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Literatur im Internet : oder: Wen kümmert's, wer liest?

  • "Hi!" hat einer gesagt, "ist es okay, wenn wir dich duzen? Willst du lieber in Englisch lesen? Gut, bis hierhin bist du vorgedrungen durch das labyrinthische Netzwerk des WWW. War es Mundpropaganda oder ein Link, bist du wahllos oder zielgerichtet durchs WWW gereist? Egal, jetzt bist du hier, und wir freuen uns, dass du nicht sofort weitergesprungen bist". Wen kümmert's? Gleichgültig wie diese Passage zunächst zu werten ist - als paratextuelles Direkt-Marketing für den Internet-Roman Spielzeuglandoder als dessen erzählerischer Anfang - der geduzte Leser fühlt sich unwillkürlich an das Konzept postmoderner Klassiker erinnert. So notiert der Erfolgsautor Flannery, eine Schlüsselfigur aus Italo Calvinos Roman Wenn ein Reisender in einer Winternacht. "Bin auf den Gedanken gekommen, einen Roman zu schreiben, der nur aus lauter Romananfängen besteht. Der Held könnte ein Leser sein, der ständig beim Lesen unterbrochen wird. (...) Ich könnte das Ganze in der zweiten Person schreiben: du, Leser ..." (Calvino 1983: 237). Im Kontext der Internet-Literatur wird eben jenes Konzept, das Flannery als Romanhandlung entwirft, zum Strukturmerkmal des hypertextuell organisierten Diskurses. Hypertexte legen es darauf an, den Lesefluß durch untereinander vernetzte Verweise, sogenannte "Links", zu unterbrechen und den Leser in einen "Taumel der Möglichkeiten" zu stürzen. Die zentrale Organisationsidee des Hypertextes ist die Vernetzung der Links mit andern Links. Dieses Netz aus Verweisen hat eine zentrifugale Wirkung. Das Link ist die hypertextuelle Aufforderung an den Leser einen rezeptiven Sprung zwischen verschiedenen Fragmenten oder zwischen verschiedenen Ebenen zu vollziehen. Dabei läßt sich der Hypertext, der explizit als unabschließbarer "Text in Bewegung" konzipiert ist, nicht zuendelesen. Man hat einen Text vor sich, der im Grunde nur aus alternativen Textanfängen besteht.

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Metadaten
Verfasserangaben:Uwe Wirth
URN:urn:nbn:de:hebis:30-1138104
URL:http://user.uni-frankfurt.de/%7Ewirth/texte/litim.htm
ISBN:978-3-518-12010-1
Titel des übergeordneten Werkes (Deutsch):Edition Suhrkamp ; 2010 ; Mythos Internet / hrsg. von Stefan Münker und Alexander Roesler
Verlag:Suhrkamp
Verlagsort:Frankfurt am Main
Dokumentart:Teil eines Buches (Kapitel)
Sprache:Deutsch
Datum der Veröffentlichung (online):16.11.2009
Jahr der Erstveröffentlichung:1997
Veröffentlichende Institution:Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
Datum der Freischaltung:16.11.2009
GND-Schlagwort:Internetliteratur; Hypertext
Seitenzahl:10
Erste Seite:319
Letzte Seite:337
Quelle:http://user.uni-frankfurt.de/%7Ewirth/texte/litim.htm ; (in:) Stefan Münker, Alexander Roesler: Mythos Internet. - Frankfurt: Edition Suhrkamp, 1997, S. 319-337
HeBIS-PPN:220421471
DDC-Klassifikation:8 Literatur / 83 Deutsche und verwandte Literaturen / 830 Literaturen germanischer Sprachen; Deutsche Literatur
Sammlungen:Germanistik / GiNDok
BDSL-Klassifikation:03.00.00 Literaturwissenschaft / BDSL-Klassifikation: 03.00.00 Literaturwissenschaft > 03.15.00 Literatur und Medien
Lizenz (Deutsch):License LogoDeutsches Urheberrecht