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Im Sinne einer "Reisefolgenforschung" wird in dieser Studie danach gefragt, wie sich die ehmalige Landesregentin während des Italienaufenthalts der Kunst und Gesellschaft Italiens näherte, und inwieweit sie in den Jahren danach in der Residenz Weimar als Vermittlerin italienischer Kultur auftrat - Kultur verstanden als die Manifestationen, in denen sich eine Gesellschaft über ihre Lebensformen verständigt. Dies schließt den Konsum und die Verständigung über die Künste mit ein, auf denen der Schwerpunkt das Aufsatzes liegt. Die komplizierte Rezeptionsgeschichte, die Anna Amalia eine außerordentliche Bedeutung als Mäzenin zuschreiben wollte, interessiert an dieser Stelle nicht. Es handelt sich um eine Fallstudie, welche die Handlungsspieräume hochadliger Frauen im Alten Reich vermisst. Damit soll die identifikatorische und idealisierende Umfeldforschung zu den Protagonisten der "Weimarer Klassik" verlassen und Anschluß an die allgemeine Hof- und Reisefoschung gesucht werden.
Seit sich in Europa ein Bewußtsein von Geschichte konstituiert hat, ist auch das Problem der Kanonbildung thematisiert und reflektiert worden. In jüngster Zeit ist die Frage nach einem verbindlichen literarischen Kanon wieder stärker in die öffentliche Diskussion gelangt, und Politiker wie Bundestagsprasident Wolfgang Thierse haben für dessen neuerliche Konstituierung plädiert. Daraus läßt sich zumindest schließen, daß das Problem aktuell und virulent geblieben ist. Historisch betrachtet ist es ohnehin immer von großer Relevanz gewesen, denn die Frage nach einem literarischen Kanon hängt aufs engste mit den Aufgaben des Literaturhistorikers zusammnen, historische Zusammenhänge herstellen, qualitativ ästhetisch werten und bewerten zu müssen. Gilt nun Gleiches oder Ähnliches, so wäre zu fragen, auch für den Literaturarchivar? Ist auch er gehalten, bei der Archivierung kultureller Gedächtnisleistungen selektiv vorzugehen, also von vornherein auszulesen und nur das "Vortreffliche" in seine Sammlungen aufzunehmen? Folgt er dabei Rahmenbedingungen, wie sie aus dem politischen, kulturellen oder wissenschaftlichen Kontext erwachsen, oder kann er selbst richtunggebend und wirkungsetzend Einfluß ausüben, mit seiner Sammeltätigkeit selbst produktiv auf kulturelle Entwicklungsprozesse und wissenschaftliche Fragestellungen zurückwirken? Welche Rolle spielen Zufälle, spielt der persönliche Geschmack? Stellen sich solche Fragen unverändert über die Jahrhunderte hinweg, oder unterliegen auch sie, wie historische Fragestellungen generell, wechselnden Akzentuierungen oder gar Paradigmenwechseln? Ein ganzes Bündel von Problemen, auf das im folgenden eine vernünftige Antwort gesucht werden soll.
Wer als erster den Plan fasste, die Dichtertage ab 1941 zu internationalisieren, ist nicht mehr festzustellen, desgleichen nicht, wer auf die Idee eines ›Anti-P.E.N.- Clubs‹ verfallen war. Angeblich handelte es sich um einen spontanen Gedanken, den der Flame Filip De Pillecyn (Pillecijn) und der Franzose Jacques Chardonne zeitgleich äußerten, doch der spanische Tagungsteilnehmer Ernesto Giménez Caballero, der sich stolz den ersten Faschisten Spaniens nannte, behauptete, bereits 1933 in Rom die Gründung eines antibolschewistischen Dichterverbandes mit dem programmatischen Namen M.A.N.U.S (Militantium Auctorum Nationalium Universale Sodalitium) angeregt zu haben. Dieser Name habe die gegen Juden, Freimaurer und Linke jeglicher Couleur erhobene Hand, mit der Faschisten grüßten, symbolisieren sollen. Die Zeit sei damals allerdings noch nicht reif gewesen, doch jetzt habe Minister Goebbels endlich diesen wegweisenden Plan realisiert.
Dass aller Anfang schwer ist, wird Ende des 18. Jahrhunderts exemplarisch deutlich, als sich die prominenteste deutsche Dichterfreundschaft zu formieren beginnt. Denn nach einigen mühsamen Annäherungen kommt es erst am 20. Juli 1794 zur entscheidenden Begegnung zwischen Johann Wolfgang Goethe und Friedrich Schiller, die das Initialmoment der sogenannten Weimarer Klassik bildet. Goethe wird die Begegnung retrospektiv als „Glückliches Ereigniß“ charakterisieren und den Arbeitsbund in Anerkennung der gemeinsamen ästhetischen Leistungen als „Aufsprung zu einer höhern Cultur“ bewerten.
Die Allgemeine Literatur-Zeitung (A.L.Z.) war insbesondere in ihrer Jenaer Periode zwischen 1785 und 1803 (anschließend erschien sie bis 1849 in Halle) das auflagenstärkste und wohl auch verbreitetste wie einflussreichste Rezensionsorgan im deutschsprachigen Raum. Ihr ambitioniertes Ziel war es, die gesamte aktuelle Literaturproduktion aus allen Wissensgebieten kritisch zu begleiten. Der vorliegende Aufsatz ordnet die Erschließung der A.L.Z in den Kontext der Weimarer bibliographischen Projekte ein und stellt die Erfassungsgrundsätze sowie Einzelheiten der Recherchemöglichkeiten dar. Das Projekt begann als eine Gemeinschaftsarbeit der Herzogin Anna Amalia Bibliothek Weimar und des Sonderforschungsbereichs 482 „Ereignis Weimar-Jena. Kultur um 1800“.
Eine kleine Sensation war bis vor kurzem im Gästebuch des Goethehauses verborgen geblieben: Auf der Konzertreise, die Franz Liszt nach seinem Gastspiel in der sächsischen Kunstmetropole am 31. März 1840 von Leipzig weiter nach Paris führte, machte er am 1. April in Weimar Station und besuchte das Haus des Dichters. Sein eigenhändiger Namenszug und der seines Reisebegleiters Hermann Cohen, datiert von Friedrich Theodor Kräuter, dem Kustos des Goethehauses, verschiebt den Zeitpunkt des in der Forschung bisher angenommenen ersten Aufenthaltes Franz Liszts in Weimar um mehr als eineinhalb Jahre zurück in das Jahr 1840.
Die Indienstnahme der Literatur und insbesondere des seinerzeit als "deutsches Buch" bezeichneten Phänomens durch den Nationalsozialismus lässt sich an der Buchhandels-, Buch- und Zensurpolitik des sogenannten "Dritten Reiches" nachvollziehen. In den Jahren nach 1933 versuchte der nationalsozialistische Staat, auf das gesamte Kunst- und Kulturleben Deutschlands Einfluss zu nehmen und es den politischen Interessen des Regimes zu unterwerfen. Anhand der Weimarer Veranstaltung im Rahmen der "Wochen des Deutschen Buches" im Allgemeinen und am Beispiel der dabei für Joseph Goebbels angefertigten "Ehrengaben" im Besonderen sollen im Folgenden kulturelle Felder und Projekte nachgezeichnet werden, an denen sich solche Eingriffs- und Steuerungsversuche aufzeigen lassen. Dabei werden auch die Agierenden der Weimarer Verwaltungs- und Kultureinrichtungen und verschiedene Formen ihres Wirkens berücksichtigt.
Die Freundschaft von Goethe und Schiller, versinnbildlicht im Denkmal vor dem Weimarer Nationaltheater, symbolisiert den Höhepunkt der klassischen deutschen Literatur. Für das politische Weimar dieser Zeit steht ein anderer Freundschaftsbund, der zwischen Goethe und Herzog Carl August. Obwohl Carl August als Regent weit über dem Durchschnitt seiner Standesgenossen gestanden habe, beruhe sein Ruf in der Nachwelt, so meinte sein Biograph Hans Tümmler noch 1979, nicht auf seiner politischen Leistung, sondern »vielmehr fast ausschließlich « auf seiner Freundschaft mit Goethe. Von dieser Beziehung ist lange Zeit alles abgeleitet worden, was Weimar über seine Rolle als Musensitz hinaus historisch bedeutsam werden ließ. Die endlose Debatte um Goethe, Carl August und die weimarische Politik illustriert das Dilemma der Versuche, den Dichter-Staatsmann Goethe für politisch determinierte Geschichtsbilder zu instrumentalisieren oder nach jeweils eigenen Politik- und Moralvorstellungen zu bewerten. Die folgenden Ausführungen wollen daher jenseits derartiger Deutungsmuster der Frage nachgehen, in welchem Maße die Beziehung zwischen Goethe und Carl August für das Regierungshandeln überhaupt relevant gewesen ist und wie sich ihr politisches Gewicht in den sich wandelnden historischen Szenarien von mehr als fünf Jahrzehnten weimarischer Geschichte darstellt.
Weimar ist als Geburtsstätte der Klassik ein zentraler Ort unseres kulturellen Erbes. Goethe, Schiller, Herder und Wieland sind Namen, die der Stadt in der Provinz bis heute weltweite Beachtung sichern. Wie aber kam es dazu, dass Weimar zu dieser Metropole der deutschen Geistesgeschichte wurde? Welchen Anteil hatte im späten 18. Jahrhundert die Politik der Herzogin Anna Amalia und ihres Sohnes Herzog Carl August an der einzigartigen kulturellen Blüte, die sich um 1800 in ihrem Fürstentum entfaltete? Aus Anlass des 200. Todestages Anna Amalias und des 250. Geburtstages Carl Augusts gibt die Ausstellung »Ereignis Weimar – Anna Amalia, Carl August und das Entstehen der Klassik 1757–1807« Antworten auf diese Fragen. Sie wurde von der Klassik Stiftung Weimar in Zusammenarbeit mit dem Sonderforschungsbereich »Ereignis Weimar-Jena. Kultur um 1800« der Friedrich Schiller-Universität Jena konzipiert. Vor dem Hintergrund der Biographien beider Herrscherpersönlichkeiten beleuchtet die Ausstellung die Traditionen der Häuser Sachsen und Braunschweig, veranschaulicht die prekäre politische und wirtschaftliche Lage zur Zeit des Regierungsübergangs von Anna Amalia auf ihren Sohn Carl August und thematisiert die Versuche der Regierung, mit vielfältigen Reformen der drängenden Probleme Herr zu werden. Nach anfangs erfolglosem Engagement auf wirtschafts- und machtpolitischem Gebiet stellte sich Erfolg und Fortune in der Kulturpolitik ein. An die Stelle eines zunächst dilettantisch gepflegten »Genietreibens« trat eine zunehmend professionelle Lenkung von Wissenschaft und Kunst, die zu einer einzigartigen Konzentration geistig-kulturellen Kapitals in Sachsen-Weimar führte. Dieses »Ereignis Weimar« brachte dem kleinen Herzogtum seine Reputation als geistiges Zentrum Deutschlands ein. Am Ende rettete diese einzigartige Position das Fürstentum auch über die Fährnisse der napoleonischen Zeit hinweg. Zitiert nach: Gustav Seibt, Süddeutsche Zeitung vom 02. April 2007
Es liegt nahe, in dieser ebenso kurz wie prägnant auftretenden literarischen Figur der "Wahlverwandtschaften" ein konkretes historisches Vorbild zu vermuten. Bereits im 1916 veröffentlichten Registerband der Weimarer Ausgabe wurde sie mit dem Engländer Charles Gore identifiziert, eine Annahme, die seitdem mehrfach wiederholt wurde, freilich ohne auf ihren Erkenntnisgehalt hin geprüft worden zu sein. Gore, ein kultivierter Privatier, Schiffskonstrukteur und begabter Amateurzeichner, lebte mit seinen beiden Töchtern Eliza und Emilie von 1791 bis zu seinem Tode 1807 in Weimar und pflegte engen Kontakt zu dessen Gesellschaft. Vorausgegangen war ein fast zwanzigjähriges Reise leben, das 1773 mit einem durch den angeschlagenen Gesundheitszustand der Gattin bedingten mehrmonatigen Aufenthalt in Lissabon begonnen und die Familie seitdem durch weite Teile des europäischen Kontinentes geführt hatte. Die Konvergenz beider Figuren ist in der Tat höchst bemerkenswert. Sie soll im Folgenden näher untersucht werden, wobei vor allem der ästhetische wie pädagogische Nutzen ihres Wirkens herauszuarbeiten sein wird. Ein Verfahren, das den literarischen Text und den historischen Sachverhalt gleichermaßen in den Blick nimmt – wohlgemerkt unter Voraussetzung der jeweiligen Eigengesetzlichkeiten –, erlaubt dabei zweierlei: zum einen Einsicht in die Werkstatt des Dichters, der, vom Eindruck einer zeitgenössischen Persönlichkeit ausgehend, diese literarisch verarbeitet. Zum anderen vermag eine quellengestützte Untersuchung jene faszinierende Wirkung zu rekonstruieren, von der in den "Wahlverwandtschaften" nur eher andeutungsweise die Rede ist, erlaubt mithin eine kommentierende Deutung des Textes. Wie zu zeigen sein wird, vermögen beide Perspektiven das Phänomen ›Gore‹ auf aufschlussreiche Weise zu konturieren.