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Brüssel im November. Drei Tage lang präsentiert die Europäische Union "Research Europe 2002", die Auftaktveranstaltung zum 6. Forschungsrahmenprogramm. Ort des Geschehens: die Messehallen von Heysel. An die zehntausend Teilnehmer waren angemeldet und Tausende sind gekommen, Forscher, Forschungspolitiker, Forschungsverwerter aus ganz Europa, mancher auch von noch weiter her – etwa ein Drittel aus Wirtschaft und Industrie, viele Osteuropäer, viele junge Leute mit Elan und European spirit. Drei Tage der Vorträge, der Podiumsdiskussionen, der Workshops, der Schulungsveranstaltungen – alles mit dem einen Ziel, das zu konstituieren, worum es aller Förderprogrammatik letztlich geht: den gemeinsamen europäischen Forschungsraum. ...
Solidarität!
(2004)
Rechtshistorikern ist das Thema der Solidarität – und das damit verbundene Antithema eines ausufernden Individualismus – alt vertraut. Die Frage des sozialen Defizits jener Privatrechtskodifikation, die uns das 19. Jahrhundert hinterlassen hat, gehört zu den Königsthemen der Disziplin, seit Menger und Gierke mit den rechtstheoretischen Protagonisten des BGB die Klingen kreuzten. Und vor allem die Diskurse des Arbeits-, Sozial- und Verfassungsrechts, aber beileibe nicht nur sie, haben sich seit jenen Tagen in eindringlicher Weise mit den Konsequenzen beschäftigt, die sich aus der Integration kollektiver und solidaristischer Elemente in die Rechtsstruktur für das Recht selbst und für seine innergesellschaftliche Umwelt ergeben haben. ...
Regieren durch Solidarität?
(2004)
In Thomas Bernhards "Am Ziel" blickt der Dramatische Schriftsteller auf die Familienkämpfe seiner Jugend zurück: "Sie zogen mir eine Jacke an und sagten – so das ist die lebenslängliche Jacke für dich – und ich zog die Jacke wieder aus. Sie zogen Sie mir an – und ich zog sie wieder aus – immer so fort sie zogen sie mir an – ich zog sie wieder aus." "Ich ging weg ich machte mich selbständig." Dann gleichsam bilanzierend: "Ich fühlte mich mit mir selbst solidarisch – mit keinem Andern – Ich rettete mich aus den Andern heraus." Und die Kommunikationspartnerin echot unwidersprochen: "Sie retteten sich auf Kosten der Ihrigen." ...
Solidarität?
(2005)
Im Jahre 1837 erschien Andersens Märchen von des Kaisers neuen Kleidern. Dramaturgischer Höhepunkt ist ein Tabubruch. Der eitle Kaiser, der sich prachtvoll gewandet glaubt, ist nackt, und jetzt plötzlich wird es gesagt. In der Folge finden sich alle irgendwie befreit. Ein Jahrzehnt später – kein Märchen, sondern Rechtsgeschichte – spricht Julius Herrmann Kirchmann über die Wertlosigkeit der Jurisprudenz als Wissenschaft und über die drei berichtigenden Worte des Gesetzgebers, die ganze Bibliotheken zur Makulatur werden lassen. Eine berühmte Rede, ein berühmter Tabubruch, wer wollte das bezweifeln, aber ob sich alle befreit fühlten, wird man bezweifeln dürfen. Seither steht die Wissenschaftlichkeit der Jurisprudenz in Rede, und bis in die Jetztzeit hinein stellt Kirchmanns Offenbarung eine gute Anschlussmöglichkeit für entsprechende wissenschaftstheoretische Bilanzen dar. ...
Exzellent
(2008)
Am 19. Oktober 2007 haben BMBF, DFG und Wissenschaftsrat in einer gemeinsamen Erklärung zur so genannten Exzellenzinitiative die Resultate der zweiten Entscheidungsrunde bekannt gegeben. Diese Initiative war noch von der Schröder-Regierung und der zuständigen Ministerin Edelgard Bulmahn ins Leben gerufen worden. Sie hat sich in den umfassenderen Kontext der diversen "Modernisierungsprojekte" ("Agenda 2010") eingefügt, der die späte Phase der rot-grünen Regierungszeit geprägt hat. ...
Wie man weiß, zählt der Sozialstaat der Industrieepoche zu den ganz großen Innovationen in der Institutionengeschichte. Es entsteht ausgehend vom europäischen Norden und Westen und schnell mit kontinentalen und globalen Dimensionen ein hochkomplexes Geflecht aus Organisationen, aus juridischen und nicht-juridischen Normen und aus sozialen Praktiken, das auf die große – für das Schicksal der kapitalistischen Ordnung mitentscheidende – Herausforderung der "sozialen Frage" antwortet. Dabei ist dieses Gefüge nicht strukturell einheitlich, sondern durch erhebliche nationale Variation geprägt. Darüber hinaus entstehen die Institutionen im Rahmen der Einzelstaaten in keiner Weise gleichzeitig, sondern auf einer langgestreckten Zeitachse. Dieser Befund der hochgradigen Varianz kennzeichnet den Sektor der industriellen Beziehungen, in dem kollektive Akteure wesentliche Aufgaben des Sozialstaats "übernehmen", in einer besonders intensiven Weise. Es ist dieser Bereich, auf den wir sogleich näher eingehen. Im Weiteren kommt es auf dem Kontinent mit dem Aufstieg nicht-demokratischer Regime und deren Versionen des Sozialstaats zu einer zusätzlichen Komplizierung. Und schließlich tritt die neue Makrostruktur – ihren genetischen Raum überschreitend – alsbald im globalen Rahmen in Erscheinung. Ihre weltweiten Wirkungen sind immens, wie das 100-jährige Jubiläum der ILO unterstreichen mag. Und die Rückwirkungen und Irritationen vor allem aus neuen dynamischen Zentren des demokratisch verfassten Kapitalismus, zunächst der USA und dann auch Japans, sind es nicht minder. ...