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Der vorliegende Beitrag untersucht die möglichen Auswirkungen der Globalisierung und der Beilegung des Ost-West-Konflikts nach dem "Mauerfall" auf die phantastische Gegenwartsliteratur, insbesondere hinsichtlich der traditionellen Gut-Böse-Dichotomie. Dabei soll der Frage nachgegangen werden, inwieweit ein merklicher Komplexitätsanstieg in der Konzeptualisierung der unterschiedlichen Kulturen der Weltgesellschaft seine Spuren in aktuellen Entwicklungstendenzen des phantastischen Genres hinterlassen hat. [...]
So geht es im Folgenden um eine literaturwissenschaftliche Betrachtung der neueren und neuesten literarischen Phantastik, die seit der oben skizzierten Umbruchszeit vielfältige Ausprägungen und Weiterentwicklungen erfahren hat. Während der Prototyp der phantastischen Literatur im 20. Jh., für den J.R.R. Tolkien exemplarisch genannt sei, auf einer deutlichen Dichotomisierung des Guten und des Bösen beruht, sind in den jüngsten phantastischen Romanwerken markante Abweichungen von dem genannten Schema zu beobachten. Die Vermutung liegt nahe, solche neueren Entwicklungstendenzen zu einer Auflösung der traditionellen Gut-Böse-Opposition innerhalb des phantastischen Genres mit den oben skizzierten geopolitischen und mentalitätsgeschichtlichen Veränderungen in Verbindung zu bringen. Die angenommene signifikante Verschiebung im Genrekonzept des Phantastischen soll im Folgenden exemplarisch anhand der Metropolen-Romane von Christoph Marzi, einem produktiven Vertreter der deutschsprachigen phantastischen Literatur, nachvollzogen werden. Anschließend werden die Erkenntnisse mit weiteren Texten der zeitgenössischen Phantastik in Verbindung gebracht, um so die Frage beantworten zu können, ob und inwieweit die gewonnenen Ergebnisse verallgemeinerungsfähig sind und eine deutliche gattungsrelevante Veränderung des Umgangs mit der Relation von "Gut" und "Böse" in der neueren Phantastik zu beobachten ist.
In Cervantes' Roman "Don Quijote" weisen die Abenteuer des Helden eine subtile und vielstimmige Erzählstruktur auf. So besteht eine Besonderheit von Don Quijotes Lebensentwurf als fahrender Ritter darin, dass er mit den ihm begegnenden Personen in einen Dialog tritt und sie mit einer spezifischen Fremdheit konfrontiert, womit er ihr einheitliches ("monologisches") Weltbild subvertieren und auf eine Vielfalt hin öffnen möchte. Aus diesem Grund übernimmt Don Quijote mitunter eine gesellschaftskritische Funktion, zumal er während seiner Dialogisierungsbemühungen immer wieder auf Unverständnis trifft und somit wiederum soziale Formen der Ungastlichkeit offenlegen kann, welche sich in einer ablehnenden, bis gewaltsamen Haltung gegenüber dem Fremden artikulieren.
Eine besondere Brisanz erhält diese Abenteuerstruktur, wenn man die historischen Hintergründe des Siglo de Oro, in dem Cervantes' Roman erschienen ist, berücksichtigt. Gemeint ist der repressive Umgang mit den ethnischen Minderheiten, der aus den Bestrebungen des christlichen Spaniens resultierte, sich aller vermeintlich "fremder" Einflüsse zu entledigen und eine kulturelle wie religiöse Homogenität herzustellen. Die einschneidendsten Ereignisse, die in diesem Zusammenhang zu nennen wären, sind der Abschluss der Reconquista (die Wiedereroberung der iberischen Halbinsel) im Jahre 1492, sowie im gleichen Jahr die Vertreibung der Juden durch das Alhambra-Edikt, die folgende Zwangskonversion der in Spanien gebliebenen Juden und Mauren und die ab dem Jahre 1609 erfolgende Zwangsausweisung der Morisken.
Im Folgenden möchte ich verschiedene moderne Zeitkonzepte und deren Darstellungen in Literatur und Kunst vorstellen, die hauptsächlich aus dem Zeitraum der historischen Avantgarden zwischen 1900 und 1930 stammen. Im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert kommt es, wie sich anhand unterschiedlicher literarischer und ästhetischer Quellen beobachten lässt, zu einer erhöhten Aufmerksamkeit auf Zeitphänomene und, damit verbunden, zu einer verschärften Zeitwahrnehmung. Das neuartige Interesse an Aspekten der Zeit als einer typischen Erscheinungsform der Moderne bleibt dabei nicht etwa national oder regional beschränkt, sondern weist eine internationale Reichweite auf. Zeitphänomene werden – besonders im Umkreis der europäischen Avantgarden um und nach 1910 – wahrgenommen als Teil einer zunehmend international vernetzten modernen Weltkultur. Dabei kristallisieren sich in der Literatur und Kunst bezeichnenderweise nicht allein neue mentale Dispositionen und Denkweisen heraus, sondern es entstehen auch modernetypische Zeitbilder und Symbole, deren Auftreten zumeist an eine spezifische, urbane Raumkonstellation gekoppelt ist. Bevorzugter Ort der Verzeitlichung ist die moderne Großstadt, die urbane Lebenswelt, in der sich auch der technologische Fortschritt am deutlichsten niederschlägt.
Investigations of current and historical human rights discourses gain new perspectives when viewed as a problem of translation: by examining non-European transformations/displacements/revisions of the universal principles of the UN Declaration (1948), critical implementations of these principles in local practices and – almost more importantly – re-translations of these local transformations into new declarations of human rights principles. The article discusses the complex conditions under which the universal claim of a western human rights discourse could be challenged by considering translational activities which attempt to identify new, but common reference points for a transcultural human rights discourse.
Der Beitrag untersucht anhand der Romane "Wie der Soldat das Grammofon repariert" (2006) von Saša Stanišić und "Georgs Sorgen um die Vergangenheit oder Im Reich des heiligen Hodensack-Bimbams von Prag" (2010) von Jan Faktor die erzählerische Darstellung der jüngsten Geschichte in "Mitteleuropa". Beide Romane dokumentieren wesentliche Phasen vor und nach der Öffnung des "Eisernen Vorhangs": kritische Jahre und Phasen der sozialistischen Tschechoslowakei sowie den kriegerischen Zerfall Jugoslawiens. Außer der Berücksichtigung der erzählerischen Mittel wird – zumal die Autoren nicht in der Muttersprache, sondern auf Deutsch schreiben – die bedeutende Funktion des literarischen Erzählens für ein funktionierendes "Mitteleuropa" betont.
Schriftsteller im Spagat : zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur von Autoren polnischer Herkunft
(2012)
Im Beitrag wird das Schaffen von drei Autoren polnischer Herkunft – Artur Becker, Dariusz Muszer und Leszek Oświęcimski – skizzenhaft präsentiert, die in den späten 1980er Jahren nach Deutschland migrierten. In ihren Romanen und Erzählungen thematisieren sie die Unmöglichkeit der Rückkehr (Becker), die Erfahrung totaler Fremdheit (Muszer) und Dekonstruktion der nationalen Stereotype (Oświęcimski). Der geschärfte Blick auf das Fremde und das Eigene aus der Perspektive der Migranten im (mentalen, kulturellen, künstlerischen) Spagat zwischen Polen und Deutschland sowie ihre erzählerischen Strategien bilden den Gegenstand des Beitrags.
Im vorliegenden Aufsatz geht es um die Frage, inwiefern sich Kategorien postkolonialer Theoriebildung und der Ansatz einer Universalisierung der Holocausterinnerung auf die deutsch-jüdische Gegenwartsliteratur übertragen lassen und welche Probleme mit diesem Theorietransfer und einem Verlust historischer Spezifizierung vor dem Hintergrund der deutsch-jüdischen Geschichte verbunden sind. In einem zweiten Schritt steht die Selbstpositionierung deutsch-jüdischer Autoren im Verhältnis zur Transkulturalität im Vordergrund. Skizziert werden die Position von Vladimir Vertlib, die er in seinen Chamisso-Poetikvorlesungen entfaltet, sowie die literarischen Ansätze von Maxim Biller und Doron Rabinovici.
Melinda Nadj Abonji hat als erste Schweizer Schriftstellerin sowohl den Deutschen wie den Schweizer Buchpreis gewonnen. Der Paradigmenwechsel in Bezug auf einen Umbruch in der bisherigen nationalkulturellen "Meistererzählung", der sich auch in der Schweiz schon länger angekündigt hat, ist damit deutlich eingetreten – und dies, während sich das Land in den letzten Jahren immer mehr vom restlichen Europa abschottet und seine Identität vermehrt in rückwärtsgewandten Kulturwerten sucht. Ausgehend von einer Analyse der narrativen Dramaturgie und des wiederkehrenden Erinnerungsmotivs wird die Verhandlung hybrider Kulturformen in dem Roman untersucht und das mnemografische Feld von "Tauben fliegen auf" – eine Art "dritter Ort" (Bhabha) – beschrieben. Untersucht wird, in welchem Spannungsverhältnis sich Erinnerung und Rekonstruktion zur Konstituierung neuer kultureller und sprachlicher Räume befinden und wie Abgrenzungen und Gegenüberstellungen vollzogen werden, um "Eigenes" oder "Fremdes" zu erkennen oder zu relativieren.
Das Wort "Heimat" ist facettenreich, voller Konnotationen, vor allem aber oft von Missbrauch gezeichnet oder mit Fontane gesprochen: ein "zu weites Feld". Dennoch wird es immer wieder problematisiert und in der Literatur thematisiert. In der heutigen einerseits immer stärker globalisierten, andererseits aber auseinander strebenden und partikularisierenden Welt gewinnt es wieder an Bedeutung, wird jedoch unterschiedlich verstanden, aufgefasst und ausgelegt. Autoren und Autorinnen, die ihre "engste" oder ursprüngliche Heimat verlassen mussten, behandeln das Thema besonders sensibel und zeigen oft eine Auffassung, die man neuerdings mit dem Wort transkulturell bezeichnen kann. Im Beitrag wird anhand der jüngsten Werke von Erica Pedretti und Ilma Rakusa ein Versuch unternommen, paradigmatisch aufzuzeigen, wie sie diesen schillernden Begriff einzufangen versuchen und ihn doch nicht festlegen. Beide Autorinnen haben ein sehr feines Gespür für das Verständnis von Pluralität nicht nur der historischen, sondern vor allem der heutigen Lebenswelten, und ihre Werke haben einen starken Gegenwartsbezug.
In diesem Beitrag gehe ich der Frage nach, welche Bedeutung der Herkunft von Autorinnen und Autoren, die in die deutsche Sprache eingewandert sind, im literaturwissenschaftlichen Diskurs, in Rezensionen ihrer Bücher und in biographischen Darstellungen beigemessen wird. Ich nehme dabei sowohl auf ihre Selbstpositionierungen in Essays und Interviews als auch auf die biographischen Darstellungen im Diskurs über sie und ihre Literatur Bezug. Wie wird der Zusammenhang zwischen den jeweiligen Lebensgeschichten und den Texten wahrgenommen und dargestellt? Welche Bedeutung hat ihre Migrationsbiographie für ihre Position im deutschsprachigen literarischen Feld? Letztlich stellt sich dabei die Frage nach den Möglichkeiten, einen transkulturellen bzw. transnationalen literarischen Raum zu schaffen, für den Mehrfachzugehörigkeiten konstitutiv sind und in dem die Herkunft von AutorInnen keine bestimmende Rolle spielt.