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Trotz einer allmählichen Hinwendung zu mehrsprachigen und multikulturellen Kontexten in den letzten Jahren gilt nach wie vor, dass den Paradigmen, Terminologien, Beschreibungsansätzen und Instrumentarien der Linguistik der meist unreflektierte Blickwinkel einsprachig und monokulturell sozialisierter Sprecher zugrunde liegt. So wurden z.B. die Sprachnormen bislang allenfalls aus der Sicht der Einsprachigkeit definiert, beschrieben und interpretiert. Die Perspektive bi- bzw. multilingualer Sprecher – einschließlich aller kulturellen Implikationen – wird in der Regel von den sprachwissenschaftlichen Auseinandersetzungen mit der Normen-Thematik ausgeschlossen. So hat auch Juhász, der bekannte ungarische Sprachgermanist, den bilingualen Diskursmodus zweisprachiger Personen als „einen Sprachgebrauch“ bezeichnet, „der sich nicht klassifizieren und noch weniger bewerten lässt“ (1986: 200). Meine Untersuchung beabsichtigt jedoch, die „prototypische“ Sprechweise und den kommunikativen Habitus4 bi- bzw. multilingualer Sprecher unter den Bedingungen gesellschaftlicher Zwei- bzw. Mehrsprachigkeit – ausgehend von der der Ingroup-Kommunikation bei Spontangesprächen unter Gruppenmitgliedern in verschiedenen Alltagssituationen – unter dem Gesichtspunkt der (sprachlichen und kommunikativen) Normen-Problematik zu beschreiben und zu hinterfragen sowie Aspekte ihrer Bewertung zu diskutieren. Damit soll ein Beitrag zur Modellierung bi- bzw. multilingualer und bi- bzw. transkultureller Sprachverhaltenssysteme – im Hinblick auf ihre Struktur, Hierarchie und Dynamik – geleistet werden. Als Exemplifikationsbereich dienen Belege aus dem sprachkommunikativen Verhalten von Ungarndeutschen.
Vorliegender Beitrag geht davon aus, dass das Kulturphänomen "Deutsche Sprache" in Form und Gebrauch eine weitgehend regionale (areale) Inhomogenität aufweist. Im Argumentationsrahmen einer variationslinguistischen Dialektologie wird versucht, die diatopische Variationsbreite der deutschen Sprache zu umreißen und vor diesem Hintergrund eine spezifische bilinguale dialektale Kontaktvarietät des Deutschen (nämlich das sog. ,,Kontaktdeutsch") in ihrer synchron wie auch diachron überaus dynamischen Ausprägungsstruktur zu beschreiben und in das gegenwärtige Varietätenspektrum des Deutschen - sowohl hinsichtlich seiner Vetonung als auch seiner Dignität - einzuordnen. Somit soll auch zur Erforschung der inneren Dynamik der Varietätenvielfalt beigetragent werden.