sei („Klimakatastrophismus“), befördert als ein an Boden gewinnendes kollektives Deutungsmuster eine intensivierte Sozialkontrolle und Punitivität.
Der kriminalpolitisch expansive Kurs einer mit radikalisierten Selbsterhaltungsfragen konfrontierten Gesellschaft scheint in gesellschaftlich wie dogmatisch tief verankerten Exzeptionalisierungen des Strafrechts – wie der Zuschreibung, (nur) strafwürdige Sozialschädlichkeit adressieren zu dürfen, dies aufgrund einer regulativen und expressiven Ausnahmestellung aber auch in besonderer Weise zu können (oder zu müssen) – durchaus Widerhall zu finden. Dadurch entsteht ein strafrechtsexpansives (weil rechtfertigendes) Momentum, das der ohnehin in der Herausbildung begriffenen Legalisierung eines Klimaschutzstrafrechts Vorschub leistet.
Es entspricht den vornehmen Aufgaben der Strafrechtswissenschaft, diesen Entwicklungen prospektiv vorauszugreifen, sie aufzuklären und kritisch zu wenden – gerade im Hinblick auf die Gegenläufigkeit und Brüchigkeit gesellschaftlicher Entwicklungen oder die Kontingenz eines als politisch gelesenen Strafrechts. Eine kritische Strafrechtswissenschaft darf sich dabei nicht allein, allemal nicht unreflektiert auf tradierte Formen der Strafrechtsbegrenzung zurückziehen.